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Der Deutsche Rundfunk bis zum Inkrafttreten des Kopenhagener Wellenplans (1950)
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Von Gerhart Goebel (Darmstadt / Eberstadt)
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B. Die Entwicklung der Rundfunk-Technik in Deutschland

II. Aufnahme-Technik
a) Mikrophone


Während das von Königs Wusterhausen zur Eröffnung des deutschen Rundfunks vor der Presse am 15.10.1923 übertragene Instrumental-Konzert bereits mit 6 rauscharmen, einzeln regelbaren elektromagnetischen Einzelmikrophonen nach E. Schwarzkopf aufgenommen worden war, benutzte man beim ersten offiziellen deutschen Rundfunksender im Voxhaus am 29.10.1923 - vielleicht aus Zeitmangel, vielleicht auch aus Unkenntnis der in Königs-Wusterhausen geleisteten Vorarbeit - wieder ein gewöhnliches Fernsprech-Mikrophon der Telephon-AG. (vorm. J. Berliner) in einem auf einem Holzwinkel angebrachten Wandarm. Es stand auf einem Stuhl, und seine Höhe wurde durch untergelegte Adreßbücher der Größe des jeweiligen Sprechers angepaßt.

Frequenzbereich etwa 100 bis 3000Hz

Das Kohlekörner-Mikrophon benachteiligte alle Frequenzen unter etwa 100 und über 3.000 Hz, während es dank der ausgeprägten Eigenresonanz der gespannten Kohlemembran die mittleren Frequenzen bevorzugte.

Klirfaktor bis 30%

Außerdem verursachte es bei starker Betonung erhebliche nichtlineare Verzerrungen (Klirrfaktor 20 ... 30%) [162]. Diese Fehler machten sich umso weniger bemerkbar, je einfacher die aufzunehmenden Klanggebilde waren, d. h. je weniger Reflexionen sie enthielten. Infolgedessen mußte man notgedrungen den Nachhall der ersten Aufnahmeräume nahezu völlig dämpfen, so daß die übertragene Musik stumpf und glanzlos klang, ein Nachteil, der angesichts der damals benutzten primitiven Empfänger freilich nicht ins Gewicht fiel.

Ab 1924 Mikrophon mit Kohlekörner-Kapseln

Anfang 1924 wurde das Fernsprech-Mikrophon ersetzt durch ein aus 12 Kohlekörner-Kapseln mit wattegedämpften Membranen zusammengesetztes Mikrophon der „Telegraphon-AG." (Bild 59), mit dem am 18.1.1924 die erste Operetten-Übertragung des deutschen Rundfunks aus einem öffentlichen Theater durchgeführt wurde.

Ab 1924 das Kathodophon

Im Februar 1924 wurde das von der Triergon-Tonfilmgruppe Vogt, Engl und Massolle entwickelte, von C. Lorenz hergestellte und bereits 1922 versuchsweise für Opernübertragungen benutzte Kathodophon (Bild 60) im deutschen Rundfunk eingeführt. Bei diesem Ionenmikrophon wurde bei einer Saugspannung von 500V die Intensität eines von einem glühenden Keramikkörper zu einer siebartigen Anode am Boden des Schalltrichters ausgehenden Ionenstromes durch die Schallwellen geändert. Obwohl die ionisierte Luftsäule eine nahezu ideale, resonanzfreie Membran darstellte, konnte sich das u. a. beim Sender Berlin und Leipzig erprobte Kathodophon infolge unregelmäßiger Entladungen der Kathode nicht durchsetzen.

1924 - Das Bändchen-Mikrophon von Siemens u. Halske

Besser bewährte sich das am 5.4.1924 eingeführte Bändchen-Mikrophon von Siemens u. Halske, das allerdings infolge seines Gewichtes und des angebauten Vorverstärkers noch ziemlich unhandlich war und am 2.11.1924 durch das von E. Reisz angegebene Querstrom-Mikrophon im Marmorblock (Bild 61) ersetzt wurde. Zur gleichmäßigen Übertragung des gesamten damals benutzten Tonfrequenzbereichs enthielt das Reisz-Mikrophon Kohlepulver verschiedener Körnung, das durch eine praktisch eigenresonanzfreie Gummi- oder Glimmer-mebran zusammengehalten wurde [181].

Nahezu geradlinige Frequenzkurve zwischen 50 und 6000 Hz

Dieses Mikrophon besaß zwischen 50 und 6000 Hz eine nahezu geradlinige Frequenzkurve, wies jedoch noch einen verhältnismäßig hohen Rauschpegel auf. Es hielt sich bis 1933. 1929/30 wurde wieder das rauscharme Bändchen-Mikrophon neuerer Form mit permanetem Magneten verwendet.

1931 - Die Neumann Flasche kommt

Im November 1931 führte die Reichs-Rundfunkgesellschaft für den Studio-Betrieb endgültig das im deutschen Rundfunk noch heute vorherrschende Kondensator-Mikrophon [186] in Niederfrequenzschaltung mit angebautem flaschenförmigem Vorverstärker (Baumuster G. Neumann) ein. (Die Rieggersche Hochfrequenzschaltung wurde für Rundfunkzwecke nur einmal 1925 in einer Versuchsausführung von Siemens u. Halske erprobt.)

Der Frequenzgang beträgt ±1db von etwa 30Hz bis 10.000 Hz

Das völlig störgeräuschfreie Kondensator-Mikrophon wird heute mit Kugel-, acht- oder nieren-förmiger Charakteristik benutzt (Bild 62). Es kann 9 Oktaven im Lautstärkenbereich 30 ... 120 Phon übertragen. Der Frequenzgang - bezogen auf 1.000 Hz - beträgt ±1db bis 30Hz und ±3db bis 10.000 Hz (neuerdings 15.000 Hz) bei einem Klirrfaktor von weniger als 1%.

Diverse Zwischenlösungen

Für Reportagezwecke wurden während des 2. Weltkrieges vorübergehend Kristallmikrophone (1mV/ubav) verwandt. Heute scheint sich in Deutschland das ohne angebauten Vorverstärker verwendbare dynamische Tauchspulen-Mikrophon (Baumuster E. Beyer) trotz seiner gegenüber dem Kondensatormikrophon um etwa eine Zehnerpotenz geringeren Empfindlichkeit einzubürgern.
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Der wegweisende Tuchel Stecker wurde bereits 1936 entwickelt.

Eine erste zeichnung aus 1936

Bei den geringen Spannungswerten der Kondensatormikrophone traten infolge der hohen Übergangswiderstände der in den Rundfunk-Studios anfangs benutzten Steckverbindungen (Europa- oder Bananenstecker) störende Kratzgeräusche auf, die erst verschwanden, nachdem die Kontakte durch mehrfaches Stecken von der ihnen anhaftenden Oxydschicht befreit waren.

Diese Kontaktschwierigkeiten wirkten sich umso unangenehmer aus, je mehr Modulationskanäle bei Reichsauflagesendungen gleichzeitig geschaltet werden mußten (1936 anläßlich der Olympischen Spiele bis zu 46 Übertragungswege).
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Genial - selbstreinigende Mehrfach-Messerkontakte

Tuchel Stecker an Telefunken M15

Die RRG führte deshalb von 1936 an versuchsweise zunächst in den Mikrophonleitungen selbstreinigende Mehrfach-Messerkontakte mit sehr hohem Kontaktdruck (2 ... 3kg) ein, deren Übergangswiderstände sich selbst nach 900-stündigem Lagern unter Tropenbedingungen praktisch nicht änderten, während sich unter denselben Bedingungen der Übergangswiderstand von guten Bananensteckern um mehr als den 12-fachen Wert, der von geschlitzten Vollsteckern um mehr als den 120-fachen Wert erhöhte (nach Messungen der PTR vom 27.5.1942). Diese Tuchel-Stecker (Bild 63) sind seit 1943 in allen deutschen Rundfunk-Studios u. ä. Betrieben im Gebrauch.

II. Aufnahme-Technik
b) Mikrophon-Verstärker und Aussteurungsmesser

Die im Voxhaus benutzten ersten Mikrophonverstärker waren in den Laboratorien des Telegraphentechnischen Reichsamtes gebaut. Sie wurden Ende 1924 durch den von E. Reisz entwickelten vierstufigen Spezialverstärker mit Widerstandskopplung (Bild 64) ersetzt. Die Vorspannung jeder Stufe konnte bei diesem Verstärker an eingebauten Trockenbatterien abgegriffen werden.
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Das TRA startet den Studio-Verstärkerbau

Der Reisz-Verstärker V14 mit Netzanschlußgerät hat sich bei der Reich-Rundfunkgesellschaft mit wenigen Modifikationen stellenweise bis 1945 gehalten.

Auch die ersten Studio-Schaltanlagen, die Anschlußmöglichkeiten für 2 Reisz- Mikrophone und 1 Kathodophon, ferner Verstärker, Kontrollempfänger und Pausenzeichen enthielten, waren vom TRA gebaut [215].

Die Rundfunkverstärker Type V25 (von Telefunken und der RRG)

1931 wurden im Haus des Rundfunks in Berlin zum ersten Male an Stelle der Reisz-Tischverstärker in einem zentralen Verstärkerraum untergebrachte Gestellverstärker V25 (Bauart Telefunken und RRG) benutzt. Sie waren zwecks Anpassung an neue Mikrophontypen aus bis zu 5 gußgekapselten Einzelstufen aufgebaut und wurden aus Maschinen (Anodenspannung 800V, Heizspannung 30V) gespeist.

Die 2% Welligkeit des Maschinengleichstromes wurde durch zusätzliche Siebmittel innerhalb des Verstärkers beseitigt [183]. Vorgesehen waren im Berliner Funkhaus 3 Verstärker für Sendungen, 3 für Proben und 2 als Reserve.

1937 - Die RRG und Lorenz entwickeln den V21 und den V40

1937 wurden von der RRG in Verbindung mit der C. Lorenz A.G. neue Verstärkerzüge in Gestellbauart mit gesonderten Netzgeräten entwickelt, die sich aus dem zweistufigen Mikrophon-Vorverstärker (V40), dem dreistufigen Haupt Verstärker (V21) und einstufigen Zusatzverstärkern (V22) zusammensetzten und bis 1941 in allen deutschen Funkhäusern in Betrieb waren.

1943 - Es folgt der V41 in Wannenbauart

1943 wurden als Folge der Studio-Dezentralisierung Mikrophon- und Hauptverstärker in dem dreistufigen gegengekoppelten Verstärker V 41 (nach J. Peters) vereinigt, der die Rauschfreiheit des V 40 mit der hohen Aussteuerbarkeit des V 21 vereinigte. Konstruktiv unterschied sich der V 41 von den Vorgängertypen durch die leichtere Zugänglichkeit (Wannenbauart) und durch die Verwendung von Stahlröhren.

Für Reportagezwecke benutzte man anfangs an Stelle des schweren Reisz-Verstärkers leichte Laboratoriums-Ausführungen, u. a. (1926) solche mit Loewe-Dreifachröhren.

1935 - der V35 mit 4 Mikro-Eingängen

Für die Olympischen Spiele wurde 1935 ein 4-stufiger Übertragungsverstärker V35 mit 4 geregelten Mikrophoneingängen, einem eingebauten Pegeltongenerator, einem Aussteurungsmesser und einem Pausenzeichengeber entwickelt, der bis heute benutzt wird.

Ab 1939 der einfache V38 und der V39

Daneben wurde während des Krieges von den Rundfunk-Propaganda-Kompanien ein vereinfachter Übertragungsverstärker (V38) mit einem Vorverstärker (V39) für Kristallmikrophone benutzt.

1949 - der Kombinationsverstärker V45

Ein nach dem Kriege vom NWDR entwickelter Übertragungsverstärker V45 (Bild 65) mit 4 regelbaren einstufigen Einzelverstärkern und einem zweistufigen Summenverstärker, der einen geringeren Rauschpegel als der V35 aufweist, wurde erstmalig im August 1949 anläßlich der Konstituierung der Bundesrepublik Deutschland eingesetzt.

Aussteurungsmesser

Als Aussteurungsinstrument diente bei der RRG anfangs ein Röhrenvoltmeter nach E. Reisz mit selbsttätiger Amplitudenbegrenzung durch eine mit dem Instrumentenzeiger verbundene bewegliche Elektrode eines Flüssigkeits-Dämpfungswiderstandes.

Es wurde 1930 ersetzt durch verhältnismäßig primitive Spitzenwert-Gleichrichter nach dem Audionprinzip. Ab 1935 wurden Lichtzeiger-Tonmesser mit logarithmischer Skala von Siemens u. Halske eingeführt, die sich für den Studio-Betrieb bis heute bewährt haben.

II. Aufnahme-Technik
c) Aufnahmeräume (Studios)

Der erste Aufnahmeraum des deutschen Rundfunks war im Vergleich zu dem von E. Schwarzkopf und Mitarbeitern 1923 in der Hauptfunkstelle errichteten Studio „überaus primitiv". Ein Zimmer im 3. Stock des Vox-Hauses in Berlin wurde durch Wolldecken in zwei Räume unterteilt. Im kleineren stand der Mikrophon-Verstärker, im größeren (3,50 x 3,70m2), dessen Nachhall durch lose an den Wänden aufgehängtes Kreppapier gedämpft worden war, spielten die Künstler (Bild 66) [161].

Nov. 1923 - Nachhalldämpfung mit Fries-Vorhängen

Bereits nach wenigen Tagen (d.h. Anfang November 1923) wurde die Herstellung eines neuen Aufnahmeraums von 7 x 3,7m2 in Angriff genommen, dessen Decke und Wände zur Nachhalldämpfung mit Fries-Vorhängen bekleidet waren. „Der Fußboden war vollkommen ausgelegt mit rotem Läuferstoff, der durch schwarze Striche in Quadrate eingeteilt war, um eine einmal als gut erprobte Aufstellung der Musikinstrumente jederzeit wiederherstellen zu können . . ." [161].

1924 - Der große Aufnahmesaal im Voxhaus

Im Spätsommer 1924 baute die Funkstunde im obersten Stockwerk des Voxhauses einen großen Aufnahmesaal von 7 x 14m2 aus, der Raum für 50 ... 60 Orchestermitglieder oder für bis zu 150 Hörspiel-Mitwirkende bot.

1926 - zweiter großer Aufnahmeraum mit Sperrholz und Stoff

1926 wurde ein zweiter großer Aufnahmeraum gebaut, dessen Wände mit Sperrholz und Stoff bekleidet wurden und der neben einer Orgel die verschiedensten Geräusch-Apparaturen erhielt.

Die Vox-Gesellschaft stellte zwar ihre Erfahrungen in der Schallplatten-Aufnahmetechnik beim Bau dieser Studios zur Verfügung, aber man stand trotzdem den raumakustischen Problemen damals noch ziemlich ratlos gegenüber.

1926 - Erste Versuche zum Mikrofonstandort

1926 versuchten Sachverständige des TRA und der RRG, die Stellung des Mikrophons gegenüber der Schallquelle, deren günstigste Anordnung im Aufnahmeraum und dessen Nachhall-Eigenschaften empirisch zu ermitteln [194], wobei allerdings infolge Fehlens geeigneter Schallaufzeichnungs-Möglichkeiten die Ergebnisse verschiedener Anordnungen noch nicht miteinander verglichen werden konnten. Erst von 1928 ab begann man sich bei der Reichrundfunk-Gesellschaft systematisch mit raumakustischen Fragen zu beschäftigen.

Der Nachhall und "der tote Klang" der Studios

Der Nachhall der ersten Studioräume mußte mit Rücksicht auf die anfangs benutzten Fernsprech-Mikrophone mit Kohlemembran vor allem für mittlere Frequenzen besonders stark mittels einer durch Stoffbespannung gehaltenen Holzwolle-Polsterung gedämpft werden (Bild 67) [162]. Diese Studio-Bauweise behielt man auch noch bei, als die Übertragungstechnik bereits weitgehend linearisierte Mikrophone und Verstärker geliefert hatte (Anfang der 2. Senderbau-Periode).

Die Studio-Techniker hatten sich derart an den toten Klang der Aufnahmeräume gewöhnt, daß sie erst durch die wesentlich besser klingenden Übertragungen aus Konzertsälen und Theatern auf den Anachronismus einer allzu starken Nachhalldämpfung hingewiesen werden mußten [163].

1927/28 - Von nun an wurden die Mikros bedämpft

Man suchte nach neuen, ungedämpften Senderäumen und änderte nicht mehr den gesamten Raum entsprechend den Anforderungen der Rundfunk-Übertragung, sondern nur noch den auf das Mikrophon auftreffenden Schall, indem man 1927/28 das Mikrophon nach einem Vorschlag von W. Schäffer in einem aus schweren, die mittleren und hohen Frequenzen dämpfenden Stoffen gebildeten Zelt aufstellte.

Über das schäffersche Zelt (1924)

Derselbe Gedanke war bereits 4 Jahre vorher von E. Schwarzkopf im neuen Konzertraum der Hauptfunkstelle Königs-Wusterhausen verwirklicht worden (Bild 68).

Mittels dieses Schäfferschen Zeltes ließ sich jeder Saal in einen Rundfunkaufnahmeraum verwandeln, und die wechselnde Publikumsdämpfung konnte dadurch, daß man das Mikrophon mehr oder weniger tief in das Zelt hineinsetzte, ausgeglichen werden (Bild 69).

II. Aufnahme-Technik
d) Regie-Räume

Anfangs arbeitete man im deutschen Rundfunk - von den Königs Wusterhausener Versuchen abgesehen - bei jeder Sendung nur mit einem Mikrophon, dessen Wechselspannung an dem in einem angrenzenden Raum (Bild 70) aufgestellten Verstärker geregelt wurde.

Damals gab es bereits eine Dynamik von 40dB

Da bei einem großen Orchester Schalldruckamplituden im Verhältnis 2.400:1 (Spitzenwert der Baßtrommel zum Mittelwert einer leise gespielten Geige) auftreten [164], während die maximal zulässige Dynamik bei Rundfunksendungen höchstens 100:1 ensprechend 40db betragen darf, muß die natürliche Orchesterdynamik während der Aufnahmen sowohl primär als auch sekundär durch den Toningenieur von Hand in diese durch die Technik gegebenen Grenzen gepreßt werden.

Der musikverständige „elektrische Kapellmeister"

Deshalb gab man etwa von 1925 an dem den Mikrophon-Verstärker regelnden Beamten der Reichspost einen musikverständigen „elektrischen Kapellmeister" (der erste Toningenieur war Ben Geysel) zur Seite, der an Hand der Partitur und der vom Dirigenten gegebenen Einsätze den Techniker rechtzeitig vor dem Eintritt einer Fortissimo-Stelle veranlaßte, den Pegel unmerklich zu senken und ihn im umgekehrten Falle bei längeren Pianissimo-Partien zu heben. Der Aufnahme- und der angrenzende Verstärkerraum mußten zu diesem Zweck etwa von 1925 ab Sichtverbindung durch schalldichte Doppelglasscheiben erhalten.

Weingläser aus der Norag-Kantine als Pausenzeichen

Da die Sendegesellschaften anfangs ihr Hauptaugenmerk auf die Programmgestaltung richteten, während die DRP mit der eigentlichen Technik genügend zu tun hatte, standen für die Regie des Programmablaufs zunächst nur sehr behelfsmäßige Mittel zur Verfügung.

So dienten in Hamburg als Pausenzeichen anfangs Weingläser (aus der Norag-Kantine), später Metallstäbe, die vom Regisseur mittels eines Hämmerchens angeschlagen wurden. Da den Sendegesellschaften geeignete Techniker fehlten, mußten auch sog. Regieapparate, die alle zum Ablauf einer Sendung erforderlichen Signale, Pausenzeichen usw. liefern konnten, von der DRP gebaut werden [216].

Die bei Außen-Übertragungen auftretenden verschiedenen Mikrophon- Spannungspegel wurden mit Hilfe einfacher Parallelohm-Glieder nach Art der früher in der Funkentelegraphie benutzten Lautstärkemesser oder durch Potentiometer auf den zulässigen Wert geregelt.

Ab 1927 - mehrere Mikrophone gleichzeitig

1927 ging man allgemein dazu über, in einem Sendesaal mehrere Mikrophone gleichzeitig zu benutzen und die Einzelregler dieser Mikrophone in einem neben dem Sendesaal liegenden, akustisch von diesem vollkommen getrennten Regel- oder Regieraum zusammenzufassen. Durch diese Maßnahme wurde die Lage der einzelnen Senderäume unabhängig von dem nunmehr für alle Studios gemeinsam benutzten Verstärkerraum, von dem aus sämtliche Studio-Sendeleitungen zentral geschaltet und überwacht wurden (1931) [178].

Ab 1943 stand "die Technik" im "Regieraum"

Mit der Verbesserung der Schallaufnahmetechnik und der zunehmenden Abkehr von Original („Life")-Sendungen ging man seit 1943 vielfach von dieser strengen Zentralisierung wieder ab und ordnet heute sämtliche zu einem Programm-Komplex (Musik, Hörspiel o. dgl.) gehörenden technischen Einrichtungen wie Reglerpult, Verstärker, Tonaufzeichnungsmaschinen und Kontroll-Lautsprecher in einem jeweils neben dem Sendesaal gelegenen Regieraum an (Bild 71) [179], während alle für die Zusammenschaltung der Studio-Leitungen benötigten Verteiler, Verstärker, Klinkenfelder usw. in einem zentral gelegenen Schaltraum (Bild 72) vereinigt sind.

Das neuen Zentrum ist der Hauptkontrollraum

Das laufende Sendeprogramm, das aus verschiedenen Studios oder über Fernleitungen von anderen Funkhäusern übernommen wird, läuft über einen Hauptkontrollraum, von dessen Überwachungspult (Bild 73) aus Sichtverbindung nach allen programmtechnisch wichtigen Studios besteht (Bild 74).

Ganz modern ist die Sendestraßen-Automatik

Neuerdings werden die an einer Sendung beteiligten Studios und Abspielräume eines modernen Funkhauses über eine sog. Sendestraßen-Automatik (Bild 75) selbsttätig in der durch das Programm vorgeschriebenen Reihenfolge auf „Sendung", „Vorbereitung" und „Warten" geschaltet, wobei die Sendestraße für sämtliche anderen Studios gesperrt ist. Erst nach Beendigung der Sendung aus dem ersten Raum wird das auf „Vorbereitung" liegende Studio automatisch auf „Sendung" geschaltet.

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