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Warum klingen diese GRUNDIG XSM 3000 (aus 1979) so gut ?

In der Geschichte dieser Aktiv-Boxen aus 1980/1981 hatte ich es etwas genauer beschrieben, wie ich zu der "Erleuchtung" kam, daß alleine ein anderer Vorverstärker ganze Welten einstürzen läßt.

Diese XSM 3000 waren nicht nur "extrem" (unglaublich) preiswert als aktive 3-Wege Box mit 4 Verstärkern und sie wurden ja auch mit dem kleinen MX100 Vorverstärker von Grundig beworben und verkauft. Sie klangen ja nicht schlecht, meine Eltern waren zufrieden, und ich auch, denn ich kannte es ja nicht besser - jedenfalls so lange, bis ich diesen damaligen ganz neuen Accuphase Vorverstärker ausprobiert hatte.
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Ich machte mir damals keine großen Gedanken, und Reinschaun war ja sowieso nicht erlaubt und ich war nur verblüfft, was ein Vorverstärker ausmachte. Jahrzehnte später konnte ich noch 2 weitere Paare XSM 3000 als Spende annehmen und startete die ausführliche Beschreibung dieser Boxen, die mich damals so verblüfft hatten.
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Beim "Verstehen" muß man ganz besonders genau hinschaun

Im Lesen von Schaltplänen war ich vom Studium her einigermaßen geübt und konnte schon einiges daraus entnehmen. Oberflächlich sah auch der sehr spät eingelandete Schaltplan ganz normal aus. Es ging ja mehr um die verzögerte Einschaltautomatik als um das Geheimnis dieses Sounds. Die Boxen wollten nicht mehr "an" gehen. "Aus" gingen sie von ganz alleine.

Verblüffend war wiederum, bei mir im großen Studio kam da ein ganz ordentlicher Sound raus, im Gegensatz zu den wesentlich teureren Canton Ergo Aktiv. Und diese Grundigs hatten ja "nur" diese 40 Watt Endstufen - insgesamt 8 Stück in beiden Boxen.
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Wie funktioniert ein Transistor-Endverstärker - für Laien

Transistoren sind eigentlich "ganz simple" Strom-Ventile mit allgemein 3 Beinchen (Anschlüssen). Fließt durch die Basis ein keines Strömchen, leitet der Transistor auch dicke Ströme vom + nach - (vom Collector zum Emitter) - aber nur in eine Richtung. Wird der Basis Strom unterbrochen, sperrt der Transistor den Stromfluß. Klingt gut, hat aber ein paar Macken. Wir Techniker sprechen von der Verstärkungs-Kennlinie.

Dieses fließend steuerbare "Durchleiten" des dicken Stroms ist nicht immer linear. Deshalb versucht der Ingenieur, nur den geraden (linearen) Teil der Verstärkungs-Kennlinie zu benutzen. Das schafft er, indem er durch diesen Transistor einen kleinen "Ruhestrom" fließen läßt, völlig unabhängig von der zu verstärkenden Musik, unserem Audio-Signal. Dieser Ruhestrom muß aber stabil und kontrollierbar sein und darf auf keinen Fall ausufern.

Unsere Musik besteht aber aus Wellen, die positive und negative Ströme erfordern. Folglich habe ich in einem Endverstärker 2 Hälften. Jede Hälfte ist für seinen Teil der Halbwelle zuständig. Also zwischen der positiven Versorgungsspannung und der negativen Spannung befinden sich 2 Transistoren, die den Strom aber nie gleichzeitig durchleiten dürfen. Das wäre ein Kurzschluß der gesamten z.B. ± 50V Versorgungsspannung und das wäre heftig - eine mittlere Katastrophe. Die Sicherung würde rausfliegen - nachdem es bereits geraucht hätte.

Deshalb baut der Ingenieur vor und baut da jeweils einen kleinen Widerstand ein, der einen möglichen Kurzschlußstrom begrenzen sollte.
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Aber wie groß darf dieser Emitter-Widerstand sein ? Erstens wird er auch warm und zweitens verschlechtert er das Impulsverhalten der Endstufe.
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Wie verteilt sich dann die Leistung des Endverstärkers

Auslöser der gesamten Gedankenkette waren die damaligen Messungen in Karl Brehs Hifi-Labor mit passiven 3-Wege Boxen. Dort gehen in der Regel (sogar bis zu) 1/3 der Verstärkerleistung in dem passiven Netzwerk der Frequenzweiche verloren. Aber mit dicken Endstufen kann man da im Bass noch sehr viel gut machen.

Bei aktiven Boxen werden die einzelnen Chassis direkt an die Endstufen angeschlossen, also geht da "nichts" - oder besser "nicht so viel" - verloren. Die Lautsprecherzuleitung ist ja in jedem Fall vorhanden.

Ein ganz prägnantes Beispiel für optimale Verwendung der Ausgangsleistung sind wiederum die BOSE 901, die auch ohne passives Netzwerk - also ohne Frequenzweiche - direkt an der Endstufe betrieben werden. Dort kommt die gesamte Verstärkerleistung abzüglich weniger Prozente (die Leitungsverluste) an den 9 Chassis an, dafür aber mit anderen Einschränkungen.
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Der Innenwiderstand einer Endstufe und sein Einfluß

Bei den Endverstärkern ist auch nicht alles so super rein, wie es immer wieder in den Prospekten dargestellt wird. Mein Augenmerk liegt auf dem Innenwiderstand einer Endstufe. Denn die ganz dicken Accuphase und auch andere Edel-Verstärker klingen deutlich unterschiedlich (besser ?) im Vergleich zu gewöhnlichen Mittelklasse Consumer-Verstärkern.
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Eine Sternstunde für Ingenieure

Und dann kam ein "Aha"-Erlebnis. In 2022 lief mir ein defekter PIONEER VSX 859 - ein A/V Receiver (aus dem Jahr 2000) - über den Weg und dort fand ich etwas Bemerkenswertes in allen fünf Endstufen.

Vorweg - ich war wirklich überrascht, wie gut dieser Pioneer (diese A/V Boliden können ja angeblich nur Wumm-Bumm) an den BRAUN L810 die klassische Musik von einer DGG- Muster-CD wiedergab, basstark und sehr dynamisch - vermeintlich besser als der gleichstarke Onkyo Vollverstärker und der Harmann Kardon Vollverstärker und andere 100 Watt Endverstärker.
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Das "Innenleben" des PIONEER VSX 859

Der Pioneer hat je Endstufe nur 2 komplementäre MOSFETs und er hat zwei ganz kleine Emitter-Widerstände mit nur 50 Milli-Ohm (0,05 Ohm). Die Spannungsversorgung ist mit ±51 Volt für die 5 Endstufen a 100 Watt im Netzteil entsprechend ausreichend ausgelegt (ein 450 VA Trafo).

Ein Problem wäre bei diesen niedrigen Emitter-Widerständen ein Kurzschluß an den Ausgängen. Dann fließen da fast ungebremst richtg dicke Ströme und "brotzeln" alles kaputt, das dem Strom im Weg steht. Es gibt in der Regel keine Vorteile ohne Nachteile.
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Die bislang bekannten Endstufen aller Leistungsklassen haben bei diesen Emitter-Widerständen Werte ab 0,2 Ohm aufwärts bis 0,5 Ohm und auch schon mal 0,8 Ohm. Auch da geht natürlich etwas Leistung verloren, dagegen halten diese Endstufen einen Kurzschluß (für ganz kurze Zeit) aus - bis die Schutzschaltung die Lautsprecher-Relais frei gibt (bzw. abschaltet).
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Und jetzt eine Endstufe "ohne" Emitter-Widerstände .....

Erst beim gezielt ganz genauen Betrachten der XSM Endstufen- Schaltung fällt auf, huch ... die haben keinen Emitter Widerstand ??? Wie soll denn das gehen ?

Es sind zwar nur nur ±21 Volt bei 220 Volt Netzspannung (und nicht ±55V oder gar ±75 Volt, doch wenn die irrtümlich kurzgeschlossen werden (würden), fließt auch da der Maximalstrom des zentralen Netzteils (ein 200 Watt Trafo) - ungebremst und volle Pulle - bis die Sicherung durchbrennt.

Die beiden Bass-Chassis haben auch nur 3 Ohm Impedanz bei 300 Hz, sind alsoaus der ganz normalen handelsüblichen Grundig Massenware - aus dem passiven Boxen-Programm dieser Chassis-Generation.

Das bedeutet, an jedem Bass-Chassis kommen wirklich die vollen 40 Watt Sinusleistung an. An passiven Boxen müsste es also schon ein 60 Watt Verstärker sein, der aber den Mitteltöner und den Hochtöner auch mit versorgen müsste. Das wäre dann schon ein vergleichbarer 80 Watt Verstärker.

So summieren sich der Leistungsbedarf der einzelnen Chassis dieser XSM 2000 und XSM 3000 zusammen. Die beiden 3 Ohm Basschassis mit je einer dieser 40 Watt Endstufen bekommen beide den Tiefbass-Bereich ungefiltert verstärkt, der TT1 hoch bis etwa 150 Hz und der TT2 hoch bis etwa 300 Hz.

Das ist also das Geheimnis von ganz speziellen aber sensiblen Endstufen für fest verkabelte (innen ist allles verlötet) Aktivboxen. Die Chassis-Kabel sind nicht steckbar und zudem noch "viel zu" kurz.

Der Service Techniker, der die dicken gelben inzwischen defekten Netzteil-Elkos austauschen müsste, muß beim Ausbau, der Reparatur und dem Einbau sehr vorsichtig mit diesem schweren Endstufen-Modul umgehen.
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