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Der Deutsche Rundfunk bis zum Inkrafttreten des Kopenhagener Wellenplans (1950)
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Von Gerhart Goebel (Darmstadt / Eberstadt)
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C. Das Rundfunk-Programm

Hans Bredow im Oktober 1923

„Der Rundfunk soll nicht allein ein Mittel zur Unterhaltung sein, sondern auch volkserzieherischen Aufgaben dienen. Er wird nur dann bleibenden Wert behalten, wenn er ..... die im Volke vorhandene Sehnsucht nach innerer Vollkommenheit befriedigt."

Diese Worte gab H. Bredow im Oktober 1923 dem deutschen Rundfunk als Richtschnur für die Programmgestaltung mit auf den Weg.

Über die Veränderung der Hörgewohnheiten

Es ist nicht die Aufgabe dieser Arbeit, die Programm-Seite des Rundfunks so ausführlich zu behandeln wie die technische; denn die Deutsche Post hat sich grundsätzlich niemals mit Programmfragen befaßt, sondern hat dies stets den Rundfunk-Gesellschaften überlassen. Die durchschnittliche Zusammensetzung der deutschen Sendeprogramme läßt sich statistisch verfolgen.

Dagegen deckt sich die aus gelegentlich veranstalteten Hörerumfragen und aus Hörerzuschriften ermittelte durchschnittliche Beurteilung des Programms anscheinend nicht immer mit der subjektiven Meinung des einzelnen Hörers, seitdem das sportliche Interesse am Empfang möglichst vieler Stationen der kritischen Beachtung der Darbietungen eines Senders gewichen ist.

Es soll deshalb die Entwicklung des Rundfunk-Programms hier nur der Vollständigkeit wegen in großen Umrissen geschildert werden, zumal da sie stellenweise einen gewissen Einfluß auf die Technik gehabt hat oder von der Technik beeinflußt worden ist.

Die erste Sendefolge am 29.10.1923

Die erste von F. G. Knöpfke angesagte Sendefolge, die am 29.10.1923 von 20 ... 21 Uhr offiziell über den deutschen Rundfunk lief, lautete:

„ERÖFFNUNGSKONZERT DER FUNKSTUNDE BERLIN"

am 29.10.1923, abends 8-9 Uhr

1. Hier Sendestelle Berlin, Voxhaus, Welle 400.
2. Kurze Mitteilung, daß die Berliner Sendestelle Voxhaus mit dem Unterhaltungsrundfunk beginnt.
In dem heutigen Konzert wirken mit: Herr Kapellmeister Otto U r a c k , Herr Fritz Gold-schmidt, Frau Ursula Windt, Herr Alfred Richter vom Deutschen Opernhaus, Herr Konzertsänger Alfred Lieban. Zur Begleitung wird ein Steinwayflügel benutzt.

MUSIKFOLGE

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  • 1. Cello-Solo mit Klavierbegleitung „Andantino" von Kreisler, gespielt von Herrn Kapellmeister Otto Urack. Am Klavier: Herr Fritz Goldschmidt.
  • 2. Gesang-Solo mit Klavierbegleitung, Arie aus „Paulus" von Mendelssohn, vorgetragen von Herrn Kammersänger Alfred Wilde. Am Klavier: Herr Kapellmeister Otto Urack.
  • 3. Violin-Solo mit Klavierbegleitung. Langsamer Satz aus dem Violin - Konzert von Tschai-kowsky, gespielt von Herrn Konzertmeister Rudolf Deman. Am Klavier: Herr Kapellmeister Otto Urack.
  • 4. Gesang-Solo mit Klavierbegleitung. Arie der Dalila aus „Samson und Dalila", gesungen von Frau Ursula Windt. Am Klavier: Herr Kapellmeister Otto Urack.
  • 5. Voxplatte: „Hab Mitleid4, Zigeunerlied (S. Pawlowicz), gespielt von Herrn Konzertmeister Rudolf Deman (Violine), Herrn Kapellmeister Otto Urack (Cello), Herrn Max Saal (Klavier)
  • 6. Voxplatte: „Daß nur für Dich mein Herz erbebt", aus Troubadour, gesungen von Herrn Kammersänger Alfred Piccaver
  • 7. Klarinetten-Solo mit Klavierbegleitung, „Lar-ghetto" von Mozart, vorgetragen von Herrn Alfred Richter vom Deutschen Opernhaus. Am Klavier: Herr Kapellmeister Otto Urack.
  • 8. Gesang-Solo mit Klavierbegleitung, „Der schlesische Zecher" von Reißiger, vorgetragen von Herrn Kammersänger Adolf Lieban. Am Klavier: Herr Kapellmeister Otto Urack.
  • 9. Cello-Solo mit Klavierbegleitung, „Träumerei" von Schumann, gespielt von Herrn Kapellmeister Otto Urack. Am Klavier: Herr Fritz Goldschmidt.
  • 10. Gesang - Solo mit Klavierbegleitung „Über Nacht" von Hugo Wolf, vorgetragen von Herrn Kammersänger Alfred Wilde. Am Klavier: Herr Kapellmeister Otto Urack.
  • 11. Violin-Solo mit Klavierbegleitung, „Menuett" von Beethoven, vorgetragen von Herrn Konzertmeister Rudolf Deman. Am Klavier: Herr Kapellmeister Otto Urack.
  • 12. Voxplatte: „Deutschland, Deutschland über alles", gespielt vom Infanterie-Regiment III/9, Obermusikmeister Adolf Becker.


"Mitteilungen der Mithörer über Urteile usw. an Voxhaus, Berlin W9, werden erbeten."

Ein erster Hifi-Kommentar

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  • „Die drahtlose Streu-Dienst-Telephonie ist heute schon so weit fortgeschritten, daß Klangcharaktere in vollkommenster Weise bei der Übermittlung erhalten bleiben", schrieb eine Berliner Zeitung über diese erste deutsche Rundfunk-Sendung,
  • während eine andere meinte: „Die Übermittlung erfüllt gewiß nicht alle Erwartungen, namentlich das gesprochene Wort war oft mißverständlich, während die Gesangsvorträge günstiger ausfielen."
  • Immerhin glaubte eine dritte, daß sich trotz aller Mängel sicher genug Menschen finden würden, „denen es von Zeit zu Zeit Spaß macht, drahtlose Konzerte zu hören, wenn nicht anders, so als Kuriosität" [226]. Der Inhalt des Programms schien zunächst vollkommen nebensächlich.

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1923 - Erste Wortsendung - das „Seegespenst"

Es folgten allabendlich musikalische Darbietungen, die, soweit es sich nicht um Schallplatten handelte, vorwiegend von der Tanzkapelle B. Ette bestritten wurden. Am 3. November 1923 brachte der Deutsche Rundfunk die erste vom Berliner Kabarett „Die Rampe" aufgeführte Wortsendung, bei der unter anderem P. Ihle das „Seegespenst" von Heine rezitierte.

1923 - Auch die Kirche beteiligte sich

Am 9. November 1923 wurde der Nachrichtendienst eingeführt. Die erste Rundfunk-Predigt hielt P. Siebert am Totensonntag 1923.

1923 - Die Kapuzinerpredigt aus „Wallensteins Lager"

Am 29. November unternahm M. Heye den fragmentarischen Versuch, dramatische Literatur zu senden, indem er die Kapuzinerpredigt aus „Wallensteins Lager" rezitierte.

Die Zeitschrift „Der Deutsche Rundfunk" veröffentlichte in ihrer 6. Nummer vom 23. Dezember 1923 die erste regelrechte Sendefolge für die Zeit vom 23. Dezember 1923 bis zum 6. Januar 1924.
Sie enthielt:

von 16.30 ... 18.00 Uhr: Unterhaltungsmusik.
  18.30 Uhr: (nicht täglich, nach Bekanntgabe durch Rundspruch) Vorträge.
von 20.10 ... 21.00 Uhr: Konzert (sonntags und freitags 18 ... 19 Uhr)
  21.15 Uhr: Nachrichten
von 21.30 ... 23.00 Uhr: (nicht täglich, nach Bekanntgabe durch Rundspruch) Tanzmusik.

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Dez. 1923 - Eine Ansprache des Reichskanzlers Marx

Die erste offizielle Sendung - eine Ansprache des Reichskanzlers Marx - fand am 23. Dezember 1923 statt. Am selben Tage wurde das erste eigentliche Rundfunk-Konzert eröffnet mit Beethovens Trio B-Dur, Op. 11, gespielt von Kapellmeister O. Urack (Klavier), R. Deman (Violine) und K. Dechert (Cello), drei Künstlern, die bereits in einigen früher von der Hauptfunkstelle Königs Wusterhausen veranstalteten Sonntags-Konzerten mitgewirkt hatten (vgl. Vorgeschichte).

Sonntagskonzerte aus Königs Wusterhausen

Seit der Errichtung des Voxhaus-Senders beschränkte sich Königs Wusterhausen darauf, neben seinem traditionellen, von eigenen Kräften oder aus eigenen Mitteln veranstalteten Sonntagskonzert abends die Darbietungen des Voxhauses zu verbreiten. Hinzu kamen gelegentlich spezielle Sendungen für Rundfunk-Werbeabende der Radio-Klubs in der Provinz, bei denen Königs Wusterhausen zunächst Schallplattenmusik zum Einstellen der Empfangsgeräte, dann eine spezielle Begrüßungsansprache und anschließend ein Schallplattenkonzert brachte.
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1924 - Erste Opernsendungen

Am 2. Januar 1924 wurde aus dem Voxhaus als erster Versuch einer Opernsendung der Gartenakt aus „Margarethe" gesendet. Am 10. Januar folgten Szenen aus „Tannhäuser", am 20. Januar Ausschnitte aus der „Fledermaus". Am 18. Januar 1924 übertrug die Berliner Funkstunde mit Unterstützung der Techniker des TRA die Operette „Frasquita" unter der Leitung von F. Lehar unmittelbar aus dem Thalia-Theater.

Ab März 1924 - Tagesnachrichten und Wettervorhersagen

Vom März 1924 ab wurde die Sendefolge der Berliner Funk-Stunde erheblich erweitert durch die Bekanntgabe von Kleinhandelspreisen, Tagesnachrichten, Wettervorhersagen, Tendenznachrichten der Börse und durch die Zeitansage.

Am 5. März 1924 übertrug der Rundfunk als erstes aktuelles Ereignis Ausschnitte aus einer Tagung des VDI in Berlin. Um dieselbe Zeit ging man dazu über, das Abendprogramm unter einem gemeinsamen Titel zusammenzufassen. In einem: „Alt-Berliner-Abend" am 10. Mai 1924 trat zum ersten Male A. Braun auf, der später als Sprecher, Darsteller, Hörspieldichter und -regisseur einen maßgebenden Einfluß auf die Programmgestaltung gewinnen sollte.

1924 - Erste Berliner Jugendsendung

Die erste Berliner Jugendsendung: „Gedichtchen und Geschichtchen" fand am 13. April 1924 statt. Am 20. April folgte Frankfurt mit einer Jugendstunde. Vom Juni 1924 an wurden von verschiedenen Sendegesellschaften regelmäßige Jugendveranstaltungen eingeführt. Trotzdem herrschten während des ersten Rundfunk-Halbjahres Musikdarbietungen vor. Der literarische Teil beschränkte sich auf ernste Lyrik oder auf die Rezitation humoristischer Gedichte, die durch häufigen Wechsel des Tempos und des Tons gegenüber längeren Prosastücken eine Auflockerung des Programms ermöglichten.

Der Versuch der Berliner Funkstunde, einen Roman „Die Katastrophe" von H. J. Gramatzki in Fortsetzungen mit Geräuschuntermalung vor dem Mikrophon vorlesen zu lassen, erwies sich als Fehlschlag.

Okt 1924 - 32 vollständige Spielopern

Im Oktober 1924 schloß die Funkstunde mit der Berliner Staatsoper einen zweijährigen Monopolvertrag, als dessen Folge - beginnend mit der „Zauberflöte" am 8. Oktober 1924 - 32 vollständige Spielopern übertragen werden konnten. Da die Qualität dieser unmittelbaren Opernübertragungen anfangs nicht befriedigte, inszenierte C. Bronsgeest im Sendesaal spezielle Opern-Sendespiele, deren erstes (Figaros Hochzeit) am 1. November 1924 über den Sender ging.

Nov. 1924 - Übertragung eines Oratoriums aus Münster

Am 30. November 1924 konnte Münster mit dem inzwischen eingeführten Reisz-Mikrophon aus der Stadthalle das erste Oratorium (Judas Makkabäus) übertragen.

1924 - Rundfunkprogramm mit dramatischer Literatur

Vom Juni 1924 an begann man, im Rundfunkprogramm auch die dramatische Literatur zu pflegen. Von der Theater - Bühne wurden allerdings nur wenige Stücke unmittelbar gesendet, so in Berlin u. a. die Charell-Revue „Für Dich" und Meyer-Försters „Alt-Heidelberg". Mit Rücksicht auf die völlig verschiedenartigen Anforderungen von Bühne und Sendesaal arbeitete man die Theaterstücke ebenso wie Opern für die Mikrophonaufnahme um und führte sie als Sendespiele im Studio auf.

1925 - Monatlich 2 ... 6 Hörspiele aus Berlin

Als erstes „Schauspiel-Sendespiel" brachte Frankfurt am 29. Juni 1924 „Lancelot und Sandarein", während die Funkstunde am 3. Januar 1925 als erstes Sendespiel „Wallensteins Lager" unter der Regie von A. Braun aufführte. Im Laufe des Jahres 1925 brachte Berlin monatlich 2 ... 6 solcher Hörspiele und im Laufe des Jahres 1926 wurden vom Deutschen Rundfunk 500 Werke von 280 Dramatikern als Hörspiele aufgeführt, an deren Gestaltung u. a. F. Bischoff und E. Hardt führend beteiligt waren. Am 25. Januar 1927 konnte die RRG das erste Hörspiel- Preisausschreiben veranstalten.

1924 - „Wissenschaftlichen Fortbildungskurse"

Entsprechend den volksbildnerischen Zielen des Rundfunks traten im Rahmen des Vortragsprogramms schöngeistige Themen zurück zugunsten der „Wissenschaftlichen Fortbildungskurse" der Hans-Bredow-Schule (Hamburg, 3.7.1924), der „Stunde für die Frau" (Frankfurt, 11.8.1924), der „Stunde für den Landwirt" (Hamburg, 11.8.1924), des „Pädagogischen Funks" (7.1.1926) und des „Ärztefunks" (5.2.1926) der Deutschen Welle. Diesen Berufssendungen folgten u. a. am 6. November 1926 der erste „Arbeiterrundfunk", am 15. Januar 1927 der „Beamtenrundfunk" und am 19. Dezember 1927 der „Schulfunk" der Deutschen Welle u. v a.

Neue Volkshochschulen

Damit nahm diese Sendegesellschaft den damals aufkommenden Gedanken der Volkshochschulen in ganz neuer und umfassender Weise auf, indem sie zunächst an die Berufstätigkeit der Hörer anknüpfte, später auch ohne Anlehnung an die Erfordernisse fachlicher Fortbildung Fragen aus den verschiedensten Gebieten der Geistes- und Naturwissenschaften behandelte.

Erster aktueller Sportbericht

Den ersten aktuellen Sportbericht anläßlich einer Ruderregatta sprach B. Ernst über den Sender Münster am 21. Juni 1925, und am 9. November 1926 sendete Berlin die erste Rundfunk-Gymnastikstunde, während die Norag in Hamburg am 1. Januar 1926 die erste Radio-Tanzstunde veranstaltete.

Mai 1924 - Erste Rundfunk-Reklame

Im Mai 1924 erklärte sich die DRP mit der Verbreitung von Reklame- Bekanntmachungen durch die Rundfunksender „in mäßigem Umfange" und in allervorsichtigster Form einverstanden. Die erste als solche ausdrücklich gekennzeichnete Werbesendung wurde am 15. September 1924 ausgestrahlt. Mit dem 1. Januar 1936 wurde jede Rundfunk-Reklame untersagt. Erst nach dem 1. August 1949 führte der Südwest-Funk wieder Werbesendungen ein.

Ab 1926 - Der Rundfunk muß Autoren bezahlen

Naturgemäß konnte sich das Rundfunkprogramm nicht immer ungestört entwickeln. Die anfangs in Künstler- und Autorenkreisen herrschende Begeisterung über das neue Publikationsmittel wich sehr bald nüchternen geschäftlichen Überlegungen. Gerhard Hauptmann und Hugo von Hoffmannsthal strengten wegen unbefugter Sendung ihrer Werke Prozesse gegen die Funk-Stunde AG. und die Mitteldeutsche Rundfunk AG. Leipzig an, die durch Reichsgerichtsurteil vom 15. Mai 1926 zugunsten der Autoren entschieden wurden.

Umsatzrückgang bei der Schallplatten-Industrie

Die Schallplatten-Industrie machte mit der Begründung, daß die deutschen Rundfunkhörer mit Schallplattenmusik übersättigt würden, den Rundfunk indirekt für ihre Produktions- und Absatzverminderung verantwortlich. Zunächst mußten sich die Sendegesellschaften verpflichten, Fabrikmarke, Künstler und Verkaufsnummern der ihnen kostenlos zur Verfügung gestellten Schallplatten zu nennen.

Nov. 1931 - Der Rundfunk darf keine Platten mehr senden

Am 13. November 1931 wurde es der RRG generell untersagt, Musik von Industrieschallplatten zu senden, nachdem die Rundfunk-Gesellschaften vom Januar 1930 an begonnen hatten, eigene Platten zu schneiden. Am 5. April 1935 erhoben 7 Schallplattenfabriken Klage gegen den Rundfunk unter Berufung auf ihre Urheberrechte und auf die mit der Platten-Herstellung verbundenen erheblichen Aufwendungen, worauf die RRG ihre Schallplattenarchive versiegelte und die Übertragung von Industrieplatten-Musik einstellte. Das am 10. Februar 1936 in diesem Rechtsstreit verkündete Urteil ermächtigte den Rundfunk, reine Musikschallplatten auch ohne Zustimung des Herstellers für die Programmgestaltung zu verwerten.

1932 - Der Rundfunk wollte politisch neutral bleiben

In Fragen der Politik bemühte sich das Rundfunkprogramm vor 1932 um strikte Neutralität. Am 24. April 1925 gab man erstmalig den beiden Kandidaten um die Reichspräsidentenschaft, v. Hindenburg und Marx, Gelegenheit zu je einer kurzen Rundfunkansprache an die Wähler. Und am 31. Januar 1926 wurde die Rheinland-Befreiungsfeier in Köln als erstes historisches Ereignis auf alle deutschen Sender übertragen [225].

Daß mit wachsender politischer Spannung in Deutschland immer schärfere Kritiken und parteipolitische Angriffe aus allen Lagern gegen den Rundfunk gerichtet wurden, ist naheliegend. Doch konnte H. Bredow 1927 feststellen, „daß sie sich in Ton und Inhalt ungefähr ausglichen".

Juni 1932 - Die „Stunde der Reichsregierung"

Im Juni 1932 gelang es der Regierung Papen, mit der Sendung „Stunde der Reichsregierung" zum ersten Male die politische Objektivität und Überparteilichkeit des Rundfunkprogramms zu durchbrechen. Durch einen neben dem Rundfunkkommissar des Reichspostministers eingesetzten politischen Kommissar des Innenministeriums gewann der Staat zunehmenden Einfluß auf die Gesamtorganisation des deutschen Rundfunks, der zudem gerade damals eine ernste wirtschaftliche Krise zu bestehen hatte: Auf 100 Hörerzugänge kamen 74 Abmeldungen, eine Zahl, die sich u. a. erklärt aus einer Steigerung der Höreransprüche, denen das Rundfunkprogramm nicht immer mehr gerecht werden konnte.

Jan 1933 - Machtübernahme und radikaler Programmwechsel

Mit der Gleichschaltung des deutschen Rundfunks am 30. Januar 1933 fand ein radikaler Programmwechsel statt, der zu einer weitgehenden Aufhebung des kulturellen Eigenlebens der einzelnen Sendebezirke im Rundfunk und in letzter Konsequenz zum Reichsprogramm führte, das bis zum 10. Mai 1945 während etwa 80% der Sendezeit ausgestrahlt wurde.
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Der Spuk dauerte nur 12 Jahre

Erst nach dem Zusammenbruch im Mai 1945 ließ das Programm der deutschen Sendegesellschaften wieder die Eigenarten der einzelnen Sendebereiche erkennen, wenn auch z. T. in einer anderen Form als vorher.

1946 - Der NWDR hat die größte Aufgabe

Die schwerste Aufgabe hatte hier der NWDR zu bewältigen, der z. Zt. noch mit einer einzigen Sendefolge den Belangen der niederdeutschen, rheinisch-westfälischen und eines Teiles der Berliner Hörerschaft gerecht werden muß, während die anderen Rundfunk-Gesellschaften über homogenere Sendegebiete verfügen.

Das Nachkriegsprogramm mußte vor der Währungsreform die wegen Papiermangels nur in beschränkter Auflage erscheinenden Tageszeitungen ersetzen. Dadurch erklärt sich das Anwachsen des Verhältnisses von Wort- zu
Musiksendungen von etwa 32 zu 68 - vor und nach 1933 auf gelegentlich 54 zu 46 nach 1945 [230].

Ausgewogenheit durch eine Vielzahl von Nachrichtensendungen

Das neue Rundfunkprogramm war gekennzeichnet durch das Bestreben, dem Hörer durch eine Vielzahl von Nachrichtensendungen in Verbindung mit subjektiven Kommentaren ein Bild der politischen Lage zu vermitteln und aktuelle Probleme zwischen Anhängern verschiedener Richtungen am „Runden Tisch" zu diskutieren.

Neue Formen der Unterhaltung beim NWDR

Auf dem Gebiet des nach 1933 vernachlässigten Hörspiels und der Unterhaltung suchte man neue Formen. Rätselsendungen wie das NWDR-„Schnelldenkerturnier" oder die originelle, auf dem Erraten des Ursprungs von Geräuschen beruhende NWDR-„Funklotterie" gehören hierher. Auch das Nachtprogramm für den „intellektuell anspruchsvollen Hörer", dessen Idee später von fast allen deutschen Sendegesellschaften aufgegriffen wurde, ging vom NWDR aus [228].

Volkstümliche Sendungen wie das Wunschkonzert der Kriegszeit wurden - wenn auch in etwas abgewandelter Form - beibehalten. Die Symphonieorchester einzelner Sendegesellschaften - so das Orchester des NWDR unter H. Schmidt-Isserstedt und des Südwestfunks unter H. Rosbaud u. a. - erreichten ein vor 1945 unbekanntes Niveau.

Neben zahlreichen Sendungen für spezielle Hörergruppen - wie sie auch schon vor 1933 bestanden hatten - brachten alle Sendegesellschaften Lehrgänge der Sprache ihrer Besatzungsmacht.

1948 - Großer Erfolg mit DRK Suchdienst

Bei dem am 19. Mai 1948 vom Roten Kreuz in Deutschland eingerichteten Suchdienst für Heimkehrer führten 36,2% der Rundfunk-Durchsagen zum Erfolg.

Einsatz der Magnetbandtechnik im Rundfunk

Die Vervollkommnung der Schallspeicherungs-Technik führte nach 1945 infolge der damaligen mannigfaltigen Erschwerungen des Studiobetriebes zu einer nahezu völligen Mechanisierung des Unterhaltungsprogramms, die von Hörerschaft und Presse widerspruchslos hingenommen und als ein Fortschritt der Technik gewertet wurde, zumal da dadurch die Möglichkeit gegeben war, beliebte Melodien beliebig oft zu wiederholen.
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Als Vorteil dieser Mechanisierung wird von den Rundfunk-Anstalten neben der Wirtschaftlichkeit des Verfahrens hervorgehoben, daß dadurch der Ablauf der Sendung weitgehend unabhängig werde von persönlichen Zufälligkeiten wie Absagen oder Verspätungen der Künstler, falschen Einsätzen u. dgl. Dafür müssen allerdings gelegentlich technische Fehler wie Bandrisse, Tonschwankungen, Kopiereffekte, zusätzliche Verzerrungen und ein geringes Bandrauschen in Kauf genommen werden.
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1949 - Immernoch kann der Rundfunk-Empfänger die mögliche Studio-Qualität gar nicht wiedergeben

Die letztgenannten Fehler werden allerdings von normalen Empfängern nicht mehr wiedergegeben. Hinzu kommt, daß sie ohnehin nur vom physikalisch geübten, nicht vom nur musikalisch geschulten Ohr wahrgenommen werden, so daß sie dem vorwiegend aus weiblichen Hörern bestehenden Publikum verborgen bleiben.

Schon 1934 ergab ein von der Süddeutschen Rundfunk AG. veranstaltetes Preisraten, daß von 16.274 Hörern nur 52 richtig geraten hatten, ob es sich um Originalsendungen oder Schallaufnahmen gehandelt hatte [247], obwohl die damalige Platte einen wesentlich höheren Rauschpegel aufwies als das heutige Magnetton-Band.

Anmerkung: Die Hauptsendetechnik waren Mittelwellensender mit einem eingeengten Frequenzbereich.

Jetzt fast alle Sendungen vom Magnetband

Die weitgehende Mechanisierung der Sendung hat fast zwangsläufig zu einem gewissen Standard-Programm geführt, das selbst in Ausnahmefällen kaum eine Abweichung von der traditionellen Zeitdauer bestimmter Sendungen zuläßt [242]. Dadurch, daß man beim gegenwärtigen Produktionsverfahren die Möglichkeit hat, eine Bandaufnahme durch beliebig häufige Wiederholung oder durch geeigneten Schnitt bis ins letzte auszufeilen, mag die Sendung an äußerer Form gewinnen, sie verliert aber allzu leicht an Lebendigkeit und Atmosphäre. Das sofortige Abspielen des Bandes nach der Aufnahme mindert den unmittelbaren Einfluß des Regisseurs auf die Darsteller und verleitet diese vielfach zu übertriebenem, gekünsteltem Spiel [241].

Mißbilligung der angestrebten Perfektion

Bei Musiksendungen hat die Mechanisierung des Aufnahme-Verfahrens nach der Meinung erfahrener Studio-Techniker dazu geführt, daß nur wenige Dirigenten noch in der Lage seien, direkt über den Sender gehende Original-Sendungen (Life-Sendungen) zu dirigieren, obwohl durch die Schallaufzeichnung vielfach die letzten Feinheiten des Originalklanges zugunsten einer vollendeten Form verloren gehen.

Deshalb weist H. J. Skornia in seinem verdienstvollen „Handbuch über die Grundlagen des freien deutschen Rundfunks" auch für Musiksendungen ausdrücklich auf die

  • „Wichtigkeit einer größeren Zahl von direkten Übertragungen ..." hin [243], wie sie vor 1933 die Regel waren. Seiner Meinung nach sollte auch der Nachrichtensprecher „ruhig ein wenig menschlicher und interessierter erscheinen als er es zur Zeit tut" [244]. Der Rundfunk - meint er mit Recht - könne ruhig auch einmal ein paar UnVollkommenheiten dulden, „wenn die ganze Sendung dadurch an Menschlichkeit und Verständlichkeit ... gewinnt" [245]


und er schließt mit dem Rat: „Der Rundfunk und sein Personal dürfen nicht in einem luftleeren Raum arbeiten" [246].

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