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Die KlangBild Serie 1977 - "HiFi on the Rocks"
KLANGTREUE - EIN PROBLEM (KlangBild Heft 09/1977)

von Gert Redlich im Feb. 2018 - Als 1975 bis 1978 die "neuen" Hochglanz-Magazine auf den Markt kamen, wurde getestet und gelobhudelt, was das Zeug hielt und alle übertrafen sich mit Steigerungsformen der Anglizismen und dann auch noch mit Superlativen - und am Ende waren es dann unglaubwürdige (teilweise gekaufte) Schauergeschichten, was die Hifi-Technik alles so gekonnt haben sollte. Der KlangBild Redakteur Franz Schöler hatte aber bereits 1977 ganz nüchtern die Fakten aneinander gereiht und quasi - wie auch Karl Breh von der Hifi Stereophonie - den ganzen Schmus weggelassen. Beide Redakteure - die sich eigentlich sehr sehr ähnlich waren - konnten sich zu der Zeit nicht vorstellen, daß die Hifi-Freaks, -Fans und -Spinner das aber gar nicht hören wollten (und erst recht nicht lesen wollten). Sie wollten in ihren von den Hochglanz-Magazinen hochge"pushten" Träumen schwelgen. Beide Zeitschriften haben den Wandel von der Realität der Physik in die Welt der Träume nicht überlebt.

Dieser 8-seitige Artikel spricht mir aus dem Herzen !

Aus der Erfahrung von 40 Jahren High Fidelity kann ich dem Redakteur Franz Schöler in wirklich allen Punkten zustimmen und Recht geben. Die moderne Technik ab dem Jahr 2000 und dann später hat nur in wenigen Punkten kräftig aufgeholt - und das sind die Quellen unserer Musik, die es damals vor 1980 so nicht gab, auch auf den super tollen 2" Masterbandgeräten in den Plattenstudios und beim Rundfunk nicht.

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HiFi on the Rocks (Teil 4)
KLANGTREUE - EIN PROBLEM (aus dem Jahr 1977)

Wie Verzerrungen bei der Wiedergabe von Musik entstehen können
von Franz Schöler
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Diese Serie teilt sich in folgende Einzelartikel auf :

Jetzt zum Thema : Der Tonabnehmer (Teil 4)

„Klang" im eigentlichen Sinne produziert auch der Tonabnehmer nicht, er wandelt nur mechanische Modulationen in ein mehr oder weniger großes elektrisches Signal. Trotzdem spricht man vom „Klangbild" eines Tonabnehmers und impliziert damit, daß er Klangverfälschungen einführen kann, obwohl man das vom Laufwerk und Tonarm in gewissem Sinne auch behaupten kann.

Die vielen verschiedenen Faktoren für den "Klang"

Wie dieses Wandlersystem „klingt", hängt von sehr vielen verschiedenen Faktoren ab, und seine Aufgabe ist wesentlich komplizierter als die von Laufwerk und Arm. Klangverfälschungen und klangliche Verluste, die schon beim Abtaster auftreten, kann auch der aufwendigste Equalizer nicht kompensieren.

Eine ganze Reihe technischer Parameter kann man mit Hilfe von Standardmeßplatten ermitteln, aber was letzten Endes zählt, sind nicht Wandlerprinzip oder Meßwert, sondern der Klangeindruck, rundum die Exaktheit des Wandlers.

Perfekte Abtastung der tiefen und hohen Frequenzen sind technische Voraussetzung für ein verzerrungsfreies, natürlich alle Impulse und Obertonschwingungen enthaltendes Klangbild. Die Abtastverzerrungen in horizontaler und vertikaler Richtung sowie die während des Abtastvorgangs entstehenden Mischprodukte (Frequenzintermodulation) kann man in Prozenten messen.

Der Auflagedruck und noch mehr

Für die Einstellung des korrekten Auflagedrucks, der auch eine Voraussetzung für eine optimale Abtastung ist, sollte man sich im Zweifelsfall an den Wert für die beste Hö-henabtastfähigkeit halten, denn dafür benötigt man in der Regel den größeren Auflagedruck als für die korrekte Abtastung der Baßamplituden, die mit je größerer Nadelnachgiebigkeit unproblematischer wird.

Die gute Abtastfähigkeit wird durch die Konstruktion der Mechanik bestimmt. Sie ist aber - und hier verweisen wir auf die Ausführungen des Diamantherstellers Dr. Weinz in der letzten Ausgabe von „KlangBild" - von verschiedenen Qualitäten des Nadelträgerröhrchens und des verwendeten Diamanten abhängig.

Der Schliff der "Nadel-" Spitze

Die Form, die Exaktheit des Schliffs, die Feinheit der Politur der Kontaktzone des Diamanten zur Rille und die bewegte Masse des letzteren gehen in die Abtastfähigkeit mit ein. Die Impulsfestigkeit des Wandlervorgangs ist je nach Material des Nadelträgers (wegen der unterschiedlichen Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Schalls in Aluminium, Beryllium und Bor) anders. Der Nadelträger darf nicht verkantet montiert sein, weil sonst die Werte für die Frequenzintermodulationsanteile rapid schlechter werden.

Das Röhrchen und der Diamant

Und der Diamant muß exakt mit dem Röhrchen verklebt sein. Bei guten Diamanten geringer Masse und exakten Schliffs liegt die HF-Eigenresonanz der Tipmasse immer über 20kHz, bei CD 4-tüchtigen Systemen über 30kHz, so daß keinerlei negative Auswirkungen auf das Klangbild zu befürchten sind. Die Klangqualität wird selbstverständlich auch durch den Grad der Abnutzung des Diamanten bestimmt. Ein verschliffener Diamant kann den Rillenmodulationen nicht mehr exakt folgen, er schleift sie seinerseits ab.

Zusammenhänge mit der dynamischen Masse des Tonarms

Ein Tonabnehmer, der keinen eigenen „Sound" haben soll, muß ein hohes Maß an Frequenzlinearität im gesamten Hörbereich aufweisen. Systeme, die recht „brillant" oder „baßkräftig" klingen, weil sie in diesen Frequenzbereichen stärkere Anhebungen haben, sind nicht klangneutral. Nadelnachgiebigkeit bzw. deren Bedämpfung korrespondiert mit der Abtastfähigkeit und ist immer im Zusammenhang mit der dynamischen Masse des Tonarms zu sehen.

Um eine so gering wie möglich ausgeprägte Tiefenresonanz zu erzielen, muß man System und Arm, wie schon gesagt, so kombinieren, daß die Resonanz gut bedämpft bei 8 bis 10Hz liegt und der Rumpel von Platte und Laufwerk sich möglichst wenig auswirkt.

Der Einfluß von Magnetfeldern

Der Tonabnehmer sollte auch gut gegen alle Magnetfelder (vom Motor des Laufwerks oder starken Netztrafos des Verstärkers) abgeschirmt sein. Magnetische Einstreuungen verschlechtern schon das Klangbild, wenn sie nicht als deutlicher Brumm hörbar sind.

Vor allem für dynamische Systeme, die aufgrund ihres Konstruktionsprinzips meist nur geringe Spannungen abgeben und darum mit wenigen Ausnahmen einen Übertrager oder Vorvorverstärker benötigen, muß man einen Plattenspieler wählen, bei dem das Magnetfeld des Motors schwach oder sehr gut abgeschirmt ist.

Innenwiderstand, Eingangswiderstand und Kapazität

Das Eigenrauschen des Systems, zum Teil abhängig von seinem Innenwiderstand, kann die Durchsichtigkeit des Klangbilds beeinträchtigen. In der Regel wirkt es sich aber nicht so gravierend aus wie das Rauschen der Phonoeingänge des Verstärkers.

Um einen glatten Frequenzgang zu erzielen, muß der Phonoeingang den vom Hersteller empfohlenen Eingangswiderstand und Kapazität besitzen, weil sonst „Buckel" im Frequenzgang auftreten können, ja müssen, die sich gehörmäßig auswirken.

Die Arm/Abtaster-Kombination darf auch nicht mehrfache Resonanzüberhöhungen aufweisen, wie das vor allem bei so gut wie unbedämpften Tonabnehmern möglich ist. Und die Ungleichheiten zwischen den Stereokanälen bezüglich Frequenzgang und Übertragungsfaktor müssen so gering wie möglich sein.

Der Übertragungsfaktor an sich stellt nur ein Problem für die Klangqualität dar, wenn er so klein ist, daß man den Vorverstärker so weit aufdrehen muß, daß er stärker hörbar zu rauschen beginnt.

Der Maßstab ist immer wieder das Ohr

Wie beim Lautsprecher bleibt die letzte und wichtigste klangliche Beurteilung dem Ohr überlassen. Es hört besser und zuverlässiger Brillanz, Präsenz, räumliche Auflösung, korrekte Balance und Tiefenstaffelung, Breite oder Stereobasis, Impulsfestigkeit und andere Eigenschaften des Wandlers als ein Meßgerät heraus.

Ein bemerkenswerten Artikel in „Audio Critic"

Was die klanglichen Vorzüge von dynamischen („moving coil" = bewegte Spule) Systemen betrifft, so veröffentlichte kürzlich der Entwickler Mitchel A. Cotter in der Zeitschrift „Audio Critic" einen bemerkenswerten Artikel, in dem er folgende Punkte in die Diskussion brachte.
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  • (1) Erstens bewegt sich bei dynamischen Systemen nicht ein magnetisches Feld mitsamt seinen Streufeldern vor den Polschuhen der Spulen, sondern Spulen optimal im Zentrum eines starken Magnetfeldes, das konstant ist.
  • (2) Die feste Verbindung von Nadelträger und Spulen stellt zweitens eine gute Bedämpfung dar, so daß die auf den Diamanten einwirkenden Kräfte, Beschleunigungen und Abbremserscheinungen besser kontrolliert sind und die Gefahr von Eigen-Frequenzmodulation, die zu einem „tirne smearing"-Effekt führt, geringer ist.
  • (3) Drittens sind alle Auslenkungen aufgrund des Aufhängungsprinzips besser kontrolliert.
  • (4) Und viertens, so Cotter, sei das Verhältnis von Nutzsignal und Rauschen bei dynamischen Systemen um 10 bis 20dB besser als bei anderen Wandlerprinzipien.

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Einen wichtigen Grund nannte Cotter nicht: Dynamische Tonabnehmer werden in vergleichsweise so geringen Stückzahlen hergestellt und müssen von vornherein handgefertigt werden, so daß man sorgfältiger gebaute Produkte erwarten kann und mit höherer Serienqualität rechnen darf als bei billiger Massenware.
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Irgendwann läuft es auf fast unhörbare Nuancen hinaus

Produktionstoleranzen spielen wie überall bei HiFi-Geräten eine wichtige Rolle. Man muß der Ehrlichkeit halber aber auch sagen, daß gegenüber den vielgelobten dynamischen Systemen hervorragende Magnetabtaster wie der Sonus Blue kalibriert, der AKG P8ES, Grado Signature One, Audio Technica AT20 SLa und einige (wenige!) andere so exakte Wandler sind, daß klangliche Unterschiede nur noch in Nuancen wahrnehmbar sind.

Viel entscheidender für das, was man am Ende hört, ist die optimale Kombination mit dem geeigneten Tonarm. Die meisten guten Magnetsysteme besitzen eine so hohe Nadelnachgiebigkeit, daß sie sich nicht für die vielen japanischen Tonarme mit hoher dynamischer Masse eignen, sondern einen speziellen Arm brauchen, um all ihre Qualitäten ausspielen zu können.

Hier ist Ende von Teil 4 - es kommen noch weitere Teile

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