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Die KlangBild Serie 1977 - "HiFi on the Rocks"
Tonabnehmersysteme (KlangBild Heft 05/1977)

Hier geht es um die Kombination von Abtast-Systemen, Übertragern und/oder Vor-Vor-Verstärkern in der höchsten Qualitätsklasse der Tonabnehmer, wobei jetzt auch der Vorverstärker und die Anpassung eine Rolle spielen.

Manche Tips sind leider etwas "wirklichkeitsfremd" und mit Bedacht zu lesen. Und es fällt auch auf, daß auch etwas Produktwerbeng "eingeflochten" wurde, also objektiv bzw. wertneutral ist der Artikel demnach nicht.

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HiFi on the Rocks - Tonabnehmersysteme höchster Qualität, Übertrager und Vor-Vorverstärker (Mai 1977)

Genau einhundert Jahre ist der Phonograph in diesem Jahr alt geworden. Immer weiter wurde die Technik der Musikreproduktion verfeinert, und es hat nicht den Anschein, als würde man auf den Tonabnehmer so bald verzichten, nachdem dieser elektromagnetische Wandler ein so hohes Niveau an Klangtreue garantiert.

Zum Vergleich im Bild rechts :
Eine Abtastnadel aus dem Jahr 1935 und das moderne Magnetsystem Goldring G 900 SE.

Wozu ?

Einzige Aufgabe des Tonabnehmersystems ist es, die in der Schallplattenrille aufgezeichnete Modulation so exakt abzutasten, daß bei dem elektroakustischen Wandlervorgang keinerlei Änderungen des Originalsignals vorgenommen werden.

Das Idealziel ist mithin die vielzitierte absolute Klangneutralität des Tonabnehmers. Wer aber schon einmal Abtastsysteme - auch solche der von Testern gern als „absolute Spitzenklasse" bezeichneten - miteinander verglichen hat, wird gemerkt haben, daß es im Grunde keine zwei absolut gleich klingenden Tonabnehmermodelle gibt. Vollkommene Klangneutralität ist, wie bei Lautsprechern, ein Ideal, dem man sich bisher mehr oder weniger genähert hat, und man muß mit dieser Bezeichnung vorsichtig umgehen.

Hören besser als Messen und auch nur im Vergleich

Als „fineline" oder „linetouch" bezeichnet der Tonabnehmer-Hersteller Ortofon die Schliff-Form für den Diamanten des Modells MC 20. Breitere Auflagefläche an den Rillenflanken garantiert exaktere Abtastung der Rille. - rechts daneben : Bei den dynamischen Tonabnehmern der Firma Satin (hier das Modell M 18 BX) ist der Nadelträger austauschbar und die Ausgangsspannung so hoch, daß man keinen Vor-Vor-verstärker benötigt. Klanglich ist dieses Modell Spitzenklasse.

Wer gehörmäßig ermitteln will, welcher Tonabnehmer jenseits der meßtechnisch relevanten Werte klanglich der überzeugendste ist, bleibt auf Hörvergleiche angewiesen. Um die Reproduktion der verschiedensten Frequenzbereiche zu prüfen, muß man möglichst zwei "jungfräuliche" Platten derselben Aufnahme und aus derselben Preß-Serie miteinander vergleichen; denn Vergleiche zwischen zugrunde liegender Bandaufnahme und danach gefertigter Plattenpressung sind kein Maßstab zur Bewertung.

Ausgeprägt hochtonreiches Musikmaterial läßt erkennen, wie sauber, differenziert und durchsichtig die Höhen abgetastet werden. Mittelmäßige Tonabnehmer tendieren dazu, dynamische Höhen zu verzerren, durch Resonanzen zu überhöhen und aggressiv erscheinen zu lassen oder etwas zu „verschmieren", wie das etwa bei massierten Streicherpassagen der Fall sein kann.

In den Mitten sind heute die meisten Tonabnehmer ziemlich frequenzlinear. Die Frage ist nur, ob sie die Aufnahmen in diesem Frequenzbereich auch mit einer gewissen Räumlichkeit und Plastizität reproduzieren, oder ob das Klangbild dort flach-zweidimensional ist.

Der Unterschied zu "billig"

Gute Tonabnehmer bringen bei entsprechenden Aufnahmen und dazu hervorragenden Lautsprechern eine räumliche Tiefe ins Klangbild, die mäßigen oder Billig-Abtastern einfach fehlt.

Plastizität bedeutet, daß man die einzelnen Instrumente und Stimmen schön getrennt in der räumlichen Tiefenstaffelung und der Stereo-Breite hört.

Wer die Baßwiedergabe akustisch überpüfen will, sollte dazu konventionelle Aufnahmen (und keine Effektplatten) nehmen, in denen sehr trocken aufgenommene Elektro-Baß-Passagen oder ausgesprochen volle und mit hoher Dynamik ausgesteuerte akustische Baßgitarren vorkommen.

Impulsverhalten und nichtlineare Verzerrungen im Baßbereich lassen sich so rasch ermitteln.

Die Ausgewogenheit der Wiedergabe

Unretuschierter Frequenzgang-Schrieb eines dynamischen Abtastsystems der absoluten Spitzenklasse (Ortofon SL 20 Q) von 20 Hz bis 45 kHz: Frequenzlinearität und Übersprechdämpfung sind hervorragend.

Es gibt Tonabnehmer, die in einzelnen Frequenzbereichen ganz ausgezeichnet arbeiten, in anderen wiederum Mängel aufweisen, also solche, die vielleicht die Mitten und Höhen hervorragend wiedergeben, im Baß aber verhalten und etwas unpräzis sind, oder andere, die Baß und Mitten sehr sauber und präzis reproduzieren, während die Hochton-Abtastung leicht zu Klirr oder Aggressivität neigt. Solche Unterschiede können technisch gesehen die verschiedensten Gründe haben. Insgesamt sollte der Tonabnehmer aber - um das vielstrapazierte Wort doch zu gebrauchen - ausgewogen sein.

Prüfen ohne Effekthascherei

Ob er diese Forderung erfüllt, kann man nur mit sehr komplexem Musikmaterial überprüfen, nämlich mit Aufnahmen, in denen alle genannten Frequenzbereiche mit wechselndem Dynamik-Pegel vorkommen. Ich habe eingangs die Wendung „klanglich überzeugend" benutzt. Ich möchte hinzufügen, daß damit nicht der „eindrucksvollste" oder „spektakulärste" Tonabnehmer gemeint ist, desen effekthascherisches Klangbild eher auf mangelnde Klangneutralität schließen läßt.

Überzeugen sollten man sich nur von Tonabnehmern lassen, die alle Qualitäten der zum Test verwendeten Aufnahmen am besten zur Geltung bringen. Ein Abtaster, der nicht vorhandene Höhen durch Eigenresonanz hinzufügt, ist genauso minderwertig wie einer, der das Klangbild im Baß kräftiger erscheinen läßt, weil er im Frequenzgang unter 150 Hz eine Anhebung aufweist.

Die Nachteile der Perfektion von Edelsystemen

Nötig erscheint an dieser Stelle auch die Bemerkung, daß ein hervorragendes Tonabnehmersystem nicht nur die positiven Qualitäten, sondern ebenso "erbarmungslos" die Schwächen von Aufnahmen und Plattenpressungen aufscheinen läßt.

Eine schlechte Aufnahme, eine knisternde oder mit hohem Eigenrumpel behaftete Pressung, wird bei Verwendung eines exakt arbeitenden Abtasters nicht besser, sondern noch miserabler klingen.

System und Tonarm müssen unbedingt harmonieren

Daß Tonabnehmer nicht beliebig mit jedem Tonarm kombinierbar sind, wurde an dieser Stelle schon mehrfach betont. Außerdem gibt es klanglich ganz überragende Tonabnehmer-Konstruktionen, die leider mechanisch wenig stabil sind und sich für wellige oder exzentrische Platten gar nicht eignen.

Dann muß man nach einem klanglich äquivalenten, aber mechanisch stabileren Tonabnehmer suchen. Eine Rolle spielt auch die Kombination mit den jeweiligen Lautsprechern. Ein baßlastiger Lautsprecher wird noch mehr „bumsen", wenn das System trockene, kräftige und schön frequenzlineare Bässe bringt, also die Schwächen der Box aufdeckt.

Andererseits wird bei einem Lautsprecher mit stark abfallendem Höhenfrequenzgang die Hochtonwiedergabe noch "mangelhafter" erscheinen, wenn das System selber schon weich und verhalten in den Höhen ist.

Und wenn's in den Höhen zerrt, muß das nicht der Tonabnehmer oder das falsche Auflagegewicht sein; der Grund dafür kann auch -speziell bei hochempfindlichen Systemen mit Shibata- oder shibata-ähnlichem Schliff des Diamanten - Staub in der Rille oder an der Abtastspitze sein. Außerdem ändert sich bei welligen Platten der Auflagedruck nicht unerheblich, so daß Verzerrungen auftreten können. Aber darüber im folgenden ausführlicher. Zunächst einige grundsätzliche Ausführungen.

Zunächst einige grundsätzliche Ausführungen :

Das Prinzip des „induzierten Magneten" erfand der Entwickler Peter Pritchard für die Magnetabtaster seiner Firma ADC.

Die Mehrzahl der heute produzierten Tonabnehmer (= Abtastsysteme) arbeitet nach dem Prinzip des „bewegten Magneten" (Anmerkung : oft auch MM benannt). Ein am Ende des Nadelträgers montierter winziger Magnet bewegt sich nahe den Polschuhen von zwei Spulenpaaren, wodurch eine Änderung des magnetischen Flusses eintritt und eine ton-frequente Spannung induziert wird.

Bei sogenannten dynamischen Systemen (Anmerkung : oft als MC benannt) nach dem Prinzip der „bewegten Spule" verfährt man genau umgekehrt. Dort sind die Spulenpaare fest mit dem Nadelträger verbunden und bewegen sich in einem homogenen Magnetfeld entsprechend den Schnelleauslenkungen, denen der Abtastdiamant in der Rille folgt.

Nach diesem letzteren, von der Firma Ortofon 1948 patentierten Prinzip arbeiten mit Ausnahme des Satin-Systems alle dynamischen Abtaster von Supex, Fidelity Research, Ultimo, Denon und EMT.

Die induzierte Spannung ist hier so gering, daß man ein Verstärkerglied Zwischenschalten muß, um den für die Phonoeingänge nutzbaren Pegel zu erzielen. (Das gilt nicht für die Abtaster von Ultimo und Satin, die eine Spannung von der Größenordnung der „leisen" Magnetsysteme abgeben, also bei Phono-Eingangsempfindlichkeit des Vorverstärkers von etwa 1,5 bis 2 Millivolt keinen Übertrager benötigen.)

Einen aktiven Vor-Vorverstärker, der die von dynamischen Abtastern abgegebenen geringen Spannungen auf einen für den Phonoeingang nutzbaren Pegel erhöht, hat die Firma Ortofon mit dem Modell MCA-76 gebaut. Der Rausch- und Brummabstand dieses Zwischenverstärkers ist extrem hoch, die Abschirmung gegen Magnetfelder so gut, daß keinerlei übliche Störspannungen befürchtet werden müssen.

Vor- und Vor-Vor- Verstärker

Manche Vorverstärker enthalten wegen des zunehmenden Interesses an dynamischen Tonabnehmern neuerdings eigens dafür ausgelegte Phonoeingänge (u a. Vorverstärker von Denon, Mark-Levinson, Great American Sound Company usw.).

Bei anderen arbeitet man, wie gesagt, entweder mit passiven Übertragern oder aktiven "Vor-Vor"-verstärkern, die die benötigte Spannungserhöhung vornehmen. Der Horror vor solchen „Zwischenverstärkern" ist unbegründet, nachdem man hier in den letzten Jahren Geräte entwickelt hat, bei denen der Brumm- und Rauschabstand sehr hoch ist und die eine frequenzlineare und impulstreue Übertragung gewährleisten.

Wenn man sehr viel "Vinyl" hört . . . .

Ein batteriebetriebener aktiver Übertrager für den Anschluß von zwei (!) dynamischen Systemen ist der Fidelix LN-1, klanglich der neutralste und räumlich transparenteste aller von uns getesteten Übertrager. Rauschfreiheit und Sauberkeit der Durchzeichnung des Klangbilds sind schlicht frappierend!

Der praktische Vorteil von Magnetabtastern ist in der Auswechselbarkeit des Nadelträgers zu sehen, der auch vom „Laien" durch einen neuen (Austauschdiamanten) ersetzt werden kann, wenn der Diamant Abnutzungserscheinungen zeigt.

Andererseits wird mit wenigen Ausnahmen in Fachkreisen dem dynamischen Abtastsystem (MC) fast durchweg besseres Impulsverhalten, exakter durchgezeichnetes Klangbild, differenziertere räumliche Perspektive, mit einem Wort eine "klangneutralere" (?? kann man "neutral" steigern ??) Wiedergabe attestiert.

Nicht von ungefähr werden im professionellen Einsatz - beim Rundfunk scheint die Preisfrage keine Rolle zu spielen - fast ausschließlich dynamische Tonabnehmer verwendet. Denn die in Massenproduktion gefertigten billigeren Magnetsysteme werden schon aus Kostengründen nicht rigoroseren Endkontrollen unterzogen oder gar individuell kalibriert.

Besser "sein" oder besser "klingen" ??

Beim Präzisions-Vor-Vorverstärker „Goliath" der US-Firma GAS (Great American Sound) läßt sich der Spannungsgewinn stufenweise bis 12 dB abschwächen.

Warum dynamische Systeme nach Erfahrung vieler Experten - populär gesprochen - „besser klingen", hat wohl mehrere Gründe. Tatsache ist einmal, daß die von Spezialfirmen mit größerem Kosten- und Arbeitsaufwand gefertigten „moving coil"-Systeme in geringerer Stückzahl hergestellt werden und in der Regel um einiges teurer sind.

Die mechanisch schwingenden Teile werden in ihrer Geometrie "exakter" (??) gebaut, was durch die direkte Verbindung von Nadelträger und Spule schon erforderlich ist. So hält man auch geringere Toleranzen ein. Hersteller von dynamischen Systemen liefern für jedes ihrer Exemplare oft den Frequenzgang-Schrieb mit und überprüfen bisweilen auch noch gehörmäßig die klanglichen Eigenschaften. Diese Sorgfalt bei der Fertigung schlägt sich natürlich - oder leider - auch im Preis nieder.

Während man Magnetabtaster schon zu Preisen ab 30 Mark kaufen kann, kosten dynamische Systeme zwischen 250 und 700 Mark - und das ohne den meist notwendigen Übertrager oder Vor-Vor-verstärker! Perfektion hat auch bei HiFi-Geräten ihren Preis. Schließlich erwartet der Konsument von einem billigen Auto nicht dieselben Eigenschaften wie von einem Lamborghini oder Rolls-Royce.

Die Diamanten an der Spitze

Ein quadrotüchtiger Magnetabtaster ist das JVC X-1 von Nivico. Der Nadelträger aus Beryllium garantiert in Verbindung mit der shibata verschliffenen Diamantspitze eine saubere, frequenzlineare und impulsfeste Wandlung der in die Plattenrillen geschnittenen tonfrequenten Modulationen.
Von der mechanischen Stabilität wie vom Klangbild her repräsentiert das speziell kalibrierte Sonus Blue die absolute Spitzenklasse unter den Magnetsystemen. Impulstreue im Baß, räumliche Durchzeichnung und Kohärenz der Mitten und Höhen und Fülle des Klangbilds sind beim Sonus Blue bestechend.

Bei den teueren Tonabnehmern werden meist geschliffene Naturdiamanten verwendet, die nicht mit Metall ummantelt sind, weil diese eher als Nadeln, bei denen nur die Spitze aus einem Diamanten besteht und nicht die ganze Nadel, eine bessere Frequenzlinearität und Resonanzfreiheit bei der Abtastung gewährleisten. Nadelträger aus Beryllium, wie sie neuerdings mehr und mehr von Tonabnehmer-Herstellern verwendet werden, haben den Vorteil, daß dieses extrem harte Metall erstens weniger zu Eigenresonanzen im Hochtonbereich neigt, zweitens die Frequenzgangkurve dort glatter verläuft und drittens die Schwingungen schneller und "exakter" (??) überträgt, was sich positiv für die Impulstreue und die Frequenzkonstanz auswirkt.

Mit Hilfe von Messungen hat "man" ermittelt, daß das Einschwingverhalten von Nadelträgern aus Beryllium um Millisekunden(!) schneller und damit besser ist als das von konventionellen Aluminiumröhrchen. Die sogenannte Anstiegszeit ist hier kürzer. In Verschleißtests hat man außerdem herausgefunden, daß

a) elliptische und erst recht Shibata-Nadeln wegen ihrer größeren Ähnlichkeit mit der Schliff-Form des Schneidstichels exakter (schon wieder ??) den Rillenmodulationen folgen können als konisch verrundete Diamanten, und daß

b) für den Diamanten eine höhere Lebensdauer garantiert werden kann, eben weil die Form der Verrundung mehr der des Schneidstichels angepaßt ist.

Bei Shibata- oder shibata-ähnlichem Schliff ist auch die Gefahr der plastischen Deformation der Rille geringer, weil wegen der größeren Auflagefläche der Druck geringer, weil besser verteilt ist.

Andererseits führt die Tatsache, daß die Spitze des shibata-ähnlich verschliffenen Diamanten eventuell bis auf den Plattengrund eintaucht, zu erhöhtem Rauschen, was in der letzten Zeit wiederum einige Hersteller veranlaßte, die „unterste" (??) Spitze zu verrunden. Über diese Probleme werden wir in einer der nächsten Ausgaben von „Klang-Bild" ausführlicher berichten.

Über die Lebensdauer der Diamant-Spitze

Neben einer ganzen Reihe von Billigabtastern der Standardklasse stellt die Firma Shure Bros. Inc. auch einige Spitzen-Abtastsysteme nach dem Prinzip des „bewegten Magneten" her. Das bekannteste ist das Modell Shure V15 III, das wegen seiner Klangneutralität und der etwas hell timbrierten Klangfarbe viele Liebhaber gefunden hat.

Über die tatsächliche Lebensdauer des Diamanten (Anmerkung - besser formuliert : über die Spitze des Diamanten) kann man keine endgültigen Aussagen machen. Sie hängt von der Härte und der Schliff-Form, aber auch von der Güte des verwendeten Tonarms, von der Rillenbeschaffenheit, vom korrekten Auflagedruck und von der Feinheit der Politur des Diamanten ab.

Die Hersteller geben als ungefähren Wert für "gute" Tonabnehmernadeln mit elliptischem Schliff rund 500 bis 800 Spielstunden und für Diamanten mit Shibata-Schliff eine Betriebsdauer von 800 bis 1200 Stunden an, wenn man das System als Stereo-Abtaster benutzt.

Bei CD-4 Platten sind die Beschleunigungen und Bremserscheinungen, die der Diamant aushalten muß, so groß, daß uns ein Hersteller als maximale Betriebsdauer etwa 1.000 Stunden angab.

Bei schlecht polierten oder nicht korrekt orientierten Diamanten und beim Abspielen von schon stärker verschliffenen Plattenrillen kann die Lebensdauer des Diamanten auf bis zu 250 Betriebsstunden sinken.

Wegen der extrem hohen Nadelnachgiebigkeit (unter dynamischen Verhältnissen: 33 x 10 hoch -6 cm/dyn!) und der äußerst geringen Abtastverzerrungen im Hochtonbereich benötigt das Magnetsystem Pickering XUV 4500 Q nur einen Auflagedruck von ca. 1 Pond, wenn man es ohne das serienmäßig mitgelieferte Pinselchen fährt. Wenn man diesen Pinsel zu Zwecken der Plattenreinigung während des Abspielvorgangs benutzt, muß man den Auflagedruck entsprechend erhöhen. Dank des biradialen Schliffs der Spitze des Abtastdiamanten läßt sich dieses Spitzensystem von Pickering auch zur Wiedergabe von CD-4-Platten verwenden.

Der Nadelverschleiß

Sicheres Zeichen für Verschleiß sind - einwandfreie Platte, passender Tonarm und korrektes Auflagegewicht vorausgesetzt - verzerrt wiedergegebene Höhen.

Denn das läßt darauf schließen, daß der Diamant die feinsten Rillenmodulationen und größeren Schnelle- Auslenkungen nicht mehr sauber abtastet, sondern ganz im Gegenteil - diese sogar abschleift.

Statistiken von Tonabnehmer-Herstellern behaupten, daß nur etwa ein Drittei aller Plattenspielerbesitzer in diesem Land die Nadel wechseln, bevor sie verschliffen ist, daß außerdem die meisten erst bei kräftigen Verzerrungen und schon eingetretenen irreparablen Schäden an der Platte Zweifel an der Güte des Abtastdiamanten bekommen.

Wie verheerend die Auswirkungen auf die winzige Plattenrille sein können, kann derjenige ermessen, der einmal unterdem Elektronenmikroskop aufgenommene verschiedene Fotos solcher Rillen gesehen hat.

Und wie prüft man den Nadelverschleiß ?

Leider ist dieses Mikroskop (ehemals von DUAL) unzureichend und eher eine suggestive Verkaufshilfe für Ersatznadeln

Ob Höhenverzerrungen vorliegen, kann man leicht feststellen, wenn man schwierige Streicherpassagen und akustische Saiteninstrumente mit großem Hochton-Anteil abspielt.

Zwischen unnatürlich „hartem" und schon hörbar verzerrtem Klang ist kein so großer Unterschied mehr. Zuvor sollte man natürlich überprüfen, ob die Platte nicht schon einmal mit defekten Diamanten abgespielt wurde und womöglich beschädigt ist.

  • Anmerkung : Ein wirklich "toller" und praxisgerechter !!! Vorschlagl leider aber unbrauchbar. - Und weiter - wie überprüfe ich die Abnutzung der Plattenrillen ohne Elektronenmikroskop ?


Dann kann man sowieso keine unverzerrte und auf natürliche Weise transparente Hochtonwiedergabe mehr erwarten.
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Am Ende sind nur Hörvergleiche sinnvoll

Entgegen landläufiger Meinung besagt hohe Baßabtastfähigkeit nichts über die Impulsfestigkeit eines Tonabnehmers. Dieses Abtastfähigkeit kann man nämlich durch größere Nadelnachgiebigkeit beliebig erhöhen, muß dann aber meist Einbußen bei der Klangtreue der Reproduktion in Kauf nehmen.

Entscheidend ist, wie wir schon in der letzten Folge dieser Serie ausführten, daß die Werte für saubere Baß-und Höhenabtastung möglichst nahe beisammen liegen. Es genügt, wenn ein Tonabnehmer Amplituden von 50 bis 60 Mikrometern (müh) im Baßbereich unverzerrt abtastet. Viel wichtiger als extrem hohe Baßabtastfähigkeit sind klangliche Eigenschaften wie Detailtreue, räumliches Auflösungsvermögen bei komplexen Passagen und ein Einschwingverhalten, das die Instrumente in ihrer typischen Charakteristik mit sämtlichen harmonischen Obertönen zur Geltung kommen läßt.

Bei der subjektiven Bewertung erhebt sich die Frage, was als Norm für die Klangneutralität anzunehmen ist. Die Antwort ist so simpel, wie die Durchführung schwierig ist: Man bleibt auf ausführliche (Anmerkung : eigene) Hörvergleiche angewiesen, für die man bezüglich Tonarm und Kabelkapazität, Phonoentzerrer, Lautsprecher und Musikmaterial absolut identische Bedingungen schaffen muß.

Wenn man die Erfahrung hat, ok, aber wenn nicht ?

Diese absolut identische Bedingungen vorausgesetzt, wird das Ohr eines Musikliebhabers, der seine Platten gut kennt, durchaus die Unterschiede zwischen den einzelnen Tonabnehmern heraushören. Wenn man zum Vergleich einigermaßen klangneutrale und im Einschwingverhalten impulsfeste Lautsprecher zum Vergleichstest hernimmt, kann man Unterschiede doch rasch wahrnehmen.

Denn es ist leider eine Tatsache, daß manche amerikanischen Hersteller genauso wie etliche der dort populären Lautsprecherfabrikanten einen ausgesprochenen „soft sound" bevorzugen und daraus eine HiFi-Philosophie für breite Massen gemacht haben (US-Sender strahlen fast nur durch Kompressoren begrenzte Konservenmusik aus, die auch so klingt), während sich europäische und japanische Spezialhersteller doch weit mehr das Ideal der Klangtreue zu eigen gemacht haben und die Schwächen der Plattenpressungen nicht dadurch beschönigen wollen, daß sie Tonabnehmer mit diesem „soft sound" konstruieren.

Wen man keine Erfahrung hat, muß man lernen

Für die subjektive Beurteilung der Klangqualität des Tonabnehmers hat man Begriffspaare gefunden wie transparent/undurchsichtig, räumlich/zweidimensional, baßschwach/baßlastig, sumpfig/hart, nuanciert/verwaschen, spitz/dumpf, vordergründig (= zu präsent)/ ausgewogen, konturiert/verschwommen, sauber/verhangen und andere, die der subjektiven Empfindung einen ungefähren Ausdruck geben sollen.

Daß damit eine begriffliche Verwirrung gegeben ist, nachdem nicht jeder diese Adjektive in demselben Sinn verstehen wird, ist kaum vermeidbar. Man wird sich für eine bestimmte Tonarm-Tonabnehmer-Kombination entscheiden müssen und die klanglichen Vor- und Nachteile gegeneinander abwägen.

Aufpassen beim Sparen, das kann schief gehen

Absolute Klangneutralität ist aus physikalischen Gründen unmöglich, aber es gibt immerhin mindestens ein halbes Dutzend - und darunter vorzugsweise dynamische! - Abtaster, bei denen das (Anmerkung : geschulte) Ohr nur noch in Nuancen Unterschiede feststellen wird, und die auch nur, wenn man hervorragende Verstärker und Lautsprecher verwendet.

Hier wird die Wahl ausnahmsweise fast zur Geschmacksfrage. Und zu einer Frage der vorhandenen Finanzen. Wer allerdings beim Tonabnehmer spart, um das Geld in einen wenige Watt leistungsfähigeren Verstärker zu investieren, spart am falschen Ende.

Und wer auf 1.500 bis 2.000 Mark teure Laufwerke von Luxman, Technics, Micro-Seiki, Transrotor oder andere Spitzenfabrikate einen mittelmäßigen Tonarm setzt und nicht auf die optimale Kombination mit dem Abtastsystem achtet, handelt völlig unsinnig.

Einige der besten heute separat lieferbaren Tonarme sind der Formula 4 Laboratory Standard, der zuletzt ausführlich vorgestellte Dynavector DV 505 von Onlife Research, der Keith Monks, Grace G-707, Micro MA-505, Audio-Technica AT 1009, Stax UA-7, Audiocraft AC 300 C, Lustre und mit einigen Abstrichen auch der SME 3009/2 non-detachable shell, bei dem man - wie bei allen hier genannten Tonarmen - darauf achten muß, mit welchem System man ihn ausstatten will.

Manche Tonabnehmer benötigen wegen ihres konstruktiven Aufbaus und der vergleichsweise geringen Nadelnachgiebigkeit wie auch zur Vermeidung von (evtl. gar mehrfachen) Resonanzen unbedingt einen bedämpften Tonarm. Hier wird nur der erfahrene Fachhändler die
richtige Auskunft geben können. (Anmerkung : Wie finde ich heraus,ob der fachhändler "erfahren" ist ?) Das gilt auch für Probleme, die beim Eingangswiderstand von Übertragern für dynamische Systeme geringer Ausgangsspannung auftreten können.

Es gib weitere oft triviale Probleme

Wenn Brummprobleme bei Tonabnehmern auftreten, liegt das mit ziemlicher Sicherheit an nicht oder falsch vorgenommener Erdung von Laufwerk-Chassis und Phonokabel.

Die Motoren und das Netzteil von Laufwerken jedenfalls sind heute so gut abgeschirmt, daß sie den Brumm- und Rauschabstand so gut wie nicht verschlechtern. Der Rauschabstand und das Abtastverhalten im allgemeinen werden deutlich schlechter, wenn man sich nicht dazu bequemt, hin und wieder die Abtastnadel mit einem feinen Bürstchen zu reinigen.

Bei der Prozedur verwendet man besser keinen reinen Alkohol, weil dieser die Klebmasse, mit der der Diamant am Nadelträger befestigt ist, mit der Zeit aufweichen könnte. Manche Tonabnehmerhersteller betonen in ihren Prospekten ausdrücklich, daß so etwas auch bei Verwendung von Naßfahrflüssigkeiten passieren kann.

Wenn man eine Abtastnadel mit Shibata-Schliff besitzt, muß man besondere Sorgfalt auf die Reinigung des Diamanten von allen Staub- und Schmutzpartikeln verwenden, weil sich geringe Verschmutzung hier schneller und krasser in Verzerrungen und Abtastfehlern bemerkbar macht als bei massiven sphärischen Diamanten billiger Systeme.

Abschließend noch ein paar Tips

Abschließend seien noch ein paar Tips für den Umgang mit Schallplatten genannt, die sich nur positiv auf die längere Lebensader des Diamanten und die Schonung der Rille auswirken können.

Zunächst sollte man Platten niemals unnötig offen herumliegen lassen, sondern sofort nach dem Abspielen wieder in die weiße Innenhülle (Öffnung nach oben) eintüten, damit sich kein Staub auf der Plattenoberfläche und in den Rillen absetzen kann.

Rauch, Dampf und Sprays sind Gift für jede Platte. Auch sollte man die Haube des Plattenspielers sofort schließen, wenn man ihn nicht benutzt, und die Gummimatte ab und zu von Staub reinigen.

Erstes Gebot für jeden, der seine Platten schonen will, ist: Berühre niemals die Plattenrillen mit bloßen Fingern, sondern nur den äußeren Rand und das Papier-Label! Schweiß und Fett setzen sich in den winzigen Rillen sofort fest. Betonen möchte ich noch einmal, daß man den Abtastdiamanten spätestens nach etwa 500 bis 800 Spielstunden unter einem Stereomikroskop (!) visuell überprüfen lassen sollte.

von Franz Schöler im April/Mai 1977
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Und so gibt es leider herbe Kritik an einigen dieser Tips

Nachdem ich mich seit Jahren mit diesen Themen ausführlich beschäftige, sind mir (außer den sehr schlimmen Steigerungsformen für "unten" und "neutral") ein paar "unglückliche" praxisfremde Ratschläge aufgefallen.

  1. Wie zähle ich die Spiel-Stunden meines Abtastdiamanten über die Jahre ?
  2. Wie erkenne ich optisch oder sonstwie, ob die Rillen einer Platte bereits Schaden genommen haben.
  3. Wo kann ich heute noch Abtastdiamanten kompetent prüfen lassen ?


Über diese kritischen Themen gibt es hier im Hifi-Museum viele Seiten, bei denen eine ganz andere Wahrheit raus kommt.

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