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Das Braun Steuergerät RA1 von etwa 1978/79

Die Frontseite des RA1 mit leichtem Flugrost

Sept. 2012 - von Gert Redlich - Die Steuergeräte RA1 und RS1 waren unseres Wissens nach die letzten in Deutschland entwickelten und gebauten Braun Receiver.

Danach kam alles aus den Ländern der aufgehenden "Sonne(n)" (mit Ausnahme der Plattenspieler, die kamen eine Zeit lang von DUAL aus St. Georgen). In 1981 wurde die gesamte Hifi Sparte dann aus dem Braun Konzern ausgegliedert. Mehr darüber steht in der Braun Historie.
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Die Rückseite mit den hinteren Kühlrippen

Die Amerikaner aus Boston (Gillette) haben sich diese defizitäre Angelegenheit über Jahre mit steigendem Frust angesehen und 1981 die Reißleine gezogen und 1990 das Hifi-Finale für 1991 beschlossen. Darum haben wir mit etwas Glück einen RA1 sehr sehr preiswert erworben.

Nicht von Dieter Rams designed

Entgegen allen reißerischen und preisteigernden Werbetexten in ebay wurden die 1978er (und folgenden) Braun Hifi-Geräte (RA1 und RS1 und folgende vor der Atelier Serie) nicht von Dieter Rams designed, sondern von einem Mitarbeiter aus der Abteilung des Herrn Hartwein.
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Unser RA1 hatte nur leicht gelitten

etwas übertrieben: Studio System
immer noch DIN Buchsen
und immer noch diese DIN Lautsprecher Buchsen

Mit lauwarmem Regenwasser und einem Schuss Spülmittel erstrahlten fast alle Seiten in altem schwarzen Glanz. Alleine die wenigen Rostflecken auf der Stahlblech Abdeckung sind geblieben, stören uns aber überhaupt nicht.

Rückblick: Wir schreiben 1979 und die Geschäfte (Hifi und Video) gehen extrem schlecht. Die Japaner haben in ganz wenigen Jahren den europäischen und auch den amerikanischen Hifi-Markt total aufgerollt und überschwemmt. Die Hersteller bei uns haben das alles "schon wieder" mal verschlafen, wie bei den 35mm Kleinbildkameras (und den Elektroautos zur Zeit in 2012).
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Immer noch diese DIN Buchsen . . .

Auf der Rückseite des RA1 sieht man, daß da immer noch "nur" DIN Buchsen eingebaut bzw. verfügbar sind. Selbst Grundig hat es ab 1979 kapiert, damit ist kein Stein mehr zu gewinnen.

Seit mehreren Jahren sind die Cinch Buchsen an jedem Hifi-Gerät eigentlich eine absolute Notwenigkeit, auch in Deutschland. Und dann sehen Sie auf der anderen Seite des Hinterteils die immer noch bescheidenen DIN Lautsprecher Buchsen für den 2x 45 Watt (an 4 Ohm) Verstärker.

Den Braun RA1 gab es auch als Braun T301 mit Braun A301

Das waren dann die getrennten Tuner und Verstärker Komponenten für diejenigen Kunden, die es lieber getrennt hätten. Die Technik ist laut Service Manual absolut baugleich, nur halt in zwei Gehäusen.

Einblick von oben

Aus dem "Vollen" geschnitzt

In die so ziemlich letzte deutsche Entwicklung haben die Ingenieure einiges an urgesunden Eigenschaften eingebaut, die andere Hersteller so nicht hatten. Der gesamte Rahmen ist aus Alu-Druckguß und aus einem Stück. Die hinteren Kühlrippen dienen der Endstufe direkt, die seitlichen Kühlrippen dienen mehr der Optik und der Stabilität des Chassis.
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Der kräftige Schnittbandkern-Trafo ist in einer in diesem Druckgußchassis integrierten Kammer montiert und gegen so gut wie jede Streuung auf die NF-Verstärker perfekt abgeschirmt. Das ist hier edel und teuer gemacht. Netzschalter wie auch die Lautsprecher Ein- und Umschalter sind ganz ganz hinten links plaziert und werden über drei Schubstangen geschaltet.

In der Mitte ist das Chassis mit einem integrierten "Steg" getrennt
und teilt die UKW-Radio-Seite zumindest mechanisch von der Niederfrequenzseite, sodaß auch dort keine gegenseitige Beeinflussung vorkommen dürfte.

Die Endstufe des RA1 (2x 45 Watt) ist bereits für den etwas leistungsstärkeren RS1 (2x 70 Watt) vorbereitet und vollkommen diskret aufgebaut. Für den RS1 würden weitere Endtransistoren bestückt. Ob der Trafo des RS1 leistungsmäßig auch vergrößert wurde, müssen wir noch vergleichen. Das Alu-Druckgußchassis dürfte aber identisch sein.
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für die Ewigkeit gebaut
beide Spannungen geregelt

Über das Chassis

Das Druckgußchasiss hat eine bemerkenswerte Stabilität und ist nahezu verwindungssteif. Auch die Materialstärke trägt etwas zu den 10 Kilo Nettogewicht zu.
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Ob aber die beiden seitlichen Kühlrippen wirklich etwas von der in der Endstufe und den beiden Spannungsregulatoren erzeugten Wärme nach draußen ableiten, werden wir noch herausfinden.
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Da der Netz-Trafo wie bei Grundig und all den anderen nur auf 110 und 220 Volt ausgelegt war, wird es bei 230 Volt etwas wärmer. Die beiden sogenannten Längsregler der Vorverstärker und Tuner- Spannungen sind am Mittelsteg des Chassis angeschraubt. Das ist hier deutlich besser gelöst als bei manchen Grundig Edelgeräten aus 1981, denn dieser Steg ist recht lang und hat damit eine wesentlich größere Wärme-Ableitfäche.
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Viel Sonne und auch viel Schatten

deutsche Potentiometer von Preh ?
schiefe klemmende Umlenkrolle
insgesamt 3 solcher Rollen

Kommen wir zu dem, das einem Hifi-Fan sofort auffällt. Die Knöpfe auf der Frontseite dieses 1298.- DM Receivers sind absolut popelig. Das Drehen an Lautstärke und Senderknopf macht keine Freude. Warum geht das bei den Japanern deutlich geschmeidiger, selbst bei billigsten Receiver-Kisten aus Fernost ? Sind das die deutschen Preh Potentiometer ?

Hier stimmten Preis und Leistung überhaupt nicht mehr.
Hatte das keiner mehr gesehen ? Die Schwergängigkeit des Senderknopfes rührt vermutlich von den bereits abgeknickten Plastiklagern der Umlenkrollen des Skalenseiles her. Diese Schwachstellen sind dem enormen Druck der Zugfedern nicht gewachsen und brechen irgendwann endgültig aus oder ab.

Was also bei Grundig die Leiterbahnen und der einsame überlastete Spannungsregler sind, sind hier die Plastiknippel, sogenannte Sollbruchstellen. Doch ein Grundig kostete deutlich weniger und hatte dafür mehr Kraft. Das Braun Design hatten die Kopierer aus den Ländern der aufgehenden Sonne bereits mehrfach kopiert bzw. "übernommen". Das war bereits kein den hohen Preis rechtfertigendes Alleinstellungsmerkmal mehr.
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Die Handlichkeit und die Qualität

Unser Braun Regie 550 hat immer noch eine super Optik - die Proportionen stimmen hier
ganz links unten - die mickrigen Lautsprecher- Umschalter

In einem völlig überlaufenen Markt mußte damals und auch heute noch die Optik auf Anhieb begeistern, so wie bei mir damals 1972 die des SONY STR 6120. Der sah monumental kraftvoll aus. Der RA1 sieht nicht berauschend aus. Mir gefällt der Braun Regie 550 deutlich besser.

Die Proportionen stimmen bei den Braun Flachmännern dieser Generation nicht mehr.
Bei der "Last Edition" von etwa 1985 sieht es wieder ganz anders (besser) aus. Wenn dann dazu die popeligen Regler kommen und die schwachbrüstigen Lautsprecher DIN Buchsen, dann wird das durch die vielen zwingend notwendigen DIN auf Cinch Adapter noch gesteigert. Fast alle Cassettengeräte hatten Cinch und die CD Spieler hatten alle Cinch Buchsen. Hier stimmt rückblickend das Konzept nicht mehr.

Als Beispiel seien die Braun L715 Boxen von 1974 genannt, die nun nicht zu den hocheffizienten Lautsprechern gehören. Mit einem RA1 Receiver läßt sich da immer noch nur mittelprächtige Musik machen. Zuviel der eigentlich super tollen Endstufenleistung geht unterwegs an Steckverbindern und Schaltern verloren. Das konnten dann andere wie auch Max Grundig mit seinen beiden Lautsprecher-Relais (beim SV 2000 und R3000) deutlich besser. Von dem Revox B251 wollen wir hier aus Preisgründen nicht reden.

die mustergültige Trafobefestigung
und dann der billige Pappedeckel

Nochmal Licht und Schatten

Wie weiter oben gesagt, hat der RA1 eine grundsolide Basis mit seinem Alu-Druckgußchassis. Hier nochmal einen Blick auf den Trafobereich von unten. Das ist urgesund und mustergültig entwickelt und ausgeführt.

Doch trübt der billige Pappedeckel, der die Platinen von unten abdeckt, das Bild wieder. Bei den AKAI Bandgeräten sprach ich von vorne "Ui" und hinten "Pfui" und erntete massenweise Zustimmung, aber auch Kritik.

Daß von unserem RA1 von diesem Pappedeckel die Alu-Abschirmfolie abgelöst war und verschlissen herunter fiel, das war nicht mehr zeitgemäß. Ein dünnes Alublech hätte wirklich nicht viel mehr gekostet, aber das Image nicht so sehr ruiniert.
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Der Funktions- und Musik-Hörtest an 2 L710 im Sept. 2012

Der erste Funktionstest war enttäuschend, aber realistisch. Es kam nämlich keine Musik raus. Nach energischem Drehen an allen Reglern kam dann doch Musik raus, über UKW und eine Zimmerantenne und auch nur, wenn der Pegelregler ganz nach rechts an den Anschlag gedreht wurde. Über den gesamten restlichen Regelbereich hat dieser Pegelregler fast nur Aussetzer. Der Lautstärkesteller sowie die Klangsteller kratzen fast überhaupt nicht mehr - erstaunlich.

Jetzt ist die Loudness natürlich auf volle Pulle gedreht. Jedenfalls so klingt das ganze sehr bumsig und überzogen. Jetzt soll die Loudness-Korrektur je nach Stellung des "Pegels" fast völlig verschwinden, also in den linearen Bereich wandern. Wenn man dann durch sensibles Probieren eine Pegelposition so weit links wie möglich gefunden hat, ist die Wiedergabequalität deutlich besser.

Wie weiter oben schon gesagt, ist (und vermutlich war) der Braun RA1 von der Optik und vom Anfaßgefühl seine fast 1.300 Mark nicht ganz wert. Dazu gab es bereits viel zu viel ebenso wertige und optisch ähnliche Konkurrenz.

Eigentlich kennt/lernt jeder Designer die Lehre vom "Goldenen Schnitt", bei der er auf bestimmte optisch harmonische Proportionen achten sollte bzw. muß. Der Laie kann es nicht recht fomulieren, was ihm da nicht gefällt, das muß er auch gar nicht, nur - das "Nichtgefallen" führt auch zum "NICHT-Kaufen".

Wird der RA1 bei uns mit modernen Quellen gefüttert (digitale Musik vom Server über den SONY DTC 55ES gewandelt), klingt er wirklich sehr gut, solange man (zur Zeit) den aussetzenden Pegelsteller nicht berührt und die Anlage in normalen Wohnzimmern mit guter Zimmerlautstärke betreibt. Geht man zur Konzertlautstärke über, müsste etwas nachgebessert werden.

Das ist jetzt die nächste Baustelle unserer Museumswerkstatt,
ein neuer zusätzlicher Lautsprecher-Ausgang - an allen Schaltern und Buchsen vorbei - mit unseren massiven Hochstromklemmen.
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