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Die Psychologie bei den Edel-HiFi Gourmets :

von Gert Redlich in 2012 - Bei der Hifi-Euphorie der 1960er und 1970er Jahre gab es, wie anderswo auch, mehrere sehr unterschiedliche Spezies in der Kundschaft.

Ich hatte - damals noch als Student - (und auch noch später) in mehreren Hifi-Studios im Raum Wiesbaden ganze Nachmittage "im Hifi-Laden" gestanden und mit wissensdurstigen poten- tiellen "Kunden" gesprochen und deren Wünsche (und High-End Träume) angehört. (Der Begriff "High-End" kam übrigens erst viel später.) Und unten (in der Liste) ist die Gruppe 3 der "Hörer" erst in 2014 eingefügt worden.

Übrigens spreche ich ganz bewußt nicht von "Klassen", denn in vielen Hifi-Anzeigen wurde immer wieder versucht, ein "Klassendenken" (zum Aufsteigen für die Aufsteiger) zu züchten - und - das hatten wir doch schon mal - ich glaube dieses "Reich" der Aufsteiger sollte voraussichtlich 1000 Jahre dauern - aber dann war es nach nur 12 Jahren schon wieder Geschichte, leider am Ende eine sehr böse Geschichte.


Aus damaligen und heutigen Gesprächen kam Folgendes heraus:

Grundsätzlich scheint es zwei (inzwischen drei) Gruppen von "Hörern" zu geben:

  1. Die Musik-Liebhaber und
  2. die Klang-Liebhaber und
  3. die Technik-Liebhaber (das ist ein Nachtrag)

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Die Hörer aus diesen Gruppen lassen sich (mit einem schelmischen Augenzwinkern !!) in folgende Untergruppen einordnen :
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  • Der "Normalo"
    wollte nur gute Musik hören und ein bißchen Spass an den Geräten haben.
    Naja, ein wenig "schön" sollten sie auch sein, aber in Maßen und für den kleinen Geldbeutel.

  • Der "Prozzo-Prozzo"
    wollte damit vor Freunden und Nachbarn angeben
    , wer immer die höchsten Wattzahlen (laut Prospekt) vorzeigen konnte. Das war übrigens bei den Tonbandgeräten im Speziellen so auch der Fall, alle wollten 26er ALU-Spulen und möglichst viel Chrom und haufenweise Knöpfe und Schalter auf den großen Kisten.

  • Der "Gourmet"
    legte auf das Äußere fast keinen Wert,
    er wollte die ultimative Klangqualität mit wenig, viel oder ganz viel Aufwand haben. Das ging dann durchaus von 3.000.- Mark bis 100.000.- Mark, war aber optisch völlig unspektakulär, also nicht prozzoprozzo fähig.

  • Der "Spezialist"
    hatte dann mindestens aktive 3-Wege Lautsprecher
    mit einem oder mehreren 3bx Dynamik-Expander(n) und einen Soundcraftsman 12-fach Equalizer und hörte sich tagelang Schlagzeug- oder Saxophon-Musik auf Direct-Cut Vinyl-Platten an. Konzertante Orchester-Musik war da gar nicht gefordert, denn richtig dynamisch und ganz besonders laut sollte es zugehen. Eigentlich hörte er nur die Lautsprecher (-Chassis) und die db's.

  • Der "Progressiv-dynamische Gourmet"
    hatte weiße (und erst später schwarze) Design Elektronik
    und auch die weißen Lautsprecher, damals von der BRAUN AG aus Kronberg. Natürlich war das (damals) edel, sowohl von der Qualität wie auch vom Preis. Und es war exklusiv modern, das konnte sich bestimmt nicht "jeder" leisten. Auch hatte nicht "Jeder" ein 168 Quadratmeter großes Edel-Wohnzimmer - aus dem schwarz weißen BRAUN Hochglanz-Prospekt - zusammen mit den dicken gemütlichen weißen Ledergarnituren darinnen und der edlen 12m langen Schrankwand in mattem Schleiflack - natürlich in weiß (zur edlen BRAUN Anlage passend). Doch bald hatten auch die Japaner dieses Segment im Visier und 1991 (eigentlich schon vorher) war es dann zuende mit weißem und schwarzem BRAUN Hifi.

  • Der "Understatement Gourmet"
    hatte eine Anlage
    , die man fast nicht sah (und auch nicht sehen sollte), die aber fantastisch gut klang (die also von einem wirklichen Fachmann installiert worden war) und dabei nicht mal Klangsteller hatte. So zum Beispiel die legendären Quad Verstärker und deren Elektrostaten (die gab es auch als LE1 auch von BRAUN !!). Später gab es dann zum Beispiel die getrennten Komponenten von Linn - völlig unspektakulär und ganz in schwarz, wenige Potis und fast keine Knöpfe, mit denen man daher überhaupt nicht protzen konnte (und auch nicht mußte), die aber sowohl leise wie auch laut richtig gute Musik machen.

  • Das "Hifi Genie"
    hatte dann nur noch teuerste Einzel-Komponenten
    mit speziellen Netz-Schaltleisten, dicksten Vorverstärker- Cinch-Kabeln und 10quadrat Lautspecherkabeln mit Gold, Silber, Platin, Iridium, Chrome und Sauerstoff im Kupfer und/oder im dazu gemischten versilberten Aluminium. Natürlich standen alle Komponenten mit dünnsten Spikes auf großen Marmorblocks und waren dezent von Halogenlampen angestrahlt. Denn jetzt konnte man endlich Hifi sehen und (im Geldbeutel) fühlen. Nicht zu vergessen, als Quellen kamen nur edelste schwarze Scheiben in Betracht, denn die CD (selbst die Super SACD) konnte (oder durfte) gar nicht klingen.

  • Und schon sind wir bei dem "militanten Analog Gourmet".
    Ausschließlich analoge Scheiben aus analogen Aufnahmestudios werden da akzeptiert, und seien sie noch so merkwürdig flau, verknistert, verknackt und verrauscht. Und die klingen natürlich auch nur mit nostalgischen oder ganz neuen chinesischen Röhren-Verstärkern.

  • Dann wäre da noch der "Röhren Guru".
    Denn die Transistoren klingen alle so hart, heißt es vom "Röhren-Fachmann". Und wenn jetzt selbst chinesische Hersteller seit 2006 mit roher "ebay-" Gewalt und "günstigsten" Preisen auf diesen engen Röhren-Markt drängen, dann muß da ja etwas dran sein.

  • Vergessen gegangen wäre beinahe der "Technik-Freak" oder "-Guru"
    (man könnte ihn auch den "visuellen" Hifi-Hörer nennen), der sich an der goldglänzenden Optik (mann nennt es auch "Chamapgner") und an der edlen ALU-Massiv-Haptik (erlaubt seien auch 8mm Edelstahl Frontplatten) der Geräte im wahrsten Sinne des Wortes "erfreut".

    Dezente blaue oder grüne oder violette Skalenbeleuchtungen untermauern das Gefühl der besonders hochwertigen und edlen Musikwiedergabe. Auch hier ist sicherlich die extrem hohe Qualität der Wiedergabe ein Kaufargument, doch die "besondere" Optik außen (wie auch innen im Gerät) und das "Bedienen" der zigtausend Euro Technik steht absolut im Vordergrund. Diese Freaks sehen bereits an dem "Gesicht" eines Verstärkers, also an der Frontansicht, wie toll dieses oder jenes Gerät klingt.
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    Da hätte ich beinahe die "Dicke" der ALu- oder Edelstahl- Frontplatte vergessen, deren 5mm oder gar 8mm entscheidenden Einfluß auf den Klang habe.

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Die Kriterien der Bewertung : "objektiv" oder "subjektiv"

Bei einer Vielzahl der Mitglieder der obigen Gourmets wurden und werden reale Kriterien nie akzeptiert. Auch die Unterscheidung zwischen "objektiv" und "subjektiv" ist ihnen fremd - oft trotz Studium oder Promotion. Solch einen "Unsinn" fände man nur im Duden oder im Brockhaus. Alleine der eigene Maßstab ist das Maß aller Dinge und damit die ganze "richtige" und volle (und richtig gute) Wahrheit.

Zum Glück ist das alles im Bereich Hobby angesiedelt und nicht in der Politik oder in der Wirtschaft. Und somit gibt es bei den verbalen virtuellen Internet- Kriegen und globalen (Wort-) Schlachten in den diversen Foren auch keine Toten, sondern nur seelisch Leichtverletzte und natürlich massenweise "Sieger".

Und zu "Guterletzt" ist das oben Geschriebene sowieso alles gar nicht "wa'h'r", es ist "nä'h'mlich" auch (nur) subjektiv.

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