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Zusammenfassung des Wissens über Lautsprecher-Boxen

von Gert Redlich im Aug. 2015

In den ca. 1800 Hifi-Magazinen und den anderen hunderten von Kilo an Dokumentationen und Unterlagen hier bei uns in der Redaktion - ab etwa 1940 - haben sich einige interessante Philosphien und Grundlagen gefunden, die im Lautsprecherbau Eingang gefunden haben. Ganz WICHTIG : das hier ist lange nicht vollständig !
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Ansatzpunkt für diese Seite ist die Auswahl einer Box in 2015

Wenn man heute in 2015 ein Paar Lautsprecher zwecks gut klingender Hifi- Stereo- Wiedergabe auszuwählen hätte - worauf sollte man achten - es steht ganz am Ende.

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Das Prinzip des Hornsystems

Schon 1940 hatte Paul Klipsch beschrieben und vor allem erstaunlich genau belegt, daß ein Exponentialhorn eine erhebliche Effizienzsteigerung mit sich bringt. Das nutzten die Kino und Theater-Beschaller bereits vor den 1940er Jahren, weil die damals kleinen Röhren-Verstärker hocheffiziente Lautsprecher verlangten.

Daß die allermeisten Hornlautsprecher deutliche Schwächen bei der originalen Wiedergabe von "weichen" (Streich-) Instrumenten hatten und haben, beschrieb er natürlich nicht. Ich jedenfalls habe noch kein Horn gehört, bei dem die Geigen wie Geigen klingen.
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Etwa 1955 kam die unendliche Schallwand

Der Amerikaner Edgar Villchur entwickelte in seiner Firma Acoustical Research so um 1955 die rund herum geschlossene Box mit einer fulminanten Basswiedergabe, die es damals so noch nicht gab. Auch dieses Konzept ist heute nicht mehr zwingend notwendig, siehe die Thorens Schallwände und diverse andere auch, zum Beispiel die Linkwitz Lautsprecher.
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In den 1950 Jahren - Elektrostaten

In England forschte und entwickelte der Pioneer Peter Walker an seinem Konzept der nahezu masselosen Membranen, das sind die metallisierten Folien der elektostatischen Lautsprecher. Auch er sah in seinem Konzept nur die Vorteile. Die Nachteile - und das war der fehlende Bass wegen der fehlenden Schallwand sowie die begrenzte Lautstärke - wurden unterdrückt. Später wurden aus diesem Konzept die Bändchenhochtöner und andere Technologien abgeleitet.
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Mitte der 1960er Jahre - der Basswürfel

Ab Mitte der 1960er Jahre forschten oder probierten/experimentierten die beiden kalifornischen Physiker und Infinity Gründer, daß ein großer guter hochwertiger Basslautsprecher alleine für beide Kanäle oder pro Box deutlich besser klingt als mehrere kleinere Chassis, obwohl die bewegte Fläche doch gleich groß sei. In der Infinity Servostatic 1 und 1a bewiesen sie ihr Konzept. Später wurde das Konzept von deren Nachfolgern bei Infinty aufgegeben. In 1986 demonstrierte JBL mit der neuen Pyramidenbox 250 ti, daß da etwas dran ist mit einem großen Bass-Chassis oder auch mit zweien.
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Georges Cabasse begeistert mit 3 Wege Aktivboxen.

Auch so um 1965 herum forschte und entwickelte der mehrere Instrumente spielende musikalische Franzose Georges Cabasse (der Vater) an den Macken der damals verfügbaren Boxen und stellte fest, daß man mit 3 verschieden großen Chassis und 3 Verstärkern völlig unglaubliche Qualitäten produzieren kann. Karl Breh lobte zurecht die Brigantin als herausragend und bewarb sie auch bei jeder Gelegenheit.. Auch stellte Cabasse fest, daß die Hoch- und Mitteltöner unbedingt senkrecht übereinander positioniert sein müssen, um eine absolute hervorragende Stereowiedergabe zu ermöglichen. Und diese Grundsätze gelten heute noch. Später hatte ein Professor das mit den auftretenden unterschiedlichen Laufzeiten und Interferenzen mathematisch akustisch nachgewiesen.

Weiterhin fand Cabasse heraus, daß mehrere Hochtöner und/oder Mitteltöner den Klang eher verschlechtern, als ihn zu verbessern. Die großen GRUNDIG Monolith 120 und 190 sind später solch (negativ) beeindruckende Beispiele, die Thorens Schallwände ebenfalls. Sie klingen nicht.
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Um 1969 brachte BOSE sein Konzept auf den Markt

Unbestritten, die BOSE 901 war um 1970 herum völlig anders und beeindruckend toll. Doch die 9 Breitband-Chassis konnten die akustische Qualität einer guten 3-Wege Box nicht erreichen - damals und heute nicht. Bei den BOSE Lautsprechern ging es auch mehr um den absolut beeindruckenden Stereo-Effekt im Bereich der Life-Reproduktion in Consumer-Qualität.

Obwohl die BOSE 901 mehrfach deutlich verbessert (also gesteigert) wurde, ist die akustisch qualitative Grenze kurz vor dem sogenannten Highend erreicht. Breitbandchassis können nie die Qualität von bereichs- optimierten Einzelchassis erreichen, nicht bei Philips oder den anderen vielen kleinen Eintagsfliegen.
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1973 der Walsch "Treiber" der OHM F

Der Amerikaner Lincoln Walsh entwickelte einen Rundumstrahler, der die räumliche Abbildung von Stereoaufnahmen erheblich verbessern sollte. Doch der spätere OHM F Wander scheiterte an der Physik des Materials der Membrane (besser gesagt - des Trichters), obwohl das Konzept herausragend beeindruckend war, fast ebenso wie das der BOSE 901. Die Klangqualität war zwar damals beeindruckend, aber mit dieser Technik nicht mehr zu verbessern. Infinity benuzte ein ähnliches Konzept im Modell 2000a, aber nur als Hochtöner.

Um 1974 bis 1976 - Otto Brauns Ionenhochtöner

Die Perfektion an sich sollte er werden, der nun wirklich physikalisch "perfekte" gewichts- und trägheitslose Hochtonlautsprecher. Man moduliere eine Hochfrequenz- Funkenstrecke (ein Plasma - das sind elektrisch aufgeladene Ionen) mit dem Audiosignal, welches normalerweise an den Hochtöner geschickt wird und das geht dann ernsthaft trägheitslos. Die Idee war genial und grub den Elektrostaten und den Bändchenhochtönern das Wasser ab, aber nur theoretisch. In der Praxis gab es eine Menge ungelöster (Strahlungs-) Probleme und seit der Emissionsschutz- verordnung über Hochfrequenz- Ausstrahlungen (Elektrosmog jeglicher Art) hat sich das Prinzip - ob bei Magnat oder Corona oder Otto Braun - endgültig erledigt.
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Kleinstboxen aus Aluminium

Die Versuche, die Regalboxen zu verbessern, mündeten in massiven ALU Gehäusen. Bei den kleinen Boxen (die ACRON 100 von Herrn Petrik) war das Herstellen eines solchen Strang-Profils noch finanzierbar, bei größeren Boxen war es nahezu unerschwinglich. Die Walzwerke verlangten für solche Spezialprofile recht große Abnahme-Mengen (bzw. Stückzahlen). Doch der Ansatz, daß das Gehäuse akustisch "tot" sein müsse, war schon länger bekannt und somit realisiert.
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Boxen aus Beton oder Basalt oder Schiefer

Die Schwächen mit dem Eigenklang oder dem Zigarrenkisten-Sound hatten natürlich die damaligen High-End Fanatiker schon gekannt. Doch es gab wenige Alternativen. Und die waren teuer. So gab es Boxen aus ganz speziellen Kunststoffen, weitere aus anorganischem Material, nämlich gegossen aus Beton, verschraubt oder verklebt aus Basalt oder Schiefer oder anderen anorganischen massiven Materialien.
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Dazwischen war noch viel, doch jetzt springen wir mal ins Jahr 1980 . . . .
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Um 1980 kamen die ersten Design-Boxen auf . . .

Vermutlich ohne es genauer zu untersuchen, wurden pyramidenförmige Mehrwege-Boxen angeboten. Die Klangqualität war damals nur mittelmäßig - darum hatten die auch fast keinen Erfolg, des Design war einfach nur anders.

Dann zum Ende 1982 stellte JBL eine völlig neue Box vor, die L250, ganz zuerst sogar ohne Typenbezeichnung und dann als L250. Die ersten Tests Anfang 1984 hier bei uns in Deutschland waren begeisternd, denn diese beiden Pyramiden-Lautsprecher hatten keinen Eigenklang mehr - so wie die allermeisten viereckigen Kästen bzw. Standardboxen.
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1986 kam die JBL 250Ti Box auf den Markt, noch besser als der alte Protoyp, die L250

Jetzt merkten es auch die anderen Hersteller, das "Geheimnis" mit dem total asymmetrischen Gehäuse. Dieses recht hohe und völlig schiefe Gehäuse der JBL 250 Ti hatte keinen Kasten- oder Kistenklang mehr, das Gehäuse war nahezu klangneutral. Die Testzeitschriften lobten diesen neuen Lautsprecher unisono (oder sie wollten sich keine Blöße geben). Dafür hatten diese JBL 250 Ti wieder andere Probleme.

Aber wie gesagt, soetwas kannten wir bis dato nur bei ganz ganz teuren Boxen, bei denen innen viele Verstrebungen die Resonanzen killen sollten. Denn bis jetzt waren die allermeisten Lautsprecher-Boxen - eben richtige Vierkant-Boxen - aus allen Varianten von Holz, überwiegend Kombinationen von Spanplatten und Tischlerplatten oder sogar sehr teure Multiplexplatten (über Kreuz verleimte Sperrholzplatten).

Das mit den deutlich besser geeigneten MDF (mittel dichte Faser) Platten und den HDF (hoch dichte Faser) Platten stand ganz zaghaft in den Anfängen.
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Um 1990 - völlig neue Formen - aber teuer

Um 1988 bis 1990 herum kamen die ersten hochqualitativen Design-Lautsprecher auf den Markt, so die erste B&W Nautilus (die Schnecken) und die Matrix 801. Nichts war mehr eckig, nichts konnte resonieren und dennoch, der Sound war umwerfend. Also so ging das mit den resonanzfreien Gehäusen.
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Die MDF Gehäuse-Technik ist in die Produktion eingezogen

Diese "neue" Technik hat den Lautsprecher- Gehäusebau revolutioniert. Bislang konnte man mit vernünftigem bezahlbaren Aufwand weder Presspanplatten noch Hartfaserplatten oder Sperrholzplatten noch Tischlerplatten in gerundete Varianten zwingen bzw. kostengünstig produzieren. (Ausnahmen sind teure Wohnmöbel wie Stühle und die speziellen Lattenroste von Bettgestellen.)

Daß ein Gehäuse nur ein Bruchteil des Verkaufspreises einer Box ausmacht, dürfte geläufig sein. Das Zusammenbauen von asymmetrischen eckigen Gehäusen war ebenfalls sehr zeitaufwendig. Es gibt da unter anderen von Backes & Müller einige (recht teure) eckige und kantige Beispiele.

Doch jetzt ist alles anders geworden.
Mit dem (etwas leistungsfähigeren) 4-Kern-PC kann man nahezu perfekte Boxengehäuse fast jeder Größe entwickeln, simulieren und designen und bekommt hinten die Maßskizzen für den Gehäusebauer raus. Mithilfe der MDF Technik kann der Gehäusebauer (das ist jetzt kein Schreiner mehr, das sind jetzt Fabriken) nahezu jede beliebige Form in großen Stückzahlen herstellen und dann furnieren oder beschichten oder lackieren, wie es dem Auftraggeber beliebt.
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Vorläufiges Fazit - (ist noch lange nicht fertig)

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  1. Bevorzugen Sie 2-Wege oder 3-Wege Boxen, die können je nach Anspruch passiv oder aktiv sein. Sie bekommen seit ein paar Jahren ab etwa 2005 enorm viel Klangqualität für Ihr Geld.

  2. Vermeiden Sie eckige Kästen mit symmetrischen Wänden, suchen Sie das Gegenteil : je "schiefer" und "runder", desto besser. (Ich weiß, man kann "schief" und "rund" nicht steigern, ich wollte es aber auch mal total falsch versuchen.) Die neuen gerundeten Gehäuse funktionieren hervorragend.

  3. Meiden Sie Boxen mit mehreren Mittel- oder Hochton-Chassis je Frequenzbereich. Auch ovale Chassis im Bass sind technologisch vollkommen out.

  4. Die (passiven) Boxen sollten/müssen massive Anschlußterminals für dicke Zuleitungen haben

  5. Denken Sie über Lautsprecherleitungen unter 4 Quadratmillimetern gar nicht erst nach. Vernünftige 6 qmm (oder dickere) Leitungen kosten (im Versandhandel) nur etwa 60.- Euro für 30 (dreizig) !!!! Meter

  6. Legen Sie Ihr Augenmerk durchaus auf deutsche (Made in Germany) Produkte. Grundig ist zum Beispiel eine rein türkische Firma geworden.

  7. Hören Sie sich hochwertige (teuere) Boxen zumindest (besser : unbedingt) im Laden oder bei Freunden vorher einmal an.

  8. Seien Sie bei Boxen über 1.000 Euro pro Stück extrem kritisch und vorsichtig. Es gibt heute bereits sehr sehr gute Boxen unterhalb von diesem Limit.

  9. Auf ebay sollten Sie die "Schmerzgrenze des Verlustes" (ich nenne das Gambling Money - Spielbankgeld) für ein Pärchen gebrauchte Boxen auf zusammen 300.- (max. 400.-) Euro begrenzen und planen Sie die Abholung ein.

  10. Bei neuen Boxen gilt das nicht, denn da haben Sie "immer !!!" ein Rückgaberecht.

  11. Betrachten oder "beäugen" Sie die auf 50% reduzierten unverbindlichen Verkaufspreise äußerst !!! argwöhnisch. Diese Boxen wurden für diese Brutto-Preise nie angeboten bzw. verkauft. Sie (als Kunde) werden so richtig für dumm verkauft.

  12. Jetzt kommt noch die Satire oder Glosse :
    Nehmen Sie zum Boxenkauf nie Ihre Frau oder Partnerin mit. Die Frauen kaufen immer mit den Augen und seltenst mit den Ohren. Wir reden hier aber von Hfi bzw. Klang und da kommt die Optik immer erst an zweiter Stelle, immer, ohne Ausnahmen.

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