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Eigentlich geht es in diesem Artikel um die CC Leerkassette

. . . doch es sind so viele Informationen über die Größenordnungen des gigantischen Geschäfts um 1980 enthalten, daß die Ausführungen nicht im Magnetbandmuseum gelandet sind.

In der FAZ vom 19.4.1980 geht es wieder mal um die GEMA

Selbst bei moderaten Kritikern hatte sich der heimliche Verdacht aufgedrängt, da treibt eine Firma nur noch Eigennutz. Denn die GEMA ist auch nur eine Firma, nichts weiter. Nur, daß sie sehr viele Rechtsanwälte und sonstige (aber freiberufliche) "Ermittler" beschäftigt.

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Ärger über Leer-Kassetten

Die falschen Rufe nach staatlicher Hilfe / Von Karl Ohem
Nach einem Jahrzehnt ununterbrochenen Wirtschaftswachstums darf es auch einmal eine Pause geben. Aber wer an einen ständigen Aufschwung gewöhnt ist, der betrachtet eine Abschwächung allein des Zuwachses als etwas Schlimmes - selbst wenn nur ein bestimmter Teil der Branche davon betroffen wird. Klagen sind dann an der Tagesordnung.
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  • Anmerkung : Kennen Sie den Unternehmerspruch : "Lerne Klagen ohne zu leiden."

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Die Rückschau auf 1979

Das zeigt wieder der Jahresbericht des Bundesverbandes der phonographischen Industrie in Hamburg. Der Verband, dessen Mitglieder 90 Prozent des Marktes für Schallplatten und Musikkassetten repräsentieren (der Rest entfällt auf Direktimporte des Handels und sonstige Mitbewerber sowie auf den illegalen Absatz gefälschter „Tonträger"), beginnt die Rückschau auf 1979 zunächst noch positiv.
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Musik für 2,17 Milliarden DM in 1979

„Im vergangenen Jahr gaben die Bundesbürger mehr als je zuvor für Schallplatten und Musikkassetten aus", heißt es da. Das waren 1979 laut Statistik 38,80 DM gegenüber 37.- DM je Einwohner der Bundesrepublik im Vorjahr, Zusammengerechnet ist das ein Markt von 2,17 Milliarden DM oder knapp drei Prozent mehr als 1978 gewesen.

Es ist zu wenig - und wieder mal : Wer hat Schuld ?

Wer natürlich an zweistellige Zuwachsraten gewöhnt war, der ist enttäuscht. Und wenn dann gar der langjährige Renner, die Musikkassette, zu lahmen beginnt, dann sieht die Branche schon schwarz und sucht einen Schuldigen. Offensichtlich ist es die Leerkassette, der man diesmal die Hauptschuld an dem kleinen Zuwachs zuschiebt, obwohl hier nicht allein ein Grund für Ärger liegt.

Vor allem diese "Raubpressungen"

Die Phonobranche leidet weiterhin unter Überkapazitäten, Auslandsimporten zu Dumpingpreisen und Raubpressungen, von dem gegenwärtigen Fehlen einer neuen „Musikmode" (nach dem Abklingen des Disco-Sounds) ganz zu schweigen.
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  • Anmerkung : Auch hier wie immer dieser verblödete rethorische Quatsch einer "Raubpressung". Da ist nie jemand (mit Gewalt) "ausgeraubt" worden, klingt aber schön martialisch.

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Na endlich, wir haben den Schuldigen

Es fällt aber auf, daß der Phonoverband in seinem Jahresbericht das Thema Leerkassetten deutlich in den Vordergrund stellt. Dabei wird sogar behauptet, daß die unbespielte Musikkassette eine Form des Wettbewerbs hervorrufe, der die übrigen „Tonträger", sprich Schallplatte und bespielte Musikkassette, auf die Dauer nicht gewachsen seien.

Tatsächlich hat sich die Struktur der Phonoindustrie durch das Aufkommen der Bandkassetten und der Kassettenrecorder seit 1965 spürbar verändert.

Steigerungen - Steigerungen und nochmals Steigerungen

Mit Vergnügen sah die Musikindustrie nur den steigenden Umsatz, die Produktion bespielter Musikkassetten stieg zusätzlich zur normalen Schallplattenfertigung von Jahr zu Jahr bis im letzten Jahr erstmals der Knick in der Umsatzkurve da war.

Und dann geht es abwärts

Um 10 Prozent oder um 4 Millionen Stück auf 37,4 Millionen Stück ist 1979 der Absatz bespielter Kassetten gefallen. Und dies, obgleich die Qualität der Kassetten ständig besser geworden ist, bis hin zum Hifi-Stereo-Standard. Die leichte Bedienung der Kassettenrecorder hat übrigens auch dazu geführt, daß heute in den deutschen Haushalten wesentlich mehr Recorder als Plattenspieler stehen.

Auf diese böse Leerkassette kann man ja sogar Musik aufnehmen

Aber dieser Siegeszug kam auch den unbespielten Kassetten zugute, und zwar mehr, als der Phonoindustrie lieb ist. So bedauern die Phonofabrikanten jetzt die „Sparsamkeit" der Verbraucher, die, statt bespielte Musikkassetten zu kaufen, lieber Radioprogramme aufnehmen oder Schallplatten überspielen. Dabei wird allerdings eine der Hauptsäulen der Musikbranche getroffen, die leichte Unterhaltungsmusik, Schlager und Folklore.

Zugewinne bei Langspielplatten der oberen Preisklassen

Die klassische Musik hat die Leerkassette weit weniger zu spüren bekommen. Im Gegenteil, Langspielplatten mit klassischer Musik haben im letzten Jahr weiter an Boden gewonnen. Das ist auch die Erklärung dafür, daß insgesamt im Jahr 1979 rund 202,4 Millionen „Tonträger" (Schallplatten und Kassetten) über Handel und Clubs verkauft worden sind, nur 1,8 Prozent weniger als im Jahr zuvor. Und „Träger der Absatzentwicklung" waren nun die Langspielplatten der oberen Preisklassen.

Einbußen bei leichter Musik

Die leichte Musik ist es also, die den Phonoproduzenten Sorgen macht, denn sie eignet sich offensichtlich auch am besten fürs „Mitschneiden". So ist es nicht überraschend, daß außer den Verbänden der Musiker und Texter, namentlich der Gema, die Musikindustrie gegen die Leerkassette angeht und eine Sonderabgabe auf diese Erzeugnisse fordert.

Die Leerkassette trage viel dazu bei, daß „das Angebot austrocknet und zumindest Produktionen eingestellt werden, die mit einem hohen wirtschaftlichen Risiko verbunden sind", meint der Phono-Verband.

Die gewinträchtigen Privilegien möglichst festschreiben

Völlig übersehen wird dabei, daß es in einer freien Wirtschaft auch für die Phonoindustrie keinen Naturschutzpark geben kann; sie hat die Wohltaten eines expandierenden Marktes genossen, warum soll sie nicht auch einmal die Kehrseite der Medaille zu spüren bekommen?

Man gaukelt ca. 30.000 „Berechtigte" vor

Es mutet deshalb etwas eigenartig an, daß sich die Hersteller in ihrem Kampf gegen die Leerkassette hinter den 12.000 Komponisten, Textautoren, Musikverlegern und Interpreten verstecken - der Phono-Verband spricht sogar von 30.000 „Berechtigten" -, die angeblich durch die Einstellung von Produktionen für bespielte Kassetten Schaden leiden. Die Phonoindustrie sollte klipp und klar sagen, daß sie mit der Leerkassette Nachteile in Kauf nehmen muß.

Naturgemäß die eigenen Interessen vertreten

Zweifellos käme eine Abgabe auf Leerkassetten den Komponisten und Interpreten zugute. Doch die „Tonträger-Produzenten" spekulieren, was Ihre eieigenen Interessen anlangt vor allem darauf, daß sich eine Überspielung nicht mehr so lohnt wie jetzt. Es würden also wieder mehr bespielte Kassetten verkauft.

Ob diese Rechnung aufgeht, ist allerdings fraglich; außerdem gibt es schon eine Abgabe.

"Wir" wollen noch mehr . . .

Für jedes verkaufte Tonbandgerät werden 15 Prozent des Abgabepreises an die Verwertungsgesellschaften Gema, GVL und VG Wort abgeführt. Das war bisher ein Aufkommen von jährlich an die 20 Millionen DM. Es ist überhaupt nicht einzusehen, warum nun noch ein zweiter staatlich verordneter Abgabeträger dazukommen muß.

Eigentlich haben sie Angst vor der Zukunft (des Bildes)

Offensichtlich spielt aber in der immer wieder aufflammenden Diskussion über die Leerkassetten-Abgabe, über die in dieser Legislaturperiode kaum mehr entschieden werden dürfte, noch etwas anderes mit, abgesehen von der Angst der Industrie um ihr Geschäft mit der leichten Musik und die Wünsche der Musikschaffenden nach Schutz ihrer Werke.

Das Stichwort lautet: Videorecorder. Der Siegeszug der Bildaufzeichnung wirft auch hier die Frage des erlaubten und unerlaubten Mitschnitts von Fernsehsendungen und Filmen auf.

Aus den Fehlern der Vergangenheit lernen

Diesmal, so scheint es, will man den Fehler von 1965 nicht mehr wiederholen. Damals nämlich entschied man sich bei der Wahl zwischen Geräteabgabe und Bandabgabe für die Geräteabgabe, weil sie einfacher zu verwalten war. Die Verbilligung der Geräte und die kinderleicht zu bedienende Kassette sah man nicht voraus - und damit nicht die zunehmenden Überspielungen bei abnehmenden Abgaben.

Jetzt will die Branche Nägel mit Köpfen machen - in ihrem Sinne natürlich, und keineswegs zur Freude der Verbraucher. Doch der Ruf nach dem Gesetzgeber steht einer Branche schlecht zu Gesicht, die ihre Erfolge ausschließlich dem freien Markt zu verdanken hat und die im Wettbewerb alles andere als zimperlich ist.

  • Anmerkung : Es ging bereits 1980 das Gerücht um, die GEMA habe mehr Anwälte unter Vertrag als Mitarbeiter.

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Das war ein Artikel aus 1980.

Und ?? hat sich viel geändert ?
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