Juni 1979 - Die Untersuchungen im Labor der Firma POLYDOR
von Gert Redlich im Sept. 2020 - An anderen Stellen und Seiten hier im Museum hatte ich bereits aus- geführt, daß die Schallplattenfirmen rund um den Globus ziemlich genau wußten, was sie auf die Platten drauf "brachten" und was davon wieder runter zu holen war, egal mit welchem noch so hohen Aufwand und mit welcher noch so toller "Edel-Hifi"-Technik.
Die technischen Labors der großen Schneidstudios und der Presswerke hatten immer schon die feinste verfügbare Technik und konnten alles ausprobieren. Insbesondere war in Fachkreisen seit 1946 allgemein bekannt, daß es bei der 30cm Platte erhebliche Qualitäts-Unterschiede bezüglich der Radiusab- hängigkeit ("außen, mitte, innen") gab - sowohl bei der Schellackplatte wie auch bei der Vinyl-Platte- und immer noch gibt. Daran hat sich physikalisch nichts geändert.
Geheim oder nur für den internen Gebrauch ?
Diese 16 Seiten dieser Laborprotokolle waren natürlich nie für eine Veröffentlichung vorgesehen. Die untersuchte und "dokumentierte Wahrheit" ist (oder wäre) für die Plattenindustrie ganz bestimmt NICHT verkaufsfördernd gewesen, damals nicht - wie auch heute nicht. Und selbstverständlich wissen und können das die "AAA"-Verfechter alles viel besser.
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Titel der Polydor Untersuchung - die "Verzerrungsprodukte"
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Das Anwachsen der Verzerrungsprodukte von der Bandaufnahme bis zur Platten- wiedergabe - Eine fundierte Untersuchung vom 29.1.1979
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Zusammenfassung
Die Untersuchung hatte zum Ziel, das Anwachsen der Verzerrungsprodukte Schritt für Schritt zu verfolgen, wie sie primär bei der Bandaufnahme und beim Bandkopieren entstehen und sich schließlich bei der Wiedergabe der auf Platte überspielten Bänder mit den abtastgeometrisch bedingten Fehlern mischen.
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Anmerkung insgesamt :
Der Audio-Fachmann spricht von "Verzerrungs- Produkten", der Laie - und vor allem der "Werbemensch" - spricht umgangssprachlich und damit undifferenziert von "Klirrfaktor", "Klirrgrad", vom Verzerren oder englisch von "distortion".
Dabei werden die propagierten Werte oft in Prozent angegeben - aber viel zu oft ohne eine zugehörige Frequenz. Das ist hier in dieser Polydor- Labor-Meßreihe differenziert und absolut korrekt und reproduzierbar (nachvollziehbar) erklärt.
Diese physikalischen Grundlagen der Vinyl-Schallplatte hatte mir übrigens in 2010 der Herr Brüggemann vom Schneidstudio Brüggeman in Frankfurt auch schon erläutert. Ich, der ich damals glaubte, "alles" bereits zu wissen, bekam freundlicherweise von Herrn Brüggemann erstmal einen (längeren) Vortrag, was der in seinen 30 Jahren an Erfahrung so aus dem Ärmel schüttelte. Und ich saß da in seinem Schneidstudio - wie "Kleindofi" - und hörte mir erstmal an, wie das mit den scharzen Scheiben wirklich "gemacht" wird und was hier abgeht und was nicht.
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Der erste Schritt
Der erste Schritt bestand in der Aufzeichnung (bzw. Überspielung) von .........
- (1a) reinen 1kHz-Sinus-Signalen,
- (1b) Intermodulations-Signalen (400 + 4000 Hz, 4:1) und
- (1c) Doppelton-Signalen (9.800 + 10.200 Hz, 1:1)
auf ein (optimal eingemessenes) Studio-Band- Original, und zwar pegel-gestuft in 3dB- Intervallen und beginnend bei einem unkritischen Aussteuerungspegel bis hoch in das Gebiet der Bandkompression (Anmerkung : das ist quasi die Übersteuerung des Magnetbandes) hinein.
Das Original-Band sowie die von ihm unter verschiedenen Gesichtspunkten gezogenen Band-Kopien wurden auf 30cm Plattenseiten sowohl außen, in der Mitte und im Innern des Rillenbereichs überspielt (also geschnitten), um auch den Einfluß der Radiusabhängigkeit bei der Abtastung mit einzubeziehen.
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"Direkt"-einspielung und "Hoch"-aussteuerung
Es wurde außerdem der Fall der "Direkteinspielung" von Meßsignalen (Anmerkung : also auf kürzestem Weg direkt vom Tongenerator zum Neumann- Schneideverstärker) berücksichtigt.
Die mögliche Verschlechterung der Tonqualität, die durch die heute allgemein übliche Hochaussteuerung (Anmerkung : Wir sprechen auch von Vollaussteuerung) der Bänder, insbesondere nach einer Kopie oder gar einer Zweitkopie, bedingt ist, konnte meßmäßig nach dem oben skizzierten Versuchsablauf studiert werden.
Zum Zweck einer Korrelation der gewonnenen Verzerrungsprozentzahlen mit dem Höreindruck wurden in einem zweiten Schritt kurze Musikpassagen, vorzugsweise Solo- und Duett-Darbietungen, ebenso wie die Meßsignale pegelgestuft aufgenommen, kopiert und auf Platte überspielt.
Das Darbieten dieser Musikproben vor geübten wie auch ungeübten Ohren und das Bewertenlassen des Störgrades der Verzerrungsanteile führt zu bestimmten Aussteuerungsgrenzen, die sicherlich in geringerem Umfang auch repertoireabhängig sind.
Einleitung
Wie die Erfahrung lehrt, empfindet das menschliche Ohr eine Kombination von Verzerrungen geradzahliger Ordnung (Schallplattenwiedergabe) mit solchen ungeradzahliger Ordnung (bandeigene Verzerrungen) als störender, als wenn sie nur einer der beiden Ordnungen angehören, aber den gleichen Prozentsatz der (angenommenen) Summe haben.
Über das "Nicht-vorhanden-sein" bandtypischer Verzerrungen
Einer der so sehr gerühmten Vorteile von "Direktschnittschallplatten" beruht darauf, d. h. auf dem "Nicht-vorhanden-sein" der bandtypischen Verzerrungen, andererseits wird auch die Direktwiedergabe der Aufnahme auf ein maßvoll ausgesteuertes Band gerühmt (Fehlen der abtastgeometrischen Fehler der Plattenwiedergabe).
Die Wirkung des Zusammentreffens von Verzerrungen beiderlei Ordnungen wird verstärkt, wenn, wie heute allgemein üblich, die Überspielung von der Abmischkopie (oder gar von einer Zweitkopie) eines Mehrspur-Originales erfolgt.
Die Voraussetzungen dieser Untersuchung ..... (nur das Beste)
Zur quantitativen Untermauerung dieser Beobachtungen wurde in dieser Untersuchung zunächst mit Verzerrungs-Meßsignalen gearbeitet (Klirrfaktor, Intermodulation und Doppelton- Seitenbänder), deren Pegel schrittweise (jeweils um 3dB) gesteigert wurde, und dann, in einem zweiten Schritt zur Korrelierung mit den gemessenen Prozentwerten, wurden Hörtests mit Musikbeispielen angestellt.
Diese Kurzbeispiele waren hauptsächlich speziell aufgenommene Solo- und Duettpassagen, um eine gewisse Annäherung an die Verzerrungssignale zu erreichen; auch wurden Pegel und Pegelstufung dem Schema bei den Meßsignalen angeglichen.
Zur Erzielung einer optimalen Gleichheit der Beispiele von Pegelstufe zu Pegelstufe und zur Vermeidung von Zwischenkopien wurden die einzelnen Pegelstufen einer jeden Musikdarbietung auf sieben Spuren einer 16-Spur-Aufnahmemaschine gleichzeitig aufgenommen, in welcher die Aufsprechverstärker entsprechend pegelgestuft eingemessen waren.
Die Beispiele wurden bewußt mono aufgenommen, um bei der Bewertung irgendwelchen Stereo-Hörproblemen aus dem Wege zu gehen.
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Das Bandmaterial war AGFA PEM 468 (das Allerbeste)
Als Bandmaterial für das Original und die Kopien wurde ausschließlich die Sorte PEM 468 von AGFA eingesetzt.
- Anmerkung : Aus dem Bereich der Tonmeister wie auch von den letzten Zeitzeugen von AGFA wurde mir versichert, daß dieses Bandmaterial alle am Markt verfügbaren Qualitäten übertroffen haben soll, einschließlich der wirklich guten Bänder von FUJI.
In der Absicht, die Aussteuerung aus dem unkritischen Bereich heraus schrittweise bis in das Gebiet der Bandkompression zu steigern, wurde schließlich eine Folge von sieben Pegelstufen, nämlich
-6, -3, -0, +3, +6, +9 und +12 dB (bezogen auf 320 nW/m) festgelegt.
Dies war jedoch nur für die 1 kHz-Eintonsignale und die Intermodulations- frequenzen möglich, die naturgemäß verringerte Höhenaussteuerungsgrenze erforderte für das Doppeltonsignal 9.800 + 10.200 Hz (l:l) eine Reduzierung um 6dB, so daß die Pegelstufenfolge für das Doppeltonsignal folgendermaßen aussah:
-12, -9, -6, -3, -0, +3 und +6 dB (bez. 320 nW/m)
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7 (Einzel-) Bänder mit 147 "Takes" oder "Schnipseln"
Das Originalband mit den Verzerrungs-Meßsignalen der drei oben beschriebenen Arten wurde dann als 1/4"-Band von einer Spur eines 16-Spur-Aufsprechkopfes des 16Spur- Master-Recorders hergestellt.
Es wurde dann auf 6 verschiedene Arten gemäß Diagramm 1 über normale 2-Spur-1/4"-Köpfe kopiert, so daß auf den Kopien die mono aufgenommenen Signale die Spurbreite eines Kanales der Stereotechnik hatten.
Das Ergebnis waren 7 Bänder, deren jedes drei Verzerrungssignalarten in je 7 Pegelstufen enthielt und somit waren es 3 x 7 x 7 = 147 "Takes".
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Die Messung der Verzerrungsanteile
Die Messung der Verzerrungsanteile geschah in der üblichen Weise : Klirrfaktor von 1 kHz durch Herausfiltern der 2- und 3kHz-Komponenten aus dem Gesamtsignal (k2 und k2 bzw. nach englischem Sprachgebrauch HD2 und HD3).
Doppelton-Seitenbänder (2.Ordnung f2 - f1, 3.Ordnung 2xf2 - f1 und 2xf1 - f2) durch Aufsuchen dieser Frequenzen mittels schmalbandigen Suchtonanalysators (DT2 und DT3).
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Die Intermodulation
Aus Gründen der Vereinfachung nach dem Demodulations- prinzip, welches bei Bandmessungen zulässig ist, nicht jedoch bei Messungen an Schallplatten.
Die Demodulationsmethode liefert zwar die IM-Produkte zweiter und dritter Ordnung als Summe (IM2 + IM3), was hier nicht stört, da die Bandaufnahme ausschließlich Verzerrungen 3. Ordnung enthält, was in einem Vorversuch erhärtet worden war.
Im Hinblick auf die Riesenanzahl der sich ergebenden Verzerrungskurven seien hier nur diejenigen des Band-Originales wiedergegeben, die somit den bestmöglichen Fall einer Bandaufnahme repräsentieren (wie Diagramm 2 zeigt)
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- Anmerkung : Beachtens Sie in Diagramm 2 die Höhe der IM-Verzerrungen bis über 20% !!
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In der folgenden Tabelle seien einige für die Praxis wichtigen k3 (bzw. HD3)- Werte zusammengestellt:
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Die ersten Ergebnisse :
Aus den größtenteils hier nicht wiedergegebenen Kurven lassen sich die folgenden Schlüsse ziehen, z.T. als Bestätigung bekannter Tatsachen :
- 1) Bei der Bandsorte AGFA PEM 468 treten die ersten Anzeichen einer Pegelkompression dicht oberhalb +9dB (bzg. 320 nW/m) auf: Diagramm 3.
- 2) Je nach dem Grad der übersteuerungsbedingten Bandkompression wachsen die k3 (bzw. HD3)-Verzerrungen stärker als mit dem Quadrat der Pegelzunahme, wie es sonst die Regel ist.
- 3) Selbst totale magnetische Sättigung durch Übersteuerung erzeugt kein Anwachsen der Verzerrungen 2. Ordnung (k2 bzw. HD2).
- 4) Es macht keinen Unterschied, ob eine Zweitkopie 1:1 von der +3dB-Erstkopie gezogen wird oder als +3dB-Kopie von der 1:1-Erstkopie (siehe Diagramm 1: "Kringel" 2 bis "Kringel" 5 und "Kringel"1 bis "Kringel" 4.
- 5) Bei dem Kopierschritt Original = 1:1-Kopie wachsen die k3-Verzerrungen etwa in dem gleichen Maße, wie wenn man auf dem Original zum 3dB höheren Pegel übergeht. Dieser Zuwachs wird mit steigender Kopierordnungszahl ("Generation") geringer.
- 6) Die sinngemäß zueinander gehörenden Kurven der 3 Meßmethoden zeigen eine befriedigende Parallelität.
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Reduzierung der Messunngen aufgrund der Ergebnisse
Der fast gleiche Verzerrungsverlauf der Kopien 4 und 5 führte zu der Konsequenz, bei den weiteren Untersuchungen nur noch eine von diesen beiden, nämlich Kopie 4, zu berücksichtigen, Kopie 5 also unbeachtet zu lassen.
Die Signale der verbleibenden 6 Bänder, d.h., des Originales und der Kopien 1, 2, 3, 4 und 6, waren nun auf je 1 LP-Seite zu überspielen, so daß also jede Kopiernummer auf eine Plattenseite plaziert wurde. Da hierbei auch die Radiusabhängigkeit der Verzerrungsbildung bei der Abtastung mit berücksichtigt werden sollte, mußte aus Spielzeitgründen die Signaldauer auf je etwa 1/5 ihres ursprünglichen Wertes reduziert werden.
Die in dieser Weise gekürzten 3 x 7 x 6 = 126 Meßsignale wurden nun derart auf 6 Plattenseiten überspielt, daß jeder Zyklus von 3 x 7 = 21 Signale dreimal, nämlich außen, in der Mitte und im Inneren des Rillenfeldes aufgezeichnet wurde, je Plattenseite waren es somit 63 und insgesamt also 6 x 63 = 379 Signale, welche nach der Pressung ausgewertet werden mußten.
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Variationen des Plattenpegels
Im Hinblick auf die Pegelkompression wurde für die definierte Zuordnung eines Plattenpegels nicht die jeweils höchste, sondern die 3.-letzte Bandpegelstufe herangezogen derart, daß z.B. im Falle des Bandoriginales die 3.-letzte Pegelstufe (+6dB) auf den Plattenpegel -2dB (bezogen auf 8cm/s bei 1kHz), die vorletzte Bandpegelstufe (+9dB) auf +1 und schließlich die höchste Bandpegelstufe +12 auf den Plattenpegel +4 (bez. 8cm/s) zu liegen kam.
Bei den Kopien mit merklicher Kompression wird dann auf der Platte der Pegel +4 dB nicht mehr erreicht. Umgekehrt würde ein höherer Plattenpegel als 4dB über 8cm/s wegen der bekannten abtastgeometrischen Probleme sinnlos sein. Auf dem geschilderten Weg entstanden also 6 Plattenseiten, somit 3 Stück 12" LP's.
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Hinweis auf die drei 3 Radiusbereiche einer 30cm LP
Im Sinne einer erschöpfenden Systematik wäre es allerdings gewesen, wenn die Untersuchung wesentlich ausgedehnt worden wäre in der Weise, daß jede Bandpegelstufe mit jedem Plattenpegel, und das in den jeweils 3 Radiusbereichen des Rillenfeldes ("außen, mitte, innen"), kombiniert worden wäre.
Solch eine Akribie hätte jedoch zu einer derart immensen Fülle von Einzelinformationen geführt, daß nicht nur der Bearbeiter völlig überfordert worden wäre, sondern schließlich auch ernsthafte Probleme bezüglich Darstellung und Verständnis der Ergebnisse entstünden.
Daher mußte das Projekt in der Weise gestrafft werden, daß nur die Klirrfaktorverläufe k2 und k3 (HD2 und HD3) gemessen und dann als Summenkurven für den äußeren, den mittleren und den inneren Teil des Rillenfeldes dargestellt wurden. Nur so schien die Gewähr gegeben, daß bündige Schlüsse aus den Ergebnissen gezogen werden konnten.
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Zusätzlich noch ein "Direktschnitt" vom Sinusgenerator
Für solche Schlüsse war auch die Kenntnis der bei der Plattenabtastung allein entstehenden Verzerrungen, also der Fall des "Direktschnittes", wichtig. Aus diesem Grunde wurde eine weitere LP-Seite direkt vom Ton-Generator eingespielt, die die 1kHz-Signale nach demselben Pegelschema enthielt, wie z.B. die vom Bandoriginal überspielte Plattenseite.
Der Vollständigkeit halber wurden hierbei beide Stereokanäle berücksichtigt, d.h. abwechselnd die innere und die äußere Rillenflanke beschriftet. Gemäß unseren oben gemachten Ausführungen über die Korrelation Band/Plattenpegel enthielt also die Plattenseite mit der "Direkteinspielung" folgende Stufen:
-14, -11, -8, -5» -2, +1 und + 4 dB über 8 cm/s (Sp)
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Zwei Abtaster - ein SHURE V15-III und ein Philips GP400/II
Sowohl diese Direkteinspielung wie auch die oben beschriebenen 6 LP-Seiten (von Band überspielt) wurden mit dem zur Spitzengruppe (Neupreis ca.: 350 DM) gehörenden Abtaster SHURE V15-III und mit dem gute Mittelklasse (Neupreis ca.: 85 DM) repräsentierenden Philips GP400/II ausgewertet.
Trotz beträchtlicher Qualitäts- und Preisunterschiede liefern beide Modelle bei 1kHz etwa die gleichen Verzerrungswerte (Diagramm 4 und 5), ja, der GP 400/II scheint um ein Geringes besser zu sein, was in der bedeutend genaueren Einhaltung der Norm des vertikalen Spurwinkels von 20 Grad gegenüber dem Typ V15-III seine Erklärung findet.
In der folgenden Tabelle sind die wichtigsten k2-Werte (HD2) bei Verwendung des V15-III zusammengestellt (jeweils linker/rechter Kanal):
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So lassen sich die ersten Schlüsse ziehen:
Im Gegensatz zu dieser Auswertung der direkt eingespielten Meßsignale (Diagramme 4 und 5 - weiter oben) handelt es sich bei den oben erwähnten 6 LP-Seiten mit den Bandüberspielungen stets nur um eine Beschriftung des linken Kanales, also der inneren Rillenflanke (Diagramme 6 bis 17 - hier unten drunter).
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Aus den Diagrammen 4 bis 17 lassen sich die folgenden Schlüsse ziehen:
- 1) Die Verzerrungsprodukte 2. Ordnung (k2 bzw. HD2) verhalten sich in der für die Plattenabtastung typischen Weise, unabhängig davon, ob sie vom Generator oder vom Band eingespielt werden.
- 2) Die bandbedingten Verzerrungen dritter Ordnung werden durch das Medium Schallplatte im wesentlichen unverändert übertragen, allerdings teilweise überlagert von Unregelmäßigkeiten, die vermutlich von Mischprodukten mit Plattenrestfehlern und Geräuschanteilen herrühren.
- 3) Selbst totale Bandsättigung (Kopie 6) läßt k2 (HD2) nicht ansteigen.
- 4) Im Bereich niedriger Pegel ist der zu erwartende Kurvenverlauf z.T. von Störungen überlagert, so daß dort die Anstiegssteilheit gegenüber dem Bereich hoher Pegelwerte verringert erscheint.
- 5) Speziell an denjenigen Stellen, an dnene die Verzerrungen zweiter Ordnung überwiegen, ist der Anstieg der Summenkurven k2 + k3 noch mehr oder weniger pegellinear (Wurzel aus der Summe der Quadrate beider Beträge!).
- 6) Da in der durchgeführten Versuchsreihe die Abtastverzerrungen den Wert von 8% an keiner Stelle überschreiten (s. Diagramm 4 und 5), wird der Einfluß der Rillenradius-Abhängigkeit mit Ansteigen der Kopie-Ordnungsnummer, also mit wachsenden k3-Anteilen, mehr und mehr überdeckt, d.h. die drei zum äußeren, mittleren und inneren Rillenbereich gehörenden Summenkurven konvergieren zunehmend.
- 7) Die bei PolyGram realisierten Beispiele zeigen, daß selbst im Falle einer Überspielung vom Bandoriginal die Gesamtklirrverzerrungen im inneren Teil des Spielfeldes der Schallplatte die 3%-Grenze erreichen und zwar bei einem Bandpegel von 6dB über 320 nW/m.
Eine Überspielung von der 1:1 Erstkopie hingegen läßt diese Grenze bereits überschreiten. In beiden Fällen wurde von einem Plattenpegel von -2 dB (bez. 8cm/s Sp. bei 1 kHz) ausgegangen. Wählt man hingegen einen Plattenpegel von +4dB, wie heute an der Tagesordnung, werden leicht Verzerrungwerte von 7% bis 8% erreicht.
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Ergebnis : ganz schnell Verzerrungwerte von 7% bis 8%
Da die gewonnenen Zahlenwerte mehr akademischen Wert haben, solange keine Zuordnung zwischen diesen und der Wahrnehmungs- bzw. Störfähigkeit des menschlichen Ohres besteht, erwies sich der folgende zweite Schritt unserer Untersuchung als notwendig.
Ausgehend von der Tatsache, daß das menschliche Ohr normalerweise gewohnt ist, mehr oder weniger natürliche Klänge zu hören, die auch im unverzerrten Zustand von u.U. starken harmonischen und nicht harmonischen Obertönen sowie von Geräuschen aller möglicher Art begleitet sind, scheiden die im ersten Teil angewandten Meßtöne für eine gehörsmäßige Beurteilung aus.
Der 2. Test mit speziellen Musikbeispielen
Es wurde daher eine Folge von 7 kurzen Musikbeispielen speziell aufgenommen, die bewußt derart ausgesucht waren, daß nicht nur die Frequenzbereiche ober- und unterhalb der eigentlichen "Nutztöne" möglichst frei blieben (um eine Verdeckung der Verzerrungsprodukte zu vermeiden!), sondern auch in etwa den Meßtönen angeglichen waren: es handelt sich um Solo-, Duett- und zwei Klavierpassagen, aus denen wiederum jeweils kurze Teile (15 bis 30 Sekunden) mit möglichst gleichmäßigem Pegel ausgesucht wurden.
Eben die für natürliche Klänge charakteristischen dauernden Pegel- und Obertongehalt-Schwankungen lassen nur eine sehr begrenzte Annäherung des Charakters der Musikpassagen an die Meßtöne zu.
Folgende Instrumentalbeispiele wurden gewählt:
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- 1. Solo - Flöte
- 2. Solo - Posaune
- 3. Klavier, etwas"getragener" Charakter
- 4. Klavier, etwas bewegter
- 5. Hornduett
- 6. Duett von gestopften Trompeten
- 7. Triangel8chläge
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Das Bandoriginal mit diesen 7 Passagen wurde in den Aussteuerungen wie die im ersten Teil untersuchten Meßtöne aufgenommen, nämlich in den 7 Pegelstufen;
-6, -3, ±0, +3, +6, +9 und +12 dB (320 nW/m)
Aufnahmen wieder auf eine 16-Spur-Bandmaschine
Zur Sicherstellung der völligen Gleichheit der Ausführung jedes Beispiels in seinen 7 Pegelstufen wurde für das Original eine 16-Spur-Bandmaschine benutzt, von der 7 Aufsprechverstärker nach dem obigen Pegelschema speziell eingemessen waren, so daß jedes Beispiel nur einmal gespielt werden mußte.
Es sei nochmals hervorgehoben, daß es sich um Mono-Aufnahmen handelt. Es ergaben sich also 7 Musikpassagen in je 7 Pegelstufen, somit 49 "Takes", jeder von ca. 15 bis 30 Sekunden Dauer.
Diese Folge wurde dann gemäß Diagramm 1 auf 5 verschiedene Arten "(unter Fortlassung der Kopieart 5. auf eine Spur von l/4" Band, normale Stereo-Technik!) kopiert.
Auf diese Weise ergaben sich - parallel zu den 6 Bändern mit Verzerrungssignalen - 6 weitere Bänder mit den Musikpassagen: 1 Original und 5 verschiedene Kopien.
Aus Spielzeitgründen konnten die 7 Pegelstufen der 7 Musikbeispiele allerdings nur je einmal auf je eine LP-Seite überspielt werden, d.h. die Einbeziehimg der Radiusabhängigkeit ("außen, mitte, innen") war nicht möglich. Es lagen also schließlich 3 weitere 30cm-Platten von den 6 eben erwähnten Bändern mit den Musikbeispielen vor.
Die Juroren nicht überfordern ...
Im Verlauf einer Vorprüfung wurde klar, daß bei Hörtests ein Anhören aller 7 aufgezeichneter Pegelstufen nicht notwendig war, um die Progression der Verzerrungeanteile mit dem Pegel zu verfolgen.
Vielmehr genügte die 3., 5., 6. und 7. Pegelstufe, d.h. zum Beispiel beim Original die Pegel -0, +6, +9 und +12dB (bez. 320 nW/m). Auf diese Weise kann einer unnötigen Ermüdung der Testpersonen vorgebeugt werden.
Es hat sich ferner als wichtig herausgestellt, daß bei den Hörtests nicht nur die Pegelunterschiede von Stufe zu Stufe durch einen entsprechenden Abhörpegelregler wieder ausgeglichen werden müssen, sondern auch die Reihenfolge nicht in der vorgegebenen progressiven Form, sondern verschlüsselt den Testpersonen angeboten wird, um jede Möglichkeit einer suggestiven Beeinflussung auszuschließen.
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Das Beurteilungsschema
Die Beurteilung sollte nach dem allgemein bekannten Schema von 10 bis 0 vorgenommen werden, d.h.
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- 10 einwandfrei
- 8 (noch) nicht störend
- 6 bereits störend
- 4 störend
- 2 stark störend
- 0 indiskutabel
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Für die Eintragung der hiernach zutreffenden Qualitätsurteile (betr.: Störwirkung der nicht-linearen Verzerrungen) ist ein geeigneter Fragebogen für die Testteilnehmer geschaffen worden.
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Die ersten Erfahrungen
Erste Erfahrungen mit solchen Abhörsitzungen waren die folgenden Punkte:
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- 1) Es ist ziemlich schwer, besonders innerhalb einer Gruppe von Personen mit kritischer Hörerfahrung, eine gemeinsame Ausgangsbasis zu finden z.B. schon dafür, ob etwa die Wiedergabe der Plattenseite vom Bandoriginal wirklich von jedem als "einwandfrei" (ausgenommen natürlich die beiden höchsten Pegel) anerkannt werden kann: schon da gibt es voneinander abweichende Vorstellungen darüber, was eine einwandfreie Aufnahme und/oder was eine ideale Wiedergabequalität ist.
- 2) Ganz ähnlich ist eine schlüssige Beantwortung der Frage - "wie schlecht ist schlecht?" kaum möglich, d.h. auch das negative Ende der Qualitäts-Skala ist etwas problematisch.
- 3) Ein besonders sinnfälliges Beispiel für die in Punkt 2 angeschnittene Problematik ist z.B. der Klang von bestimmten Blechblasinstrumenten, deren Obertonspektrum derart stark im Sinne von "Schmetterklängen" sein kann, daß das Urteil schwerfällt, ob es sich um jene oder bereits um Verzerrungsprodukte handelt.
- 4) Eine erste Auswertung der bis jetzt vorliegenden Fragebogenantworten läßt erkennen, daß der Verzerrungsgehalt der letzten Pegelstufe (d.h. 12dB über 520 nW/m) in jedem Falle unannehmbar ist, selbst bei der Wiedergabe der vom Original überspielten Plattenseite.
- 5) Auch die vorletzte Pegelstufe (d.h. +9dB), wiedergegeben von derjenigen Plattenseite, die von der 1:1 Erstkopie des Originals stammt, kann noch nicht akzeptiert werden.
- 6) Erst die Wiedergabe der drittletzten Pegelstufe (+6dB) dieser unter 5. genannten Plattenseite ist befriedigend. Demnach sollte ein Wert von 6dB über 320 nW/m als Grenzwert für das Mehrspuroriginal und die Abmischkopie angesehen werden, besonders da der Höreindruek dieser Pegelstufe von einer mit nur +2dB (bezgl. 8cm/s) ausgesteuerten Schallplatte stammt.
- 7) In Einzelfällen, d.h. je nach der Plazierung des betreffenden Titels auf der Schallplatte und je nach der Instrumentation (s. Pkt. 3!) ist sicherlich eine gewisse Flexibilität der in Punkt 6 aufgestellten Aussteuerungsgrenze nicht auszuschließen.
- 8) Es ist schließlich auch noch denkbar, daß eine geringfügige Erhöhung des Grenzpegels (Punkt 6) dadurch möglich wird, daß in einem Arrangement mit vollem Orchester die entstehenden Verzerrungsprodukte z.T. verdeckt werden.
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Danksagung
Die Verfasser möchten an dieser Stelle Herrn Günter Buschke, Phonogramm Hamburg, für die Anregung dieser Untersuchung und für die Produktion der Musikbeispiele danken.
AED-H
0. Stephani / B. Blüthgen
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