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Die Legenden über die Auflagekraft

1970 erschwinglich - der L75
Hifi-Glauben heißt wiegen
eines der feinsten ELAC Systeme

Von Gert redlich in 2011 - Als ich um 1969 meinen ersten Lenco L75 hatte (da war ich 20 Jahre alt), brauchten wir noch fast 4 Gramm Auflagegewicht, damals noch nicht in Pond angegeben, um eine 33er Stereoschallplatte einigermaßen "sauber" abzutasten. Und vor allem, hören konnten wir das sowieso nur "rudimentär", denn unsere nachgeschalteten Verstärker samt Lautsprechern (ver-)zerrten schon von sich aus mit deutlich über 1% Klirrfaktor.

Viel früher bereits, nämlich Anfang 1962, kam die erste Hifi-Zeitschrift raus und Dipl. Phys. Karl Breh testete später (etwa ab 1964) in "seiner" Zeitschrift Hifi Stereophonie, mit wieviel Kraft (oder Gewicht) muss (müsste) die Nadel "in die Rille" gedrückt oder gepresst werden, damit es "doch nicht" oder "noch nicht" zerrt. (All diese Tests wurden übrigens bei der Braun AG in der Hifi-Entwicklung bei Wolfgang Hasselbach auch wiederholt durchgeführt, um damals den großen BRAUN PS 1000 zu entwickeln.)

Jetzt trafen Welten von Scharlatanen aufeinander, die behaupteten, daß man deutlich unter 1 Gramm (oder Pond - inzwischen Milli-Newton) gehen könnte und es wäre dennoch alles super klar und unverzerrt. Partiell stimmt das für Meßschallplatten, in der Realität spielen wir aber Musik ab, und eben keine Sinus-Töne.
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Als das Shure V15 II kam ......

Doch erst mit dem Shure M75-E und später mit dem Shure V15 (alle Varianten von Typ1 bis Typ IV) konnten wir das dann selbst mal "versuchen". Ich spreche bewußt nicht von Testen, denn wir hatten weder ein hochwertiges Oszilloscope dran hängen noch die Super-Anlage samt Boxen, um das auch zu hören, und wir hatten ja noch nicht mal eine intakte Meßschallplatte mit den reinen Signalen drauf. Wir hatten NICHTS außer unserem "ungeschulten" und "unvollkommenen" Gehör, wie die meisten (99,9%) aller "gläubigen" und vor allem "(in) kompetenten" Hifi-Jünger zur damaligen Zeit. Das ist übrigens heute noch so, wenn Sie mal in die diversen "Analog-Fan-" Foren reinschaun.

Darum glaubten wir auch Alles
, das in diesen "Tests" so seriös und ernst vorgetragen wurde und mit vielen bunten und schwarz-weißen Bildern und tollen Diagrammen und einem riesen großen beeindruckenden Meßgerätepark von großen hellgrünen Bruel & Kjear Kisten so qualifiziert und kompetent untermauert war.
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Juli 2010 - der Profi spricht völlig Anderes !

Erst recht spät (in meinem Leben) habe ich den richtigen Schallplatten- Vollprofi und Qualitäts- Guru kennengelernt. Herr Brüggemann (leider in 2011 mit 82 Jahren verstorben) hatte in der Frankfurter Nordweststadt ein richtiges Schallplatten Schneidestudio mit zwei der edelsten, größten und irrsinnig teuren Neumann (VM 80 oder sogar VM84) Platten-Schneide-Maschinen, die es jemals auf der Welt gab.

Und er schneidet seit weit über 20 Jahren Vinyl-Platten, also die Rohlinge, die sogenannten Folien, die Master. Und er schneidet heute noch (März 2011) edle Klassikplatten für RCA, Teldec, EMI, CBS und Decca und viele andere.

Ich zitiere hier aus einem langen Gespräch einige seiner Erfahrungen.

Die Frage von uns alten Hifi-Qualitäts-Künstlern, von mir und auch aus dem Braun Umfeld war :
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  • Könnten wir uns eine eigene neue Meßschallplatte selbst "zusammenbauen" (oder besser: "zusammenstellen") und in erträglichen Stückzahlen (zu erträglichen Preisen) pressen lassen ? Wir brauch(t)en eigentlich nur eine Frequenzgang-Seite und eine Antiskating-Abtast- Seite und eine Klirrfaktor- Seite (dachten wir).

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Die Erfahrung und die Wahrheit sind (sehr) ernüchternd.

Vor Jahren hatte Herr Brüggemann auf seinen Maschinen eine solche Referenz-Frequenzgang-Platte "geschnitten" und davon einige (deutlich über 100) Exemplare (etwa 50 von 100 waren dann wirklich ok) pressen lassen. Bei Auflagekräften (korrekt : Auflagegewichten) von deutlich unter 2 Pond sind mit seinem Shure V15-II (am SME 3009) Frequenzen über 8 KHz schon nicht mehr sauber abtastbar.

Dieses Shure System am SME 3009 braucht mindestens 3 Pond
Auflagekraft, egal, was die Tester des Karl Breh und/oder die vielen anderen Gurus aus der Auto Motor Sport Presse (die hatten bis etwa 2008 fast alle Hifi- Magazine aufgekauft und inzwischen wieder verkauft) dazu sagen.

Viel schlimmer noch:

Selbst mit diesem sehr hochwertigen System kann man nur Frequenzen bis 5.000 Hz über hunderte Male in gleicher Qualität abspielen, bereits ab 8.000 Hz sinkt der Pegel ab der 20. Abtastung meßbar, aber noch nicht so deutlich hörbar ab. Bei Frequenzen über 12 KHz sind nach über 20 Abspielungen diese hohen Frequenzen um mehr als die 2 bis 3 ("messbaren") dB abgefallen, von den Frequenzen um und über 18 KHz Bereich wollen wir gar nicht mehr reden..

Im Brüggemannschen Schneidstudio wird jede Kalibrierung
und Überprüfung auf der Hülle (auf der Schutzhülle der Platte) akribisch ins jeweilige Plattenprotokoll per primitiver uralter Strichlistenmethode eingetragen, ähnlich wie bei den Reinigungsbändern in der DLT und LTO Magnetbandtechnik, die auch nur etwa 20 Male laufen dürfen. Dabei werden diese hohen Frequenzen ja noch lange nicht bei Vollaussteuerung auf den Rohling "geschnitten", es sind mindestens -12dB oder sogar -20dB unter dem bei mittleren Frequenzen üblichen Normpegel.

Bei der umgehenden probeweisen Abtastung der frisch geschnittenen Folie kann man nicht "nass" spielen, deshalb relativiert sich Zuhause die (etwas höhere) Anzahl der späteren Abspielungen bei normalen nass gespielten Platten etwas, aber wieviel - das ist unbestimmt.

damals eine provokante AKG Anzeige

Also : Die ultimative Qualität der analogen Scheiben . . . .

. . . bekommt man nur wenige Male von funkel nagel neuen Platten runter. Dazu müssen Sie mit höheren Auflagekräften "gefahren" werden, als allgemein bekannt oder empfohlen wird. Bereits nach 10 mal Abspielen ist auch die feinste Platte mit einem fast neuwertigen Diamanten fast schon "gehobelt".

Dazu wird die effektive Audioqualität ab der Mitte der Platte zum Ende hin auch immer schlechter, die Kreisbahn der Rille wird ja immer kürzer, es fängt bei jeder !! Platte an zu zerren (insbesondere bei Klavierkonzerten deutlich hörbar).

Das wird den Verfechtern der Analog Technik natürlich gar nicht gefallen, doch die sollen ihren Traum ruhig weiter träumen. In den großen Plattenfirmen und beim Rundfunk (zumindest bei der Meßtechnik) war das schon lange bekannt und es gab einen Grund, die frühe Digitalisierung der gigantischen Platten-Archive und vor allem der kostbaren hochqualitativen Bandarchive (das sind die Masterbänder der eigenen Studio-Aufzeichnungen) etwa ab 1980 - fast mit Gewalt - voran zu treiben.
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Schaun Sie da mal rein und erschrecken Sie nicht, wenn Sie lesen, was die Labor-Ingenieure damals bereits alles wußten (und nicht nach draußen geben durften !!!).

Wenn man also die ganzen Probleme der Pressung und die der später folgenden Abtastung
der Platte beim oder mit dem Digitalisieren vermeiden kann, also direkt vom damaligen Original- Masterband über den (hochwertigen modernen Studio-) A/D Wandler eine analoge Bandaufnahme mastert, dann kommt mit garantierter Sicherheit eine deutlich höhere Qualität aus den Lautsprechern, als es mit analogen Vinyl-Scheiben jemals möglich war oder jemals sein würde. Wichtig: Das war in Anfängen der CD von 1982 bis 1995 nicht immer der Fall.

"Grenzwertige" Übertreibungen bei den "direct cut" Platten:

Bei den Direktschnitt-Platten Ende der 70er Jahre wurden dann auch noch die Grenzen der Schneidstichel- Systeme bis an die physikalischen Randbereiche ausgereizt, egal, ob die meisten Abtaster das nachher konnten oder nicht.

Die überwiegende Anzahl selbst der guten Tonabnehmer konnte diesen weiten Auslenkungen aber gar nicht mehr folgen und die Nadel hüpfte aus der Rille. Auf den Platten stand dann auch irgendwo - ganz ganz klein - drauf, man solle mindestens "six grams" einstellen.

Dann jedoch waren diese Platten bereits nach 20 Malen garantiert gehobelt. Auch das wollte "keiner" von den Gurus hören.

Von einem ehemaligen Mitarbeiter mehrerer Presswerke
bekam ich zu hören, daß dort, solange "sie" die Folie noch selbst vom Masterband überspielt und geschnitten hatten, die Auslenkung der maximalen Bass-Amplitude auf 50µm begrenzt war. Bei Nicht-Klassikplatten ist das heute noch eine gültige Vorgabe.

Damit konnten "Normalos" mit normalen Plattenspielern (z.B. einem einfachen Dual 1012) die gängigen (normalen) James Last Non-Stop-Dance-Party Platten zumindest einigermaßen durchgängig, wenn schon nicht unverzerrt abspielen. Und wir Experten optimierten unsere Abtastsysteme in nächtelanger Arbeit auf sagenhafte verzerrungsfreie 90µm (laut DHFI-Platte) oder besser und wir "fühlten uns grossartig", was wir die ganze Nacht hindurch (für Heldentaten) geleistet hatten.

Daß das Schneiden von hochwertigen Klassik-Platten nicht trivial ist, ist Ihnen jetzt bestimmt etwas geläufig geworden.

Doch wie kompliziert der Toningenieur das alles vorbereiten muß, das steht auf diesen Seiten vom Schneid-Studio Brüggemann in Frankfurt Nordwest.
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