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Und "schon wieder" kam eine Änderung auf den Markt

von Gert Redlich im Juli 2018 - Im Nachhinein betrachtet waren sowohl die Macher (Produzenten, Tonmeister, Toningenieure) als auch die Konsumenten und erst recht die Verkäufer schlicht überfordert.

1958 gab es schon wieder "neue" Platten, für die man wieder neue "Nadeln" brauchte. Wen hatte denn wirklich interessiert, warum die 75µm Schellack-Nadel (die Standatd-Nadel) nicht in der 25µm Mono-Rille (microgroove) oder gar in der 15µm Stereo-Rille (einfach nur "Stereo") benutzt werden durfte. Und warum war diese neue Stereo-Platte zwar irgendwie kompatibel zu Mono - aber nicht mit der alten Nadel und schon gar nicht mit beiden alten Nadeln.

Warum konnte man mit dem Stereo-Abtaster auf einmal die älteren Mono Platten nur noch sehr begrenzt abspielen, das war alles ein Geheimnis oder viel zu kompilziert. Aus diesen Gründen dauerte der endgültige Durchbruch der Stereoplatte erheblich länger als gedacht oder gar geplant.
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Selbstverständlich hatten die Tonmeister Stereo "geübt".

Die Mono-Seite
Die Stereo-Seite

Bei den Tonmeistern und Toningenieuren gab es jede Menge an Diskussionen, wie sich denn eine Stereoplatte anzuhören habe. Daß am Ende der Auftraggeber, also der Produzent das Sagen hatte, ist auch wieder eine andere Geschichte. Tonmeister Peter Burkowitz hat es in vielen Artikeln aufgeschrieben, was damals alles "gedacht" und probiert wurde. Am Anfang (etwa 1953) gab es in den Platten- oder Rundfunk-Studios erstmal nur die Stereo-Bandgeräte, sodaß eine einmal gemachte Aufnahme nicht später (viel später sogar aus 24 Kanälen) in den unterschiedlichsten Varianten zusammengemischt werden konnte.

Und wie dann in 1972 bei den ersten (analogen) 4-Kanal Quadro-Aufnahmen nochmals, wurde wieder intensiv diskutiert, sitzt der Zuhörer im (vollen Sound mitten im) Orchester oder sitzt er vor der Bühne vor dem Orchester. Und dann kam auch noch die Frage auf, wie muß man das für den Rundfunk machen, der ja immer noch überwiegend in Mono sendet und dann ein "Summensignal" in Mono benötigt. Das mit den hörbaren Auslöschungen von zwei miteinander einfach nur kurz geschlossenen Stereokanälen hatten die allermeisten Tonmeister bereits verstanden.
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Es gab natürlich beeindruckende Demo-Platten

Die BOSE Demoplatte von 1972

Die älteren unter unseren Gästen erinnern sich bestimmt noch an die Lokomotive oder den Düsenflieger, der von links nach rechts und und wieder zurück gedonnert kam. Von vorne nach hinten ging ja noch nicht, übrigens bei der analogen 4-Kanal Quadrophonie auch nur bedingt.

Das mit dem "plastischen" stereophonen Hören war übrigens eine Domäne der Kunstkopf- Stereophonie, die aber nur mit dem Kopfhörer funktionierte. Mit zwei Stereo-Lautsprechern ging und geht das nicht.

Einige Lautsprecherhersteller erstellten später ganz besonders beeindruckende Stereo-LPs
(und ganz später Muster-CDs) mit überragenden Musikstücken drauf - natürlich nur - um ihre Produkte ins rechte Licht zu stellen. Daß diese Platten auch mit anderen Boxen recht gut geklungen hatten, wurde geflissentlich verdrängt.
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Doch die Probleme mit den Nadeln waren nicht trivial.

Bei den beiden ersten Plattenverfahren - Schellack und Vinyl-Mono - "schlenkerte" die Nadel nur seitwärts (besser formuliert seitlich) hin und her. In der Rille war nur eine Information für einen Kanal in der sogenanten Seitenschrift enthalten. Bei Vinyl-Stereo waren jetzt aber 2 Informationen in den beiden Rillenflanken drinnen, eine neue 45° Kombination von waagrechter und senkrechter Bewegung - und deshalb mußt man die Rille nocheinmal enger machen.

Automatisch wurde deshalb natürlich auch die neue Stereo-Nadelspitze von der Größe her reduziert. Der Fachmann spricht von dem sogenannten "Spitzenverrundungs-Radius" von 25 Mikrometern auf 18 (oder 15) oder noch weniger Mikrometer. Die Schellackplatte hatte noch einen Verrundungs-Radius von 75 Mikrometern.

Rein theoretisch konnte oder könnte man also mit der Stereo-Nadel sowohl Schellackplatten wie auch Vinyl-Mono Platten abtasten. Die diese Theorie funktioniert in der Praxis nur sehr schlecht. Die ganz kleine Nadelspitze kratzt dann in den Tiefen der Rille, in denen sich der Vinyl-Abrieb ansammelt, andere Sprechen da von Staub und "Dreck".
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Die Hersteller haben damals ganz bewußt gelogen

Die Käufer der Stereo-Platenspieler bekamen also schriftlich im Handbuch und dazu auf der Hülle der nach wie vor immer noch angebotenen Mono-Platten die Kompatibilität der neuen Stereo-Plattenspieler mit den alten Mono-Platten bestätigt. Das war damals eine ganz bewußte Falschinformation, die manche Stereo-Nadel vorzeitig das Leben kostete.

Die Hersteller wollten auf jeden Fall die neuen Stereo-Plattenspieler "an den Mann" (oder die Frau) bringen und Plattenfirmen natürlich auch die neuen Stereo-Platten. Von denen gab es aber am Anfang recht wenige (im Vergleich zu heutigen Maßstäben sehr wenige).

Gleichzeitig durfte aber das "Brot und Butter Geschäft" mit Vinyl-Mono Platten nicht einbrechen - wie ganz viel später in 1966, als die Farbfernseher angekündigt wurden und der Schwarz-Weiß-Absatz brutal existenzgefärdend einbrach. Davon steht mehr in der SABA Story im Fernsehmuseum. Ähnliches spielte sich auch beim Aufkommen der CD 1983/85 mit den Vinylplattenspielern ab.

Es gab also handfeste wirtschaftliche Gründe,
den oder die Kunden zu verdummen und bewußt gezielt zu belügen.
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