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20 Wissenswertes rund ums Mikrofon

Vortrag, gehalten auf der 24. Tonmeistertagung 2006

Dieser und der vorhergehende Aufsatz  „Was ist ein gutes Mikrofon“ haben viele Gemeinsamkeiten.
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Vorwort

Viele Diskussionen über Mikrofone lassen sich vereinfachen, wenn man Klarheit über einige grundsätzliche Betrachtungsweisen hat. Von fundamentaler Bedeutung ist die Frage, ob man ein Mikrofon als technisches Gerät sieht, das eine Aufgabe möglichst perfekt und klar definierbar erledigen soll, oder ob man es dem Klangkörper zuordnet.

Des Weiteren ist es wichtig, die Richtwirkung als dreidimensionale Besonderheit der Wandler zu erkennen und zu nutzen. Schließlich genügt das beste Mikrofonsignal nicht, wenn das Interface zum nachfolgenden Equipment nicht durchdacht ist. Es beginnt schon beim Kabel und schließt mit dem Lastwiderstand ab.
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1. Einleitung

Wer sich für Mikrofone interessiert, wird in vielen Fällen Musik damit aufnehmen wollen. Die folgenden Aussagen richten sich daher vor allem an diesen Anwenderkreis.

Mikrofone kann man unterschiedlich sehen:

1.1. Die künstlerische Betrachtungsweise

Aus dieser Sicht gehört das Mikrofon im weitesten Sinn zum Klangkörper und seine Beschreibung ist nicht eindeutig. Die Beurteilung ist sehr subjektiv und wird durch Trends, Glauben und Modeströmungen beeinflusst.

1.2. Die technisch-physikalische Betrachtungsweise

Diese Betrachtungsweise setzt einige physikalische Grundkenntnisse voraus, aber damit wird der vom Mikrofon aufgenommene Klang weitgehend vorhersehbar und lässt sich gezielt in gewünschte Richtungen lenken.

Diese Sicht ist eine Voraussetzung für zukünftigen Fortschritt. Wir müssen verstehen, was wir tun. Der gefühlsbestimmte Griff in die Kiste undefiniert den Klang verändernder Elemente kommt dagegen einem Stochern im Nebel gleich.
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2. Audio und Wissenschaft

Wissenschaftliche Vorgehensweise führt zu Erkenntnissen, in der Musik sind dagegen auch Emotionen wichtig. Mit Emotionen als einziger Grundlage kann man jedoch keine technischen Geräte bauen und ohne Ingenieure gäbe es keinerlei Aufnahmetechnik. In den Zeiten, als die Tontechnik noch große Fortschritte machte, achtete man sehr auf die technischen Daten und Konstruktionsdetails, die zugleich ein Maßstab für Verbesserungen waren.

Heute spielt die Vermarktung oft eine größere Rolle als die Technik, und vor allem schlecht ausgebildete, und von der Presse im Dienst wachsender Märkte schlecht informierte Anwender haben wenig Chancen, technische Daten zu verstehen. Sie stellen dann zur eigenen Beruhigung gerne fest, dass Spezifikationen sowieso nichts aussagen. Das stimmt nur für den, der sie nicht interpretieren kann. So ist es möglich, dass in Prospekten nur noch die Rede davon ist, dass etwas „great“ klingt und welcher (technisch inkompetente) Künstler schon damit gearbeitet hat.

Als Ingenieur kann man diese Verhältnisse am besten mit etwas Humor ertragen [1]. Die Arbeitsweise der angesprochenen Klientel hat große Ähnlichkeit mit der Alchemie des Mittelalters. Ihr Vorteil liegt darin, dass man endlos Arbeit hat, solange niemand die Schar der Gläubigen davon überzeugt, dass man aus Katzendreck tatsächlich nie Gold produzieren wird. In der Mode dreht sich auch ständig alles im Kreis und man lebt gut damit.

Das Wissen um Zusammenhänge kann geschäftsschädlich sein. Das sieht vermutlich auch US-Präsident W.Bush so, wenn er nichts von der Klimakatastrophe wissen will. Business geht vor, und das Überleben der Nachwelt „wird von Gott gesichert“. Nicht zufällig haben Religionen immer eine negative Haltung gegenüber den Wissenschaften eingenommen. Wer nicht weiß muss glauben.

Der Nachteil ist, dass Fortschritt auf diese Weise nicht mehr erfolgen kann. Als aktuelles Beispiel lässt sich anführen, dass Surround für Audio u.a. deshalb kein Erfolg wird, weil mangels technischer Kenntnisse kritiklos z.B. Aufnahme-Techniken akzeptiert werden, die eine völlig unzureichende Kanaltrennung haben. (das war bei SQ-und auch CD4 QUADRO auf Schallplatten der Fall)

Die Endergebnisse sind so wenig überzeugend, dass der Verbraucher nicht kauft. Surround-Aufnahmen ohne Center-Signal sind ebenfalls ein Beleg für Unkenntnis, wie nutzbringend es sein kann oder wie man es sinnvoll realisiert. Käufer, die den Aufwand getrieben haben, eine gute 5-Kanal Wiedergabeanlage einzurichten, dürfen sich zu Recht betrogen fühlen, wenn ein Lautsprecher gar kein Signal bekommt. Die (analoge) Quadrophonie hat bereits versagt und zwar keinesfalls nur aus technischen Gründen.

Beim Klang gibt es ähnliche Ereignisse, die der Qualität abträglich sind. Ungeschulte Ohren haben kein Problem mit MP3 bei niedrigen Datenraten. Ebenso hat jemand, der an Fast Food gewöhnt ist, meist kein Verlangen nach hoher Kochkunst. Im Gegenteil, er würde in einem guten Restaurant eventuell nur feststellen, dass die Portionen zu klein sind. Schulung wäre erforderlich, um das Gute kennen und schätzen zu lernen. Sollte es Mut machen, dass in Sonntagsreden unserer Politiker jetzt auch schon die Einsicht eingekehrt ist, dass Bildung wichtig sei? Bildung könnte helfen mehr zu verstehen.
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3. Wissen über den Klang

In der Musik spielt der Klang eine große Rolle. Oft wird der „natürliche“ Klang gerühmt. Er ist jedoch mit Vorsicht zu genießen. Tatsächlich kann er vor Ort auch einmal nicht befriedigen. Es kommt mehr darauf an, so aufzunehmen, dass es gut klingt. Es ist die Kunst des Tonmeisters eine Aufnahme zu schaffen, die die entfallende Live-Atmosphäre ersetzt. Dies bedeutet aber nicht, dass der Klang unnatürlich bzw. künstlich klingen soll. Im Gegenteil: Den Klang guter Instrumente wird man bewahren wollen. Wer wollte schon den Klang einer Stradivari verfärbt hören? Der gute Klang lässt sich bei genügend Kenntnissen im natürlichen Schallfeld finden. Es kann eine gute Idee sein, um das Instrument herumzulaufen, um den besten Aufstellungsort herauszuhören.

Im Nahfeld klingen Instrumente recht unterschiedlich, je nachdem aus welchem Winkel man sie aufnimmt [2] und über den Abstand lässt sich das Verhältnis zwischen direktem Schall und den Raumanteilen einstellen. Die richtige Positionierung ist daher entscheidend und ein natürliches Klanggeschehen bleibt dabei die Basis. Man benötigt keine speziellen Mikrofone je nach Instrument. Diese Vorgehensweise wird allerdings bei mangelhaften Mikrofonen notwendig. Wenn ein Wandler z.B. keine hohen Töne übertragen kann, ist er ja vielleicht für bestimmte Instrumente noch brauchbar, die diese Frequenzen nicht produzieren. Ein gutes Mikrofon ist dagegen für alle Anwendungen geeignet und sollte möglichst keinen eigenen Klang produzieren, sondern neutral sein. Der Klang eines teuren Instrumentes war vielleicht ausschlaggebend für dessen Kauf, dann kann es nicht richtig sein, wenn Übertragungselemente daran etwas ändern.

Das Mikrofon ist kein Teil des Klangkörpers sondern ein technisches Gerät (Abb.1). Komplikationen im Schallfeld gibt es genug, aber sie lassen sich besser beherrschen, wenn man einen Unsicherheitsfaktor weniger zulässt. Abb. 2a zeigt übereinander den Freifeld- Frequenzgang verschiedener Großmembranmikrofone. Sind sich die Anwender bewusst, welche Frequenzbereiche sie hier betonen, schwächen oder auch fast gar nicht übertragen? Zum Vergleich sind in Abb. 2b Frequenzgänge guter Kleinmembranmikrofone zu sehen.

Unregelmäßige Frequenzgänge erschweren eine Aussage, wie das Endergebnis aussehen wird bzw. sie machen eine Prognose meist unmöglich, da ja unabänderlich bereits Lautsprecher und Raum mit ihren Merkmalen Unsicherheiten mitbringen. Abb.3a zeigt, dass schon die Addition von nur zwei unregelmäßigen Frequenzgängen keine schnelle Prognose des Endergebnisses zulässt. In der Praxis liegen aber noch viel mehr Elemente in Serie, die Einfluss auf den Frequenzgang haben können. In diese Komplikation muss man Mikrofone nicht mit einbeziehen. Die Verhältnisse werden durch lineares Übertragungsverhalten möglichst vieler Elemente klarer. Abb. 3b verdeutlicht dies. Im Idealfall entscheidet ein guter Equalizer reproduzierbar über das Klangbild.

Manchmal wird aus der Wahl des „richtigen Mikrofons“ ein Kult gemacht, der mit wissenschaftlicher Betrachtungsweise und auch mit den wahren Verhältnissen nichts zu tun hat. In diesem Fall werden je nach Instrument bestimmte Mikrofone bevorzugt, und wenn sie imposant aussehen, wird dies besonders geschätzt. Der Klang ist dann oft ein vorgegebenes, aber nicht das eigentliche Auswahlkriterium. Im Film „Ray“ sah man ausschließlich sehr große „repräsentative“ Mikrofone. Dazu ist festzustellen, dass es zur Zeit von Ray Charles kaum kleinere Mikrofone gab. Es wäre ein Irrtum anzunehmen, dass man durch die Verwendung solcher Vintage-Mikrofone die alte Musik oder gar die alten Zeiten wiederbeleben könnte.
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4. Eine elementare physikalische Grundlage

Tatsache ist, dass große Objekte im Schallfeld immer eine Störung darstellen, die man besser vermeiden sollte. Qualitativ hochwertige Kondensator-Mikrofone kann man heute schon sehr klein bauen. Bei Wandlerdurchmessern um 20 mm gibt es praktisch keine Nachteile mehr gegenüber größeren Systemen, aber man kann viel ausgeglichenere und weiter reichende Frequenzgänge erhalten. Akustisch wünschenswerte, noch kleinere Durchmesser führen allerdings noch immer zu Störspannungsabständen, die den Forderungen der Studiotechnik oft nicht genügen. Lautsprecher (die sendende Form von Wandlern) wird man höchstwahrscheinlich nie so klein bauen können, dass sie problemfrei übertragen. Der einzige Grund ist, dass sie im Gegensatz zu Mikrofonen Leistung produzieren müssen. Mikrofone brauchen dagegen selbst für die Aufnahme tiefster Frequenzen keine große Membran.

5. Die realen Mikrofone

Leider entspricht das Übertragungsverhalten realer Mikrofone auch bei bekannten kleinen Mikrofonen mit anerkannt neutralem Klang nicht 100-prozentig dem Idealfall.

Zu den wichtigsten Besonderheiten gehört, dass kein Druckgradientenempfänger, also alle Mikrofone mit ausgeprägter Richtwirkung, die tiefsten Frequenzen ohne Schwächung übertragen kann. Das liegt ganz einfach daran, dass der Druckgradient selbst mit fallender Frequenz gegen Null geht. Nur im Nahfeld von Schallquellen kann man noch einen ausreichenden Membranantrieb für Druckgradientenempfänger finden, darauf beruht der Nahheitseffekt.

Im Gegensatz dazu übertragen elektrostatische Druckempfänger selbst tiefste Frequenzen ohne Abschwächung. Ihr Nachteil liegt bei hohen Frequenzen, weil Mikrofone mit gutem Störspannungsabstand bis zum heutigen Tag nicht so klein gebaut werden können, dass sie die Kugelcharakteristik beibehalten. Wegen ihrer Richtwirkung bei hohen Frequenzen benötigt man je nach Anwendung sowohl Freifeld- als auch Diffusfeld-Kugeln.

Aber auch kleine richtende Mikrofone behalten ihre Richtcharakteristik nicht im gesamten Übertragungsbereich konstant bei, am besten ist eine dahingehend gezüchtete Breite Niere.

Weitere Merkmale wie der Frequenzgang im diffusen Schallfeld und der des Bündelungsmaßes sowie eine Möglichkeit seiner Steuerung wurden im Tagungsbericht zur 23.Tonmeistertagung beschrieben [4], auf den hier explizit hingewiesen wird, um nicht den gesamten Inhalt zu wiederholen.

6. Die Richtcharakteristik als Problemlöser

Bei der Diskussion von Frequenzgängen stellt die Tatsache, dass alle Wandler nicht durch nur einen einzigen Frequenzgang gekennzeichnet werden können, sondern eine räumliche Komponente hinzukommt, ihre größte Besonderheit gegenüber allen anderen Studiogeräten dar. Daraus resultiert eine gewisse Komplexität, zugleich aber auch der Vorteil, den direkten und den diffusen Schall bis zu einem bestimmten Maß trennen zu können. Der Sinn eines Richtmikrofons besteht nämlich nicht darin, einen anderen Klang zu realisieren, sondern unerwünschten Schall von erwünschtem zu trennen. Ohne diese Möglichkeit würden manche Toningenieure mit guten Gründen ausschließlich Kondensatormikrofone mit Kugelcharakteristik verwenden [5].

7. Frequenzgänge in der Übertragungskette

Frequenzgänge werden oft sehr aufmerksam betrachtet. Wenn man Feinheiten betrachtet, hat fast jedes Übertragungselement kleine Schwächen im Frequenzgang. Verkäufer sprechen sich heute häufig dafür aus, das Impulsübertragungsverhalten zu beachten. Dem liegt ein wahrer Kern zugrunde, jedoch weiß jeder Nachrichtentechniker, dass die Zeitebene, in der Impulse dargestellt werden, in die Frequenzebene mit Amplitudengang und Phasengang überführt werden kann. Man erhält letztlich gleichwertige Aussagen.

Für unerfahrene Betrachter bleibt die Zeitebene aber meist etwas „schleierhaft“. Ein Frequenzgang (genauer: Amplitudengang) ist leichter zu verstehen, auch wenn er bei umfassender Betrachtung immer durch einen möglichst linearen Phasengang ergänzt werden sollte. Die gute Reproduktion eines steilen Impulses ist z.B. immer gleichbedeutend mit einer guten Übertragung hoher Frequenzen.
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8. Das Mikrofonkabel

Dem Mikrofon folgt das Kabel als erstes Element der Übertragungskette. Besonders in letzter Zeit wird Kabeln besondere Beachtung geschenkt. Zweifellos kann ein Kabel Einfluss auf den Frequenzgang haben. Wenn es z.B. eine große Kapazität hat, wird es bei hohem Quellwiderstand einen Höhenabfall bewirken. Wenn der Innenwiderstand der Quelle allerdings sehr niedrig ist, hat das Kabel praktisch keinen Effekt mehr (Abb. 4). Kabeln klangliche Merkmale zuzuordnen, ohne die Betriebsverhältnisse mit Quell- und Lastimpedanz zu fixieren, ist überaus unseriös. So werden „Des Kaisers neue Kleider“ verkauft, die verbale Beschreibung ist auch entsprechend nebulös.

Ein Kabel kann man sich als Aneinanderreihung unendlich vieler differentiell kleiner Leitungsstücke aus R, L und C-Elementen vorstellen, wie in Abb. 5 gezeigt [6]. Die Impedanzberechnung führt zum Wellenwiderstand. Er ist bei Audiofrequenzen meist ohne Bedeutung, weil seine Betrachtung erst sinnvoll ist, wenn die Kabellänge in die Größenordnung der Wellenlänge auf dem Kabel kommt. (ca. 2,5 km bei 20 kHz). Erst bei den sehr hohen Frequenzen der digitalen Signalübertragung muss man auf den Wellenwiderstand achten, weil hier leicht mehrere Wellenlängen aufs Kabel passen.

Wer sich nicht mit wissenschaftlichen Überlegungen befassen mag, sollte wenigstens vermeiden, dass er seiner Erwartungshaltung erliegt. Dazu lässt sich ein einfacher Versuch machen (Abb. 6): Wenn man einem Kabel einen besonderen Klang zuordnen will, sollte der Unterschied deutlich werden, wenn es während eines Hörerlebnisses im Signalweg liegt oder einfach überbrückt wird. Besonders Kabel, denen man weniger gute Merkmale zuordnet, müssten durch den Bypass auffallen, weil ja dadurch der Klang plötzlich besser werden müsste. Tatsächlich hört man meist nur einen leisen Klick, der aber nichts verrät. Er tritt bei phantomgespeisten Mikrofonen auf, weil der Speisestrom über den Adern einen kleinen Spannungsabfall bewirkt, der vom Umschaltrelais nie beidseitig exakt zeitgleich erfolgt. Natürlich könnte man diesen Versuch auch mit mehreren in Serie liegenden Kabeln veranstalten, die wahlweise aktiv sind oder überbrückt werden.

Bei diesem besonders einfachen Versuch liegt das Kabel  immer als Last an. Man kann es aber  im kurzgeschlossenen Modus zur Kontrolle abschließen. Ein aufwendigerer Wechselschalter führt leicht zu lautem Knacken.

Abb. 5: Ersatzschaltbild eines Kabels aus differentiellen Vierpolen
Abb. 6: einfacher Test, welchen Einfluss ein Kabel hat

9. Der Mikrofoneingang

Der Eingang des Mikrofonverstärkers stellt für das Mikrofon eine Last dar. Nach Norm (DIN EN 60268-4) soll der Lastwiderstand mindestens fünfmal so groß sein wie der Innenwiderstand des Mikrofons. Da viele professionelle Mikrofone Ausgangswiderstände von 200 Ohm haben, sind also Eingangsimpedanzen von weniger als 1 kOhm schlecht. Dies gilt für alle Mikrofonarten und für Kondensatormikrofone im Besonderen, weil deren maximal verzerrungsfrei abgebbare Ausgangsspannung und damit ihr Grenzschalldruck mit zu hoher Last (=kleinem Eingangs-Widerstand) abnimmt.

Generell hat eine zu niedrige Lastimpedanz den Effekt eines unkontrollierten Frequenz-gangs. Impedanzen können die Komponenten Widerstand, Kapazität und Induktivität enthalten. Alles kommt in der Praxis vor, sowohl auf der Seite der Quelle (Mikrofon) wie auch lastseitig (Eingang). Beide zusammen stellen daher einen Spannungsteiler dar (Abb. 7), der bei gleicher Quell- und Lastimpedanz 6 dB Dämpfung bewirken würde. Bei unterschiedlicher Art der Impedanzen wird die Spannungsteilung jedoch frequenzabhängig und man bewirkt eine Klangveränderung, deren Merkmale jedoch rein zufällig sind. Der Anwender weiß dann nicht was ihn erwartet.

Hersteller, die damit werben, dass die Eingangsimpedanz ihres Mikrofonverstärkers einstellbar ist, offenbaren damit lediglich, dass sie sich nicht um die für Mikrofone verbindlichen Normen kümmern. Oft darf dann befürchtet werden, dass die Phantomspeisung auch nicht der Norm entspricht und Probleme bereitet [7].

10. Ein Kondensatormikrofon an mehreren Eingängen parallel betreiben?

Eine weitere problematische Anwendung entstand in der Praxis und wurde aus der Not geboren, ein Set von Mikrofonen an zwei oder noch mehr Mischpulte anschließen zu müssen. Aktive Splitter sind die einzige saubere Lösung, aber ganz ohne Probleme sind sie auch nicht. Bei digitalen Signalen tut man sich diesbezüglich sehr viel leichter.

Wenn man analoge Eingänge passiv parallel schaltet, muss man daran denken, dass auch bei Verwendung guter Übertrager die Lastimpedanz für die Mikrofone kleiner wird und damit Konsequenzen verbunden sind wie ein kleinerer Headroom der Kondensatormikrofone (reduzierter Grenzschalldruck) und eventuell veränderte Frequenzgänge. Abwärts transformierende Übertrager können helfen [8], aber bei den kleineren Signalen an ihren Ausgängen kommt es natürlich zu einer größeren Gefahr durch Störungen.

11. Die kreative Gestaltung von Klang mit dem Equalizer

Auch unverfärbter Klang existiert nicht in nur einer einzigen unabänderlichen Form. Er hat meist eine eigene Note. Mit guten Equalizern lässt sich das Klangbild eindeutig und reproduzierbar „würzen“. Obwohl namhafte Toningenieure sich oft hierfür aussprechen [9] findet man auch immer wieder Ablehnung. Zum Teil liegt das an der Verwendung einfacher Equalizer, die tatsächlich nicht gut sind. Zur vorteilhaften Gestaltung von Equalizern lässt sich viel sagen aber Voruteilen ist schwer zu entgegnen.

11.1. Gängige Argumente gegen Equalizer
11.1.1 Der Phasengang wird beeinflusst.

Eine ernsthafte Diskussion dieses Einwands offenbart bei einigen Anwendern einen Angstkomplex. Die Phase ist nicht leicht fassbar. Sie darf nicht konstant sein wie Frequenzgänge (Ausnahme: Sie ist Null), sondern muss linear mit der Frequenz variieren. Man sollte wissen was die Gruppenlaufzeit ist (dφ/dω). Für eine bildgetreue, verzerrungsfreie Übertragung muss sie konstant sein [10]. Im deutschen Sprachgebrauch erscheint es aber manchmal so, als ob zwischen Phase und „faseln“ auch ein Zusammenhang besteht. Es ist beispielsweise ziemlich egal, ob die Höhenanhebung eines diffusfeld-entzerrten Druckempfängers (Kugel) akustisch in der Kapsel oder elektrisch mit einem Equalizer vorgenommen wird. Beides sind minimalphasige Systeme und sie bewirken gleiche Phasendrehungen bei vorgegebener Änderung des Frequenzgangs.

11.1.2 Equalizer ermöglichen nicht alle Klänge.

Das zweite Argument enthält mehr Wahrheit. Man kann Klangkorrekturen für Mikrofone nur in engen Grenzen mit einem Equalizer einstellen. Die bereits erwähnte Diffusfeldentzerrung von Mikrofonen mit Kugelcharakteristik ist ein Beispiel, bei dem dies funktioniert, sofern der Wandleraufbau und insbesondere sein Durchmesser gleich sind. Dagegen kann man klangliche Merkmale von Druckgradientenempfängern verschiedener Konstruktion nicht durch Equalizer aneinander angleichen.

Die Ursache ist die Frequenzabhängigkeit der Polardiagramme. Sie wird fast nie beabsichtigt, weil sie eine Abhängigkeit des Frequenzgangs vom Schalleinfallswinkel bedeutet. In der Praxis ist sie aber die Hauptursache für die klanglichen Unterschiede von Mikrofonen, deren Frequenzgänge im Datenblatt fast gleich aussehen. Das einzige System, mit dem man das Polardiagramm gezielt frequenzabhängig einstellen und daher beliebige Mikrofonklänge simulieren kann, heißt „PolarFlex“ [10][11][12][13][14]. Es benötigt grundsätzlich zwei Wandler, deren Signalzusammenführung auf digitaler Ebene erfolgt.

12. Schlusskommentar

Es gibt viele elementare, seit langem gesicherte Erkenntnisse, die dem erfolgreichen Toningenieur selbstverständlich sind. Es ist dennoch sinnvoll von Zeit zu Zeit Grundlagen aufzufrischen, denn im Rahmen des herrschenden Zeitdrucks, des zurückgegangenen Ausbildungsangebots und der vielen ungelernten Anwender ist es schwer geworden, zu echten Verbesserungen der Audio-Technik zu kommen. Die zuvor angesprochenen Grundlagen lassen sich nicht zusammenfassen. Wenn sie verstanden sind und keine Esoterik das Denken vernebelt, kann die Tontechnik noch bemerkenswerte Fortschritte machen.

Literaturverzeichnis:

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  1. J. Watkinson, “Does humor belong in pro audio?”, RESOLUTION – The Pro   End-User Audio Production Magazine, April 2006, S. 62-63
  2. J. Meyer, “Acoustics and Performance of Music”, Bold Strummer Ltd., 1988
  3. Ch. Woolf, “Microphone Data Book”, Rycote Ltd. und Broadcast Engineering Systems Ltd. microphone.data.com
  4. J. Wuttke, „Was ist ein gutes Mikrofon?“ Beitrag auf der 23. Tonmeistertagung, Leipzig 2004
  5. O. Scholtze, (ex Philips Classical), in einem Round Table auf der AES Convention Amsterdam 1998
  6. K. Steinbuch /W. Rupprecht, Nachrichtentechnik, „Übertragungswege, Leitungen“, S. 248-264, Springer Verlag, Berlin/Heidelberg/New York, 1967
  7. J. Wuttke, „Die 48 V-Phantomspeisung und ihre Geister“, Aufsatz 13 in "Mikrofonaufsätze", 1998
  8. J. Brown, www.audiosystemsgroup.com/Mic_Splitters.pdf
  9. E. Sengpiel, www.sengpielaudio.com/DasProblemDenKlang.pdf
  10. K. Küpfmüller, Theoretische Elektrotechnik, Springer Verlag, Berlin/Heidelberg/New York, 1965, S. 450
  11. www.sengpielaudio.com/PolarFlex-Bedienungsanleitung.pdf
  12. J. Wuttke, „Wie universell kann ein Mikrofon sein?“, Vortrag gehalten auf der 19. Tonmeistertagung 1996, Bildungswerk des Verbandes Deutscher Tonmeister
  13. C. Langen, „Mikrofon mit frequenzabhängig einstellbarem Bündelungsmaß“, Bericht zur 20. Tonmeistertagung 1998, Bildungswerk des Verbandes Deutscher Tonmeister, Bericht S. 411ff, .K.G. Sauer Verlag, München 1999
  14. J. Wuttke, PolarFlex - ein zukunftsweisendes Mikrofonsystem, Aufsatz 21 in "Mikrofonaufsätze", 2011
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