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Was man bereits 1945 und 1965 über die Schallplatte wußte.

Grundig TI Ausgabe März 1965

Auch nach dem Jahr 2010 gibt es immer noch oder immer wieder Mitmenschen, die die 33er Vinyl-Schallplatte in virtuelle mystische Höhen emporheben und denen die Physik völlig schnuppe ist. Sie wollen die physikalische Gratwanderung dieser Technologie einfach nicht wahr haben.

Und man wußte bereits 1945, daß die 78er Platte der 33er Platte in manchen Eigenschaften überlegen wäre, wenn das Material nicht Steinmehl wäre. Auch wußte man bereits 1949, daß die 45er Single der 33er LP von der Qualität her überlegen ist. Man hatte damals aber keine so eindeutigen Begriffe wie bei uns in der EDV und Computertechnik mit der "Datendichte" bzw. der "Informationsdichte". Jedem Tonband-Fan leuchtet ein, je niedriger die Bandgeschwindigkeit ist, desto enger wird es für die Information auf dem Band und es werden immer weniger Höhen abgespeichert. Mit zunehmend kleiner werdendem Radius wird die verfügbare Informationsdichte (die Speicherdichte pro Rillenzentimeter) immer weniger und mit hochwertigen Abspielgeräten hört man es. Im Herbst 2018 sind mir wieder ein paar neue Grundig Technische Informationen (GTIs) aus 1965 übergeben worden und da steht eine Menge Wissenswertes aus diesen frühen Hifi-Zeiten drinnen.

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GRUNDIG TECHNISCHE INFORMATIONEN - MÄRZ 1965
Fortschritte in Richtung High Fidelity
Verminderung der Abtastverzerrungen von Schallplatten

1 Klirrfaktor in Abhängigkeit von Frequenz und Schnelle bei einem Rillendurchmesser von 25,4cm
2 Klirrfaktor in Abhängigkeit von Frequenz und Schnelle bei einem Rillendurchmesser von 19cm
3 Klirrfaktor in Abhängigkeit von Frequenz und Schnelle bei einem Rillendurchmesser von 12,5cm
4 Klirrfaktor K2 in Abhängigkeit vom Rillendurchmesser bei einer Frequenz von 4000 Hz und einer Schnelle von 10cm/sec.
5 Klirrfaktor K3 in Abhängigkeit von Schnelle und Frequenz bei einem Rillendurchmesser von 29cm
6 Klirrfaktoren K2 und K3 in Abhängigkeit von Schnelle und Frequenz bei einem Rillendurchmesser von 12cm

Als Hersteller von hochwertigen HiFi-Geräten sind die GRUNDIG Werke daran interessiert, daß auch die HiFi-Programmquellen ein Optimum bieten. Daher soll nachstehend auf Verbesserungen der Schallplattentechnik hingewiesen werden.
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Die Schallplatten im Rundfunk wurden sehr oft als Magnetbandkopien abgespielt

Wer hatte es damals wirklich gelesen :

  • „Aus Qualitätsgründen ist es auch zukünftig nicht beabsichtigt, Schallplatten direkt zu senden; sie werden nur als Bandkopien abgespielt."


So schrieb erst kürzlich der Südwestfunk (Baden-Baden) in seinen technischen Mitteilungen (Heft 3/1964).

Es wird im UKW-Rundfunk zwar viel Musik von Schallplatten- produktionen gesendet, doch stellen die Schallplatten- hersteller den Sendern erstklassige Tonbänder von diesen Aufnahmen zur Verfügung, die einen extrem niedrigen Klirrgrad aufweisen.

  • Anmerkung : Die Plattenfirmen stellten also den Rundfunkanstalten ganz gezielt exzellente Arbeits-Kopien ihrer 38er Studio-Masterbänder zur Verfügung. Darum waren manche (klassischen) Plattenkonzerte im UKW-Rundfunk deutlich hörbar besser als unsere teuren Schallplatten. Nur - das wußten wir damals nicht und ab und zu wurde doch mal eine ganz normale Platte (mit den obligatorischen Kratzern) abgespielt, besonders bei Pop und Rock in unseren HR- und SWF3- Hitparaden. Das wiederum waren Rundfunk-Sampler auf 30cm Platten mit 45er Geschwindigkeit.

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Anmerkung bezüglich der Verwirrung : Rillendurchmesser und Plattendurchmesser

Der Autor dieses Artikels in der GTI hatte 1965 irgendwie Erklärungsprobleme, die zu Verständnis-Schwierigkeiten führen konnten. Auf einer Platte - egal welcher Größe und Geschwindigkeit - ist ja nur eine einzige lange spiralförmige Rille (pro Seite) drauf. Je weiter diese Spirale nach innen verläuft, desto kleiner wird der verfügbare Weg in der Rille, die die Nadel abtastet (die Rillen-Länge). Man könnte solch eine nahezu kreisförmige Rille auch als den Umfang des aktuellen Rillenkreises bezeichnen.

Hier wird aber immer wieder von dem "Rillendurch- messer" gesprochen, das ist verwirrend und definitiv falsch.

Eine Rille hat nämlich keinen Durchmesser, sondern nur eine Rillenbreite und eine Rillentiefe und eine Rillenlänge, weiter nichts
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Übersetzen Sie bitte (als Beispiel) :
"der kleinere Rillendurchmesser" (das ist falsch) mit "dem kürzeren Rillenweg" - so wäre es korrekt.

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Der Autor über die hörbaren Verzerrungen

Beim Abtasten von Schallplatten (an Stelle der Tonbänder) entstehen dagegen besonders bei "kleinen Rillendurchmessern" starke Verzerrungen, die deutlich zu hören sind, insbesondere bei stärker ausgesteuerten Klangbildern, die leicht zu Kombinationstonbildung führen, wie Chorgesang, einzelne Stimmen, große Streichergruppen usw.

Diese durch den Abtastungsvorgang entstehenden Klirrfaktoren und Intermodulationen lassen sich selbst mit den besten Tonabnehmersystemen bisher nicht beseitigen (Anmerkung : Wir haben 1965 und SHURE baut gerade die ersten hochwertigen Magentsysteme nach dem Patent von ELAC), da sie vor allem durch den grundsätzlichen geometrischen Unterschied von Schneidstichel und Abtastnadel bedingt sind.

Die Bilder 1 bis 6 zeigen den Verlauf des Klirrgrades
in Abhängigkeit von "Rillendurchmesser", Frequenz und Schnelle (Aussteuerung).

  • Anmerkung : Hier hätte man besser den aktuellen Radius als Referenz benutzen sollen, der aber dann im Kopf des Lesers immer wieder auf den Durchmesser einer 30cm LP umgerechnet werden müsste, um eine vernünftige Vorstellung der Position der Nadel zu erhalten.

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Aufnahmeseitige Verzerrungs-Korrektur

Die Schallplattenindustrie ist seit einiger Zeit bemüht, Klirr- und Intermodulations-Verzerrungen durch eine geeignete Beeinflussung des Schneidvorganges herabzusetzen.

Dr. G. Woodward und E. C. Fox beschrieben ein „Tracing-Distortion Simulator" genanntes Gerät, welches in Abhängigkeit vom Momentanwert der Aufzeichnungsamplitude eine Laufzeitveränderung bewirkt. Spurverzerrungen können damit weitgehend simuliert werden. Dieses Verfahren wird beim RCA-Dynagroove-System verwendet. Die Bilder 7 und 8 zeigen den Rückgang der Intermodulationsverzerrungen.
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„Royal Sound Stereo" von Telefunken

Horst Redlich und H.-J. Klemp (Anmerkung : beide bei Teldec bzw. Telefunken, dem damaligen Wettbewerb zu Grundig) beschrieben ein ebenfalls „Tracing Simulator" genanntes Gerät, welches die Oberwellen analysiert und diese mit einer bestimmten Richtung und Phasenlage der Aufzeichnung beim Schneidvorgang überlagert. Die Bilder 7 bis 11 zeigen die damit erreichten Verbesserungen von Intermodulations- und Klirrgrad.

Derartig geschnittene Platten sind unter der Bezeichnung „Royal Sound Stereo" in den Handel gekommen.

Damit wurde ein großer Fortschritt der Schallplattentechnik in Richtung echter HiFi-Wiedergabe getan, der der gesamten High-Fidelity-Bewegung einen neuen Impuls gibt.

  • Anmerkung : Aufgrund der Patente darauf und einem nur in bestimmten Bereichen hörbaren marginalem Qualitätsgewinn machten die großen europäischen Plattenfirmen wie Philips und damit die Deutsche Grammophon (eine Tochter von Philips) nicht mit.

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Fachveröffentlichungen zum Thema Schallplatten-Abtastverzerrungen

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  • [1] J. Walton „Stylus Mass and Reproduction Distortion". Journal of the Audio Engineering Society, Heft 2/1963, Seiten 104 ... 109.
  • [2] E. C. Fox and J. G. Woodward „Tracing Distortion - Its Cause and Cor-rection in Stereodisk Recording Systems". Journal of ihe Audio Engineering Society, Heft 4/1963, Seiten 294 .. . 301.
  • [3] Dr. Harry F. Olson „The RCA Victor Dynagroove System". Journal oi the Audio Engineering Society, Heft 2/1964
  • [4] Prof. Dr. J. E. Jacobs and P. Wittmann „Psychoacoustics, the Determining Factor in Stereo-Distortion".
    Journal oi the Audio Engineering Society, Heft 2/1964, Seiten 115 .. . 123.
  • [5] H. Redlich und H.-J. Klemp „Tracing Simulator - Ein Verfahren zur Schallplattenaufzeichnung für verzerrungsarme Wiedergabe".
    Internationale Elektronische Rundschau, Heft 1/1965, Seiten 15 . . . 20, und Funktechnik, Heft 5/1965, Seiten 161 ... 163.
    Dr. C. Reuber berichtete über das gleiche Verfahren im Radio-Mentor, Heft 1/1965, Seiten 16 . . . 18.

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Bild 7 Intci modulation IM (unteres Seitenband) in Abhänqigkeit des Rillendurchmessers; ohne und mit „Tracing-Distortion-Simulator" (RCA)
Bild 8 Intermodulation IM (oberes Seitenband) in Abhängigkeit des Rillendurchmessers; ohne und mit „Tracing-Distortion-Simulator" (RCA)
Bild 9 Intermodulation IM (unteres Seitenband) in Abhängigkeit des Rillendurchmessers; ohne und mit „fracing-Simulator" (Teldec)
Bild 10 Intermodulation IM (oberes Seitenband) in Abhängigkeit des Rillendurchmessers; ohne und mit „f racing-Simulator" (Teldec)
Bild 11 Klirrfaktoren K2 und K » in Abhängigkeit von der Aussteuerung; ohne und mit „Tracing-Simulator" (Teldec)

Messungen

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  1. Decca Recording Company Ltd. (Bilder 1 bis 3, Lit. [1]).
  2. Shure Brothers Inc. (Bild 4, Lit. [4]).
  3. RCA Victor (Bilder 7 und 8, Lit. [2] und [3]).
  4. Teldec Telefunken - Decca Schallplatten-G. m. b. H. (Bilder 5, 6 u. 9 bis 11, Lit. [5]).
  5. Bruel & Kjaer (Bilder 12 bis 14).

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Es wurden in allen Fällen nur erstklassige Schneidgeräte (Ortofon, Teldec-Neumann, Westrex) und ebensolche Abtaster (Decca, Shure, Ortoton) verwendet. Den Klirrgrad bei der Abtastung einer Stereo-Meßschallplatte (Bruel & Kjaer QR 2009) zeigen die Bilder 12 bis 14.
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