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Statischer Übertrager

Der rotierende Übertrager war sehr speziell.

Wenn in den anderen Artikeln etwas über super tolle Trafos und hochqualitative Übertrager steht, war und ist immer der "statische" Übertrager gemeint, den man schon öfter gesehen hatte.

Hier also etwas über eine geniale Idee, die erstmals 1956/57 aus der Not heraus geboren oder vervollkommnet wurde.

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1956 wurde in den USA Weltgeschichte geschrieben.

Das "six man dream team"
das 2" band an der Kopftrommel

Was wir in Deutschland 1935 mit dem ersten Magnetbandgerät der Welt hervorgebracht hatten, wiederholte sich 20 Jahre später. Blicken wir zurück ins Jahr 1956. In Amerika auf dem jährlichen stattfindenen NAB Kongress, dort seit langem jeweils als "Show" benannt, zeigte eine kleine, aber in USA bereits bekannte, "Tonbandklitsche" einen ganz dicken Brummer, mit dem man endlich lebende bewegte Bilder aufnehmen konnte - und auch wiedergeben konnte !! Ampex war etwas gelungen, das mehrere andere große Firmen nicht hingebracht hatten. Ampex hatte Glück, zur richtigen Zeit die richtigen Köpfe angeheuert zu haben, die die Ideen kreierten.

Die Idee war - nicht das Band als solches irre schnell an einem oder mehreren Magnetköpfen vorbei laufen zu lassen (soetwas hatte RCA), sondern nur die Köpfe in einer speziellen (Kopf-) Trommel mit 15.000 U/min am langsam laufenden Band drehen zu lassen (es war das 2" Quadruplex System von Ampex).

Am Ende mußten in dem Quadruplex Kopfrad 4 Magnetköpfe ihren Dienst tun. Doch wie bekommt man die klitzekleinen Spannungen von der Elektronik in diese Kopftrommel zu den Köpfen und wieder zurück ?
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die Achse mit den Schleifringen
die Kohlekontakte ohne die Achse
hier Schleifringe und Kontakte im Betrieb

Wie übertrage ich Spannungen oder Ströme in ein rotierendes "System" ?

Ganz einfach, man nimmt (in diesem Fall) am Rotor des rotierenden Systems 5 (versilberte Messing-) Schleifringe auf einer möglichst dünnen mit Kunststoff ummantelten Stahl-Achse (wegen der hohen Geschwindigkeit) mit je 2 im Stator feststehenden Kohlekontakten pro Schleifring . Dann hat man die Verbindungen für 4 Leitungen für die 4 Signalspannungen und die gemeinsame Masse-Leitung.

Und Hurrah, es funktionierte in den Prototypen tadellos.
Aber leider nur ein paar (hundert) Stunden lang, bis die "Kohlen" oder die Schleifbahnen abgeschliffen  waren. Und bei 15.000 U/min ging das rasant schnell - viel zu schnell für einen täglichen Betrieb im Fernsehstudio.

Diese erste Lösung war - wie man heute klug sagen würde - nur "sub-optimal". Aber zuerst einmal - es hatte funktioniert. Das Prinzip des Videorecorders war geboren. Doch diese Schwäche war in dieser Preisklasse von 400.000 Mark ein dickes Manko und technisch einfach nicht lange haltbar.
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schwer zu erkennen, aber das war die geniale Idee

Ein verschleißfreier Übertrager war zwingend notwendig.

Wem die Idee wirklich kam, ist nicht mehr festzustellen. Laut mehreren deutschen Entwicklern bei der Fese/BTS aus Darmstadt sollte der Anstoß dazu sogar aus Deutschland gekommen sein.

Das klingt nach meinem Dafürhalten aber lokalpatriotisch und nicht so besonders glaubhaft, da diese kleine amerikanische Firma Ampex während des zweiten Weltkrieges Motoren für amerikanische Radargeräte entwickelte und prodzierte und auch dort mußte Energie in ein rotierendes System "übertragen" werden.

So wurde an der Idee eines "rotierenden" Übertragers entwickelt, ähnlich dem bekannten klitzkleinen Mikrofonübertrager - damals schon in vielen Mikrofon-Kapseln enthalten. Also ein "Transformator", dessen eine Wicklung fest steht und dessen andere Wicklung sich mechnisch im Kreis herum dreht. Eine geniale Idee. Sicher gab es da noch ein paar Randbedingungen, die überhaupt nicht trivial waren, zum Beispiel die hohe Frequenz. Doch das ließ sich mit entsprechenden Ferritmaterialien als Kern lösen.
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der drehende Teil in der Kopftrommel
der feststehende Teil im Sockel
so etwa passt das zusammen

Und jetzt ist er in hundert Millionen Videorecordern unsichtbar drinnen

Die Idee war genial, und die Japaner haben sie "natürlich" perfektioniert. Die Japaner dachten beim ersten Heim- Videorecorder gleich (also von Anfang an) an zig Millionen von Stück, die gebaut werden sollten. Sicher bastelten sie bei den ersten 1" offenen Spulengeräten auch noch mit Schleifringen herum, doch in den späteren 1/2" VHS Geräten - selbst in den allerbilligsten 99.- Mark Video-Recordern - waren solche rotierenden Übertrager in den Kopftrommeln perfekt integriert (siehe Bilder rechts). Auch das Auswuchten bei der hohen Umdrehungszahl war vollautomatisiert, eigentlich selbstverständlich bei diesen Stückzahlen.

Als nämlich die Japaner 1975 zum ersten mal die deutsche 1" BCN-50 Video- Band-Maschine der Fese aus Darmstadt sahen (in Montreux waren sie immer alle dabei), staunten sie ehrfurchtsvoll über diese deutsche Super-Präzision. Geichzeitig erkannten Sie die Schwäche einer perfekten Mechanik, die sich bei 1.000 Stück pro Jahr sicher machen ließe, die jedoch bei 40 Millionen pro Jahr absolut nicht funktionieren würde.

So entstand dieser flache in ein hochfestes Ferrit-Material eingeklebte (Mehrkanal-) Übertrager - hier im Bild - für für eine Zweikopf-Maschine, also 2 Magnetköpfe und damit zwei Übertrager.

Deutsche Super-Präzision in 1999

Die letzten Generationen der deutschen Digital Recorder benötigten aufwendige 16 Magnetköpfe (zum Beispiel für den DCR 500 Recoder) zuzüglich der Stomversorgung der "Verstärkerchen" auf der Trommel und dann bei dem legendären HD-Überrecorder, dem HD Voodoo von Fese-BTS waren es am Schluß sogar 32 Magnetköpfe, die zu beschicken waren.

Durch intelligente Codierung waren es 14+2 rotierende Übertrager,
wie man leicht selbst zählen kann. Zwei dieser Übertrager waren für die Stromversorgung zuständig. Dennoch, es war zwar eine elektronisch / mechanische Meisterleistung aus deutschen Labors, die keiner auf der Welt hatte. Nur wurde es kein Erfolg mehr, die Technik schritt unaufhaltsam voran.

Heute in 2012 ist die gesamte Magnetbandtechnik am Ende angelangt
und damit auch die Frage nach solch aufwendigen rotierenden Übertragern. Im Dezember 2012 kamen die ersten 128 Gigabyte USB Sticks für nur noch (dünne) 65.- Euro in die Geschäfte. Dagegen kann natürlich ein 100.000.- Euro Recorder nicht mehr mithalten.

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