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Aus der Funkschau 1978 Heft Nr. 26 kommt hier
"100 Jahre Ton- und Bildspeicherung"
Artikel Nr. 29

von Prof. Dr. hc. Walter Bruch in 1977

Die Schalldose - (EMT spricht heute noch von der Tondose)

Bild 160. „Arcofar", eine der ersten Kombinationen von Rundfunkgerät mit Plattenspieler (Telefunken, um 1930). Man beachte: Der Lautstärkeregler für die Schallplattenwiedergabe liegt oben, hinten neben dem Tonarmlager.
Bild 162. Für professionelle Zwecke, z. B. Rundfunkbetrieb, gab es 1930 die ersten Doppelplattenspieler mit eingebauten Verstärkern.

Ähnlich konstruierte Tonabnehmer kamen von den verschiedensten Firmen auf den Markt, meist als Dosen, die man anstelle der Schalldose in das klassische Grammophon einsetzte, das dann nur noch als Plattenspieler funktionierte. Aber auch komplette Kombinationsgeräte - Rundfunkgerät kombiniert mit Plattenspieler - wurden nun gebaut (Bild 160).

Der Anschluß eines Plattenspielers an das handelsübliche Rundfunkgerät war nicht so einfach, denn die einfacheren Geräte hatten keinen Tonabnehmeranschluß, der kam erst nach und nach, und auch keinen niederfrequenten Lautstärkeregler. Bei den Audioempfängern regelte man die Lautstärke beim Rundfunkempfang durch unterschiedliche Ankopplung der Antenne oder mit der Rückkopplung.

Deshalb war den ersten Tonabnehmern ein aufsteckbarer Lautstärkeregler mitgegeben, bei kompletten Tonarmen war er an der Drehlagerstelle des Armes miteingebaut. (Beide Varianten kann man in Bild 156 und Bild 160 sehen.) Für den Rundfunkbetrieb und für Großveranstaltungen wurden Doppelplattenspieler mit eingebauten Verstärkern gebaut (Bild 162).
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Optimierter Plattenschnitt

Dazu ein ganz klein wenig elementare Physik. Während der Zeit der akustisch-mechanischen Aufnahmetechnik war nur das Gehör geübter Menschen das Meßinstrument.

Nachdem sich Physiker und Elektrotechniker bei der Entwicklung sowohl der Aufnahmetechnik als auch der elektromechanischen Wiedergabetechnik eingeschaltet hatten, wurden jedoch physikalische Überlegungen immer wichtiger und auch die zugehörigen Meßmethoden eingeführt.

Nur so konnte mit wachsender Durchleuchtung der technischen Prozesse nach und nach die Hi-Fi-Technik geschaffen werden.

Jetzt kommt die elementare Physik

Betrachten wir im linearen Bereich die Aufzeichnung von Sinusschwingungen, dann ist bei einer Amplitude A die beim Durchgang durch die Nullinie vorhandene Geschwindigkeit

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Bei Tönen verschiedener Höhe, also verschiedener Frequenz f, steigt bei festgehaltener Auslenkungsamplitude A die Auslenkungsgeschwindigkeit v, die man auch als Schnelle bezeichnet, proportional mit der Frequenz f an. Soll jedoch die Schnelle v konstant bleiben, so folgert daraus ein Frequenzgang für die Auslenkungsamplitude A, der mit 1/f abfällt.
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So wird die Saite einer Geige, wenn sie mit dem Bogen gestrichen wird, für alle Töne dieselbe Geschwindigkeit haben, nämlich die des streichenden Bogens. Daher schwingen bei tiefen Tönen die Saiten mit großen sichtbaren Ausschlägen, während bei hohen Frequenzen die Ausschläge so klein bleiben, daß sie nicht sichtbar sind.
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Die maximale Beschleunigung in Schwingungsmitte berechnet sich zu


Die Geschwindigkeit v entsteht durch Differentation der Amplitude A nach der Zeit, die Beschleunigung durch zweimalige Differentation der Amplitude. Die Differentiation entspricht bei der Sinusschwingung einer Mulitplikation mit f.

Dann wäre noch die Kraft zu erwähnen, mit der die Masse M hin- und hergezerrt wird. Es ist, wieder im Sinusfall, also bei einer sinusförmigen Kraft p
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Eine mit der Frequenz f = 10 Hz, also zehnmal in der Sekunde, hin- und herzerrende Kraft p erteilt einer Masse M die gleiche Beschleunigung b, aber eine 1/f, d. h. zehnmal kleinere Geschwindigkeit v und eine 1/f2, d. h. lOO mal kleinere Amplitude A als eine Kraft der gleichen Größe p, die mit der Frequenz f = 1 Hz eine ganze Sekunde lang die Masse hin- und herzerrt.

Somit ist die Theorie fertig

Wir haben damit die elementaren Beziehungen für die Wahl der Schneidkennlinie einer Platte beisammen. Dabei müssen wir allerdings noch berücksichtigen, daß bei allen elektromagnetischen Tonabnehmern bei sinusförmiger Feldänderung oder sinusförmiger Bewegung der Spule durch die Nadel eine Spannung erzeugt wird, die proportional dem Produkt von Auslenkung und Frequenz ist - das ist aber proportional der Schnelle oder, auf die Schallrille bezogen, proportional dem Produkt aus Umfangsgeschwindigkeit und maximaler Steilheit der Auslenkung. Bei einem Schnitt mit konstanter Schnelle würde ein solcher Tonabnehmer für alle Frequenzen eine konstante Ausgangsspannung abgeben.

Schneiden mit konstanter Schnelle

Bild 163. Der 1943 in DIN 6151 festgelegte Schneidfrequenzgang für die 78er-Platte; Lichtbandbreite (Schnelle) normiert auf 18mm bei 800Hz

In der Zeit, da die Platten auch noch von mechanischen Geräten mit Schalltrichter abgespielt wurden, im Prinzip entspricht das einem Schnelletonabnehmer, strebte man danach, möglichst wenig von dem Schneiden mit konstanter Schnelle abzuweichen.

Für konstant abzugebende Spannung würde dann aber die geometrische Amplitude nach höheren Frequenzen hin abfallen, und sie würden dann, wenn bei der tiefsten Frequenz (bei der die Amplitude am größten ist) ein Ausschlag gewählt wird, der noch genügend Steg zur Nachbarrille stehen läßt, in die Größenordnung der Plattenkörnigkeit kommen.

Deshalb einigte man sich für die 78er Platte auf einen Kompromiß, der schließlich - nach vorher unterschiedlicher Handhabung bei den einzelnen Herstellern - 1943 zu einer ersten Normung führte: DIN 6151 (auszugsweise Bild 163).

(Fortsetzung folgt)
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Hier noch eine zeitgenössische Anzeige aus Oktober 1929
"Die Stimme seines Herrn"

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Das ideale Kombinationsgerät „Radio Polyfar" -
die Sensation der Leipziger Herbstmesse 1929

Wer die Leipziger Messen kennt, den Trubel und das Menschengewoge in den Straßen und in den Ausstellungspalästen, der weiß auch, daß die ausstellenden Industriefirmen hier den Messebesuchern, vornehmlich also den interessierten Fachkreisen, das Neueste vom Neuen und das Beste vom Besten zeigen. Die Messe der Musikinstrumente, und hier insbesondere wieder die Sprechmaschinen- und Schallplatten-Industrie nimmt bei diesen Ausstellungen einen breiten Raum ein.

Ganz selbstverstiindlich war es diesmal, daß der Kombination: Schallplatte - Sprechapparat - Radio große Aufmerksamkeit gewidmet wurde; und hier war es das neue „Radio Polyfar", welches allgemeines Aufsehen erregte.

Es ist bekannt, daß der Polyphon-Grammophon-Konzern schon vor Jahren als erste deutsche Firma Wiedergabe-Apparate mit elektrischem Verstärker und Lautsprecher, die epochemachenden „Polyfar"-Musik-Instrumente, auf den Markt brachte, die bereits so konstruiert waren, daß man auch Rundfunkdarbietungen durch diese Apparate wiedergehen konnte, d. h. es waren Einrichtungen getroffen, mit denen man vorhandene Rundfunkempfänger an die Apparate anschalten konnte. Es war dabei dem Belieben des Einzelnen überlassen, was für einen Empänger er benutzen wollte resp. es hing von den ortlichen Verhältnissen und von der Art der Antenne ab, was für ein Verstärker nötig war.

Die neuen „Radio Polyfar" - Typen sind nun gleich so vervollkommnet, daß diese Apparnte gleichzeitig für Plattenwiedergabe und zum Empfang von Rundfunk eingerichtet sind. Ein besonderer Empfänger fällt also vollkommen fort, denn er ist im „Radio Polyfar" schon vorhanden.

Alle bereits gesammelten Erfarungen auf technischem Gebiet wurden hier in den Dienst der Sache gestellt und mit dem „Radio Polyfar"-Gerät ist das Ideal für jeden Schallplatten- und Rundfunkfreund geschaffen worden.

Der Radio-Empfänger und der elektrische Verstärker sind in das Gehäuse gleich einmontiert. Außerdem ist Anschluß- möglichkeit füir mehrere Lautsprecher für Schallplatten-Wiedergabe und Rundfunküibertragung vorhanden und durch einfache Hebelumlegung ist „Radio Polyfar" für Schallplatten-Wiedergabe oder Radio-Empfang einzustellen!

Die Bedienung ist also sehr einfach. Die Wiedergabe von Plattenmusik findet in der bekannten hergebrachten Art und Weise statt, wobei die Lautstärke durch einen Lautstärkenregler beliebig eingestellt werden kann. Das „Radio Polyfar" ist also für das interne Heim, aber auch für größere Räume geeignet.

Soll Rundfunk übertragen werden, so ist es nur notig, eine Antenne mit Erdleitung an den „Radio Polyfar"-Apparat anzuschalten, wofür geeignete Anschlüsse vorgesehen sind. Über die Art der Antenne läßt sich keine genaue Vorschrift geben, da dies von den ortlichen Verhältnissen bzw. davon, ob nur Ortsempfang oder auch Fernempfang gewünscht wird, abhängt. Bei Ortsempfang wird in vielen Fällen schon eine Ersatzantenne, also z. B. Gasleitung, Lichtantenne, Regengosse usw., gute Dienste tun.

Die Einstellung des Empfängers auf die gewünschte Welle wird durch eine mit Skalenteilen versehene Einstelltrommel vorgenommen, auf der sich die einzelnen Stationen vermerken lassen. Sollen Stationen mit langen Wellen empfangen werden, wie sie z. B. der Deutschlandsender in Königswusterhauscn aussendet, so ist auch dies durch einfaches Umlegen eines Hebels ohne weiteres möglich. Und dann kommt noch einer der Hauptvorzüge dazu, die zuverlässige, störungsfreie und reine Tonwiedergabe, die das „Radio Polyfar" zu einem Qualitäts-Instrument stempelt, das auch den Kenner in jeder Hinsieht zufriedenstellen wird.

Fragen Sie bei Ihrem Schallplatten-Lieferanten, also bei einer offiziellenVerkaufsstelleder Deutschen Grammophon-Aktiengesellschaft nach dem neuen „Radio Polyfar"-Gerät, das in 4 verschiedenen Typen zu haben ist und verlangen Sie die illustrierten Prospekte darüber. Die Redaktion der ,,Stimme" ist gegebenenfalls gern bereit, geeignete Verkaufsstellen nachzuweisen, denn wenn Sie sich schon ein solches Radio-Kombimitions-Gerät anschaffen, dann soll es doch wirklich etwas Gutes sein, ein Apparat, an dem Sie dauernde Freude haben - also das „Radio Polyfar".

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