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(6) JOHNSON ZIEHT DAS UHRWERK AUF
(jetzt wieder in Amerika)

Der Laden in der Kastanienallee, Philadelphia, in dem Grammophone und Schallplatten verkauft wurden, stand fast immer leer. Der handbetriebene Grammophon-Apparat konnte den Vorsprung, den die Columbia- und Edison-Leute mit ihren elektrisch betriebenen Phonographen hatten, nicht einholen.

In allen Zeitschriften konnte man ein Inserat bewundern, auf dem eine glückliche Familie, Großvater, Eltern und Sohn, einem Phonographen lauschten:

»Das ist die Maschine, die sprechen, lachen, singen und musizieren kann! Ihre Bedienung ist so einfach, daß ein Kind die berühmtesten Musiker, Sänger und Schauspieler der Welt für Sie ertönen lassen kann. Wählen Sie unter Tausenden von Walzen die geeignetsten für sich aus! Das Columbia Haus-Graphophon ist der König der Unterhaltung. Es kostet nur fünfundzwanzig Dollars!«

Ohne Moptor keine Chance gegen die Walze

»Bald glaube ich, die hochnäsigen Herren in Boston hatten doch recht.« Emil Berliner überflog die Verkaufszahlen und nahm seine Wanderung durch das Zimmer wieder auf. »Ohne Motor ist und bleibt das Grammophon ein Spielzeug, ein dummes, kleines Spielzeug.«

»Und woher sollen wir diesen Motor, einen Antrieb, nehmen«, fragte Thomas Latta und fuhr sich über seinen kahlen Kopf. »Ich glaube, Mister Berliner, wir haben unser Geld verloren.«

»Seien Sie doch nicht so pessimistisch«, der bewegliche Max Bierbaum schlug mit der Hand auf den Tisch, »es kann doch nicht so schwer sein, ein geeignetes Aufziehwerk zu bekommen. Bedenken Sie doch, meine Herren, was im Augenblick alles erfunden wird. Und dabei ist die Uhrmacherei ein altes Handwerk, und Uhrwerke gibt es schon seit vielen, vielen Jahren.«

Fred Gaisberg hat die Idee
(Ein einziges Inserat macht Geschichte)

»So leicht ist es auch nicht«, Berliner hielt in seiner Wanderung inne, »wir brauchen ein Uhrwerk, das nicht groß ist, aber mindestens zwei Minuten lang den Plattenteller mit der Platte gegen den Widerstand des schweren Tonarms und der Nadel dreht. Was gibt es, Gaisberg?«
Fred Gaisberg schwenkte den Philadelphia Ledger.

»Lesen Sie«, sagte er aufgeregt und deutete auf ein Inserat. Die drei Männer beugten ihre Köpfe über die Zeitung. Da stand es:

WARUM TRETEN SIE IHRE NÄHMASCHINE SELBST? SETZEN SIE UNSER UHRWERK EIN!

Schon am nächsten Tag suchte Gaisberg den Inserenten auf.

Der alte Mann mit dem Zaubermaschinchen

Der Laden war schmutzig und lag in einer dunklen Seitenstraße. Aus dem Hintergrund schlurfte ein alter Mann mit langem, ungepflegtem Bart auf Gaisberg zu, der auf das Inserat deutete.

»Ja, ja, da sind Sie hier richtig«, kicherte der Alte, »ich bin der Erfinder. Hier ist das Zaubermaschinchen.« Dabei zeigte er auf ein Gebilde von beträchtlicher Größe.
»Jetzt passen Sie mal auf, was das leistet«, der Alte lächelte zahnlos und stolz, »Ihre Frau braucht sich nicht mehr mit ihrer Nähmaschine zu plagen. Sie wollen es doch sicher Ihrer Frau kaufen?«

Er wartete keine Antwort ab, sondern begann zu kurbeln, lang und mühsam. Keuchend richtete er sich nach einiger Zeit auf und sah Gaisberg erwartungsvoll an. Schnarrend lief das Uhrwerk ab. Gaisberg schaute auf seine Uhr, nach knapp einer Minute hörte das Krachen und Ticken auf.
»Wieviel haben Sie eigentlich von diesem Ding schon verkauft ?« erkundigte sich der Abgesandte der Gramophone Company.

»Bis jetzt noch keins«, gab der Alte zu, »aber ich glaube, es wird ein Geschäft. Nicht wahr, das glauben Sie doch auch ? Wollen Sie eins kaufen?«

»Wenn ich kaufe, dann kaufe ich gleich eine größere Menge«, das Gesicht des Alten hellte sich auf, »aber so ist das Uhrwerk für uns ungeeignet. Wir benötigen einen Antrieb für unser Grammophon. Sehen Sie hier«, Gaisberg packte das mitgebrachte Modell aus, »das Uhrwerk muß viel kleiner sein und außerdem mindestens zwei Minuten laufen.«

»Ah, so eine neumodische Sprechmaschine«, der Alte drehte einige Male an der Kurbel, »das mache ich! Das ist nämlich viel einfacher, müssen Sie wissen. Die Kraft ist nicht groß. Wie viele würden Sie dann abnehmen?« fragte er gierig.

»Bauen Sie erst einmal ein geeignetes Uhrwerk, dann reden wir weiter. Wie lange wird das dauern?«

»In einer Woche haben Sie Ihr Uhrwerkchen! Wo soll ich's hinbringen?«

»Ich lasse Ihnen das Grammophon da. Wenn Sie fertig sind, bringen Sie es in die Filbert Street 1026!«

Das Zaubermaschinchen hat nicht funktioniert

Nach einer Woche kam der Alte. Er dienerte vor den Direktoren der "Gramophone Company", die sich im Labor versammelt hatten.

Dann stellte er feierlich das Grammophon auf den Tisch und begann schweigend zu kurbeln, eine Minute, zwei Minuten. Darauf schob er einen Hebel zur Seite, und rasselnd begann sich der Plattenteller zu drehen. Wieder erscholl »Twinkle, twinkle, little star«, doch seine hübsche Melodie wurde von dem Surren und dem angespannten Gerassel des Uhrwerks fast übertönt.

Die Stimme des Sängers wurde tiefer, langsamer und schleppender, sie ging dann in ein dumpfes Jaulen über und verstummte schließlich ganz. Der Plattenteller stand still, das Uhrwerk war vorzeitig abgelaufen.

Eldridge R. Johnson kommt ins Spiel

Bevor die Direktoren noch ein Wort sagen konnten, zuckte der alte Mann mit den Schultern, und sein Gesicht wurde hoffnungslos und leer:

»Das ist nicht das Uhrwerk, das Sie brauchen. Doch sicher«, er straffte seinen müden Körper, der ein ganzes Leben hindurch auf eine Chance gelauert hatte, »sicher wird die Werkstatt, die mir dieses Modell baute, noch ein besseres bauen können. Der junge Johnson ist doch so geschickt.«

"Eldridge R.Johnson" stand auf dem einstöckigen Ziegelschuppen in Camden, New Jersey. Der neunundzwanzig jährige Mechaniker mit dem offenen und intelligenten Handwerkergesicht baute neben den alltäglichen Reparaturen Maschinen für Erfinder.

Er hatte gleich vermutet, was der alte Mann wollte
, aber nicht erreichen konnte. Und wie schon so mancher Mann vor ihm, wie Gaisberg, wie Suess, wie Karns oder William Barry Owen, wurde Johnson von Berliner "angesteckt" und erkrankte unheilbar von heute auf morgen an der »Grammophonitis«.*

* »Ich bekam Interesse an diesem Ding, das wie ein Papagei plapperte, ein Interesse, wie ich es noch nie für etwas empfunden hatte«, schrieb er später einmal.

Auch Eldridge Johnson erkrankte an der Grammophonitis

Ohne jeden Auftrag baute dieser sonst so geschäftstüchtige und vorsichtige junge Mann 1896 auf seine Kosten ein Uhrwerk und führte es Berliner vor. Es funktionierte tadellos und gleichmäßig, lief etwas länger als drei Minuten und war nahezu geräuschlos. Dazu kostete seine Herstellung nicht viel, und seine Feder war robust und unempfindlich.

Die Berliner Gramophone Company erteilte Eldridge Johnson den Auftrag über zweihundert Antriebswerke und zahlte den Preis von zweitausend Dollars im voraus, damit der Mechaniker die Fabrikation finanzieren konnte.

Diese lächerlich anmutenden zweitausend Dollars waren das Taufgeschenk an eine Industrie, die ein Menschenleben später jährlich eine Milliarde Dollars umsetzen sollte.

Das Grammophon erobert den Markt

Nun war die nächste Aufgabe der Berliner-Leute, dieses ausgezeichnete Gerät zu verkaufen. Mit allem Nachdruck zu verkaufen! Sie unterhielten sich mit einem Mann aus New York, der in verkaufstechnischen Dingen die Dynamik eines Preßlufthammers hatte.

Dieser Frank Seaman witterte sofort die Möglichkeiten, die im Grammophon lagen, und schlug eine Verkaufskampagne vor, die in kürzester Zeit dem Grammophon die absolute Vormachtstellung auf dem Markt geben müsse.

Die Dynamik eines Preßlufthammers - Frank Seaman

»Werbung ist alles, meine Herren«, sagte der smarte Mann im großkarierten Anzug, »man muß für eine Sache nur lange und laut genug trommeln, dann kann man sie verkaufen, ob sie gut oder schlecht ist. Das Grammophon aber ist gut!«

»Was würde denn eine solche Werbekampagne kosten?« fragte einer der Berliner-Direktoren vorsichtig.

»Gar nichts, meine Herren«, lächelte der Mann aus New York, »gar nichts - oder einige Millionen! Ich mache Ihnen folgenden Vorschlag: machen Sie mich zum einzigen Verkäufer Ihres Grammophons und Ihrer Schallplatten in ganz Amerika, und ich ziehe auf meine Kosten die größte Werbekampagne auf, die die Musikindustrie bisher gesehen hat.«

Ein Fünfzehnjahresvertrag für ganz Amerika

Eine halbe Stunde später unterzeichnete Frank Seaman einen Fünfzehnjahresvertrag, der der Seaman National Gramophone Company den alleinigen Vertrieb aller Erzeugnisse der Berliner Gramophone Company innerhalb der Vereinigten Staaten zusicherte.

Von seiner Zentrale am Broadway in New York überschwemmte Seaman die Zeitungen mit Inseraten, die die »einzige sprechende Maschine, die eine natürliche Sprache spricht«, anpriesen und die verkündeten, daß »die einfachste, die beste sprechende Maschine der Welt zugleich auch die begehrteste ist«.
.

Beinahe vom Erfolg überrollt

Die Nachfrage nach Grammophonen wurde so groß, daß der Bedarf nie gedeckt werden konnte, obwohl Johnson jetzt Tausende von Maschinen herstellte und sein Ziegelsteinschuppen sich in eine Fabrik verwandelt hatte, die viele Morgen an der Wasserfront von Philadelphia einnahm.

Er brachte 1897 einen neuen Grammophontyp heraus, und dieses Improving Gramophone, das verbesserte Grammophon, ist das Gerät, vor dem später der Foxterrier saß, um der »Stimme seines Herrn« zu lauschen.

"Verkauf hat Millionen-Dollar-Grenze überschritten."

Das Improving Gramophone propagierte Seaman so: »Es kommen die langen trüben Winterabende, es kommt die Zeit, sich ein Grammophon zu kaufen.« Er entwickelte einen Teilzahlungsplan und verkündete: »Selbst der Sultan von Konstantinopel hat ein Gerät bestellt, denn er erkannte, daß nichts das Heim mehr verschönt als ein Grammophon.«

Die Winterabende, die Teilzahlung und nicht zuletzt das Vorbild des Sultans veranlaßten das Publikum, Grammophone zu kaufen, so viele Grammophone, daß Seaman nach Philadelphia kabelte: »Verkauf hat Millionen-Dollar-Grenze überschritten - stop.«

Kreuzzug nach Europa

Carl Lindström stand an der Fassade eines mächtigen Hauses in der Brückenstraße in Berlin. Hier hatte der Mann mit dem mächtigen Schnauzbart, der ein so hartes Deutsch sprach, im dritten Stock eine mechanische Werkstatt, in der er Sprechmaschinen baute. Einige Jahre vorher war Lindström aus seinem Heimatstädtchen Södertälje am Ufer des schwedischen Mälarsees nach Berlin gekommen und hatte schnell die Möglichkeiten erkannt, die auf dem Gebiet der Sprechmaschinen lagen. Sein Gerät nannte er Parlophon, und es verkaufte sich gut. 1904 wurde seine Werkstatt in eine GmbH umgewandelt, die bald die Plattenmarke Odeon aufkaufte und zu einem Begriff für deutsche Schallplatten in außereuropäischen Ländern machte.

1898 - Gefahr aus Europa

Bereits im Jahre 1898 drang zunächst die Kunde vom Parlophon-Gerät nach Amerika, und die Gramophone-Leute bekamen Angst, daß sich der europäische Markt selbständig machen könne.

Berliner schickte den Exanwalt William Barry Owen, Sohn eines Walfängers aus New Bedford, nach England, um dort die erste Grammophonkolonie zu errichten. Owen hatte das Musikmaschinengeschäft unter Seaman gelernt und war robust genug, einen neuen Markt aufzubauen und ihn gegen alle Patentdiebe und jede unlautere Konkurrenz zu verteidigen.

Barry Owen wählt London als Sitz

Sein Hauptquartier schlug der schwarzbärtige Amerikaner in London auf, wo die Gramophone Company ihren Geschäftssitz nahm. Owen wurde Direktor dieser Company, die für das Grammophon das alleinige Verkaufsrecht in ganz Europa hatte. Die Apparate wurden nach wie vor in Camden bei Eldridge Johnson hergestellt und von dort nach London verschifft.

Am 1. Juli reiste Fred Gaisberg als persönlicher Vertrauensmann Berliners nach Europa. Sein Chef brachte ihn und seinen Begleiter Joseph Sanders an Bord der »Umbria«, eines Schiffes der Cunard Line, das nach Liverpool fuhr.

»Mein lieber Gaisberg«, - finden Sie gute Künstler

»Mein lieber Gaisberg«, Berliner legte Gaisberg die Hand auf die Schulter, »achten Sie vor allem auf den Aufnahmeapparat. Sie wissen, er ist nicht patentiert. Hüten Sie ihn wie Ihren Augapfel. Wichtige Adressen und Hinweise habe ich Ihnen in diesem Notizbuch aufgeschrieben«, er reichte Fred ein dickes, in schwarzes Wachstuch gebundenes Buch, »und finden Sie neue Künstler! Gestern hat Seaman wieder nach neuen Aufnahmen gefragt und mitgeteilt, daß sich schöne Opern-Arien, besonders >La donna e mobile<, großartig verkaufen. Aber wir haben leider nicht genug Aufnahmen für seriöse, anspruchsvolle Leute.

Sehen Sie zu, daß Sie Tenöre bekommen, diesen Caruso zum Beispiel, oder Opernsängerinnen. Und du, Joseph«, er wandte sich an Gaisbergs Begleiter, »untersuche die Verhältnisse in London genau, bevor du nach Hannover fährt. Vielleicht können wir die Plattenpresserei in England einrichten. Grüße in Hannover meinen Bruder von mir.«

»Sobald alles klar ist, gebe ich dir Bescheid, Onkel Emil«, sagte Sanders und schüttelte Berliner die Hand. Lange noch winkte Berliner dem Schiff nach, das zwei Männer nach Europa brachte, die dort seiner Erfindung zum Durchbruch verhelfen sollten.

Eigentlich ein dürftiges Marschgepäck

Gaisbergs Marschgepäck für das Weltgeschäft bestand in dem von Berliner handgeschriebenen Notizbuch, unpatentierten Aufnahmeapparaten und einem Fahrrad, das fünfundzwanzig Dollars gekostet hatte.

In London richtete Gaisberg in einem kleinen Raum ein Aufnahmestudio ein. Eine hochtrabende Bezeichnung für vier kahle Wände, eine mit Vorhängen abgeteilte Ecke, aus der der Trichter des Aufnahmegerätes ragte, und ein Klavier. Hinter die Vorhänge durfte zunächst außer Gaisberg kein Mensch treten, hier waren die Geheimnisse der Gramophone Company verborgen.

Joseph Sanders fuhr nach Hannover

Joseph Sanders fuhr nach Hannover weiter und besprach mit Berliners Bruder Joseph, der dort noch immer eine Telefonfabrik besaß, die Gründung einer Plattenpresserei.

Im Herbst kamen die ersten vier hydraulischen Schallplattenpressen in Hannover an. Sanders hatte sich für Deutschland als Firmensitz entschieden - obwohl es weit von Mister Owens Hauptquartier in London entfernt war -, weil in England die Handelsgesetze strenger waren. Und die Deutsche Grammophon Gesellschaft begann die Platten von den Zinkscheiben, die Gaisberg in London aufgenommen hatte, zu pressen.

Zurück nach London - Werbung ist alles

Owen überschwemmte die englischen Zeitschriften nach dem Vorbild seines Lehrmeisters Seaman mit einer Flut von Inseraten. Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten: kurz vor Weihnachten gab es in England kein Grammophon und keine Schallplatte mehr zu kaufen. Um den deutschen Markt besser versorgen zu können und um auch eigene deutsche Aufnahmen zu machen, gründeten die Gramophone-Leute die Deutsche Grammophon AG in Berlin, die wiederum Filialen in Österreich und Rußland eröffnete.

Die Marke »Grammophon«, deren Repertoire immer umfangreicher und internationaler wurde, war zum Begriff geworden.

Zweieinhalb Millionen Platten verkauft - nur in Deutschland

Bereits 1900 wurden in Deutschland zweieinhalb Millionen Schallplatten verkauft. In Zeitschriften wurde nachdrücklich darauf hingewiesen :
»Es ist ein großer Irrtum, der immer wieder auftaucht, das Wort >Grammophon< sei der Sammelname für alle Plattensprechmaschinen. Es kann nicht genug vor dieser Annahme gewarnt werden. >Grammophon< ist die Schutzmarke der Deutschen Grammophon Aktiengesellschaft, für sie allein beim Patentamt eingetragen, und dient lediglich zur Bezeichnung ihrer Fabrikate. Ein jedes echtes Grammophon und eine jede echte Grammophonplatte muß also auch das Wort >Grammophon< tragen und außerdem mit der bekannten Engel- oder Hunde-Schutzmarke versehen sein.«

Dieser Hund hatte in London wirklich gelebt.

(7) EIN MALER KOMMT AUF DEN HUND

Ein Hund lief in die Küche, schnupperte suchend am Boden herum und setzte sich endlich vor die Füße seines Herrn.
»Schon gut, Nipper«, sagte der Herr. »Wart noch ein Weilchen, gleich kriegst du dein Konzertchen.«
Nippers Herr hieß Marc Barraud. Er war ein bekannter Bühnenbildner gewesen, übte aber seinen Beruf nicht mehr aus. Sein Leben lang hatte er sich voller Leidenschaft mit Holz und Leim, Nägeln und Strippen betätigt. Er bastelte gern. Und er bastelte lange.

Marc Barraud bastelt an seinem Phonographen

An diesem Abend bastelte er so lange an dem Phonographen herum, den er sich vor einiger Zeit gekauft hatte, daß der Foxterrier schon ganz ungeduldig wurde.
Nipper wartete auf sein »Konzertchen« genauso fordernd wie auf sein Fressen.

Endlich war es soweit. »Komm«, sagte Barraud, »komm ins Stübchen. Musik hören.«

Ächzend schleppte er den Phonographen ins Wohnzimmer, stellte ihn auf den Teppich, drehte die Kurbel, setzte mit zitternden Fingern die Nadel auf die Walze und ließ sich dann in seinen Ohrensessel fallen.

Aus dem Trichter tönte das Lied »After the Ball was over«, gesungen von dem Iren Dan Donovan.

Und "Nipper" lauschte der Musik

Die Ohren des Hundes spitzten sich. Starr und weiß wie aus Gips hockte er vor dem schwarzen Phonographentrichter und lauschte der leise rauschenden Musik. Auf dem rotierenden Wachszylinder taumelte die Tonabnehmernadel.

Als das Lied verklungen war, schleckte sich Nipper zufrieden das Maul, schlich zu seinem Herrn und schaute aus feuchten Augen dankbar zu ihm auf.

Doch Marc Barraud rührte sich nicht. Seine Augen starrten ins Unendliche, und seine Hände hingen reglos über die Sessellehne herab. Im kleinen Wohnzimmer war es plötzlich so still wie auf dem Meeresgrund.

Marc Barraud war tot.
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Ein Hund steht Modell

Bühnenbildner Marc Barraud, der bei seinem Tode den traurigen Hund Nipper hinterließ, entstammte einer Hugenottenfamilie. Seine Vorfahren hatten vor zweihundertfünfzig Jahren nach der blutigen Bartholomäusnacht Paris verlassen und lebten seitdem auf der Insel England.

Marcs Vater, der unvergessene Henry Barraud, hatte sich als Tiermaler einen Namen gemacht. Seine Wohnung am Gloucester Place in London war Atelier und Menagerie zugleich. Auch sein Onkel, William Barraud, war Maler. Und ein anderer Verwandter, Paul Philipp Barraud, hatte die bemerkenswerte Uhr über der Weinhandlung in der Fleet Street gebastelt, die noch heute als Wahrzeichen in Londons Zeitungsviertel tickt.

Marc Barraud hatte einen Bruder, einen Maler

Auch Marcs Bruder Francis lebte als Maler in London. Er hatte an der Königlichen Akademie studiert und war auch in gewesen, um den holländischen Kollegen ein wenig über die Schulter zu schauen. Jetzt besaß er ein vornehmes Studio am Medina Place beim St. John's Wood. Eines seiner Gemälde hing seit kurzem in der Liverpool-Gallery: »An Encore to many«.

Dieser Francis Barraud nahm nach dem Tode seines Bruders den Phonographen zu sich. Und er warb auch um Nipper, den weißen Foxterrier.

Nipper war traurig und bockig

Mit dem Phonographen hatte er es leicht. Der gehorchte, wenn man ihm Musik abverlangte. Mit Nipper aber hatte er es sehr schwer. Er gehorchte nicht. Der Hund hatte Marc, seinen alten Herrn, so sehr geliebt, daß für die Zuneigung zu anderen Menschen kein Platz mehr in seinem kleinen Hundeherzen geblieben war. Er knurrte und kläffte gegen alle fremden Befehle an, verweigerte das Fressen und rührte sich nicht vom Fleck.

»Allez hopp!« sagte Francis Barraud geduldig. »Komm, Nipper! Komm zu mir.« Gespannt beobachtete er den kleinen verwaisten Terrier. Würde er wenigstens dem Bruder seines einst geliebten Herrn gehorchen ?

Nipper gehorchte nur dem Phonographen

Nun, Nipper gehorchte nicht dem Maler Francis Barraud, sondern dem Phonographen, jenem kuriosen schwarzen Trichterapparat, den er als Symbol für die Stimme seines toten Herrn empfand.

Francis begriff das gut, und die Anhänglichkeit dieser Kreatur rührte ihn sehr. Oft genug unterbrach er in den nun folgenden Tagen seine Arbeit, um Nipper zuliebe die Kurbel des Phonographen zu bedienen.

Tag für Tag, ja Stunde für Stunde erklang das schmachtende Lied »After the Ball was over« nun im Studio am St.John's Wood im Nordwesten der Riesenstadt London. Und Nipper saß treuergeben am Trichter und lauschte mit seinen gespitzten dunkelbraunen Ohren.

Malen wir doch mal ein Porträt - His Master's Voice

Und da das alles in einem Maleratelier geschah, war es kein Wunder, daß Francis Barraud sich plötzlich den gepflegten Spitzbart strich und über eine ganz gewisse Idee nachdachte. Dann spannte er rasch eine frische Leinwand in den Keilrahmen und begann den Hund vor dem Phonographen zu malen.

»Ich wünschte, daß alle meine Porträtkunden und Aktmodelle sich so ruhig verhalten, wenn ich sie male«, knurrte Barraud. Er gestaltete mit diesem Bilde zugleich ein Andenken an seinen toten Bruder Marc. Er malte ein treues Tier zum Ruhme eines Menschen. Dann gab er dem Ölgemälde den Titel: His Master's Voice. Die Stimme seines Herrn!

Ein häßliches Bild mit dem Trichter -

»Schau dir das an«, sagte Francis Barraud zu einem seiner Malerkollegen. »Was hältst du von diesem Gemälde?«

Der Kollege kräuselte die Lippen und schaute mißtrauisch auf die Leinwand. »Der Hund gefällt mir sehr«, murmelte er, »aber was soll der Apparat daneben ? Hm, ich glaube, das Bild ist nicht zu verkaufen, Francis.«
»Meinst du?«
»So ein häßliches und dunkles technisches Ding. Wer soll sich denn daran erkennen?«
»Nein, der sieht das Bild nicht an. Der sitzt noch immer vor dem Trichter. Da.«

Ja, da hockte Nipper wie an jedem Tag vor dem Kautschuktrichter in der Ecke des Studios und hörte sich den »Ball«-Schlager an, der für ihn die Stimme seines Herrn war.
Der Kollege schüttelte mißbilligend den Kopf. Dann ging er.

Ob die Phonographen-Leute interesse hätten ?

Eine Woche später nahm Barraud das Gemälde unter den Arm und ging damit zur Edison und Bell-Phonographen-Company in London.

»Interessiert Sie dieses Bild?« fragte er.
»Oh, der Apparat gefällt uns sehr«, sagten die Herren höflich. »Aber was soll der Hund daneben ? Wissen Sie was - lassen Sie das Bild mal eine Zeitlang hier. Vielleicht gewöhnen wir uns an das liebe kleine Tierchen.«
»Einverstanden«, sagte der Maler und kehrte ohne das Bild in sein Studio zurück.

»Aber ein Messingtrichter muß es sein!«

Dort wartete bereits sein Kollege auf ihn. Er drehte verlegen seinen Hut in der Hand und sagte: »Ich hab' mir die Sache noch mal überlegt, Francis. Ich glaube, es ist dieser verdammte schwarze Trichter, der dein Bild so öde macht. Du solltest einen Messingtrichter auf den schrecklichen Apparat setzen, dann kriegt das Ganze mehr Furore. Mehr Glanz, mehr Gold, verstehst du?«
»Aber woher einen Messingtrichter nehmen?«

»Paß auf, da ist so eine kleine Firma in der Maiden Lane, dicht beim Strand. Die Gramophone Company. Sie wurde vor einem Jahr gegründet. . .«
»Was heutzutage nicht alles gegründet wird!«
»Höre, Francis - und wenn diese Firma nur deshalb gegründet wurde, um dir zu einem Messingtrichter zu verhelfen, dann war das Schicksal schon weise genug.«
Die beiden Maler schauten sich eine Weile stumm an. Plötzlich lachten sie laut los.

Und wieder spielte der Zufall eine Rolle

Und am nächsten Tage - es war ein wunderschöner Frühlingstag im Jahre 1899 - begab sich Francis Barraud in die Maiden Lane 31 zur Gramophone Company. Dort sprach er das höchst seltsame Anliegen aus, daß er für eines seiner Gemälde unbedingt einen Messingtrichter benötige, um damit einen ganz gewissen Hund besser in Szene setzen zu können.

Die Herren der Gramophone staunten sehr. Dann holten sie sofort ihren Managing Director William Barry Owen herbei.

William Barry Owen - Ein Amerikaner in London

William Barry Owen war jener Amerikaner, den Emil Berliner nach England geschickt hatte, damit er aufpasse, daß die Konkurrenz nicht seine Patente stiebitzte.

Owen eröffnete seine Londoner Tätigkeit damit, daß er in seinem Apartment im Cecil Hotel ein Paradegrammophon aufbaute und Besucher zu sich lud. Zahlreiche Interessenten strömten durch seine Zimmerflucht, bestaunten den seltsamen Musikroboter mit dem Messingtrichter und ließen sich auch diese oder jene Platte vorspielen - doch keiner von ihnen biß an.

Europa war ein hartes Pflaster - doch auch Owen war ein harter Knochen

Es war anfangs ein harter Job für William Barry Owen, aber schließlich hatte er sich diese Geschichte selber eingebrockt. Sein Chef, Emil Berliner, war bereit gewesen, seine europäischen Rechte für zweihunderttausend Pfund in Bausch und Bogen zu verkaufen. Owen aber hatte sich für den Plan stark gemacht, daß man mit einem Kredit von fünfzehntausend Pfund lieber eine Londoner Niederlassung gründen solle; und jetzt mußte er auch dabei bleiben.

Nun, Owen war als kühner und zäher Pokerspieler bekannt, als ein Mann, der so schnell nicht aufgab. Vertrauensvoll sah er dem Tag entgegen, da er seinen Mitspielern im großen kommerziellen Poker plötzlich ein »Full house« auf den Tisch schmettern konnte. Seine Geschäftsmethoden waren entsprechend vielseitig.

Owen war als Amerikaner einfallsreich und unkonventionell

Einerseits kaufte er die Titelseite der Daily Mail, um darauf das Grammophon als »Home-Entertainer« anzupreisen, andererseits war er als Junggeselle generös genug, um auch die Bardame eines vornehmen Themselokals in seine Geschäftsbemühungen mit einzuspannen. Jedenfalls brachte Owen einen ganz neuen Stil nach London; Zug um Zug eroberte er sich die Stadt der wohlerzogenen, konservativen Kaufleute.

Bald war er so weit, daß die Engländer von seiner Gramophone-Niederlassung in der Maiden Lane Notiz nahmen. Von diesem europäischen Hauptquartier aus importierte er Apparate aus Amerika und Platten aus der Fabrik des Berliner-Bruders Joseph in Hannover. Und schließlich hatte Owen sein Geschäft so forciert, daß die Männer der Walze - die Phonographenleute von Edison und Bell - diesen vitalen Mann der Platte als härteste Konkurrenz empfanden.

Kann ich das Bild mal sehen ?

Das also war die Situation, die der Maler Francis Barraud antraf, als er das Gramophone-Büro in der Maiden Lane betrat. Er hatte seinen Wunsch nach einem Messingtrichter kaum ausgesprochen, als William Barry Owen auch schon persönlich vor ihm stand.

»Bitte, zeigen Sie mir Ihr Gemälde, Mister Barraud«, sagte Owen.
»Aber gern!« Barraud nickte erfreut. Dann eilte er zum Strand, sprang in die erste beste Pferdekutsche und holte den Edison und Bell-Leuten sein Gemälde, das er ihnen vor einiger Zeit geliehen hatte, aus dem Haus. »Sie haben doch nichts dagegen«, fragte er, »daß ich Ihnen das liebe, kleine Tierchen wieder entführe?«

Die Phonographen-Herren lächelten. Oh nein, sie hätten gewiß nichts dagegen. Und sie wünschten dem Hund eine glückliche Reise.

Ein Sinnbild für Klangtreue

Völlig außer Atem kam Barraud eine Stunde später wieder bei Mister Owen an und zeigte ihm das Bild.

»Hm«, sagte der und zwirbelte seinen kleinen, dunklen Bart. »Da muß tatsächlich ein Messingtrichter drauf. Und dann muß auch der alte Walzen-Phonograph fort. Das Ding ist doch völlig unmodern, Mister Barraud! Heutzutage benutzt man Grammophonplatten.«
»Grammophonplatten ?«
»Aber ja! Wir werden Ihnen einen Grammophonapparat aus unserer Firma geben. Einen mit Messingtrichter, Mister Barraud. Und den malen Sie, wenn Sie Lust haben. Und dann zeigen Sie uns das Bild bitte noch einmal.«

Ein zweites Bild wurde gemalt

Barraud war einverstanden. Und er machte sich sofort an die Arbeit. Er stellte das Gemälde auf die Staffelei und trug eine zweite Farbschicht auf. Er übermalte den dunklen Phonographen mit dem Kautschuktrichter und ersetzte ihn durch einen Grammophonapparat mit Plattenteller und Messingtrichter.

Und tatsächlich: das Gemälde war attraktiver geworden! Jetzt hatte es Schwung. Jetzt ließ es den gewünschten goldgleißenden Charme nicht mehr missen. Sein Kollege bestätigte ihm das.

Und auch Mister William Barry Owen von der Gramophone Company war zufrieden. Er bat sich eine Bedenkzeit aus und ließ das noch farbfeuchte Gemälde in sein kleines Direktorenzimmer hängen.

Jeden Tag gefiel es ihm besser

Täglich schaute er es an, obwohl er alles andere als ein Romantiker war.

»Großartig«, murmelte er. »Der Hund meint tatsächlich die Stimme seines Herrn zu hören. Dabei läßt doch gerade so ein Tier sich nicht täuschen. Hm - das ist ein wirkliches Sinnbild für Treue - für Klangtreue!«

Im September 1899 bat Owen kurzentschlossen den Maler zu sich: »Mister Barraud, ich kaufe zwölf Kopien von diesem Bild!« Im Gesicht des Malers ging plötzlich die Sonne auf.

»Und dazu kaufe ich den Titel His Master's Voice. Einverstanden ?«

Jawohl, Francis Barraud nahm das Geschäft an. Er war froh, daß er das Bild, das sein Kollege als »unverkäuflich« bezeichnet hatte, nun sogar ein dutzendmal an den Mann bringen konnte.

»Gut, daß ich auf den Hund gekommen bin«, murmelte er in seinen Spitzbart und begann noch am gleichen Tage mit der Arbeit an den bestellten Kopien. Es war wirklich ein glücklicher Umstand, daß er diese Firma in der Maiden Lane aufgesucht hatte.

Neu : "The Gramophone Company Limited"

Die Gramophone Company wandelte sich damals in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung um und nannte sich nun "The Gramophone Company Limited". Dank William Barry Owens hochkomprimierter Geschäftsleitung hatte sie ihre Vertretungen in Rußland, Spanien, Österreich und Ungarn.

Fast überall in Europa wurden bald darauf ihre Platten gepreßt und ihre Apparate gebaut: in Spanien, Portugal, Schweden, Polen, Italien, Österreich, Ungarn, Rußland, Frankreich und Deutschland. Es gab sogar eine spezielle hebräische Abteilung.

Aus USA sechshundert Grammophontriebwerke pro Woche

Pro Woche wurden damals sechshundert Grammophontriebwerke eingeführt. Im Mai 1899 war der erste Tantieme-Scheck für das zurückliegende Geschäftsjahr nach Amerika abgegangen: zehntausend Pfund. Und im Dezember wurde schon eine Dividende von zehn Prozent gezahlt.

Ein Jahr später wurde auch Indien für die Gramophone-Familie erobert, und die Vertretung in Australien meldete einen Umsatz von hunderttausend Platten.

Nipper reist um die Welt

Dieses weltweite Firmennetz bestimmte fortan die Reiseroute des weißen Foxterriers Nipper. Photogravuren und Gipsfiguren, Originalkopien und Plakatdrucke des Bildes »His Master's Voice« wurden in all diese Länder geschickt.

Und überall quittierte man sie mit Dank! Das »Sinnbild« wurde begriffen! Die Gramophone-Leute und ihre ausländischen Partner sahen in dem treuen Hund Nipper das Symbol ihrer Überlegenheit.

Bald war es so weit, daß die Schallplattenhändler ohne Nipper nicht mehr auskamen. Er war das Zeichen dafür, daß in ihren Läden Schallplatten zu kaufen waren.

Insgesamt zehn Millionen Pfund für Marketing mit Nipper

Seit November 1898 gab es in der Gramophone-Gruppe zwar schon das Bild des schreibenden Engels; es war die Schutzmarke der amerikanischen Angel-Produktion. Barrauds Gemälde »His Master's Voice« aber wurde als Firmenmarke noch berühmter. Für sehr viele Menschen in zahlreichen Ländern ist es heute die berühmteste Schutzmarke der Welt.

Bis zum Jahre 1924 gab die "Gramophone Company" insgesamt zehn Millionen Pfund aus, um ihren Hund am Trichtergrammophon international populär zu machen.

Dabei ging diese Popularität oft genug weit über die Schranken der Phonobranche hinaus. 1924 zeichnete der berühmte Londoner Karikaturist Low eine Nipper-Version für den Evening Standard. Er ließ in seinem Cartoon die Schriftsteller G. B. Shaw, Conan Doyle und H. G. Wells wie Hunde vor einem trichterförmigen Radiolautsprecher knien, aus dem grantige Hörerbriefe gegen die Literatursendungen heraustönen. Unterschrift: »Their Masters' Voice«.

1936 - die Karikatur in der Weltpresse

1936 erschien in der Weltpresse die Karikatur, die Außenminister Anthony Eden mit Hundekörper vor einem Grammophon zeigt, aus dessen Trichter heraus die Stimme des sowjetischen Außenministers Litwinow klingt. Unterschrift: »His Master's Voice«.

Barrauds Original-Gemälde hängt heute im Hauptquartier der Electric and Musical Industries Ltd (EMI) in Hayes/Middlesex. Wer perfide genug ist, mit dem Finger über die alte Leinwand zu tasten, fühlt unter der hellen Farbschicht des Grammophons noch die Konturen des übermalten Edison-Phonographen.

Nipper ist unsterblich geworden

Nipper starb einige Jahre, nachdem er im Gemälde »His Master's Voice« verewigt worden war. Im kleinen immergrünen Garten hinter Barrauds Studio liegt er begraben. Der Maler selbst, Francis Barraud, verschied am 29. August 1924 im Alter von achtundsechzig Jahren.

Die Schutzmarke aber lebt weiter. Sie dreht sich auf Millionen von Schallplatten und ist auf allen Breitengraden plakatiert. »Old-fashioned« Nipper setzt sich heute auf der ganzen Welt selbst gegen kühnste und modernste Graphiken durch. Wer ihn einmal gesehen hat, vergißt ihn nicht.

Die roten Londoner Omnibusse tragen das berühmte Trade-Mark-Bild Tag und Nacht durch das Verkehrsgewühl der großen grauen Themsestadt. Als besonders auffällige Lichtreklame leuchtet es über dem »HMV«-Geschäft in der Londoner Oxford Street, nahe am Marble Arch, wo die Hyde-Park-Redner ihre Ideen von ambulanten Trittleitern herab verkünden.

Manch einer dieser Überzeugungskünstler darf sich wünschen, daß seine Idee nur einen Bruchteil jener Popularität gewinnen möge, wie sie in allen Ländern der »Stimme seines Herrn« zufällt.

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