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1969 - Auch "moderne" Platten-Abtastsysteme sind nicht ideal.

Bei der mechanischen Abtastung von Audio-Konserven aller Art gibt es keine ideale Methode. Alle bislang bekannten Methoden haben Vorteile und Nachteile. Und alle Methoden sind mehr oder weniger mit irgendwelchem Verschleiß "behaftet".

Vorausschauende Einleitung von Gert Redlich (in 2019)

In den vielen Gesprächen mit Professor Dr. Hausdörfer von der Robert Bosch Fernseh GmbH in Darmstadt hatte er immer wieder betont, daß man jeglichen elektrischen und mechanischen "Vorgang" mathematisch darstellen kann. Ob man ihn dann auch voraus- berechnen könne, wäre nicht immer gegeben. Aber man könne diesen "Vorgang" oder die Funktion in eine mathematische Gleichung (=Formel) packen.

Sein prägnantestes Beispiel war der sogenannte (sechsfach-) Elektronenvervielfacher in den Super-Orthicon Bildaufnahmeröhren, der laut seiner Formel natürlich sowohl das (vom Pegel stets zu niedrige) Farbsignal als auch das (böse) Rauschen gleichermaßen mit hoch verstärkt. Seine damaligen (analog gläubigen) Chefs wollten das nicht glauben. Die gesamte Story steht im Fernsehmuseum.

Bezogen auf das Abtastsystem ist es sehr sehr ähnlich. Die gesamte Funktion des Schallplattenabtasters von der mechanischen Information in der Rille bis zum elektrischen Signal nach dem Wandler kann man mathematisch (in einer Gleichung) beschreiben. Und beim umfassenden ingenieurmäßigen Auflisten der einzelnen Variablen solch einer (erstmal theoretischen) mathematischen Gleichung kommen jede Menge Besonderheiten der Abtasttechnik auf den Tisch.

Ganz wichtig zum Verstehen ist der für viele "befremdliche" Begriff der sogenannten "Schnelle", der hier erläutert wird.

Die Grundfrage : Worum geht es hier eigentlich ?
(Es geht um den Nadel- und Platten-/Rillen-Verschleiß)

Es geht um die "Messung sehr sehr kleiner "mechanischer Impedanzen" an modernen Schallplattenabtastern", eine Dissertation von Herrn Karl Günter Schwartz aus dem Jahr 1969.

In dieser Überschrift steckt aber mehr, nämlich die Berechnungen und Messungen von extrem geringen (absoluten) Kräften und Widerständen und Vorgängen, die sich bei der Berührung und der Reibung zwischen der Abtast-Nadel (dem Diamanten) und der Vinyl-Rille abspielen (bzw. dort auftreten) und dem zwangsläufigen Verschleiß eines der beiden Materialien.

Und der Verschleiß ist garantiert immer größer als "0" !!!!

Die Funktion der Abtastnadel

Einer der physkalischen Brennpunkte bei Schallplatten aller Generationen ist die Funktion der Abtastnadel, die mechanisch reibend durch die Rille rutscht und schleift und die mit Hilfe eines (komplexen) Wandlers die in der Rille enthaltene jeweilige Bewegung in ein elektrisches Signal wandeln soll.

Und bei jedem mechanischen Kontakt von zwei sich gegeneinander bewegenden Flächen entsteht diese Reibung, die diesem Kontakt die Grenzen aufzeigt. Das hatte übrigens ein amerikanischer Ingenieur von der sehr alten Magnetbandfirma Ampex bezüglich des Magnetband ./. Magnetkopf- Kontaktes in 1968 sehr ausführlich beschrieben.

Die Abtastnadel erzeugt - in der Rille schleifend - einen (sehr kleinen) mechanischen Widerstand (ein Hemmnis oder eine Bremse) sowohl gegenüber der Drehbewegung des angetriebenen Plattentellers als auch durch die seitlichen und senkrechten Auslenkungen der Rilleninformationen.

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Der Physiker spricht von der "mechanischen Impedanz"

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  • Anmerkung : Die "mechanische Impedanz" ZM beschreibt den Widerstand, welcher der Ausbreitung mechanischer Schwingungen z. B. von Lautsprechermembranen, Mikrofonen, Gehörknöchelchen oder mechanischen Filtern - und natürlich auch Abtastsystemen - entgegengesetzt wird. Sie ergibt sich (unter anderen) als Quotient von Kraft F und Geschwindigkeit v.

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  1. Eine weitere besser verständliche Erklärung des Begriffes der "mechanischen Impedanz finden Sie hier".
  2. Und eine weitere Erläuterung, wo und warum dieser Zusammenhang gebraucht wird, finden Sie in den 4 hochwertigen Fach-Artikeln der Firma EMT ebenfalls aus 1969.

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Das Inhaltsverzeichnis (der Dissertation von 1969)

1.   Einführung; Schallplattentechnik, Forderungen für hochwertige Musikwiedergabe  
  1.1 Das Schneiden von Schallplatten  
  1.2 Die Wiedergabe von Schallplatten  
  1.21 Geometrische und mechanische Probleme  
  1.22 Elektrische Probleme  
  1.221 Der magnetische Tonabnehmer  
  1.222 Der piezo-elektrische Tonabnehmer  
2.   Der Begriff der mechanischen Tonabnehmerimpedanz  
  2.1 Die Bewegungsgleichung und Impedanz für ein vereinfachtes Tonabnehmersystem mit einem Freiheitsgrad  
  2.2 Die Bewegungsgleichungen für ein reales Tonabnehmersystem mit zwei Freiheitsgraden  
  2.3 Komplettes Ersatzschaltbild für die mechanische Rillenabtastung (einschl. Tonarm)  
3.   Bestimmung der TonabnehmerImpedanz  
  3.1 Bekannte Verfahren zur Impedanzbestimmung  
  3.11 Das Verfahren von Kluge  
  3.12 Das Verfahren von Woodward und Halter  
  3.13 Das Verfahren von Kaiser  
  3.14 Das Verfahren von Kantrowitz  
  3.15 Das Verfahren von Anderson, Kogen und Samson  
  3.2 Neu entwickelte Verfahren  
  3.21 Impedanzvariation bei Massenkrafterregung  
  3.22 Impedanzvariation bei Federkrafterregung  
  3.3 Vergleich der Impedanzmeßverfahren  
  3.4 Einige Meßwerte und ihre Deutung  
  3.41 Vergleich Kristallsystem - Magnetsystem  
  3.42 Die Temperaturabhängigkeit der Impedanz  
4.   Schallplattenabnutzung  
5.   Der Nachweis von Schallplattenabnutzung  
  5.1 Optischer Nachweis  
  5.2 Nachweis durch den Klirrfaktor  
  5.3 Nachweis durch verfälschtes Nutzsignal  
6.   Der Zusammenhang zwischen Tonabnehmerimpedanz und Schallplattenabnutzung  
  6.1 Einfluß der Federung  
  6.2 Einfluß der Massenträgheit  
7.   Zusammenfassung  

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Die Zusammenfassung steht jetzt am Anfang :

Um zu verstehen, worum es dem Autor im Einzelnen geht, hier die erklärende
Zusammenfassung vom Ende der letzten Seite des Büchleins - jetzt am Anfang :
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7. Zusammenfassung

Beim Studium der in der Literatur beschriebenen Verfahren zur Messung der Tonabnehmer-Impedanz hat sich gezeigt, daß die bislang bekannt gewordenen Verfahren zur Bestimmung sehr kleiner Impedanzen moderner Tonabnehmer nicht mehr ausreichen. Daher wurden zwei neue Meßverfahren entwickelt, die es ermöglichen, diese Lücke zu schließen.

Anhand von experimentellen Ergebnissen konnte gezeigt werden, daß sich diese neuen Verfahren dazu eignen, Impedanzen, deren Betrag mehr als eine Zehnerpotenz unter der bisher gemessenen Größenordnung liegt, mit brauchbarer, exakt angebbarer Genauigkeit zu ermitteln.

Bei Untersuchungen, die sich mit der Abnutzung von Schallplatten befaßten, konnte weiterhin ein eindeutiger Zusammenhang zwischen dem Betrag der Tonabnehmer-Impedanz und dem Abnutzungsgrad festgestellt werden.

Als interessantes Ergebnis dieser Messungen darf die Aussage gewertet werden, daß eine Abnutzung von Schallplatten nicht so sehr durch den FederCharakter der Tonabnehmer-Impedanz (bei tiefen Frequenzen) als vielmehr durch den Massenanteil der Impedanz (bei hohen Frequenzen) entsteht.

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Was es mit den tiefen und den hohen Frequenzen eines Tonabnehmers auf sich hat, ist in diesem Artikel aus 1976 recht gut erklärt.
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1. Einführung; Schallplattentechnik, Forderungen für hochwertige Musikwiedergabe

Bei der Aufzeichnung von akustischen Signalen auf Schallplatten wird eine akustische Eingangsgröße in Form einer kinematischen Größe gespeichert.

Die Schallplattenaufzeichnung liefert also eine Art mechanisches Oszillogramm einer Schallfeldgröße, z.B. des Schalldruckes. Das auf Schallplatte zu speichernde Signal wird mit Hilfe von einem oder mehreren Mikrophonen aufgenommen, so daß eine elektrische Spannung an den Eingang des Schallplatten-Schneidgerätes gelangt, die proportional dem Schalldruck ist.

Diese Spannung steuert die Bewegung eines Schneidstichels derart, daß in dem zum Schneiden benutzten Material eine Rille entsteht, deren Verlauf mit dem zu speichernden Signal verknüpft ist. Bei der Wiedergabe einer Schallplatte hat nun die Rille die Aufgabe, einen Abtaststift (die Nadel) so zu führen, daß seine Bewegungen ein möglichst genaues Abbild der Bewegungen des Schneidstichels darstellen.

Ein elektro-mechanischer Wandler, der an den Abtaststift angekoppelt ist, formt die Bewegungen des Abtaststiftes wieder in elektrische Spannungen um, so daß mit Hilfe eines nachgeschalteten Verstärkers eine akustische Wiedergabe des gespeicherten Signals über einen Lautsprecher möglich ist.

Die Forderungen an eine möglichst naturgetreue Wiedergabe

Die Speicherung hochwertiger Aufnahmen mit dem Ziel einer möglichst naturgetreuen Wiedergabe ist nur möglich bei Erfüllung folgender Forderungen:

  • 1. linearer Frequenzgang,
  • 2. geringe Verzerrungen und
  • 3. großer Fremdspannungsabstand bzw. große Dynamik bei hoher Aussteuerbarkeit.


Zu diesen Forderungen für gute Wiedergabequalität kommen noch praktische Aspekte hinzu, die zwar ebenfalls allgemeine Bedeutung haben, für die Schallplatte aber in erhöhtem Maße Beachtung finden müssen, nämlich einmal eine große Speicherkapazität und zum anderen eine möglichst geringe Beschädigung oder Abnutzung des für die Speicherung benutzten Trägers durch die Wiedergabe.

Man erkennt leicht, daß insbesondere bei der Schallplattentechnik die erwähnten Qualitätsmerkmale und Charakteristika vielfältig miteinander zusammenhängen. Beispielsweise führt zwar eine hohe Aussteuerung zu einer entsprechend hohen Dynamik, dafür sind aber relativ starke Verzerrungen, geringe Speicherkapazität und starke Abnutzung die Folge. Die Berücksichtigung der Wechselwirkung der hier erwähnten Merkmale ist die Ursache für eine Reihe von Kompromissen, die man bei der Herstellung und Wiedergabe von Schallplatten schließen muß.

1.1 Das Schneiden von Schallplatten

Die Schallplattenherstellung beginnt - wie Bild 1.1 zeigt - mit dem "Einritzen einer Rille in eine Wachsplatte" mit Hilfe eines geheizten Schneidstichels von dreieckförmiger Querschnittsfläche, der während des Aufzeichnungsvorganges mit konstantem Vorschub sehr langsam radial von außen nach innen geführt wird.

  • Anmerkung : Das war die Technik vor den 1950er Jahren. Später wurde in eine spezielle Lackfolie "geschnitten".


Es entsteht also eine (einzige) spiralförmige Rille, wenn sich die Platte mit konstanter Winkelgeschwindigkeit dreht.

Der Stichel ist mit einem elektro-mechanischen Wandler verkoppelt, der die elektrische Eingangsgröße, die dem zu speichernden Schalldruck proportional ist, in eine kinematische Größe umsetzt. Durch diese Kopplung wird erreicht, daß dem spiralförmigen Verlauf der Rille auf der Wachsplatte Auslenkungen überlagert werden, die mit dem Schalldruck verknüpft sind.

Die Stichelbewegungen und damit auch die dadurch hervorgerufenen Verformungen auf der Wachsplatte verlaufen in einer Ebene (jedenfalls bei der Mono-Platte), deren Flächennormale parallel zur Banntangente der Spirale verläuft.
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Die beiden (drei) Schriftarten

Wenn die überlagerten Wechselbewegungen nur in vertikaler Richtung (senkrecht) erfolgen, so spricht man von Tiefenschrift, verlaufen sie dagegen parallel zur Plattenoberfläche (waagrecht), so spricht man von Seitenschrift.

Selbstverständlich lassen sich auch beide Aufzeichnungsarten zusammen zur Speicherung von zweikanaligen Aufnahmen verwenden, sofern man nur hinreichend richtungsselektive Wandler zur Aufzeichnung und zur Wiedergabe verwendet.

Bei der heute in großem Maße gebräuchlichen stereophonen Schallplattentechnik (Anmerkung : ab 1958) benutzt man beispielsweise eine sogenannte Flankenschrift, eine Schriftart, mit der zwei voneinander unabhängige Signale auf den jeweils um 45° gegen die Plattennormale geneigten Flanken der Schallplattenrille gespeichert werden können.

Eine Schematische Darstellung der gebräuchlichen Schriftarten zeigt Bild 1.2.

Im folgenden wird, wenn nicht anders vermerkt, immer die Flankenschrift betrachtet
(siehe Bild 1.2 c), da sie im Rahmen der stereophonen Schallplattenwiedergabe ausschließlich benutzt wird. Dies bedeutet jedoch keine Einschränkung der Allgemeingültigkeit der nachfolgenden Betrachtungen und Messungen, da aufgrund der bekannten geometrischen Verhältnisse sehr leicht auf andere Schriftarten umgerechnet werden kann.

Grenzen der Schallplattenherstellung

Wesentlich für den Speicherungsvorgang bei der Schallplattenherstellung und für die Abnutzung bei der Schallplattenwiedergabe ist nun, auf welche Weise das aufzuzeichnende Schallsignal mit den kinematischen Größen auf der Schallplatte (z.B. Auslenkung oder Schnelle) verknüpft ist.

Da die ersten elektro-mechanischen Schallplattenabtaster elektro-magnetische TonabnehmerSysteme waren, bei denen die Ausgangsspannung proportional der "Nadelschnelle" ist, wählte man zunächst ein Aufsprechverfahren, bei dem die gespeicherte Schnelle dem aufzuzeichnenden Schalldruck proportional war.

Bald erkannte man jedoch, daß dies einerseits zu sehr großen Auslenkungsamplituden bei tiefen Frequenzen führte, Dadurch wurde für den unteren Frequenzbereich ein sehr großer Rillenabstand benötigt, was den Forderungen nach großer Speicherkapazität entgegenstand.

Andererseits waren bei dieser Aufzeichnungsart die Auslenkungsamplituden für sehr hohe Frequenzen bereits so klein, daß sie praktisch nicht mehr von den Auslenkungen zu unterscheiden waren, die durch die Körnigkeit des Schallplattenmaterials hervorgerufen wurden.

Hinzu kommt noch, daß sowohl bei Musik wie auch bei Sprache die hohen Frequenzen in der spektralen Verteilung nur mit sehr kleinen Schalldruckamplituden vorhanden sind. Es ist also evident, daß bei hohen Frequenzen ein zufriedenstellender Fremdspannungsabstand nicht erreicht werden konnte.

Die Funktion der Schneidkennlinie

Diese Nachteile können vermieden werden, wenn man eine lineare Vorverzerrung des Aufsprechstromes vorsieht, die in einer Höhenanhebung und einer Tiefenabsenkung besteht, denn eine Höhenanhebung vergrößert die Differenz zwischen Nutzamplitude des Schallsignals und Störamplitude des aufgrund der Körnigkeit entstehenden Fremdsignals und eine Tiefenabsenkung ermöglicht eine Verkleinerung des Rillenabstandes.

Eine Vorverzerrung, wie sie heute verwendet wird, zeigt Bild 1.3; es gibt den Zusammenhang zwischen aufgezeichneter Wechselgeschwindigkeit und dem dazugehörigen aufzuzeichnenden Schallsignal nach /1/ und /2/ wieder.

Diese sogenannte Schneidkennlinie läßt sich in drei typische Frequenzbereiche einteilen: Bis ca. 500 Hz ist die Auslenkung des Stichels dem Schallsignal proportional, oberhalb dieser Frequenz bis etwa 2.000 Hz ist innerhalb einer Grenze von ±3 dB eine Proportionalität zwischen Schnelle und Schallsignal gegeben und oberhalb 2.000 Hz ist - wie bei den tiefen Frequenzen - der Kurvenverlauf durch die Proportionalität zwischen Auslenkung und Schallsignal charakterisiert.

Aufgrund der Vorverzerrung und durch die Verwendung sehr feinkörnigen Schallplattenmaterials (Vinylite) erreicht man heute eine Speicherkapazität von ca. 50 bis 60 Minuten pro Plattenseite und einen Fremdspannungsabstand, der bei 50 dB und darüber liegt.

  • Anmerkung : Das stimmt nur bedingt. Bei Musik sind es nur 22 Minuten (oder noch weniger) pro Seite.

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1.2 Die Wiedergabe von Schallplatten

Die Wiedergabe des gespeicherten Signals ist schon sehr grob angedeutet worden: Die Auslenkungen der Rille werden dem Abtaststift "aufgezwungen", und der (an den Stift) angekoppelte Wandler gibt die Bewegung der Abtastnadel als elektrische Spannung wieder. Diese sehr pauschale Beschreibung sei in den beiden folgenden Abschnitten spezifiziert.

1.21 Geometrische und mechanische Probleme

Wie schon erwähnt, ist für die Erzielung einer einwandfreien Wiedergabe vorauszusetzen, daß der Abtaststift die gleichen Bewegungen ausführt wie der Schreibstift (der Schneidstichel). Dies ist aber prinzipiell nur dann möglich, wenn auch die Querschnittsform des Abtaststiftes identisch mit der des Schreibstiftes ist.

Aus Abnutzungsgründen (Anmerkung : und weiteren Gründen) ist diese Forderung jedoch nicht vertretbar. Daher sei zunächst einmal diskutiert, inwiefern schon durch die erwähnten Unterschiede in den Nadelquerschnitten Veränderungen des reproduzierten Signal gegenüber dem Original zu erwarten sind?

Wie man in Bild 1.4 erkennt, unterscheidet sich der dreieckförmige Querschnitt des Schneidstichels (a) mehr oder weniger stark von dem runden (b) oder neuerdings elliptischen (c) Querschnitt des Abtaststiftes.

Solange die auf der Schallplatte aufgezeichnete Wellenlänge eines sinusförmigen Signals aber noch groß gegen die Nadelausdehnung in Richtung der Bahntangenten ist, kann keine Beeinflussung der Wiedergabe durch unterschiedliche Nadelquerschnitte auftreten, da die Berührungspunkte mit der Schallplattenrille bei allen dargestellten Querschnittsformen mit genügender Genauigkeit dieselben sind.

Der Effekt bei hohen Frequenzen

Erst bei hohen Frequenzen (Wellenlänge bei 15kHz auf dem kleinsten Rillendurchmesser in Bahntangentenrichtung ca. 10um stimmen die Berührungspunkte der Nadeln verschiedenen Querschnitts mit der Schallplattenrille nicht mehr überein.

In Bild 1.4 erkennt man dies daran, daß anstelle der abzutastenden Berührungspunkte A und B die Berührungspunkte A' und B' bzw. A'' und B'' abgetastet werden.

Dies führt zu nichtlinearen Verzerrungen des reproduzierten Signals (sog. tracing distortions /3/), die bei der Verwendung eines elliptischen Abtasters anstelle eines konischen klein gehalten werden können.

Anmerkung : Es führt eher zu Phasenverschiebungen des Stereosignales. Wo dort Verzerrungen herkommen sollen, bleibt der Autor dem Rezensenten schuldig.

Eine Grenze für starke Aussteuerungen bei hohen Frequenzen bietet (setzt)der Verrundungsradius der Abtastnadel; denn es ist klar, daß der Verrundungsradius stets kleiner als der Krümmungsradius einer aufgezeichneten Zeitfunktion sein muß.

Krümmungsradius und Verrundungsradius

Der Krümmungsradius r einer Kurve f(x) ist gegeben durch

Formel (1.1)

Für eine Cosinus-Funktion mit der Auslenkungsamplitude x und der Wellenzahl k ergibt sich daraus unter der Voraussetzung, daß x klein gegen die Wellenlänge \ ist, der Betrag des Krümmungsradius zu:

Formel (1.2)
oder
Formel (1.3)

Hier bedeutet ü die Umfangsgeschwindigkeit der betrachteten Schallplattenrille.

Der kleinste mögliche Krümmungsradius ist auf der am weitesten innen gelegenen Rille und bei der höchsten Frequenz zu finden (siehe auch /4/). Für eine Langspielplatte ergibt sich daraus bei einer Frequenz von 16 kHz und einer maximalen Schnelle von 6cm/sec ein Krümmungsradius von etwa 10 um. Aus diesem Zahlenbeispiel ist zu folgern, daß die Abspielnadel einen Verrundungsradius haben muß, der kleiner als 10um ist.

Weitere nichtlineare Verzerrungen

Weitere nichtlineare Verzerrungen entstehen dadurch, daß der Schneidstichel sich während des Herstellungsvorganges elastisch verformt, so daß die Schwingungsebene der Aufzeichnung nicht mehr senkrecht zur Plattenoberfläche steht.

  • Anmerkung : Bei den letzen Neumann Schneidmaschinen wurde das konstruktiv geändert. Auch der Platten-Rohling war dann eine mit einem Schellack-Gemisch beschichtete ALU-Scheibe.


Da sich der Reibungskoeffizient zwischen Abtastnadel und Schallplatte bei der Wiedergabe stark unterscheidet von dem Reibungskoeffizient zwischen Schneidstichel und Wachs bei der Aufnahme, ist die elastische Verformung der Nadel beim Abspielen eine andere als beim Schneiden der Wachsplatte.

Dazu kommt noch, daß die Abtastnadel eine von dem Aufnahmestichel verschiedene Form und Ankopplung an den dazugehörigen Wandler aufweist.

Die Verzerrungen, die durch die unterschiedliche Lage der Schwingungsebene bei der Schallplattenaufnahme und -Wiedergabe entstehen, können mit Hilfe einer elektrischen Gegenkopplung beim Schneiden vermindert, aber nicht ausgeschaltet werden.

Die Rückwirkungskräfte der Nadelführung

Eine wichtige Grundforderung an die Nadelführung besteht weiterhin darin, daß zu jeder Zeit und bei jeder Frequenz die aus Auflagegewicht und Wandlerimpedanz resultierende vertikale Rückwirkungskraft größer sein muß als die Summe der horizontalen Rückwirkungskräfte (Flankenneigung von 45° vorausgesetzt). Nur dann kann nämlich die Abtastnadel von beiden Rillenflanken geführt werden. Ein Hochgleiten der Nadel auf einer Rillenflanke führt zu einem Abheben von der anderen Rillenflanke und damit ebenfalls zu Nichtlinearitäten.
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  • Anmerkung : oder sogar zu Aussetzern eines Kanals.

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Der Einfluß des Tonarmes und der Abtastfehler

Wenn man die mechanischen Probleme bei der Rillenabtastung beschreibt, darf man den Einfluß des Tonarmes auf den Abtastvorgang nicht vergessen, denn allein schon durch die Tonarmführung entstehen Nichtlinearitäten.

Während der Schneidstichel beim Aufnahmevorgang in genau radialer Richtung geführt wird, bewegt sich das an einem Tonarm befestigte Tonabnehmersystem bei der Wiedergabe auf einem Kreisbogen.

  • Anmerkung : 1965 gab es nur ganz wenige rare Tangentialtonarme.


Somit kann die Schwingungsebene beim Abtasten, im Grundriß gesehen, praktisch nur für eine einzige Rille auch in exakt der Schwingungsebene des Schneidstichels liegen; für alle anderen Rillen entsteht ein zusätzlicher Klirrfaktor.

Dieser Abtastfehler läßt sich jedoch mit einer recht einfachen Maßnahme etwas verbessern: Man kröpft das Ende des Tonarmes, an dem das Tonabnehmersystem befestigt ist, um einen vorgegebenen Winkel nach innen ab.

Für eine solche Anordnung läßt sich nachweisen, daß die Schwingungsebene der Tonabnehmernadel für genau zwei Rillen exakt senkrecht zur Rillentangente verläuft. Ausführliche Angaben über diesen sog. "tracking error" findet man in /5/. Durch einen radial auf einer Schiene geführten Tonarm ließen sich solche Winkelverzerrungen ganz vermeiden.

Das Trägheitsmoment des Tonamres

Leider ist die (horizontale) Winkeländerung des Tonarmes nicht die einzige Fehlerquelle bei der Abtastung einer Schallplatte, auch seine mechanischen Eigenschaften, wie z.B. sein Trägheitsmoment, nehmen Einfluß auf den Abtastvorgang.

Die Forderung, daß der Abtaststift relativ zum Tonarm die gleichen Bewegungen ausführt wie der Schneidstichel beim Aufzeichnen, ist nur zu erfüllen, wenn der Tonarm zusammen mit dem festen Teil des Tonabnehmers ein genügend großes polares Trägheitsmoment bezüglich der Ruhelage der Nadel besitzt. So müsse die Schüttelresonanzfrequenz sehr viel tiefer als die Signalfrequenz sein, denn sonst werden die Relativbewegungen der Abtastnadel zum Tonarm kleiner als die aufgezeichneten Rillenauslenkungen.

Überdies ist eine möglichst reibungslose Lagerung des Tonarmes vonnöten, um Rückwirkungskräfte vom Tonarmlager auf den Abtaster zu vermeiden.

Die Umfangsgeschwindigkeit

Bisher wurde stillschweigend vorausgesetzt, daß die Umfangsgeschwindigkeit der Platte beim Schneidvorgang mit derjenigen beim Abspielvorgang exakt übereinstimmt. Diese Voraussetzung muß immer erfüllt sein, da sonst eine Frequenzverschiebung des Signals auftritt.

Noch störender bei Musikwiedergabe ist jedoch eine periodische Schwankung der Winkelgeschwindigkeit, sie führt - wie /6/ ausführlich beschreibt - zu einer Frequenzmodulation. (Bei einer Exzentrizität des Mittelloches einer Schallplatte tritt der gleiche Effekt auf, obwohl sich die Winkelgeschwindigkeit nicht ändert.)

Da die Frequenzmodulation ein sehr breites Spektrum aufweist, können (solche) Gleichlaufschwankungen insbesondere bei Klirrfaktormessungen zu verfälschten Meßwerten führen. Außerdem beeinflussen GleichlaufSchwankungen auch die Rückwirkungskräfte auf die Rillenwand.

Aus diesen Bemerkungen ergibt sich, daß man bei Messungen an Tonabnehmern weitgehend auf betriebsmäßige Messungen verzichten sollte, um möglichst genaue Ergebnisse zu erhalten, welche die Laufwerks Schwankungen als Fehlerquelle nicht mehr enthalten können.

  • Anmerkung : Hier fehlt die Erläuterung, was unter betriebsmäßigen Messungen zu verstehen ist.

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1.22 Elektrische Probleme

Die im vorangegangenen Abschnitt diskutierten mechanischen Aspekte zur Schallplattenabtastung seien hier einmal ausgeklammert, so daß die Annahme erlaubt ist, daß die Rillenauslenkungen den Wandlerauslenkungen gleich sind. Die der Tonabnehmernadel aufgezwungene Bewegung führt dann zu einer Leerlaufspannung am Wandlerausgang, die je nach Wandlerprinzip proportional der Auslenkung oder der Schnelle der Nadel ist.

1.221 Der magnetische Tonabnehmer

Unter diesem Oberbegriff seien der elektromagnetische und der elektro-dynamische Wandler zusammengefaßt. Für beide ist charakteristisch, daß an ihrem elektrischen Ausgang eine LeerlaufSpannung entsteht, die entsprechend dem Induktionsgesetz proportional der Geschwindigkeit des beweglichen Tonabnehmerteiles ist.

Benutzt man einen Verstärker, dessen Eingangswiderstand groß gegenüber dem Innenwiderstand des Tonabnehmers ist, so ergibt sich im mittleren Frequenzbereich ein linearer Frequenzgang. Allerdings muß die vor dem Aufzeichnen erfolgte Tiefenabsenkung und Höhenanhebung (siehe Bild 1.3) durch eine entsprechende Entzerrung im Wiedergabeverstärker wieder rückgängig gemacht werden.

Eine solche Entzerrungskennlinie ist in Bild 1.5 dargestellt. Ein Nachteil der Wiedergabeentzerrung liegt in der sehr starken Tiefenanhebung, durch die tieffrequente Störungen, die beispielsweise vom Laufwerk herrühren, erheblich verstärkt werden. Magnetische Tonabnehmer geben sehr kleine Spannungen ab (ca. 1mV/(cm/sec)), so daß sich der nachgeschaltete Vorverstärker durch einen großen Fremdspannungsabstand auszeichnen muß. (Da die magnetischen Tonabnehmer durchweg niederohmig sind, ist eine Spannungserhöhung mit Hilfe eines vorgeschalteten Transformators zweckmäßig.)

1.222 Der piezo-elektrische Tonabnehmer

Bei diesem Wandlerprinzip bewirkt die Rillenauslenkung eine elastische Deformation eines piezoelektrischen Kristalles. Der Tonabnehmerkristall wird zumeist auf Biegung oder Torsion beansprucht. Wie bei allen elektrischen Wandlern ist hier die AusgangsleerlaufSpannung proportional der Kristallauslenkung.

Um eine Ausgangsspannung zu erhalten, die - wie beim magnetischen System proportional der Geschwindigkeit ist, hält man den Eingangswiderstand des Wiedergabeverstärkers klein gegen den Innenwiderstand des Tonabnehmers, sodaß die Eigenkapazität des Kristalls zusammen mit dem Eingangswiderstand des Verstärkers ein Differenzierglied bildet. Mit dieser Maßnahme kann man ohne zusätzliche Entzerrung erreichen, daß in einem unteren Frequenzbereich die Ausgangsspannung proportional der Geschwindigkeit wird.

Bei hohen Frequenzen indessen wird der kapazitive Widerstand sehr klein, so daß in diesem Bereich die Ausgangsspannung proportional der Auslenkung wird. Ohne zusätzliche Entzerrung kann mit dieser Anordnung nur eine unzureichende Tiefenwiedergabe erlangt werden.

Die Empfindlichkeit eines piezoelektrischen Systems ist zumeist etwa 35dB größer als die des Magnetsystems; besonders rauscharme und brummarme Wiedergabeverstärker werden nicht benötigt.

Überleitung zu den Wechselwirkungen

Nach diesem recht allgemein gehaltenen Überblick über die physikalischen Grundlagen und Probleme bei der Schallplattentechnik sollen im weiteren Verlauf nur noch die Wechselwirkungen zwischen Schallplattenrille und abtastendem Tonabnehmersystem zur Diskussion stehen.

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