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Neu : Die Technik der Stereophonie im Rundfunk (1963)

Ein Artikel von W. Mache und Ernst Pfau - in der Hifi-Stereo- phonie im Herbst 1963
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Warum Sterophonie

Der Rundfunkhörer hat sich bisher kaum Gedanken darüber gemacht, daß die Rundfunktechnik an dem Fortschritt, den die stereophone Schallplatte auf dem Wege zu einer naturgetreuen Wiedergabe ermöglichte, achtlos vorübergegangen ist. Gewiß hat man ihm öfter zu demonstrieren versucht, daß das alte Rundfunkgerät verbesserungsfähig ist.

Statt des einen Lautsprechers, der gewissermaßen eine punktfömige Schallquelle darstellt, baute man mehrere ein, wobei man gleichzeitig die Chance nutzte, den Frequenzbereich von etwa 40 Hz bis 12 kHz dadurch gleichmäßiger wiederzugeben, daß man ihn auf speziell geeignete Lautsprecher verteilte.

Dann kam 3D und 4R und was sonst noch ?

Dann überraschte die Industrie mit dem 3 D-Klang, für den neben den nach vorne strahlenden Lautsprechern noch zwei Hilfslautsprecher nach den Seiten angeordnet wurden, was zwar die den Klang abgebende Basis deutlich verbreiterte, aber dennoch nicht mehr als einen Pseudo-Raumklang zu geben imstande ist. Die Käufer waren nicht über das wesentliche Merkmal räumlichen Hörens, nämlich die dazu notwendige unterschiedliche Information beider Ohren, informiert und ließen sich willig mit Zahlenakrobatik betören.

Aus 3D machte einer 4R, und wer weiß, wohin dies noch gegangen wäre, hätte nicht die Schallplatte vom echten Raumklang überzeugen können.

Doch der UKW Rundfunk stagnierte

Der Rundfunk war und blieb einkanalig. Immerhin ergab sich vor 12 Jahren aus einer Zwangslage (den Verlierern des 2. Weltkrieges wurden die "AM" Mittelwellenfrequenzen entzogen) eine wesentliche Verbesserung des wiedergegebenen Frequenzbereiches, die mit der Änderung des Modulationsverfahrens (jetzt zu FM) möglich wurde.

Komplizierte Erklärungen von AM und FM

Die üblich gewordene Technik, eine einzelne feste hochfrequente Schwingung mit tonfrequenten Schwingungen zu beladen (zu modulieren), bestand darin, die Schwingungsamplitude im Takte der vom Mikrofon kommenden Schwingungen zu variieren. Bei dieser Amplituden-Modulation (AM) entstehen durch Summen- und Differenzbildung der Hochfrequenz mit einer Tonfrequenz zwei neue Frequenzen, die im Abstand der Tonfrequenz zu beiden Seiten der Trägerfrequenz liegen. (Wer soll das verstehen bitte ?)

Das Tonfrequenzgemisch, das übertragen werden soll, ergibt also in einem bestimmten Bereich variierende Seitenbänder (was sind Seitenbänder ?), wodurch ein Respektabstand zweier frequenzbenachbarter Sender notwendig wurde. Die große Zahl der Sender erzwang einen möglichst geringen Respektabstand. Dies war einer der Gründe, warum im AM-Rundfunk die oberste zu übertragende Tonfrequenz nicht über 12 kHz zugelassen wurde.

Mit der Einführung von Sendern im UKW-Bereich (den bereich nennt man "FM") war auch eine Änderung des Modulations-Verfahrens verbunden, weil dabei mehrere Vorteile erreicht werden konnten. Die neue Frequenz-Modulation (FM) bestand darin, daß man nicht mehr die Amplitude, sondern die Schwingungszahl der Senderwelle im Takte der Tonfrequenzen änderte. Das dadurch zustande kommende Schwanken der Sendefrequenz um einen Mittelwert wird in seinem Ausmaß als Frequenzhub bezeichnet.

Dieses hängt aber jetzt von der Amplitude der Tonfrequenz ab. Er wird also von der Dynamik, dem Lautstärkebereich, bestimmt. Man macht bei uns, wie im übrigen Westeuropa und in den USA, den Frequenzhub fünfmal größer als die höchste Tonfrequenz. Bei größter Lautstärke schwankt dann die Sendefrequenz um diesen Betrag um den Mittelwert, womit auch der Respektabstand der Sender gegeben ist.

Die Qualität kann steigen - Tonfrequenzen bis 15 kHz

Im UKW-FM-Rundfunk überträgt man Tonfrequenzen bis 15 kHz. Der Frequenzhub erreicht dann 75kHz und die Bandbreite für die Verteilung der Sender 150kHz. An den Grenzen des Frequenzhubes setzt ein sehr steiler Abfall der Amplituden ein. Da der Empfänger so gebaut werden kann, daß er auf Amplitudenänderungen der von seiner Antenne gelieferten Spannung nicht, dagegen nur auf deren Frequenzänderungen anspricht, kommt eine sehr hohe Störfreiheit zustande, weil die meisten Störungen amplitudenmoduliert sind.

Seit dieser sowohl im Frequenzumfang wie in der Störfreiheit sich auswirkenden Verbesserungen des Rundfunks blieb der Stand der Technik unverändert. Bei aller Vollkommenheit der hier gekennzeichneten Übertragungstechnik war es immer nur eine einzige Information, die zum Sender und damit auch aus dem Empfänger gelangte. Die Wiedergabe war und blieb einkanalig, monaural.

Erste Versuche mit 2 Kanälen und 2 Sendern

Eine Übertragung zweier Kanäle hätte die Benutzung zweier Sender und zweier Empfänger erfordert. (Das hatte man testweise in Berlin auch gemacht.)

Ohne in die Erörterung weiterer technischer Schwierigkeiten einzutreten, wollen wir uns darauf beschränken, auf die durch solche offensichtliche Verdoppelung des Aufwandes auftretenden Umstände hinzuweisen. Versuche, die Stereophonie im Rundfunk durch Verwendung zweier Sender zu verwirklichen, wobei auch UKW- und Mittelwellen- oder andere Bereiche gemischt werden können, sind überall gemacht worden. Mehr als episodischer Charakter kann ihnen nicht zugesprochen werden.

Doch Kompatibilität zu Mono war gefordert

Das Ziel mußte immer sein, beide Informationen über einen Sender, das heißt über eine Hochfrequenz auszustrahlen und ebenso über einen Empfänger aufzunehmen. Dazu mußte noch die Forderung der Kompatibilität erhoben werden. Jeder alte Empfänger mußte weiterbetrieben werden können, auch wenn alle Sender auf Stereo umgestellt sind, wobei sie natürlich nach wie vor eine Wiedergabe in Mono bringen.

Andererseits sollte man mit jedem neuen Empfänger auch noch nicht umgestellte Sender aufnehmen können und dabei wiederum eine einwandfreie Mono-Wiedergabe erhalten.

Diese Forderung mußte sich auf die Art des Stereo-Signals auswirken. Wenn Mono-Empfänger aus ihm eine brauchbare Mono-Information gewinnen sollten, dann mußte einer der beiden Stereo-Kanäle genau die bisher übliche Information nicht stereophoner Sender enthalten.

Mono ist eigentlich gemixtes Links + Rechts

Nun kann jede Mono-Information, gleichgültig von wievielen Mikrofonen sie kommt, als die Summe aller von "links" (L) und von "rechts" (R) kommenden Eindrücke angesprochen werden. Die Modulation von Mono-Sendern stellt also eine Information L+R dar, die auch eine der Informationen eines Stereo-Senders sein muß. Für die Stereo-Wiedergabe sind aber selbstverständlich L und R zu trennen. Enthielte die zweite Information des Stereo-Senders nur den Anteil L, dann wäre eine solche Trennung nicht möglich.

Wohl gelingt dies aber mit einer Information L-R. In einer Matrix-Schaltung ist es recht einfach, aus den Informationen L+R und L-R sowohl L wie auch R zu gewinnen.

Damit ist geklärt, daß die Hochfrequenz-Stereophonie nicht die unterschiedlichen Informationen L und R, sondern die ebenfalls unterschiedlichen Informationen L+R und L-R zu übertragen hat, die wieder in einer Matrix-Schaltung auf wenig umständliche Weise aus den Links- und Rechts-Eindrücken im Stereo-Aufnahmeraum zu erhalten sind.

Das kompatible Multiplex-Pilotton-Verfahren

Die Technik der Übertragung zweier verschiedener Informationen oder Signale über eine Senderfrequenz ist nun garnicht so neu wie viele vermuten mögen. Ein dem heutigen Multiplex-System ähnliches Verfahren wurde schon in den zwanziger Jahren verwendet, und in der Abwandlung der Methode wurde im Zweiten Weltkrieg ein Verfahren zur geheimen drahtlosen Übertragung von Nachrichten benutzt. Für die Rundfunk-Stereophonie mußten aber einige sonst nicht notwendige Qualitätsforderungen gestellt werden, die beispielsweise die Frequenzmodulation unter Beibehaltung des Frequenzhubes von 75 kHz und damit auch den Frequenzbereich von 30 Hz bis 15 kHz verlangten.

In der Praxis wird beim Multiplex-Pilotton-Verfahren der Sender statt bis 15 kHz bei Mono bis 53kHz moduliert. Der ganze Modulationsbereich enthält dabei über dem hörbaren Schallbereich von 30Hz bis 15kHz, in dem die Information L+R untergebracht ist, noch einen Ultraschallbereich, in dem die Information L-R enthalten ist. Diese muß aber so vorhanden sein, daß sie auf irgendeine Weise wieder hörbar gemacht werden kann. Eine genauere Betrachtung des Stereo-Signals zeigt, wie dies erreicht wird.

Jetzt wird es technisch . . . .

Aus der Abbildung 2 sind die verschiedenen Komponenten des Stereo-Signals zu entnehmen. Der sogenannte Hauptträger des Senders ist nach im FM üblicher Weise mit der Information L+R (frequenz-)moduliert, die bis 15 kHz reicht. Der zweite Bereich geht von 23-53 kHz. Er stellt die Seitenbänder eines amplitudenmodulierten Hilfsträgers dar, dessen Frequenz mit 38 kHz genau in der Mitte liegt. Im Zwischenraum von 15-23 kHz läuft der Pilotton von 19 kHz (über dem Hörbereich).

Hier sei eingeschaltet, daß in den USA eine dritte Information im Bereich von 60-74 kHz vorhanden ist, die als SCA (Subsiduary Communications Authorization) der Verbreitung von Hintergrundmusik dient und in Europa nicht benutzt wird.

Wie werden die Signale erzeugt ?

Bevor wir auf die Bedeutung dieser Einzelsignale eingehen, wollen wir uns mit der Gewinnung des Summen- und Differenz-Signals befassen. Bild 3 zeigt, wie einfach die bereits oben erwähnte Matrix-Schaltung verwirklicht werden kann. Sie besteht aus dem linken und dem rechten Mikrofon und den beiden Übertragern, die in der praktischen Ausführung zu einer Einheit zusammengefaßt sind. Die Sekundärwicklungen der Mikrofonübertrager sind in zwei Hälften unterteilt. Jeweils die linken Wicklungshälften der beiden Übertrager sind sekundärseitig bei gleicher Polung in Reihe geschaltet und liefern damit das Summensignal L+R.

Durch eine Umpolung der rechten Wicklungshälfte im rechten Übertrager entsteht bei der Zusammenschaltung das Differenzsignal L-R. Beim Sendebetrieb kann an die Stelle der beiden Mikrofone auch ein Stereo-Plattenspieler oder ein Stereo-Tonbandgerät treten. Matrix-Schaltungen lassen sich auch auf andere Weise aufbauen, zum Beispiel mit Widerständen oder Phasenumkehrröhren.

Das 19 kHz Pilotton-Signal

Wie schon erwähnt, wird mit der Information L+R der Hauptträger in der üblichen Weise frequenzmoduliert. Damit ist die Kompatibilität gesichert. Mit der Differenzinformation L-R wird ein im Sender über eine Verdopplerstufe aus einem 19 kHz-Generator erhaltener Hilfsträger von 38 kHz amplitudenmoduliert. Um Störungen im Mono-Empfänger zu vermeiden, muß aber die Frequenz von 38 kHz ausgespart bleiben, sie wird unterdrückt, was etwa durch scharfe Filter erreicht werden kann.

Dafür wird aber die Frequenz des 19 kHz-Generators als sogenannter Pilotton übertragen, der im Empfänger wieder eine dem Sender synchrone Erzeugung des Hilfsträgers, wieder in einer Verdopplerstufe ermöglicht. Auf diesem Umweg über den Pilotton gelingt es, die Hilfsträgerfrequenz ohne Beeinflussung durch die benachbarten modulierten Seitenfrequenzen in stabiler Amplitude zu erhalten. Die Pilottonfrequenz wird mit einer Amplitude von nur etwa 10% des maximalen Frequenzhubes gesendet und bleibt dabei in ihrer Amplitude stehen.

Die drei Informationen L+R, Pilotfrequenz und L-R werden gemeinsam als frequenzmoduliertes Signal vom Stereo-Sender ausgestrahlt.

Der Empfänger muß es wieder zusammenbauen

Der Empfänger hat nun aus den drei Informationen die den Mikrofonen im Sender zugegangenen linken und rechten Eindrücke als die beiden Stereo-Kanäle zu bilden.

Ein Blockschaltbild (Bild 4) veranschaulicht den Aufbau eines leistungsfähigen Tuners für die Hochfrequenz-Stereophonie. Bis zum Demodulator, einem Ratio-Detektor, ist alles geblieben, wie wir es von jedem FM-Tuner gewohnt sind.

Eine Ausnahme bilden dabei lediglich die Zwischenfrequenzstufen, deren Kopplungsfilter eine wesentlich höhere Durchlaßbreite haben müssen, als bisher notwendig. Wir erinnern daran, daß eine FM-Mono-Übertragung mit einem Frequenzhub von 15 kHz arbeitet, während die Stereophonie einen Bereich bis zu 53 kHz zu übertragen hat. Nur Empfänger neuer Bauart sind mit derart breitbandigen Filtern ausgestattet. Sie lassen sich mit einem Multiplex-Adapter auf die Stereophonie umstellen.

Die ersten Veränderungen gegenüber der bisherigen Schaltung läßt sich im Empfänger im Demodulator (Ratio-Detektor) feststellen. Während die normale Ausgangsbuchse das Summensignal L-R liefert, wird in dieser Stufe das vollständige von 30Hz bis 53kHz reichende niederfrequente Stereo-Signal abgegriffen und dem Multiplexteil zugeleitet. Für die technisch etwas erfahrenen Leser haben wir in Bild 5 die vereinfachte Schaltung einer solchen Stereo-Abtrennstufe herausgezeichnet. Sie hat selbstverständlich keine Allgemeingültigkeit, sondern stellt nur eine der vielen möglichen Varianten dar.

An die Tonbandler denken heißt "Entstören"

Eine Enstörmaßnahme ist besonders für die Aufzeichnung von Stereo-Sendungen auf Tonband wichtig. Es wäre nämlich durchaus möglich, daß Restfrequenzen aus dem Demodulator in Interferenz mit der Lösch- und Vormagnetisierungsfrequenz des Tonbandgerätes treten könnten. Stereo-Sendungen sind nicht immer so einfach zu empfangen wie Mono-Sendungen. So wird das Stereo-Signal gegenüber jenem in Mono bedeutend störanfälliger.

Auch kann das Signal/ Rauschverhältnis nicht so günstig gehalten werden, wie wir dies bisher gewohnt sind. Der Ausbreitungsbereich erfährt eine bis zu 20% reichende Einschränkung, die durch verbesserte Antennen mit erhöhter Richtwirkung ausgeglichen werden muß. Diese Richtwirkung soll auch Störungen durch Wellenzüge ausschalten, die durch Reflexionen mit zeitlicher Verzögerung, also einer Phasenverschiebung, eintreffen. Wir kennen solche Störungen auch beim normalen UKW-Betrieb, wenn eine etwa von einem Flugzeug reflektierte Welle sich durch häßliches „Wuppern" bemerkbar macht.

Nachsatz bezüglich der Kosten

Auf der Seite der Sender müssen die Leitungen vom Studio zum Sender sowohl breitbandig wie phasenrein sein. Dies in jedem Fall, wenn das endgültige Signal schon im Studio zusammengesetzt wird. Läßt man beide Teilinformationen L und R dagegen vom Studio zum Sender laufen, um sie dort zusammenzusetzen, dann braucht die Durchlaßbreite der Leitungen hinsichtlich des Frequenzbereiches nicht verändert zu werden, die Bedingungen gleicher Laufzeiten bleibt aber in aller Strenge erhalten. Weniger kritisch werden die Bedingungen bei einer gegenseitigen Verbindung durch Ballempfänger, die auch ein ideales und billiges System zur Verbindung aller Sender untereinander darstellen würden. Die Entscheidung über die Art der Verbindungen hat der Rundfunk noch zu treffen.


Bild :
1 Schema der Rundfunkstereophonie von der Aufnahme im Studio bis zur Wiedergabe im Heim
2 Aufteilung der Bandbreite nach dem FCC-Verfahren
3 Prinzip der Matrix-Schaltung
4 Blockschaltbild eines Hochleistungs-FM-Stereo-Tuners
5 Vereinfachtes Schaltbild einer Stereo-Abtrennstufe

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