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Der Deutsche Rundfunk bis zum Inkrafttreten des Kopenhagener Wellenplans (1950)
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Von Gerhart Goebel (Darmstadt / Eberstadt)
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A. Vorgeschichte
(2) Organisatorische Vorarbeiten

1918 - Der (erste) große Krieg war vorbei, verloren !

„Das Ende des Krieges machte eine große Anzahl von Militär- und Marinefunkern frei. Es waren dies meistens Leute, die, durch Kriegsdienst ihrer bürgerlichen Beschäftigung entfremdet, nach dessen Beendigung vor der Frage standen, sich eine neue Existenz zu gründen.

Die ersten "Verbände" wurden gegründet

Unter Führung einzelner besonders ehrgeiziger Männer schlossen sie sich zu Verbänden zusammen und stellten die Forderung auf, daß ihnen das Funkwesen als selbständiger Betriebszweig zu überlassen sei. Es entstand aus diesen Verbänden zunächst tatsächlich die Zentralfunkleitung, die mit Zustimmung der Reichsregierung die vorläufige Leitung des Funkbetriebes übernahm.

1918 - Die "Reichs-Funk-Kommission" wird "geschaffen"

Reichregierung und Vollzugsrat schufen sodann die Reichsfunkkommission, der als Aufgabe die Vereinheitlichung des Reichsfunkdienstes übertragen wurde. Die Lösung dieser Aufgabe, die Ende Januar 1919 in der Kommission nach lebhaften Kämpfen zwischen den einzelnen Interessentengruppen gefunden wurde", war die Gründung einer Reichsfunk-Betriebsverwaltung.

1919 - Bredow wird Chef des "Reichs-Funk-Wesens"

„Gleichzeitig bildete das Reichspostministerium (RPM) für das bisher in der Abteilung für Telegraphen- und Fernsprechwesen bearbeitete Funkwesen eine besondere Abteilung für Funktelegraphie und berief zu deren Leitung auf Empfehlung von Prof. K. W. Wagner den Direktor der Telefunken- Gesellschaft Bredow. Ministerialdirektor Bredow wurde gleichzeitig zum Leiter der Reichsfunk-Betriebsverwaltung bestellt und vereinigte somit das gesamte Reichsfunkwesen mit Einschluß der Heeres- und Marinefunkstellen, soweit diese nicht zur Aufrechterhaltung des rein militärischen Dienstes unbedingt erforderlich waren, in einer Hand.

Die Deutsche Bürokratie wird (wieder) aufgebaut

Damit war zunächst der Übergang des bestimmenden Einflusses der Deutschen Reichspost auf die Funktelegraphie geschaffen. Schon bald stellte sich heraus, daß die Reichsfunk-Betriebsverwaltung, die zunächst noch eine selbständige Reichsbehörde darstellte, als solche den an sie gestellten Anforderungen nicht gerecht werden konnte.

Mai 1919 - Die Reichsregierung verfügt .....

Die Reichsregierung erkannte das Reichspostministerium durch Erlaß vom 9. April 1919 als Zentralbehörde für das gesamte Funkwesen an und verfügte im Mai 1919, daß die Reichsfunk-Betriebsverwaltung als Funkbetriebsamt der Deutschen Reichspost (DRP) anzugliedern und dem Reichspostministerium unmittelbar zu unterstellen sei. Das Funkbetriebsamt wurde unter die Leitung eines höheren Beamten der Reichstelegraphenverwaltung gestellt und bestand in dieser Form bis zum 29. Dezember 1920, an welchem Tage es in das neu gebildete Telegraphentechnische Reichsamt (TRA) aufging . . .". [51].

Die deprimierende Demobilmachung

Das durch die Demobilmachung freigewordene Militär-Funkgerät wurde, soweit es nicht für Zwecke der Reichswehr und der Schutzpolizei verwendet wurde, zum Ausbau eines Reichsfunknetzes benutzt, das die durch den Krieg stark herabgewirtschaftete Drahttelegraphie entlasten sollte. Dieses Inlandfunknetz bestand aus der Hauptfunkstelle König Wusterhausen (Bild 2), 20 Sendestellen und 76 Empfangsstellen bei größeren Postanstalten.

1919 - Die DRP startet "Presse-Rundspruchdienst"

Um praktische Erfahrungen auf dem Gebiete der drahtlosen Verbreitung gleichlautender Nachrichten und Darbietungen zu gewinnen, führte die DRP Anfang 1919 zunächst mittels der vorhandenen Empfangsstellen und eines Poulsen-Senders in Königs Wusterhausen einen telegraphischen Presse-Rundspruchdienst ein. Das Wolffsche Telegraphenbüro verbreitete als erstes während der Tagung der Nationalversammlung in Weimar seine Parlamentsberichte teilweise auf diesem Wege. Die bei den Postanstalten empfangenen Nachrichten wurden der Presse durch Fernsprecher oder Boten zugestellt.

Regelmäßiger Presse-Rundspruchdienst für 3 Monate

Der seit dem 1. 11. 1919 regelmäßige Presse-Rundspruchdienst, an dem sich später auch das Hollandsch Nieuwsbureau beteiligte, mußte im Januar 1920 auf Grund des Art. 197 des Versailler Friedensvertrages zunächst eingestellt werden. Er konnte im Mai 1920 unter Beteiligung der Telegraphen-Union neu aufgenommen werden.

Febuar 1921 - Nur noch ein Nachrichtendienst

Im Juni 1920 beteiligte sich als Lieferer für Wirtschaftsnachrichten die Außenhandelsstelle des Auswärtigen Amtes an diesem Funk-Pressedienst, aus der später die „Eildienst für amtliche und private Handelsnachrichten G.m.b.H." hervorging. Die drei Presse-Büros stellten Anfang 1921 ihren Funkdienst wieder ein, so daß ab Febuar 1921 die Eildienst G.m.b.H. als einziges Nachrichtenunternehmen den telegraphischen Wirtschaftsrundspruchdienst weiter durchführte.

Eine allgemeine Verbreitung von Nachrichten auf drahtlosem Wege würde freilich - wie H. Bredow am 3. 10. 1919 im Haushaltsausschuß der Nationalversammlung ausführte - erst durch Einführung der drahtlosen Telephonie möglich sein.

November 1919 - Vortrag „Funkentelegraphie und Presse"

Im Auftrage der DRP veranstaltete er am 16.11.1919 in der „Urania" einen Experimental-Vortrag über das Thema: „Funkentelegraphie und Presse", bei dem über einen vom TRA gebauten Röhrensender anfangs Musik, später Städtenamen und Zahlen übertragen und im Vortragssaal durch lautsprechende Grubentelephone (!) hörbar gemacht wurden.

Bei dieser Gelegenheit erörterte Bredow zum ersten Male die Möglichkeiten eines „Rundfunks an alle". H. Dominik schrieb hierüber: „Trotzdem der Vortragende streng auf dem Boden nüchterner Sachlichkeit blieb, konnte er doch gelegentlich Zukunftsperspektiven von Jules Vernescher Kühnheit entwerfen. So beispielsweise den zukünftigen politischen Redner, der seine Rede an einer Stelle in den drahtlosen Empfangsapparat spricht, während sie gleichzeitig in tausend verschiedenen Sälen in ganz Deutschland von einer Million Menschen gehört wird." [54; 55].

Anfang 1920 - täglich 30 Minuten Radio

Anfang 1920 wurden auf Veranlassung von Bredow nicht nur vom TRA (H. Harbich), sondern auch von der Hauptfunkstelle Königs Wusterhausen fast täglich 1/2 Stunde lang Versuche mit drahtloser Übertragung von Sprache durchgeführt, und zwar abwechselnd mit einem Maschinensender und einem 5kW-Lichtbogensender (Welle 3500 und 2700m) (Bild 3). Als Mikrophon diente eine gewöhnliche Fernsprechkapsel im Wandarm, die im Senderraum stand.

Von Juni 1920 an übertrug die Hauptfunkstelle zwischen den Probetexten auch Schallplattenmusik, wobei das Mikrophon zunächst wieder unmittelbar vor dem Grammophontrichter stand.

Dezember 1920 - Erste drahtlose Instrumentalkonzerte

Am 22.12.1920 veranstalteten E. Schwarzkopf und Beamte der Hauptfunkstelle Königs Wusterhausen das erste drahtlose Instrumentalkonzert (Geige, Harmonium, Chorgesang). Der Empfang dieser Sendungen wurde von zahlreichen deutschen Post- und Reichswehrfunkstellen, aber auch von vielen kommerziellen und Amateurfunkstellen Europas bestätigt.

Dez. 1920 - Europaweiter Empfang - Hier einige Beispiele:

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  • Funkspruch:
    Karlsborg, 25.2.20 (700km). Wir hörten Sie sehr gut und jedes Wort deutlich, bitte nun uns antworten. Ihre Telephonieversuche waren glänzend!
  • Funkspruch :
    Moskau, 2.2.20 (1700km). Bei heutigem Telephonieversuch war der vorgelesene deutsche und russische Text gut zu hören. Ganz besonders gut waren zu hören die Worte ... Auch das Pfeifen war gut hörbar.
  • Funkspruch:
    Karlsborg, 17.9.20 (700km). Guten Morgen! Der Minister und der Generaldirektor der schwedischen Telegraphenverwaltung danken herzlichst für die außerordentlichen Vorführungen,
  • Luxembourg, den 23.12.20 (600km). Besten Dank für Ihr Gratis-Weihnachtskonzert von gestern, zu welchem ich den Redakteur der Luxembourger Zeitung eingeladen hatte und dessen Bericht Sie im beiliegenden Ausschnitt lesen können ... gez. A. Robert, Professor im Institut E. Metz.
  • Funkspruch:
    Kiel, 22.12.20. Funkstelle (300km). Musik tiptop. Heute abend ein Hoch für Euer Spezielles. - Frohes Fest!
  • Telegramm:
    Königsberg, den 23.12.20 (530km). Ihr Abschieds-konzert in Königsberg wunderbar gehört. Es rief direkte Weihnachtsstimmung hervor, als geborener Berliner und ehemaliger Lehrling der Firma C. Lorenz solche Erfolge zu genießen!
  • Funkspruch :
    Serajewo, 22.12.20 (Funkstation 1.500km). Ihr heutiges Telephoniekonzert war ausgezeichnet, ebenso der Gesangsvortrag Ihres Hahnes. Beglückwünschen Ihren Erfolg und Gruß.
  • Brief:
    Cirgglestone-Wakefield, England, Dez.31.20 (1.200km). Ich besitze hier eine drahtlose Versuchsstation und empfange täglich zwischen 12, 15 und 13 Uhr Ihre Telephonie. Ihre Telephonie ist sehr laut und kann im ganzen Zimmer mit gewöhnlichen Telephonen und einem 4fach-Verstärker gehört werden... Die Entfernung von hier bis zu Ihrer Station beträgt ungefähr 1.200km. gez. H. H. T. Bu.
  • Brief:
    Veendam, den 23.12.1920 (Holland) (850km). Ich nehme gern zur Veranlassung, Ihnen zu berichten, daß ich seit einigen Tagen mit großem Vergnügen Ihre ausgezeichneten Telephonie-Demonstrationen mitanhöre. Ich empfange mit 3 nebeneinander aufgestellten amerikanischen „Lateral-Spulen" und bemerke dabei, daß die Abstimmung sehr leicht ist, aber stelle in erster Reihe fest, daß die Lautstärke der von Ihnen gegebenen Telephonie und Musik sehr „kräftig" ist, absolut ohne Nebengeräusche prächtig moduliert und die Stimme des Redners deutlich und schön artikuliert klingt... Während ich mich sehr freue auf die künftigen Ausführungen (die schöne Musik nicht zu vergessen), begrüße ich Sie und wünsche auch für 1921 einen glänzenden Erfolg, gez. O. H.

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Ab März 1921 - öfter Instrumentalkonzerte

Am 23.3.1921 wurde zu Ostern ein größeres Instrumentalkonzert aus dem Senderraum in Königs Wusterhausen übertragen, und am 8.6.1921 konnte unter Mitwirkung von W. Hahn die erste drahtlose Übertragung einer Aufführung (Madame Butterfly) aus der Staatsoper über den Lichtbogensender von Königs Wusterhausen durchgeführt werden [90]. Die Hauptaufgabe dieser Versuche blieb jedoch die Klärung der technischen Bedingungen für eine einwandfreie Sprachübermittlung. Mit einem 2,5kW Röhrensender konnten 1921 bis zu 3.900km überbrückt werden.

Aug. 1922 - Bredows Reichstagsrede wird gesendet

Im November 1921 wurden Versuche zur Fernbesprechung des Senders Königs Wusterhausen vom Telegraphentechnischen Reichsamt in Berlin aus durchgeführt, und am 18. August 1922 wurde als erste offizielle Rede die Ansprache Bredows im Reichstag anläßlich eines Internationalen Telegraphisten-Wettstreits übertragen [56].

Treibende Kraft war die Inflation

Inzwischen war durch die fortschreitende Entwertung der Mark das Bedürfnis nach schnellster Übermittlung von Preisnotierungen und Kursen derart gestiegen, daß es mit den vorhandenen Nachrichtenmitteln selbst unter Zuhilfenahme des telegraphischen Wirtschaftsfunks nicht mehr befriedigt werden konnte.

1921/1922 - Vermietung plombierter Geräte mit einer Frequenz

Deshalb schlug der Geschäftsführer der „Eildienst G.m.b.H.", E. L. Voss, 1921 der DRP vor, den Wirtschaftsfunk auf drahtlose Telephonie umzustellen und den Beziehern der Nachrichten geeignete Empfänger zur Verfügung zu stellen. Die Gesellschaft übernahm das gesamte Risiko und garantierte für mehrere Jahre sowohl die Betriebskosten eines großen Sprechsenders als auch eine Mindestzahl an Teilnehmern. (Abkommen mit dem RPM vom 21./27. 6. 1921, ersetzt durch Vertrag vom 30. 12. 1922).

Die infolge der innerpolitischen Wirren in Deutschland damals noch bestehenden Bedenken des Reichsministeriums des Inneren und des Reichswehrministeriums gegen eine Benutzung von Empfängern durch Privatleute wurden kurzer Hand dadurch beseitigt, daß die DRP den Nachrichtenbeziehern fest abgestimmte und plombierte Geräte vermietete.

1922 - Der Einheits-Rundspruchempfänger

Nachdem von den drei damals bedeutendsten Firmen, Telefunken, C. Lorenz und Dr.E.F.Huth in Zusammenarbeit mit dem Telegraphentechnischen Reichsamt (TRA) ein Einheits-Rundspruchempfänger mit Netzanschlußgerät [57] entwickelt worden war, wurde der Wirtschafts-Rundspruchdienst am 1.9.1922 offiziell eingeführt, „um an Stelle vieler nicht nachprüfbarer Gerüchte ein objektives Tatsachenmaterial schnell und allgemein durch den Funkdienst verbreiten zu können". [213].

Gebühr 1922 - vierteljährlich 150 Goldmark

Der 2,5kW Sender in Königs Wusterhausen wurde von der Eildienst G.m.b.H. oder von der Börse in Berlin fernbesprochen. Bei Kabelstörungen war noch ein drahtloser Besprechungsweg über einen kleinen Sender im Haupttelegraphenamt vorgesehen. Das Rechtsverhältnis zwischen der DRP und den Rundspruch-Teilnehmern wurde durch die Amtsblattverfügung 1/1923 geregelt. Die an die RTV zu zahlende Gebühr betrug vierteljährlich 150 Goldmark. [58].

Der Dienst machte während der Inflation eine wilde Spekulation auf Grund lokal verschiedener Kursnotierungen praktisch unmöglich. Seine volkswirtschaftliche Bedeutung wurde von allen maßgebenden Kreisen anerkannt. Nebenbei diente er der DRP dazu, weitere praktische Betriebserfahrungen für den technisch viel schwierigeren Unterhaltungsrundfunk zu sammeln.

Ein erstes "Rundfunkstudio"

Inzwischen hatte das Personal von Königs Wusterhausen aus alten Löschfunkensendern und Röhren einen fremdgesteuerten 1,5kW „Konzertsender" zusammengebaut, der mittels einer in der Gitterzuleitung der Endstufe liegenden Eisenkern-Drossel (nach einem Patent von E. Schwarzkopf) moduliert wurde (Bild 4).

Musik von der Schallplatte

Als Tonabnehmer bei Schallplattenübertragung diente ein Feldtelefon-Hörer, der anfangs an Stelle des Trichters auf den Tonarm des Grammophons aufgesteckt wurde. Seit Frühjahr 1923 wurde die Bewegung der Grammophonnadel ähnlich Wie bei den heutigen elektrischen Tonabnehmern durch ein Hebelwerk unmittelbar auf die Eisenmembran des Tonabnehmer-Telefons übertragen.

Sonntagskonzerte im "Tonstudio" aus Wolldecken

Als ersten Besprechungsraum hatte man in Königs Wusterhausen im Mai 1923 ein Brausebad von 2,3 x 3,1 x 3,5 m3 eingerichtet, dessen Nachhall durch alte Militärdecken gedämpft wurde. Am 13.5.1923 fand das erste einer langen Reihe regelmäßiger Sonntagskonzerte der Hauptfunkstelle statt, und zwar mit beiden Sendern auf Welle 4000 und 2700m.

Ein Orchester aus Telegraphenbeamten

Es wirkten neben E. Schwarzkopf die Telegraphenbeamten H. Otto (Klarinette) und E. Naumann (Piston) mit. Infolge der Nichtlinearitäten und ausgeprägten Resonanzlagen der benutzten Fernsprechmikrophone war das Zusammenspiel mehrerer Instrumente allerdings noch umso unbefriedigender, je weiter diese vom Mikrophon entfernt waren. Nach Einrichtung eines größeren Besprechungsraums versuchte man, die Einzelinstrumente in verschiedenen Räumen unterzubringen, wobei die Geigenstimme dem die zweite Stimme spielenden Cellisten (H. Gerlach) durch Kopfhörer übermittelt wurde.

Primitivste Optimierungen der frühen Musikübertragungen

Anfang 1923 verbesserte Schwarzkopf die Eigenschaften der Kohle-Fernsprechmikrophone durch Einfügen von Wattedämpfungspolstern und durch die - allerdings zufällige - Einführung des Querstromprinzips. Mehrere Mikrophonkapseln wurden in einem dicken Filzblock zusammengefaßt, und gegen störenden Nachhall wurde dieses Mikrophon durch eine aus Holzleisten und Decken gefertigte Mulde (Bild 5) abgeschirmt.

Jedem Instrument sein Mikrofon

Die Schwierigkeiten des Zusammenspiels mehrerer Instrumente konnten endlich dadurch überwunden werden, daß nach einem Vorschlag von E. Schwarzkopf auf jedem Instrument ein als magnetisches Mikrophon wirkender Fernhörer befestigt wurde (Bild 6).

Eine gegenseitige Beeinflussung der Einzelmikrophone mußte durch 10 Trenn-Verstärkerröhren verhindert werden. (Bild 7). Das Gesamt-Klangbild konnte dadurch zum ersten Male elektrisch durch partielle Regelung der Einzelmikrophone beeinflußt werden [56].

Erste Erfolge und Gedanken zum Unterhaltungsrundfunk

Auf Grund der günstigen Aufnahme der Königs Wusterhausener Musiksendungen in aller Welt schlug H. Bredow bereits im Sommer 1922 dem damaligen Reichspostminister Giesberts die Einführung eines allgemeinen Unterhaltungsrundfunks vor, für den die Mittel durch ein Kuratorium hervorragender Männer in der Öffentlichkeit aufgebracht werden sollten. Dieser vom Minister prinzipiell gutgeheißene Plan konnte infolge seines Rücktritts im November 1922 nicht mehr verwirklicht werden.

1922 - Auch bei der DRP gehts abwärts

Sein Nachfolger, Dr. Stingl, stand dem Gedanken eines Unterhaltungsrundfunks nicht gerade ablehnend gegenüber, aber inzwischen hatte sich die Wirtschaftslage der DRP derart verschlechtert, daß an einen Aufwand irgendwelcher Mittel für diesen Zweck nicht zu denken war [59].

Rundfunk kulturell und wirtschaftlich unbedeutend ?

Zudem gab es damals „in Deutschland nur wenige Persönlichkeiten, die davon überzeugt waren, daß es sich beim Rundfunk um ein kulturell und wirtschaftlich gleich bedeutendes Unternehmen" handle. Die Verfechter dieses Gedankens wurden allgemein als Phantasten betrachtet, und wenige Stellen waren bereit, praktisch zu helfen.

1923 - Erste Funkvereine in Berlin

Eine erfreuliche Ausnahme machten die während der Vorarbeiten bereits in Entwicklung befindlichen Funkvereine [55] (der 1. Radio-Klub in Berlin wurde am 6.4.1923 gegründet), aber diese strebten nach einer völligen Freigabe des Rundfunks nach dem Beispiel der Vereinigten Staaten, eine Forderung, der weder die DRP mit Rücksicht auf die Wahrung des Telegraphengeheimnisses bei den damals nur von ihr betriebenen kommerziellen Diensten, noch das Reichsministerium des Inneren im Hinblick auf die gespannte politische Lage in Deutschland entsprechen zu können glaubten.

1923 - Reichspräsidenten Ebert hört Radio

„Ein Umschwung in den Ansichten der Behörden trat erst ein, als im Sommer 1923 private Organisationen zusammen mit der Funkindustrie dem damaligen Reichspräsidenten Ebert über einen privaten Sender zum ersten Male Saaltelephonie vorführten. Die Experimente erweckten beim Reichspräsidenten und bei der Presse großes Interesse . . ." [147].

Zusammenschluß mehr oder weniger freiwillig

Inzwischen hatten sich nach dem Vorbild Englands die drei maßgebenden Firmen der deutschen Funkindustrie unter der Führung Telefunkens im Oktober 1922 zu einer „Rundfunkgesellschaft m.b.H." zum Bau und Betrieb von Sendeanlagen und zur Herstellung und zum Vertrieb von Empfängern zusammengeschlossen. Die Verhandlungen dieser Gesellschaft mit der DRP zerschlugen sich jedoch, da die Post nicht gewillt war, das Telegraphenregal durch ein privat wirtschaftlich-technisches Sendemonopol durchbrechen zu lassen und da es außerdem zweckmäßig erschien, auch die außerhalb dieser Patentinhabergruppe stehenden Firmen zur Lieferung von Empfangsgeräten für einen allgemeinen Volksrundfunk heranzuziehen.

Die DRP will es selbst machen

Die DRP faßte deshalb den damals beispiellosen Beschluß, die Sender in eigener Regie zu errichten und zu betreiben, dagegen die Programmgestaltung unabhängiger privater Initiative zu überlassen. Hierzu fand sich als erster der Vorsitzende des Verwaltungsrates der Zweigstellen des Auswärtigen Amtes, Generalkonsul Roselius, Bremen, bereit, der mit dem Leiter der Eildienst G.m.b.H. im Mai 1922 die Gesellschaft „Deutsche Stunde für Drahtlose Belehrung und Unterhaltung" gründete, die bis zum Sommer 1923 die Verwirklichung eines „Saalfunks" plante, dessen Programm durch einen Zentralsender in Berlin ausgestrahlt und in öffentlichen Lokalen dem Publikum gegen Entgelt durch Lautsprecher vermittelt werden sollte.

Bredow war gegen jedes Kultur-Monopol

Dies entsprach jedoch nicht der Absicht Bredows, der vielmehr den verschiedenen deutschen Kulturkreisen Gelegenheit geben wollte, durch den Rundfunk einen möglichst großen Teil ihrer Bevölkerung mit eigenen bodenständigen Sendungen zu unterhalten.

Auch die Reichsregierung steuerte auf die Pleite zu

Das Reich konnte angesichts der fortschreitenden Geldentwertung keinerlei mit der Verwirklichung eines solchen dezentralisierten Rundfunk-Plans verbundenes Risiko auf sich nehmen, zumal da damals von Bayern die Frage aufgeworfen wurde, „ob die jetzige Zeit, in der Behörden aller Länder auf Veranlassung der Reichsregierung und mit Rücksicht auf die Notlage des Volkes auf die Einschränkung aller Lustbarkeit drängen, für Einführung solcher Neuerungen gerade günstig gewählt ist". [61].

Programmgestaltung gegen Genehmigungsgebühren

Deshalb wurde im Sommer 1923 vom RPM erneut mit der „Deutschen Stunde" über ein abgewandeltes Projekt verhandelt, und die Gesellschaft erklärte sich trotz der völligen Ungewißheit über die Höhe der zu erwartenden Beteiligung bereit, gegen einen Anteil an den Genehmigungsgebühren für die privaten Empfangsanlagen die Kosten für die Programmgestaltung und für den Betrieb mehrerer Sender auf die Dauer von 5 Jahren zu übernehmen unter dem Vorbehalt, die Erfüllung dieses mit der DRP abzuschließenden Vertrages „einer anderen, dem RPM genehmen Gesellschaft" übertragen zu dürfen [60].

Aufteilung des Reichsgebietes in Strukturen

Das Reichsgebiet wurde entsprechend seiner staatspolitischen und kulturellen Struktur und im Hinblick auf den damaligen Stand der Funktechnik in 9 Sendebezirke eingeteilt, in deren Mittelpunkt je ein Sender aufgestellt und eine Bezirks-Programmgesellschaft auf privatrechtlicher Grundlage gegründet werden sollte, deren Betriebskapital von Privatunternehmern aufzubringen war.

Vorgesehen waren:
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  • 1. der Norddeutsche Bezirk (Berlin)
  • 2. der Schlesische Bezirk (Breslau)
  • 3. der Südwestdeutsche Bezirk (Frankfurt/M)
  • 4. der Niederdeutsche Bezirk (Hamburg)
  • 5. der Ostmarken-Bezirk (Königsberg)
  • 6. der Mitteldeutsche Bezirk (Leipzig)
  • 7. der Westdeutsche Bezirk (Münster)
  • 8. der Bayrische Bezirk (München)
  • 9. der Süddeutsche Bezirk (Stuttgart).

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Wie immer waren alle dagegen . . .

Diesem Plan gegenüber hegte der Reichsminister des Inneren Bedenken, die Konzession für die funktelephonische Verbreitung allgemeiner Nachrichten einer privaten Gesellschaft zu erteilen. Man vertrat den Standpunkt, daß das Reich zur Wahrung seiner Interessen an einer derartigen Gesellschaft beteiligt sein müsse. Der Reichspostminister hingegen befürchtete, mit einer Beteiligung des Reiches die Verantwortung für das Arbeiten des neuen Dienstes übernehmen zu müssen, was wegen der Möglichkeit etwaiger Angriffe gegen die beteiligten Behörden unerwünscht gewesen wäre.

Rundfunkkommissar Bredow hatte den besten Vorschlag

Daraufhin schlug Bredow vor, die Nachrichtensendungen einer dem Innenministerium nahestehenden Gesellschaft „Drahtloser Dienst AG. für Buch und Presse" (Dradag) zu übertragen, während die Deutsche Stunde lediglich musikalische und künstlerische Darbietungen bringen sollte. Auf der Basis dieses Vorschlages konnte am 24.11.1923 das RPM sowohl mit der "Deutschen Stunde" als auch mit der Drahtlosen Dienst AG. einen Vertrag über die Verbreitung von Unterhaltungs- und Nachrichtensendungen in Berlin und Umgebung abschließen, und die beiden Gesellschaften kamen dahin überein, ihre Sendekonzession durch gemeinschaftlich zu gründende Tochtergesellschaften auszuüben [149].

Die DRP beschränkte sich auf die Technik

Die DRP selbst war aus wirtschaftlichen Gründen nicht in der Lage, sich an der Finanzierung dieser Gesellschaften zu beteiligen, hielt dies freilich auch nicht für ihre Aufgabe. Sie beschränkte sich vielmehr auf die Bereitstellung sämtlicher technischen Einrichtungen und behielt sich lediglich eine gewisse Einflußnahme auf die Gesellschaften vor [148]. Durch diese Maßnahmen wurde einerseits ein schneller, einheitlicher Aufbau und neutraler Betrieb unter Ausnutzung aller bei der DRP und der Industrie vorliegenden Erfahrungen möglich, während anderseits der Sendebetrieb unabhängig von privaten Interessengegensätzen blieb.

1923 - Bauen Sie einen Sender, der nichts kostet

Als erste Gesellschaft wurde im September 1923 vom Vox-Konzern, der sich in erster Linie mit der Herstellung und dem Vertrieb von Schallplatten befaßte, in Berlin die „Radio-Stunde AG" (später „Funkstunde") mit einem Kapital von 3.000 £ gegründet [61]. Der DRP wurde der Aufbau der Sendeanlage dadurch erschwert, daß nach einer Anordnung des Reichs-Finanzministeriums neue Betriebszweige, die Geld kosteten, nicht mehr eingerichtet werden durften [60]. Deshalb erhielt F. Weichart auf Bredows Veranlassung vom TRA am 19.9.1923 den Auftrag, aus Laboratoriumsmitteln der Abt. IV einen Rundfunksender für Berlin aufzubauen, wobei gleichzeitig die Forderung gestellt wurde, daß dadurch „Kosten... nicht entstehen" dürften.

Gegen alle Widrigkeiten geht es im Oktober 1923 los

Der Sender wurde am 1.10.1923 fertiggestellt und konnte am folgenden Tage im Vox-Haus (Potsdamer Str. 4) aufgebaut werden. Vom 18.10. ab begannen die Sendeversuche. Bereits am 15.10.1923 hatte Bredow auf einer Pressekonferenz im TRA die Freigabe des Unterhaltungsrundfunks in Deutschland angekündigt und als Beweis für dessen Leistungsfähigkeit von der Hauptfunkstelle Königs Wusterhausen ein mit magnetischen Einzelmikrophonen aufgenommenes Rundfunkkonzert (Violine, Cello, Klarinette, Klavier, Gesang) auf Welle 2.700m übertragen lassen. „Musik und Sprache kamen entzückend klar. Es ist lebendige Musik, die man hört", hieß es in einer Pressenotiz [56]. Am 24.10.1923 teilte die DRP durch das Wolffsche Telegraphenbüro mit, daß der „neue Unterhaltungsrundfunkdienst am 29. d. M. mit Verbreitung von Musikvorführungen usw. auf drahtlos-telephonischem Wege" beginne [63].

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