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Einführung in Tests von Tonabnehmern - Teil 3 (von 3)

radio-tv-electronic 1976, Nr. 10 Seite 37

In diesen rte-Heften werden diverse hoch- wertige Tonabnehmer in Tests vorgestellt. Die Artikel beschäftigen sich mit den verschiedenen Kriterien, die der Autor zur Beurteilung von Tonabnehmern heranzieht. Dabei werden Sinn und Grenzen der verschiedenen Meßmethoden diskutiert. - Alastair Gurtner Dipl. El.-Ing. ETH
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Klein und fein

Im dritten und letzten Teil (1. und 2. Teil in Heft 8 und 9/76) unserer Einführung über das Testen von Tonabnehmern wird ein wichtiges Kriterium für die Beurteilung erläutert: Die akustische Erprobung. Zudem haben wir mit zwei Raster-Elektronenmikroskop-Aufnahmen die Kleinheit und die Feinheit von Tonabnehmer und Schallplattenrille verdeutlicht.

Erst eine Raster-Elektronenmikroskop-Aufnahme mit einer ca. 5000fachen Vergrösserung kann Einzelheiten der feinen Diamantspitze (links) und der Schallplattenrille (rechts) hervorbringen. Die Diamantspitze besitzt einen sphärisch-verrundeten Schliff.

Die Aufnahmen wurden auf dem Raster-Elektronenmikroskop des Geologisch- Paleontologischen Instituts der Universität Kiel im Auftrag der Firma Elac gemacht.

Die Einleitung

Die Nichtlinearitäten von Tonabnehmern bei hohen Frequenzen lassen sich - wie weiter vorne erwähnt - mit der Shure-Messplatte TTR 103 messtechnisch erfassen. Bei mittleren Frequenzen hingegen bürgerten sich die Messungen der Intermodulationsverzerrungen ein. Hierbei gibt es zwei verschiedene Verfahren:

Das SMPTE-Verfahren

Das Testsignal besteht aus einem tiefen (300 oder 400 Hz) und einem hohen (3-oder 4-kHz-)Sinus-Signal, wobei die höhere Frequenz 12 dB leiser ist. Durch die Nichtlinearitäten des Tonabnehmers entstehen Amplitudenverzerrungen resp. Summen und Differenzfrequenzen. Die Auswertung kann entweder mit einem Amplituden- Verzerrungsdemodulator, der zum Teil in Gleichlaufschwankungsmessgeräten eingebaut ist, oder mit einem Wave-Analyzer erfolgen.

Das CIFF-Verfahren

Dieses Verfahren verwendet ebenfalls zwei Sinussignale, nur sind sie gleichpegelig und von benachbarter, mittlerer Frequenz (z. B. 1000 und 1500 Hz).
Ein einfacher Zusammenhang zwischen den Messwerten beider Verfahren existiert nicht.

Die Vor-und Nachteile

Das SMPTE-Verfahren ist zumindest für Tonabnehmersysteme das weiter verbreitete Verfahren. Dies ist für Vergleiche von Vorteil. Weil die tiefere Frequenz 12 dB lauter ist als die höhere, zeigt dieses Verfahren vor allem Nichtlinearitäten im Bereich tiefer Frequenzen auf. Die höhere Frequenz hat - überspitzt ausgedrückt - in erster Linie die Funktion eines Skalierungsfaktors. Ferner berücksichtigt das SMPTE-Verfahren, weil die hochpegelige Frequenz unterhalb 700 Hz liegt, Tracing-Fehler nur wenig.

Das CCIF-Verfahren ist weniger verbreitet. Besonders unerfreulich ist deshalb die uneinheitliche Definition des Verzerrungsfaktors. Shure empfiehlt (CCIF-Rillen sind ebenfalls auf der Messplatte TTR 103), das obere und das untere Seitenband zweiter Ordnung zu messen. Wieder andere empfehlen, lediglich das untere. Perfektionisten hingegen verlangen, dass alle Seitenbänder bis zur 5. Ordnung berücksichtigt werden. (NB: Der Amplitudenverzerrungsdemoduiator berücksichtigt mehr oder weniger alle Oberwellen.)

Wir werden in unseren Tests das CCIF-Verfahren verwenden, weil es die Fehler des musikalisch wichtigen, mittleren Frequenzbereichs besser und dazu noch teilweise die Trackingfehler berücksichtigt. Zusätzlich soll es weniger empfindlich auf vertikale Spurfehlwinkel als das SMPTE-Verfahren sein.

Akustische Erprobung

Das wichtigste Kriterium für die Klassierung eines elektroakustischen Gerätes ist die akustische Qualität. Dies ist zwangsläufig eine subjektive Beurteilung der Qualität und hängt damit von den Hörgewohnheiten, Gehörqualitäten und Ansichten des Testers ab.

Die Unmöglichkeit, die Gesamtqualität auch noch mit einer Zahl umschreiben zu können, bringt seine Vorteile. Der Tester ist gezwungen, seine Beurteilung in Worte zu fassen - eine Sprache, die auch der Nichtfachmann versteht.

Für diese Erprobung verwendet der Autor eine Auswahl verschiedener Schallplatten der Sektoren Klassik, Pop und Jazz. Weiter wird der Abtastung folgender Platten besonderes Interesse entgegengebracht: das "Mais que neda-Band" auf der Shure-Platte TTR 102 sowie die schwierigen Innenrillen der "Memphis-Underground-Platte" von Herbie Man.

Quadrotonabnehmer haben allgemein - dank ihren für hohe Frequenzen speziell geschliffenen Abtastdiamanten - weniger Mühe mit den Zischlauten des «Mais que nada»-Bandes.

Obwohl mehrere Tonabnehmer von der Gesamtqualität her gesehen in die gleiche Klasse einzureihen sind, können sie sich in der Art des Klanges wesentlich unterscheiden. Das eine System besticht möglicherweise durch seine klangliche Ausgewogenheit, während ein anderes System zum Beispiel punkto Klang-Durchsichtigkeit brilliert.

Wir wollen versuchen, diese klanglichen Unterschiede und Besonderheiten möglichst genau zu beschreiben, denn nur wenige Fachgeschäfte sind leider in der Lage, Tonabnehmer- Vergleichsdemonstrationen durchzuführen. Welchen Tonabnehmer man wählt soll nicht zuletzt eine Frage des persönlichen Geschmacks sein.
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Abtastverhalten - Tabelle 2

Beispiel: Tonabnehmer Pickering XUV 4500 Q. Diese Zelle liefert extrem hohe (gute) Werte.

Abtastverhalten bei 300 Hz

Auflagekraft horizontal vertikal Antiskating
0.5 p 60µ 50µ 1.Kerbe
0.75 p 80µ 50µ 2.Kerbe
1,0 p 100µ 50µ 3.Kerbe

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Beispiel: 10,8-kHz-Verzerrungen, gemessen mit Tonabnehmer Ortofon VMS20 E

Abtastverhalten bei 10,8 kHz

Auflagekraft Schnelle 270-Hz-Verzerrungen
1p 24 cm/s 1,2%
1.5p 24 cm/s 0,5% linker Kanal
1,5p 30 cm/s 0,6%
1p 24 cm/s 0.6%
1.5p 24 cm/s 0,4%' rechter Kanal
1.5p 30 cm/s 0,5%

CCIF-Intermodulationsverzerrungen - Tabelle 3

Beispiel von hervorragenden FIM-Messwerten - gemessen am Philips- Tonabnehmer M422

Auflagekraft Pegel Kanal CCIF-FIM
1p 25 cm/s L 1,7%
1,25 p 25 cm/s L 1,5%
1.5p 25 cm/s L 1,5%
1p 25 cm/s R 2.1%
1.25 p 25 cm/s R 1.6%
1,5 p 25 cm/s R 1.6%

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Verwendete Geräte (wir sind noch in 1976 !)

Die folgenden Tests werden mit einem SME-Tonarm (auf einem Thorens TD 125) durchgeführt: Abtasttest 300 Hz. Verzerrungen bei 10,8 Hz, FIM-Messungen sowie die praktische Erprobung (ein ausführlicher Test des neuen SME-Arms folgt in einem der nächsten Hefte), Frequenzgang und Übersprechdämpfung werden in einem anderen Labor gemessen; dort ist ein TD 125-II mit festeingebautem Tonarm.

Das Spektrum der verzerrten Signale (10,8 kHz, FIM) wird mit einem Frequenzanalysator konstanter Relativ-Bandbreite (Oktavselektivität ca. 70dB) aufgenommen. Shure empfiehlt zwar die Verwendung eines Wave-Analyzers und schreibt die zu wählende Bandbreite vor, doch gibt es genügend Gründe, davon abzuweichen:

Die Spektren sind (mit Ausnahme des 10,8-kHz-Signals, das eine Gruppe ist) weitgehend diskret. Die Wahl der Bandbreite hat deshalb keinen oder einen nur sehr kleinen Einfluss auf den Messwert.

Die Shure-Empfehlung ist wenig praxisorientiert. Kein dem Autor bekannter Wave-Analyzer verfügt über alle vorgeschriebenen Bandbreiten. Auch Terzfilter können für diese Messungen verwendet werden. Nur sollte beim 10,8-kHz-Test falls Terzfilter europäischen Frequenzrasters verwendet werden, die Geschwindigkeit des Plattenspielers mittels der Feinregulierung um ca. 5% reduziert werden, um die Spektralkomponenten völlig in den Durchlassbereich der Filter zu bringen.

Die "Schnellen" reduzieren sich selbstverständlich um den gleichen Betrag.

Entzerrer- Vorverstärker

Es gibt zwei grundsätzliche Gegenkopplungsmöglichkeiten für Verstärker. Die Bilder 18 und 19 zeigen ihre Anwendungen für Entzerrervorverstärker einfacher Bauweise. Fast alle auf dem Markt befindlichen Entzerrer verwenden das in Bild 18 gezeigte Gegenkopplungsprinzip.

Unerfreulicherweise haben beide Schaltungskonfigurationen ihre Nachteile: Die Verstärkung der in Bild 18 gezeigten Serie-Gegenkopplungsschaltung beträgt: va = Z/R + 1. Die Verstärkung kann demnach nicht kleiner als 1 werden. Dies führt bei normgerechtem Gegenkopplungsnetzwerk - vor allem dann, wenn die closed-loop-Verstärkung relativ klein ist (z. B. 50 bei 1 kHz) - zu einer Überhöhung der sehr hohen Frequenzen.

Zwar kann dies durch eine Änderung des Gegenkopplungsnetzwerkes korrigiert werden, jedoch nur für eine bestimmte, feste Verstärkung. Deshalb haben alle wirklich hochwertigen Entzerrervorverstärker, die diese Gegenkopplungsart verwenden, keine mittels der Gegenkopplung regelbare Empfindlichkeit.

Die Shunt-Gegenkopplung (Bild 19) bringt zwei Nachteile: Die Impedanz des Tonabnehmers beeinflusst den Frequenzgang des Entzerrers, den vu = Z/R + Z(Tonabnehmer). Ein Abfall von 10 dB bei 20 kHz ist keine Seltenheit.

Der Störabstand ist theoretisch 14dB schlechter als derjenige der Serie-Gegenkopplung; bei einer typischen Tonzelle angenommen, 1 kQ in Serie mit 500 mH.

Die eigene Vorverstärker-Lösung des Autors

Der Autor verwendet für den Test der Tonabnehmer eine von ihm entwickelte Schaltung, die die obenerwähnten Nachteile nicht besitzt. Bild 21 zeigt das Prinzipschema.

Die erste Stufe ist ein frequenzgangmässig linearer Verstärker, während die zweite Stufe die Entzerrung nach RIAA (Tabelle 1) bewerkstelligt. Die Schaltung ist diskret - also ohne ICs - und enthält 5 Transistoren pro Kanal.

Die genormten Zeitkonstanten 3180, 318 und 75µs gelten für unvermaschte Netzwerke. Daraus wurden für das gewählte Netzwerk die vermaschten Zeitkonstanten berechnet und mittels 1%iger Widerstände und Kondensatoren aufgebaut.

Tabelle 2 enthält die genormten Frequenzgangwerte. Der Prototyp des oben beschriebenen Entzerrers weicht lediglich ±0,2dB vom Sollverlauf ab. Die Wahl von R und die Verstärkung der ersten Stufe ist für die Rauschzahl des Entzerrers von grosser Bedeutung. Mit v = 20dB und R = 33kOhm kann eine Rauschzahl kleiner 4dB erreicht werden (typ. Tonzelle angenommen).

Bild 20 zeigt das Klirrverhalten des Entzerrers bei ca. 2 kHz. Die Verstärkung bei 1 kHz beträgt 60. Die vertikale Linie im Diagramm zeigt die zu erwartende Ausgangsspannung bei Vollaussteuerung der Schallplatte und einen Tonabnehmer der absoluten Spitzenklasse. Der Klirrverlauf k = f (U) ist keine Gerade. Der quadratische Zuwachs des Klirrfaktors 3. Ordnung sorgt für die «Durchbiegung» der Kurve. Die Eingangsimpedanz des Entzerrers ist wahlweise 47 oder 100 kOhm, parallel dazu wählbar 25 ... 500 pF in sinnvoll abgestuften Schritten.

Bildunterschriften geparkt

18 Serie-Gegenkopplung. Entzerrer mit Seriegegenkopplung
19 Shunt-Gegenkopplung. Entzerrer mit Shunt-Gegenkopplung
20 Mess-Entzerrer. Klirrfaktor des Entzerrers, gemessen bei 2 kHz
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