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Das Mikroskop

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Wie kaum ein anderes einzelnes Instrument hat das Mikroskop die Entwicklung der Wissenschaften beeinflußt. Mit seiner Einführung begann eine neue Epoche der Biologie.

Bakterien und Kleinlebewesen, an die noch nie ein Mensch auch nur im Traum gedacht hatte, wurden nun sichtbar und nahmen ihren Platz unter der unwissenschaftlichen Bezeichnung „die kleinen Tierchen" im Mikroskosmos ein.

Die Möglichkeit eines Mikroskops hatte schon Roger Bacon vorausgesagt. Von dem italienischen Arzt und Humanisten Girolamo Fracastero (1478-1553) stammte der erste Vorschlag (aus dem Jahre 1538), zwei Linsen hintereinander anzuordnen, um alles vergrößert und genähert sehen zu können. Aber zur Ausführung kam es erst im Jahr 1590.
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Zwei Linsen vergrößern die Welt

In der kleinen Stadt Middelburg auf der Insel Walcheren, Hauptstadt der niederländischen Provinz Seeland, lebte um 1600 eine Brillenmacherfamilie mit Namen Janssen. Möglicherweise war der Name auch Johannides, und damit fangen die Unklarheiten über den Erfinder des Mikroskops schon an.

Es wird als wahrscheinlich angesehen, daß Zacharias Janssen 1590 ein zusammengesetztes Mikroskop erfand, das aus einer Sammellinse (Bikonvexlinse) als Objektiv und einer Zerstreuungslinse (Bikonkavlinse) als Okular bestand.

Andere Quellen sind der Ansicht, daß auch der Holländer Cornelius Drebbel den Ruhm der Erfindung für sich in Anspruch nehmen könne. Allerdings soll nach den Angaben des holländischen Gesandten van Boreel aus dem Jahr 1645 Herr Drebbel erst nach der Erfindung ein Mikroskop von Janssen in die Hand bekommen haben, und zwar auf einigen Umwegen.

Zacharias Janssen habe, so berichtete van Boreel, zusammen mit seinem Vater Hans ein Mikroskop angefertigt, das auf irgendeine Weise seinen Weg zu Herzog Albrecht von Österreich gefunden hatte und schließlich bei Cornelius Drebbel gelandet war, wo er, Boreel, es 1619 höchstpersönlich gesehen habe. Janssens Urheberschaft scheint also bestätigt zu sein.

Nur wenig später, im Jahr 1612, konstruierte der große italienische Astronom und Physiker Galileo Galilei (1564-1642) ebenfalls ein Mikroskop, und ein Jahr vorher hatte schon der deutsche Astronom Johannes Kepler (1571-1630) ein deutlich verbessertes Mikroskop beschrieben.
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Auf einmal sind viele winzige Tierchen zu sehen

Galilei schickte sein erstes Mikroskop an einen Gönner. Der beigelegte Brief enthielt eine genaue Gebrauchsanweisung, und seine Worte zeugen von einer ersten Ahnung, was für ein Schatz der Wissenschaft mit diesem Instrument in die Hand gegeben war.

  • „Ich habe mich mit der Übersendung verspätet", schrieb Galilei, „da ich es zuerst nicht zur Vollendung bringen konnte; denn ich hatte Schwierigkeiten, die richtige Art zur vollendeten Bearbeitung des Glases zu finden. Das Objekt haftet auf dem beweglichen Kreis fest, der sich an der Basis befindet und der sich in Anbetracht dessen, daß nur ein kleiner Teil mit einem einzigen Blick zu sehen ist, derart bewegen läßt, daß man alles sieht. Und da der Abstand zwischen Linse und Objekt äußerst genau sein muß, muß man beim Betrachten der Objekte das Glas nähern oder entfernen können, je nachdem, ob man diesen oder jenen Teil betrachtet; und deswegen ist das Rohr beweglich in seinem Fuß oder in der Führung, wie wir es nennen wollen.
  • Es soll außerdem bei heller und klarer Luft, noch besser in der Sonne selbst benutzt werden, weil man zur Betrachtung des Objekts genügend Licht braucht. Ich habe viele winzige Tierchen mit unendlicher Bewunderung betrachtet. Unter ihnen ist der Floh besonders abscheulich; die Mücke und die Kleidermotte sind am schönsten. Und mit großer Befriedigung habe ich gesehen, wie Fliegen und andere Tierchen an Spiegeln hinauf und sogar verkehrt herum liefen. Eure Exzellenz werden reichlich Gelegenheit haben, Tausende von Einzelheiten zu beobachten, von denen ich bitte, mir die merkwürdigsten mitzuteilen. Mit einem Wort - hier ist unendlicher Spielraum, die Natur zu betrachten und zu sehen, wie scharfsinnig und mit welch unsäglichem Fleiß sie arbeitet."

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Die Aufdeckung der Naturgeheimnisse

Betrachtet man den damaligen Stand der optischen Technik, wird es verständlich, daß die frühen zusammengesetzten Mikroskope noch sehr unter den Abbildungsfehlern der verwendeten Linsen zu leiden hatten und daß die Vergrößerungsmöglichkeiten sich in eng begrenztem Rahmen hielten.

Aber das tat der Begeisterung der Wissenschaftler über dieses neue Instrument keinen Abbruch. Seine Bedeutung für das Studium der lebenden Substanz beschrieb als erster der englische Physiker und Naturwissenschaftler Robert Hooke (1635-1703) in seiner 1667 durch die Royal Society veröffentlichten „Micrographia".

Hooke vervollkommnete das zusammengesetzte Mikroskop aus mehr als einer Linse. Von ihm stammt auch der Begriff „Zelle" für die lebenden Strukturelemente, der sich bis heute erhalten hat. Bei der Untersuchung der Struktur des Korks fand er heraus, daß dieses Material wie eine Bienenwabe aus „cellulae", aus Zellen, zusammengesetzt ist.

Hookes Buch wurde zum Bestseller, und seine prachtvollen Bildtafeln tauchten noch in Mikroskopie-Büchern des 19. Jahrhunderts auf.

1673 - Anton van Leeuwenhoek benutzt nur eine Linse

Der bedeutendste Mikroskopiker des 17. Jahrhunderts aber war ein Amateurwissenschaftler, der genaugenommen gar nicht mit einem Mikroskop, sondern mit einer einzigen, sorgfältig geschliffenen Linse arbeitete. Sein Name war Anton van Leeuwenhoek (1632—1723). Leeuwenhoek, der Sohn eines Korbmachers, hatte nur eine sehr geringe Schulbildung genossen und war von Beruf Tuchhändler mit einem eigenen Geschäft in der niederländischen Stadt Delft.

Nebenamtlich soll er sich auch noch als Pförtner am Delfter Rathaus betätigt haben. 1673 entdeckte er die roten Blutkörperchen beim Menschen, er studierte die Muskelfasern und den Aufbau der Augenlinsen, der Haut und der Zähne. Er suchte nach Leben im Staub, in der Erde und im trüben Wasser der Kanäle von Delft.

Seiner scharfen Linse blieben weder die Lebendgeburten der Blattläuse noch der Giftapparat der Spinnen verborgen. Und er sah die ersten Bakterien, war also der erste Bakteriologe der Geschichte. All diese Schätze fand er mit einer einzigen Linse aus Glas, von eigener Hand brillant geschliffen, mit einer Brennweite von nur wenigen mmn.

Er faßte die Linse in eine rechteckige Metallplatte von etwa 2,5 mal 4,5 Zentimeter Größe und versah sie mit einem verstellbaren Objekthalter, der durch Schraubgewinde senkrecht und waagerecht eingestellt werden konnte. Die Angaben über die vergrößernde Wirkung seiner „Mikroskop-Lupe" schwanken zwischen 200- und 300-facher Vergrößerung. In Leeuwenhoeks Nachlaß soll man 247 Mikroskope und 419 Linsen für verschiedenes Untersuchungsmaterial gefunden haben.

Aus bestimmten Äußerungen läßt sich schließen, daß Leeuwenhoek erstmals auf den Gedanken kam, das Untersuchungsobjekt vor einem dunklen Hintergrund von der Seite zu beleuchten. Diese „Dunkelfeldbeleuchtung" spielte später in der Mikroskopie noch eine große Rolle.
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Neu : „Mikroskopische Gemüths- und Augenergötzung"

Die Neugier der Fürstenhöfe und begüterten Bürger auf dieses neue optische Spielzeug verhalf dem Mikroskop zu einer raschen Verbreitung. Bevorzugtes Beobachtungsobjekt war immer noch der Floh, denn Flöhe waren allenthalben leicht greifbar.

Ein findiger Kopf kam sogar auf die Idee, sogenannte „Flohgläser" herzustellen, eine kleine Büchse mit Glasboden und einer stark vergrößernden Linse, in die ein solches Hüpftier eingeschlossen wurde.

1671 traf bei der Royal Society eine Schrift mit dem Titel „Anfänge einer pflanzlichen Anatomie" ein, die von dem aus Coventry stammenden Arzt Nehemiah Grew (1642-1712) verfaßt worden war. Zugleich sachliche und poetische Zeichnungen zeigten Blätter und Stengel, Blüten und Wurzeln, Früchte und Samen, die Grew unter dem Mikroskop seziert hatte.

Fast um die gleiche Zeit schickte der Anatomieprofessor Marcello Malpighi (1628-1694) seine „Anatomie der Pflanzen" an die Royal Society.

Malpighi kam mit seinen Arbeiten manchem Rätsel der Natur auf die Spur. Er fand in den Galläpfeln der Eiche das Ei der Wespe und auf der Unterseite der Oleanderblätter die Spaltöffnungen.

Er beobachtete und zeichnete die Tracheen, das Atmungsorgan der Insekten und die feinen Kanäle in der menschlichen Niere. Vor allem aber entdeckte er bei Untersuchungen an Lungengewebe die Kapillaren als feinste Verbindungen zwischen Arterien und Venen - damit erst wurde Harveys Entdeckung des Blutkreislaufs vervollständigt.

Malpighi erwies sich auch als geschickter Präparator. Um Gewebe und Gefäße besser sichtbar zu machen, spritzte er sie mit Wachs aus und nahm damit eine Technik vorweg, die erst viel später wieder aktuell wurde.

Malpighi hatte auch nur ein ein-linsiges Mikroskop

Auch Malpighi arbeitete noch mit einem ein-linsigen Mikroskop. Zwar hatte sich Leonhard Euler schon um 1764 darum bemüht, die Zweilinser oder auch Doubletten wissenschaftlich exakt zu berechnen.

Trotzdem blieb das Zusammenstellen eines Mikroskops noch jahrzehntelang Erfahrungssache. Auch Carl Zeiss in Jena arbeitete in der Anfangszeit noch mit „Problem", die die Linsenkombinationen so lange ausprobieren mußten, bis sie stimmten.

Mit Kleinlebewesen, die er aus einem Aufguß (Infusion) gewann und deshalb Infusorien nannte, arbeitete wie viele Mikroskopierer vor ihm auch der vielseitige Martin Frobenius Ledermüller, Leiter des Naturalienkabinetts des Markgrafen von Bayreuth.

1763 faßte er seine Erfahrungen in einem mit Kupferstichen reich illustrierten Buch mit dem Titel „Mikroskopische Gemüths- und Augenergötzung" zusammen. Als einer der ersten betrachtete Ledermüller Kristalle unter dem Mikroskop und beobachtete deren Entstehung.
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Divini und die Abbildungsfehler - die sphärische Aberration

Die Bezeichnung Mikroskop tauchte zum erstenmal im Jahre 1614 auf. Bis dahin liefen die Vergrößerungsgeräte unter den Namen „Conspicilia", „Perspicilia" oder „Occhiali".

Während Leeuwenhoek mit seiner einzelnen Linse experimentierte, machte sich ein Mann namens Eustachio Divini Gedanken über die störenden Abbildungsfehler der Linsen. Speziell die sphärische Aberration hatte seinen Unwillen erregt.

Die Kugelgestalt der Linsenoberfläche bewirkte, daß die von einem Objektpunkt ausgehenden Lichtstrahlen von verschiedenen Linsenzonen unterschiedlich gebrochen wurden. Das heißt, Lichtstrahlen, die durch den Rand der Linse hindurchgingen, vereinigten sich in einem anderen Punkt als Strahlen, die näher am Linsenmittelpunkt gebrochen wurden. Die Folge war, daß bei starker Krümmung der Linsen oder großem Öffnungswinkel, wie man diesen Tatbestand auch nennt, die Bilder unklar und etwas verschwommen erschienen.

Divini fand heraus, daß ein großer Öffnungswinkel sich vermeiden ließ, indem man an die Stelle einzelner starker Linsen mehrere schwächere setzte. 1668 brachte er ein verbessertes Mikroskop heraus, dessen Okular aus zwei plankonvexen Linsen bestand.

Dadurch wurde die sphärische Abweichung (Aberration) vermindert, aber zu dem Zeitpunkt hatte man immer noch mit der unangenehmen chromatischen Aberration zu kämpfen, die erst im darauffolgenden Jahrhundert durch Dollond beseitigt wurde.

Gezielter Lichteinfall durch Beleuchtungsspiegel

1716 führte Christian Gottlieb Hertel in Halle den Beleuchtungsspiegel ein, der sich je nach Lichteinfall verstellen ließ. Die Köhlersche Beleuchtungsanordnung, die für eine Beleuchtung des Objekts mit parallelen Lichtstrahlen sorgt und bei der eine Blende die Veränderung des Leuchtfeldes erlaubt, erfand der 1913 geborene deutsche Physiker Horst Köhler erst in unserem Jahrhundert.

1827 stellte Giovanni Battista Amici fest, daß sich bei stärkeren Mikroskopobjektiven große Öffnungswinkel doch nicht vermeiden lassen. Als erster berechnete er stark gewölbte, halbkugelförmige Frontlinsen und führte einige Zeit später die Immersionslinse ein.

Die Immersionslinse - der entscheidende Dichteunterschied

Hinter dem trockenen Wort „Immersionslinse" verbirgt sich eine Erfindung, auf der alle großen Errungenschaften der neuzeitlichen Mikroskopie beruhen. Beim Übergang von einem Medium in ein anderes, in diesem Fall also von Luft in Glas und wieder von Glas in Luft, wird der Lichtstrahl abgelenkt.

Die Vereinigung der Strahlen gelingt um so weniger gut, je schräger die Strahlen auf die einzelnen Trennungsflächen der Medien auftreffen und - das ist jetzt entscheidend für den Erfolg der Immersionslinse - je größer der Dichteunterschied der beiden Medien ist.

Professor Amici sah sich diesen Strahlenverlauf einmal genauer an. Der später zur Abbildung dienende Lichtstrahl geht, vom Spiegel reflektiert, durch die etwa 1/10mm dünne Glasplatte des Objektträgers, durch das Untersuchungsobjekt und durch das daraufliegende Deckgläschen. Soweit, so gut. Aber dann tritt der Lichtstrahl in den Luftraum zwischen Deckglas und Frontlinse des Objektivs ein und muß die den Zwischenraum ausfüllende Luft passieren.

Amicis Überlegung war nun, daß man die üble Wirkung des Übergangs der Strahlen von dünnen in dichte Medien dadurch mindern konnte, daß man den Zwischenraum durch eine stärker lichtbrechende Flüssigkeit mit höherer Dichte als Luft ausfüllte.

Er benutzte dazu Wasser, das Deckglas und Objektiv verband. Dadurch gelang es ihm, mit dem Objektivsystem einen erheblich größeren Teil des vom Objekt ausgehenden Lichts noch aufzufangen.

Der Optiker und Mikroskopiker Edmund Hartnack (1826-1891), dessen vollendete Mikroskope über die ganze Welt verbreitet waren, griff Amicis Idee auf und benutzte seit 1859 Öl (im allgemeinen Zedernöl) anstelle des Wassers.
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Auf dem Weg zum besseren Mikroskop - Ernst Abbe

„Jahrelang haben wir neben wirklicher Optik sozusagen noch Phantasieoptik getrieben, Konstruktionen in Erwägung gezogen mit hypothetischem Glase, das gar nicht existierte, indem wir die Fortschritte diskutierten, die möglich werden würden, wenn einmal die Erzeuger des Rohmaterials dahin zu bringen sein sollten, für fortgeschrittene Aufgaben sich zu interessieren."

Dieser Stoßseufzer stammt von dem Physiker Ernst Abbe (1840-1905), der sich mit seiner 1873 veröffentlichten Theorie der mikroskopischen Abbildung nicht selbst leuchtender Objekte für alle Zeiten ein Denkmal setzte.

Ernst Carl Abbe wurde in Eisenach als Sohn eines Fabrikarbeiters geboren. Er besuchte zunächst ein Realgymnasium und studierte später auf der Universität von Jena Mathematik und Physik. Nach Aufenthalten in Göttingen und Frankfurt habilitierte er sich schließlich als Privatdozent für Mathematik und Physik in Jena.

In Jena blieb er sein Leben lang, und hier machte er auch die Bekanntschaft des Feinmechanikers und Industriellen Carl Zeiss (1816-1888), der 1846 die Zeiss-Werke für feinmechanische und optische Erzeugnisse gegründet hatte.

Carl Zeiss hatte das Bedürfnis der Wissenschaftler nach besseren Instrumenten erkannt. In der Zeit der neu aufblühenden Zellentheorie waren gute Mikroskope sehr gefragt. Also unternahm Zeiss alles, um die Abbildungsfehler seiner Mikroskope auf ein Mindestmaß zu reduzieren.

Aber der Fehler lag im System.

Die Hersteller von Mikroskopen waren auf die unwissenschaftliche Methode des Probierens angewiesen, die Erfolge waren dementsprechend mangelhaft. Zwar hatten sich im Laufe der Zeit gewisse Erfahrungsregeln herauskristallisiert, aber nach wie vor schliff man die Linsen in ungefährer Form und kontrollierte die Bilder, die sie lieferten. Wenn sie schlecht waren, wurden die Linsen weiter abgeschliffen oder weggeworfen.

Carl Zeiss war dieses unwissenschaftliche Arbeiten ein Dorn im Auge.
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Auf mathematischer Basis

Bei Carl Zeiss setzte sich die Erkenntnis (Anmerkung : formuliert von Ernst Abbe) durch, daß man von den Grundgesetzen der Optik ausgehen müsse, daß man den Gang der Lichtstrahlen durch alle Linsen und Zwischenräume in allen Einzelheiten mathematisch genau festlegen könne.

Es mußte möglich sein, durch geeignete Formeln Durchmesser, Dicken, Krümmungen und Abstände der Linsen untereinander zu bestimmen. Nach einigen fehlgeschlagenen Versuchen, dieses Problem selbst zu meistern, setzte er sich mit Abbe in Verbindung, der, wie ihm bekannt war, für die Herstellung astronomischer Geräte Interesse gezeigt hatte.

Zeiss regte den Physiker im Juli 1866 zu beratender Mitarbeit an den Aufgaben seiner Werkstätte an. 1867 übernahm Abbe bereits die wissenschaftliche Leitung der optischen Werkstätte und wurde 1875 Mitinhaber.

Abbes erste Berechnungen waren ein Schlag ins Wasser. Wie schon Divini 200 Jahre vor ihm, glaubte er, durch Mikroskope mit nur kleinem Öffnungswinkel die sphärische Aberration auf ein Mindestmaß herabdrücken zu können.

Aber es stellte sich heraus, daß die neu berechneten Mikroskope schlechtere Bilder mit weniger Einzelheiten lieferten als die alten mit den bereits erprobten Linsensystemen. Die Fehlschläge wirkten sich auch auf die finanzielle Basis der Werkstätten aus.

Das optische Glas mußte aus Frankreich bezogen werden und kostete immerhin 33 Taler das Kilo (nach heutiger Kaufkraft etwa 450 Mark). Zeiss spielte mit dem Gedanken, die Werkstatt zu schließen, wenn sich nicht bald ein Erfolg einstellte. Es war der deutsche Bakteriologe Robert Koch (1843-1910), der Carl Zeiss zum Durchhalten ermutigte. Koch hatte 1876 mit einem Zeiss-Mikroskop den Milzbranderreger entdeckt. Ihm lag viel an einem noch besseren Mikroskop (und mit einem solchen entdeckte er dann 1882 auch den Tuberkelbazillus und 1883 den Choleraerreger).

  • Anmerkung : Es gibt ein kleinens Büchlein über Ernst Abbe.


Abbe beschäftigte sich intensiv mit den Problemen, die mit der Wellennatur des Lichts zusammenhingen. Er erkannte, daß die Beobachtungsmöglichkeiten im Mikroskop eine prinzipielle Schranke besaßen: Das Auflösungsvermögen war durch die Wellenlänge des Lichts begrenzt.

Das heißt, zwei Punkte, die ganz dicht nebeneinander lagen, ließen sich nicht mehr unterscheiden, wenn der Abstand geringer als die halbe Lichtwellenlänge war. Diese Grenze konnte auch das beste Mikroskop nicht überspringen. Aber sie erlaubte immerhin eine fast 2.OOOfache Vergrößerung. Stärkere Vergrößerungen sind nur mit kürzeren Wellenlängen möglich.
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1870 - Der Durchbruch

1870 legte Abbe seine ersten Berechnungen für hochwertige Objektive und Okulare vor. Nun entstanden Mikroskope, die alle bisher bekannten Instrumente an Bildqualität überragten.

Aber dann stagnierte die Arbeit, weil es an geeigneten Gläsern fehlte, die die theoretischen Berechnungen erfüllen konnten und farbsaumfreie Bilder lieferten. Das etwa war die Situation, als Robert Koch den Jenaer Werkstätten einen Besuch abstattete.
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1881 - Ein Chemiker namens Otto Schott

Robert Koch machte Zeiss und Abbe auf einen vielversprechenden, jungen Chemiker namens Otto Schott (1851-1935) aufmerksam. Der aus Witten an der Ruhr stammende Schott hatte aussichtsreiche Versuche mit neuen Glassorten gemacht.

Anfang 1881 traf Abbe mit Schott zusammen. Sie beschlossen, die Versuche zur Gewinnung wertvoller optischer Gläser gemeinsam fortzusetzen. Das Versuchslaboratorium wurde nach Jena verlegt. Bald gelang es dem Chemiker Schott, eine Reihe neuer Glassorten herzustellen, die eine vollkommen farbsaumfreie Abbildung ermöglichten.

Der preußische Staat beteiligte sich mit 60.000 Mark an den kostspieligen Experimenten. 1884 entstand das von Schott, Abbe und Zeiss gemeinsam ins Leben gerufene Glaswerk Schott & Genossen. Drei Jahre später konnte diese Glashütte, in der das Mischmaterial nach Gramm und Zentigramm abgewogen wurde und in dem man ganz neue Materialien verwendete, schon 44 verschiedene Gläser verschicken, die unterschiedlichen optischen Zwecken dienten. Diese Gläser waren das letzte, was zu einer Vervollkommnung der Zeiss-Mikroskope noch gefehlt hatte.
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Mikroskop und mikroskopische Technik

Nachdem die optischen Fragen weitgehend geklärt waren, entstanden eine Reihe verschiedener Mikroskoparten für verschiedene Anwendungsbereiche. Das Binokular-Mikroskop besaß ein gewöhnliches Objektiv. Durch eine Vorrichtung aus Prismen wurde der Lichtstrahl in zwei Bündel geteilt und in zwei Röhren zwei Okulargläsern zugeführt. Der vergrößerte Gegenstand erschien im Relief.

Zur Beobachtung von Objekten in Aquarien konstruierte man ein spezielles Aquarium-Mikroskop. 1903 erfand der österreichisch-deutsche Chemiker Richard Zsigmondy (1865-1929) zusammen mit dem Physiker Henry Friedrich Wilhelm Siedentopf (1872-1940) das Ultramikroskop, mit dem Teilchen sichtbar gemacht werden konnten, die kleiner waren als die Wellenlänge des sichtbaren Lichts.

Sie bedienten sich der physikalischen Tatsache, daß Kolloidpartikelchen das auf sie auftreffende Licht streuten und auf diese Weise um sich herum ein Lichtscheibchen erzeugten, das größer war als sie selbst. Noch heute findet das Ultramikroskop in der Kolloidchemie Verwendung.

Auf allen anderen Gebieten, bei denen starke Vergrößerungen notwendig sind, wurde es vom Elektronenmikroskop abgelöst.

Andere Mikroskope - das Polarisationsmikroskop

Andere Mikroskope arbeiteten mit „manipuliertem Licht", so das Polarisationsmikroskop, bei dem Objektiv und Okular mit unterschiedlich „gepolten" Polarisationsfiltern versehen wurden, so daß von farblosen Gesteins- und Kristallproben prächtige farbige Bilder gewonnen werden konnten, die den Aufbau des Materials entschleiern halfen.

Auf der Basis von Interferenzerscheinungen, die bei der Überlagerung zweier Lichtwellen entstehen, gelang die Untersuchung von Gesteinsdünnschliffen und die Vornahme spannungsoptischer Experimente bei nichtkristallinen Stoffen mit dem Interferenzmikroskop.

Das Phasenkontrastverfahren, für dessen Erfindung der Holländer Frits Zernike 1953 den Nobelpreis erhielt, geht ebenfalls von der Interferenz aus, deren Wirkung jedoch durch ein in den Strahlengang gebrachtes phasenverschiebendes Plättchen wesentlich verstärkt wird. Dadurch wurden die Kontraste wesentlich verbessert.

Eine große Rolle spielt die Art der Beleuchtung

Bei allen Mikroskopen spielt die Art der Beleuchtung eine große Rolle. Vor allem aber muß gewährleistet sein, daß das Untersuchungsobjekt vom Licht durchstrahlt werden kann. Dazu muß das Objekt so dünn wie möglich sein.

Im Jahre 1850 stellte der englische Mineraloge Henry Clifton Sorby dünne Gesteinsplättchen her, deren Struktur er unter dem Mikroskop untersuchte. Derartige Dünnschliffe sind erforderlich, wenn man Mineralien, Gesteine und Kristalle durchsichtig machen will.

Bei Objekten aus dem Tier- und Pflanzenbereich ist das Verfahren bedeutend komplizierter. Man konstruierte ein sogenanntes Mikrotom (griechisch = Kleinschneider), mit dem man Schnitte von Präparaten bis zu 1/200mm Dicke anfertigen konnte.

Das funktionierte allerdings nur, wenn die zu untersuchenden Gewebe eine gewisse Festigkeit aufwiesen. Weiche Stücke legte man vor dem Schnitt in eine Kältemischung oder Äther und brachte sie so zum Erstarren, oder sie wurden in Stearin oder Paraffin eingeschmolzen.

Bis 1855 wiesen alle mikroskopischen Abbildungen einen großen Nachteil auf: Sie waren ohne Kontraste. Das änderte sich erst, als in diesem Jahr der Wissenschaftler und Anatom Joseph von Gerlach die mikroskopischen Färbemethoden entdeckte.

Sie beruhten auf der Eigenschaft der organischen Substanzen, sich mit gelösten Farbstoffen zu durchtränken und diese Farbstoffe dann mehr oder weniger festzuhalten. Robert Koch benutzte bereits die synthetisierbaren Anilinfarbstoffe, um die Untersuchung der Bakterien zu erleichtern.
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