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Im August 1989 erschien ein Artikel im Spiegel :
"HI-FI-INDUSTRIE - Langes Leiden"

überarbeitet im Nov. 2019 von Gert Redlich - DER SPIEGEL 32/1989 vom 07.08.1989
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Hier der Original-Text :

Bei dem Hersteller von Braun-Hi-Fi-Geräten wechselt wieder der Eigentümer. Die Firma steckt offenkundig in Schwierigkeiten.

Rundfunk-Händler geraten regelmäßig ins Schwärmen, wenn sie der Kundschaft eine Stereoanlage von Braun vorführen. "Schauen Sie sich um", sagt ein Verkäufer bei Wiesenhavern in Hamburg, "wo finden Sie sonst noch so schöne Geräte?"

  • Anmerkung : Es wird also - verdeckt - nicht mehr von der Firma BRAUN AG als Hersteller der BRAUN Hifi-Geräte gesprochen, man mußte es damals also zweimal lesen, sondern bei "dem Hersteller" wechselt der Eigentümer. Weiterhin hatten die normalen Rundfunk-Händler die teuren BRAUN-Geräte schon lange nicht mehr im Angebot. Es waren elitäre Hifi-Studios. Und die Probleme mit der neuen Fernost-Qualität hatten sich herum- geschwiegen.

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Der gute Ruf der eleganten Hi-Fi-Anlagen hält nun schon seit Jahrzehnten; sogar im Museum of Modern Art in New York stehen Braun-Geräte.
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Doch die anhaltende Begeisterung über das Braun-Styling reicht offenbar nicht aus, um im verbissenen Wettbewerb der Hi-Fi- und Fernsehgeräte-Industrie bestehen zu können. Der Unterhaltungselektronik-Hersteller A.D.S., der die Braun-Geräte produziert, ist, wie ein Mitarbeiter sagt, "völlig überschuldet" und "seit Jahresanfang eigentlich schon pleite".

Der gegenwärtige (ADS-) Geschäftsführer Ernst Ortmann mag das "so nicht bestätigen". Der Gang zum Konkursrichter komme "überhaupt nicht in Frage" - schließlich stehe der amerikanische Multi Gillette "mit Bürgschaften hinter dem Unternehmen".
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  • Anmerkung : Der Kurzzeit-Geschäftsführer Ortman - erst kürzlich zu ADS geholt - verbreitete Zweckoptimismus, denn die Amerikaner von Gillette sahen das ganz anders. ADS, die kleine Importfirma des Dr. Godehard Günther war als US-Importeur für BRAUN Produkte gescheitert. Und der "sogenannte" Verkauf der BRAUN Hifi-Sparte entwickelte sich zu einen grandiosen rufschädigendem Fiasko.

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Der US-Konzern gibt diese Rückendeckung nicht ohne Grund. Er wird schon in Kürze die Mehrheit an dem kleinen Hersteller exklusiver Stereoanlagen übernehmen.
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  • Anmerkung : Die Amerikaner haben einen eventuellen Image-Schaden durch den vorhersehbaren Konkurs von ADS geahnt und deshalb vorgebaut. Also eine (Nachfolge-) Firma mit BRAUN Produkten durfte nicht auf keinien Fall Pleite gehen.

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Der Hi-Fi-Hersteller, dem es schon seit langem nicht gut geht, muß also weiter leiden. Sterben lassen mag ihn offenbar keiner, weil der Name Braun bei Musikfreunden einen zu guten Klang hat. Ein rechtes Konzept aber, wie sich das Unternehmen mit rund 140 Beschäftigten gegen die Großen der Branche, gegen Matsushita, Sony oder Philips, behaupten kann, fand bislang noch niemand.
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  • Anmerkung : Der Autor dieses Textes ignoriert völlig, daß die gesamte Branche seit 1979 fürchterlich am Schleudern ist und alle Hifi-Firmen nach Auswegen suchen.

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Gillette hat es schon einmal vergebens versucht. Der US-Konzern übernahm 1967 die Braun AG von den deutschen Familieneigentümern, den Brüdern Erwin und Artur Braun. Den Amerikanern gelang es, das Geschäft mit Rasierapparaten von Braun kräftig auszuweiten und "schöne" Gewinne zu erwirtschaften. Die Produktion von Plattenspielern und Radios brachte jedoch jahrelang nur Verluste ein.
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  • Anmerkung : Erst das etwa 2 stündige Gespräch mit dem ehemaligen BRAUN Chefbuchhalter Herrn Sperb brachte die lange verschwiegene Aufklärung.

    BRAUN hatte weder mit Hifi noch mit Hausgeräten jemals Gewinne erwirtschaftet, auch nicht mit Film, Foto und NIZZO Kameras.

    Die Gewinne kamen einzig und allein aus der Rasierer-Produktion und stützten somit die Image-Sparten.

    Nachdem 1981 die Hifi-Sparte ausgegliedert wurde und die Foto / Schmalfim-Sparte an BAUER "abgegeben" (im Prinzip verscherbelt) wurde, kam die Wahrheit ans Licht - es gab schon lange nur noch dicke rote Zahlen.

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Mit ungewöhnlich formschönen Produkten war Braun in den fünfziger Jahren groß geworden. Ein Klassiker wurde die anfangs als "Schneewittchensarg" belächelte Kombination von Plattenspieler und Radio: Auf dem schnörkellos gestalteten weißen Metallgehäuse des Geräts saß ein durchsichtiger Acryldeckel.

Das kam im Zeitalter der Nierentische und Tütenlampen, der Radios mit Holzgehäusen und Häkelstoffen vor den Lautsprecheröffnungen einer Revolution gleich. Braun-Geräte wurden in London und Mailand, in Paris und Berlin mit Design-Preisen ausgezeichnet.
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  • Anmerkung : Mit den vielen Lobeshymnen und diesen Design-Preisen konnte man zwar super toll in den BRAUN Hochglanzprospekten werben, aber auch BRAUN brauchte Stückzahlen und Umsätze, um zu existieren.

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Anfang der siebziger Jahre fielen die Japaner mit billiger Massenware über Europa her, die Hi-Fi-Sparte von Braun geriet zunehmend in Schwierigkeiten. Die amerikanische Mutterfirma teilte ihre deutsche Tochter schließlich in zwei Bereiche.
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  • Anmerkung : Das sind die absolut unwahren Mythen und Legenden, die die erfolglosen deutschen Manger lange Zeit sooft wie nur möglich über die Medien weiter verbreitet hatten.

    Doch das stimmte schon lange nicht mehr. Ab 1970 hatten die Japaner (von SONY, PIONEER und KENWOOD zum Beispiel) hervorragende Hifi-Produkte, denen die Deutschen mit ihren 2 x 15 Watt Geräten nichts entgegenzusetzen hatten. Mehr zu den 1974/75er Sättigungs- und Verlagerungs-Problemen am Audio-Weltmarkt lesen Sie in den off-duty Magazinen.

    Es waren die gleichen dummen unqualifizierten Sprüche wie damals 1958 von den notleidenden Kinobesitzern, das Fensehen hätte die Kinos getötet. Aber auch das war alles nicht wahr. Es waren nur Ausflüchte.

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Die profitablen Hausgeräte- und Rasierapparate-Sparten führte sie als Braun AG weiter; die verlustbringende Produktion der Hi-Fi-Anlagen gliederte sie als Braun Electronic GmbH aus und verkaufte sie.

  • Anmerkung : Das stimmt so nicht. Hausgeräte waren genauso verlustbringend wie Hifi und Foto.


Der Käufer, der ehemalige Nasa-Ingenieur (Anmerkung : Dr. ) Godehard Günther, wußte, auf was er sich einließ; er hatte die Geräte über sein Bostoner Unternehmen A.D.S. (Analog and Digital Systems) seit längerem in die USA importiert.
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  • Anmerkung : Dem Reporter oder Schreiber dieses Artikels war also nicht bekannt, daß Dr. Günther sich in den USA mit dem BRAUN Import völlig verhoben hatte. Diese deutschen BRAUN Geräte wurden nämlich nur in homöopatischen Mengen an eine kleinste ganz spezielle Klientel (oft eingewanderte Europäer) verkauft, in einer Stückzahl, die vom Ertrag her nicht mal die Importkosten gedeckt hatten.

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Zunächst schien es auch so, als könne Günther die Firma retten: Die Braun Electronic fuhr Gewinne ein. Ein grundlegendes Dilemma von Braun allerdings konnte auch Günther nicht beheben: Die Firma ist viel zu klein, um CD-Spieler und Verstärker, Radio- und Fernsehgeräte selbst zu entwickeln und zu produzieren.

  • Anmerkung : Nach den Zeitzeugen-Berichten war 1981 überhaupt kein Interessent mehr da (zum Ende 1981 waren DUAL, PE, ELAC, Telefunken usw. alle nahezu pleite), der sich für diese BRAUN Hifi-Sparte interessierte. Den Japanern und Koreaner stand ebenfalls das Wasser bis zum Hals. Die BRAUN Hifi-Sparte wurde Dr. Gunther mit vielen Zugeständnissen bezüglich der Verwendung der Marke BRAUN sehr lukrativ "angedient".

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Günther mußte die Geräte bei Massenherstellern, häufig in Fernost, zukaufen. Doch offenkundig finden sich nicht genug Kunden, die bereit sind, für ein BRAUN-Gerät doppelt soviel wie für ein technisch häufig sogar höherwertiges Massenprodukt zu zahlen, nur weil das Design exklusiv ist.

  • Anmerkung : Auch das stimmt so nicht. Die Geräte-Qualität hatte nämlich auch nicht mehr gestimmt. Die ersten Testberichte der neuen CC-Kassettenrecorder waren vernichtend. Mehr dazu steht in der Hifi-Stereophonie und im Karl Breh Interview. Der damalige Testingenieur Arndt Klingelnberg hatte mir in 2020 erläutert, daß Karl Breh seinem Freund Wolfgang Hasselbach mehrfach Geräte zurück geschickt hatte, man solle da lieber noch etwas "nacharbeiten".

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Zudem hat Braun längst nicht mehr das Monopol auf Stereoanlagen, die Zeitgenossen mit verfeinertem Geschmack glauben, vorzeigen zu können. Weltweit durchgesetzt haben sich die Dänen von Bang & Olufsen. Und auch deutsche Massenhersteller wie Loewe Opta bieten inzwischen Fernsehgeräte an, die nicht in Schrankwänden versteckt werden müssen.

  • Anmerkung : Die Dänen sind sehr früh von den deutschen DIN Buchsen auf internationale Steckverbinder umgeschwenkt. (Wenn Du erkennst, daß Dein Pferd lahmt oder gar stirbt, solltest Du vorher absteigen, sagten bereits die Indianer !!!!). Bei BRAUN kamen die Cinch-Buchsen viel zuviel zu spät.


Bei den (oder dem ?) Hi-Fi-Produzenten in Kronberg wird noch gerätselt, warum Gillette das problembeladene Unternehmen jetzt wieder von Günther zurückkaufen will.

Ein Konzept zur Sanierung, sagt ein Braun-Mann, "haben die bestimmt nicht". Vielleicht, so spekuliert er, wolle der US-Konzern "uns nur übernehmen, um uns bald wieder weiterzuverscherbeln".

  • Anmerkung : Nein, die Amerikaner wollten das erkennbare Problem "marketing mäßig super geschickt" ein für alle Male loswerden. In Amerika war der Hifi-Markt auch total am Einbrechen. Die Last Edition war lange vorher geplant.

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