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100 Jahre Hertz'sche Wellen - Teil 2 (von 5) aus 1988

Vermutlich zu der Sonderausstellung "100 Jahre Hertz'sche Wellen" im Sheraton in Frankfurt am Flughafen wurde diese kleine Broschüre herausgegeben. Und zu dieser Veranstaltung waren sie alle da, die damals etwas zur Aufarbeitungung dieser Historie beigetragen haben. Wir haben inzwischen sogar ein Video von dieser Veranstaltung im Nachlass des Günter Bartosch gefunden. Leider ist die Erinnerung an diese Veranstaltung völlig versandet und darum wird ist hier im Museum enthalten. Weitere Teile über die Entwicklung des Fernsehens finden Sie dann im Fernsehmuseum. Die Übersicht steht hier.

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In Berlin fing es an.

Die Wiege des Rundfunks in Deutschland stand in Berlin. Hier nahm am 29. Oktober 1923 um 8.00 Uhr abends auf „Welle 400" das Radio seinen Sendebetrieb auf. In einem „Besprechungsraum" genannten, knapp 13 Quadratmeter großen Studio im Gebäude der Schallplattenfirma Vox an der Potsdamer Straße traten Instrumental- und Gesangssolisten vor einem einzigen Mikrofon auf. Außerdem wurden in dem einstündigen Konzert Musikstücke von Schallplatten abgespielt. Im gleichen Haus befand sich auch der 0,25kW Mittelwellen(MW)-Sender, der erst wenige Tage zuvor aus Laboratoriumsbeständen zusammengebaut worden war. Die Sendeantenne erstreckte sich über mehrere Gebäude und Straßenzüge.

ZEHN SENDER, ZEHN PROGRAMME

Ursprünglich wollte die Deutsche Reichspost, die in ihrer Funkabteilung unter Leitung von Staatssekretär Hans Bredow für alle Rundfunkfragen zuständig war, nur einen Sender errichten. Das Programm sollte eine in der Reichshauptstadt ansässige private Gesellschaft liefern. Hierbei spielten Überwachungsgesichtspunkte eine ebenso große Rolle wie bei dem Plan, das Rundfunkprogramm gegen Eintrittsgeld wie bei Kinovorführungen in größeren Sälen zugänglich zu machen.

Doch schon lange vor der Berliner Programmeröffnung erkannte die Post, daß die Versorgung nur durch "einen" einzigen Sender nicht sicherzustellen wäre. Deswegen änderte sie ihr Konzept und teilte das Reichsgebiet in neun nahezu gleich große Sendebezirke ein. In deren Mittelpunkt sollten neun MW-Sender errichtet werden, die die Programme von örtlichen Sendegesellschaften ausstrahlten.

Nur 0,25 Kilowatt Sendeleistung

So bauten die damals führenden funktechnischen Firmen, Telefunken und Lorenz, 0,25kW-Sender außer in Berlin auch in München, Frankfurt am Main, Königsberg, Hamburg, Leipzig, Stuttgart, Breslau und Münster (als Provisorium für Köln, für das bis 1925 ein Rundfunkverbot der französischen Besatzungsmacht galt).

Daneben gab es einen Langwellen (LW)-Sender in Königs-Wusterhausen, der ab 1926 das Programm einer zentralen Rundfunkgesellschaft ausstrahlte. Da Lautsprecher für eine Saalbeschallung noch nicht geeignet waren, wurde -
nach Überwindung einiger bürokratischer Hürden - auch der Empfang entgegen der ursprünglichen Pläne geregelt. Die Hörer durften, sofern sie eine Genehmigung von ihrem zuständigen Postamt erhalten und die monatliche Gebühr von zwei Mark entrichtet hatten, zu Hause ein Radio aufstellen und betreiben.

Da die Reichweiten der neun (Haupt-) Sender für eine Gesamtversorgung nicht genügten, mußten schon bald Nebensender - 1924 bereits in Bremen, Hannover, Kassel und Nürnberg - errichtet werden, um die ärgsten Lücken zu schließen. Diese Stationen konnten zwar selbständig Sendungen verbreiten, da sie eine eigene Welle erhielten, übernahmen jedoch in der Regel aus Kostengründen per Kabel das Programm des Senders am Standort der Programmgesellschaft.

Jetzt schon 1.5 Kilowatt Sendeleistung

Die erste Generation von Sendern war kaum in Betrieb gegangen, als die Post schon den Bau einer zweiten verbesserten Serie in Auftrag gab. Die neuen Sender wurden nicht mehr in den Stadtzentren errichtet, sondern in den Randbezirken. Hier gab es mehr Platz für die Sendergebäude und die bis zu 100m hohen Antennentürme. Trotz der von 0,25kW auf 1,5kW verbesserten Leistung gab es aber immer noch Klagen über unzulänglichen Empfang.

Der Bericht eines Funkhändlers von 1927

Nachdem man zunächst den Stuttgarter Sender gut empfangen hatte, hackte ein Telegraphist in die Streicher hinein ... Man wich daher auf Hamburg aus. Da gingen erst die richtigen Enttäuschungen los: Toulouse überlagerte derart, daß jeder Ton verzerrt wurde! Bei Frankfurt schrie Kattowitz dazwischen; Königsberg hatte sich mit Breslau verheiratet; an Nürnberg-München war überhaupt nicht heranzukommen! Und die langen Wellen? Du lieber Gott, davon sprechen wir lieber gar nicht. Da tummelten sich die Telegraphisten, daß jeder anständige Empfang zunichte wurde!"

PROVISORISCHE STUDIOS

Für die ersten Sendungen aus den engen Studios gab es nur einfache Kohlekörnermikrofone. Mit diesem Mikrofon konnte wegen des begrenzten Frequenzbereichs zwischen 100 und 3.000Hz nur in Telefonqualität übertragen werden. Um Verzerrungen zu vermeiden ????, waren die Studios mit Vorhängen und Teppichen ausgekleidet, die Musikstücke allerdings sehr dumpf erklingen ließen. Doch bereits nach wenigen Wochen Studiopraxis und neuen Erkenntnissen in der Aufnahmetechnik standen verbesserte Mikrofone bereit: Im Dezember 1923 das 12-Kohlekörnermikrofon bzw. Telegraphon, im Januar 1924 das Lichtbogenmikrofon bzw. Kathodophon und im Februar 1924 das elektro-dynamische Bändchenmikrofon.

OKt 1924 - Das Reiszmikrofon

Konnten schon durch diese Mikrofone Störgeräusche und Verzerrungen allmählich vermindert und damit die Klangqualität gesteigert werden, so gelang der eigentliche Durchbruch bei der Aufnahmetechnik im Oktober 1924. Zu diesem Zeitpunkt wurde das Reiszmikrofon bei der Berliner- und kurz danach bei fast allen anderen Programmgesellschaften eingeführt. Das Mikrofon enthielt nicht mehr Kohlekörner, sondern in einem hohlen Marmorblock feinen Kohlegrieß. Es umspannte einen Frequenzbereich zwischen 30 und 10.000 Hz und arbeitete weitgehend störungsfrei. Bis weit in die Dreißiger Jahre gehörte das Reiszmikrofon zur Standardausrüstung jedes Rundfunkstudios. Es wurde danach durch das flaschenförmige Kondensatormikrofon (von Georg Neuman) ersetzt.

Der Regieraum

Jeder "Besprechungsraum" besaß anfangs jeweils nur ein Mikrofon, das sich in unmittelbarer Nähe des Verstärkerraums befand. Erst ab 1927 konnten mehrere Mikrofone in einem Studio, das auch als „Sendesaal" bezeichnet wurde, untergebracht werden. Die Bedienung der Mikrofone erfolgte in einem eigenen Reglerraum, für den sich bald die Bezeichnung „Regieraum" durchsetzte. Als für spezielle Programmsparten wie Hörspiel oder Nachrichten weitere Aufnahmeräume entstanden, übernahm der ursprüngliche
Verstärkerraum die Funktion eines zentralen Schaltraums, in dem alle Leitungen zusammenliefen und geschaltet wurden.

Schon früh ging der Rundfunk mit dem Mikrofon aus dem Studio nach draussen. Zunächst übertrug er direkt aus Theatern, Opern und Operetten. Bald besuchten Reporter mit ihren Mikrofonen auch Sportveranstaltungen und fingen das aktuelle Geschehen, ab Ende der Zwanziger Jahre unterstützt von Übertragungswagen, sowohl im In- als auch im Ausland, akustisch ein.

VOLKSSPORT RADIOBASTELN

Nicht erst das immer breitere Programmangebot löste ein Radiofieber in allen Bevölkerungsschichten aus. Die „Radiosportler" - so wurden die Rundfunkenthusiasten genannt - bastelten ihre Apparate selbst. In Vereinen oder Zeitschriften, etwa dem „Radio-Amateur" holten sie sich ihre Anregungen und machten sich mit den Geheimnissen von Detektor und Kondensator, von Kristall und Spule vertraut. Wie selbstverständlich gehörte zum Hobby Radiobasteln das "Schwarzhören" - in den ersten Monaten des Rundfunks jedenfalls. Aber nur im Umkreis von etwa 30km gab es einen halbwegs einwandfreien Empfang mit Detektorapparaten.

Diese Geräte kosteten zunächst gut 70 Reichs Mark, später waren sie nur noch halb so teuer. Wer außerhalb dieses Empfangsbereichs wohnte oder weit entfernte Stationen hören wollte, benötigte einen Röhrenempfänger. Diesen Luxus von 400 bis 500 Mark konnten sich aber nur wenige leisten. Hinzu kamen noch die Kosten für die Zimmer- oder gar eine Hausantenne. Um letztere kam es zu einem regelrechten, bis vor den Schranken der Gerichte ausgetragenen Antennenkrieg zwischen Rundfunkhörern und Hausbesitzern.

Von 100.000 auf eine halbe Million

Trotz aller technischen Mängel der Anfangszeit erfreute sich der Rundfunk eines großen Zuspruchs. Die Teilnehmerzahlen stiegen - nach einem schleppenden Beginn in den ersten Monaten - ununterbrochen an. Die Anmeldungen nahmen von Mitte bis Ende 1924 von 100.000 auf eine halbe Million zu.

Ende 1925 war die Millionengrenze überschritten, nach weiteren zwei Jahren gab es mehr als zwei Millionen und zu Beginn der Dreißiger Jahre vier Millionen "gebührenzahlende" Rundfunkteilnehmer.

Erinnerungen eines Radiohörers in 1983

„1923 war ich fünf Jahre alt. Mein Vater war in einem Berliner Gericht tätig, und wir haben ihn dort nicht selten nach Dienstschluß abgeholt. Eines Tages habe ich erlebt, wie die würdigen Beamten mit Zigarrenkisten herumliefen, diese geheimnisvoll aufgeklappt und stolz deren Innenleben gezeigt und gegenseitig beurteilt haben. Es waren nur ein Gewirr von Drähten und einige mir damals unbekannte Gegenstände darin zu sehen. Es fiel immer wieder das Wort ,Detektor-Apparat', und die Herren stritten sich heftig, ob man mit Korb- und Kreuzspulen, mit Einbau- oder Aufsteckspulen einen besseren Empfang hätte. Es ging also wohl darum, daß man mit diesen Kästen zusammen mit einem Kopfhörer Sprache oder Musik aus dem Äther hören könnte."

INTERNATIONALER UND NATIONALER RUNDFUNK

Da die Funkwellen vor nationalen Grenzen nicht haltmachen und immer mehr Sender Frequenzen beanspruchten, kam es schon früh zu internationalen Absprachen für einen störungsfreien Rundfunkverkehr, mit dem Ziel, die Frequenznutzung in geordnete Bahnen zu lenken. So gründeten 1925 nationale Rundfunkorganisationen den internationalen "Weltrundfunkverein", der noch rechtzeitig in Genf einen Wellenplan verabschiedete und damit ein drohendes Chaos verhinderte.

Die Reichs-Rundfunk-Gesellschaft

Deutschland erhielt zwölf Exklusivwellen zur alleinigen Nutzung sowie elf Gemeinschaftswellen, auf denen mehrere Rundfunkstationen senden konnten.
Im Weltrundfunkverein nahm die deutsche "Reichs-Rundfunk-Gesellschaft" (RRG) die deutschen Interessen wahr. In dieser 1925 gegründeten Dachorganisation des deutschen Rundfunks sicherte sich die Post den ausschlaggebenden Einfluß. Neben wirtschaftlichen und administrativen Aufgaben übernahm die RRG vor allem die Bearbeitung technischer Fragen.

Zwar gehörte die Rundfunktechnik nach wie vor zur Domäne der Deutschen Reichspost, doch die RRG entdeckte für sich und die Programmgesellschaften Felder, die bisher vernachlässigt worden waren. So förderte sie Experimente und finanzierte Forschungen einschlägiger Institute und Industriefirmen, die der Sender- und vor allem der Studiotechnik dienten. In eigenen Laboratorien wurden qualitative Verbesserungen an Geräten erreicht, auf deren Ergebnisse in- und ausländische Fachfirmen zurückgreifen konnten.

Die RRG - ähnlich wie das IRT

Vor allem entwickelte die RRG studiogerechte Aufzeichnungsverfahren, z.B. eine „grammophonische Aufnahmeeinrichtung" für Wachsplatten. Mit Nachdruck bemühte sich die Rundfunkzentrale um die Beseitigung von Rundfunkstörungen.

Einen entscheidenden Zuwachs an technischer Zuständigkeit erhielt die RRG 1929, als die Post den Verstärkerdienst aufgab und sich aus den Rundfunkstudios zurückzog. Damit konnte ein Konflikt zwischen Rundfunkangestellten und Postbeamten beigelegt werden, der sich am Arbeitsablauf in den Studios entzündet hatte. Die RRG richtete in ihrer Zentrale eine Abteilung Betriebstechnik ein und übernahm den Betrieb der Verstärkerräume bei den Programmgesellschaften.

GROSSENDER ALS PRESTIGEOBJEKTE

Als 1927 der (Rheinland-)Sender Langenberg am Südrand des Ruhrgebiets seinen Betrieb aufnahm, galt er mit 15kW als damals stärkster Sender Europas. Dennoch reichte er selbst im Westen Deutschlands nicht überall hin. Deswegen wurde z.B. in Aachen ein Nebensender errichtet, der allerdings, ebenso wie in anderen Grenzregionen, außenpolitischen Ansprüchen genügen mußte. So diente der Sender Aachen der Versorgung der Deutschen im seit 1918 belgischen Eupen-Malmedy, damit diese nicht mehr „antideutscher Propaganda" ausgesetzt wären. Einen stärkeren Sender setzte die Reichsregierung in Gleiwitz als Gegengewicht gegen die „systematische polnische Kulturpropaganda" des Senders Kattowitz durch. Flensburg ging als Sprachrohr des „Deutschtums" dies- und jenseits der deutsch-dänischen Grenze in Betrieb.

Wie du mir, so ich dir

Auch das Ausland blieb in dieser Zeit nicht untätig. So plante Frankreich einen 15kW-Sender in Straßburg und Polen eine 60kW-Station in Warschau; die Tschechoslowakei wollte gar einen Sender mit 120kW in Prag errichten.

Das europäische „Wettrüsten im Äther" heizte das Deutsche Reich seinerseits mit dem Plan für acht Großsender an. Daneben sollte der Gleichwellenrundfunk, bei dem ein Hauptsender mit einem oder mehreren Nebensendern die gleiche Wellenlänge benutzte, zügig ausgebaut werden. Probesendungen hatten bereits im Verbund der Sender Berlin, Stettin und Magdeburg stattgefunden.

Bericht aus Trier, 1930

"Über drei Millionen deutsche Rundfunkhörer warten mit Sehnsucht auf die angekündigte Errichtung der deutschen Großsender. Nirgends aber warten die Rundfunkhörer sehnlicher als in der Südwestecke des Deutschen Reiches, im Regierungsbezirk Trier, an Saar und Mosel, und in dem unter fremder Verwaltung stehenden Saarbrücken. Dort an der Südwestecke gehört der Äther den Auslandssendern. Auf der ,langen Welle' übertreffen die Sender ,Radio Paris' und ,Eiffelturm' und die lange englische Welle alle deutschen Sender ganz wesentlich an Lautstärke und Gleichmäßigkeit. Auch der Deutschlandsender kann sich in jenen Grenzgebieten nicht mit diesen Sendern messen; er kann nur mit wesentlich geringerer Lautstärke und unter lästigen, in großen Zeitabständen wechselnden Schwunderscheinungen empfangen werden. Und der ,Rheinlandsender' ? Er ist tagsüber immerhin besser als Königs Wusterhausen."

Mitelwellen-Sender mit 360kW Sendeleistung

Die ersten Großsender gingen mit je 60kW Sendeleistung im süddeutschen Mühlacker als Gegengewicht zu Straßburg und im ostpreußischen Heilsberg in Betrieb, da in Ostpreußen Moskau und London besser als der Ortssender zu empfangen war. Zur Erzeugung der erforderlichen Röhrenleistung von jeweils 360kW mußten, da es noch keine Hochleistungsröhren gab, jeweils 18 Betriebs- und zwei Ersatzröhren eingesetzt werden. Bis Mitte der Dreißiger Jahre wurden in Deutschland insgesamt sieben 100kW- und ein 120kW-MW-Sender sowie mehrere Gleichwellennetze errichtet. Da mittlerweile auch Hochleistungsröhren zur Verfügung standen, genügten für die Leistungsstufen nunmehr zwei Röhren zu je 150kW.

Rundfunk aus der Steckdose

Nicht allein durch die Luft, auch über Kabel wurden seit Ende der Zwanziger Jahre Rundfunkprogramme verteilt. Unter dem Slogan „Rundfunk aus der Steckdose" verkabelte die Berliner „Deutsche Zentral-Rundfunk-Vermittlungsgesellschaft mbH" ausgewählte Wohngebiete. Verbreitet wurde nicht nur das Programm des Ortssenders, sondern auch die Angebote anderer deutscher Sender. Aus Kostengründen ließen sich bis 1935 aber nur 27.000 Haushalte in 36 Orten anschließen. Auf mehr Resonanz stieß der Drahtfunk, der über das örtliche Telefonnetz das auch per Antenne empfangbare Programm anbot.

FUNKHAUSBAU und „Haus des Rundfunks"

Hatten die ersten Rundfunkstudios mit vorhandenen Gebäuden vorlieb nehmen müssen, so genügten diese Provisorien schon bald nicht mehr. Die steigenden Anforderungen an die technische Qualität der Sendungen, die Ausweitung des Programms und eine wachsende Zahl von Mitarbeitern konnten zwar vorübergehend durch Erweiterungen der Studios und Anmietung von Büroraum aufgefangen werden. Doch längerfristige Lösungen versprachen nur Gebäude, die direkt auf die Bedürfnisse des Rundfunks zugeschnitten waren.

Den Anfang im Funkhausbau machte 1929 die Münchner Programmgesellschaft mit ihrem Neubau am Rundfunkplatz. Im Erdgeschoß lagen drei Senderäume unterschiedlicher Größe, die auch - durch Kabel miteinander verbunden - für größere Aufführungen gemeinsam genutzt werden konnten. Im Keller befanden sich die Verstärkereinrichtungen und in den Obergeschossen die Büros. 1931 war auch das Berliner „Haus des Rundfunks" an der Masurenallee nach 19 monatiger Bauzeit bezugsfertig. Der fünfgeschossige, im Grundriß einem Dreieck nachempfundene Bau beherbergte als Zentrum des Studiokomplexes den Großen Sendesaal. In ihm fanden nach seinem späteren Ausbau rund 1100 Zuhörer und auf dem Podium bis zu 200 Programmmitwirkende Platz.

EINHEITSEMPFÄNGER

Das Dritte Reich übernahm von der Weimarer Republik 1933 ein kurz vor der Vollendung stehendes Netz an leistungsstarken Hauptsendern und mehrere Dutzend Nebensender mit einer eingeschränkten Reichweite. Diese Sender mußten mit Inkrafttreten des Luzerner Wellenplans 1934 durchweg ihre Frequenzen tauschen. Sendertechnisch derart gut ausgestattet, konnten sich die nationalsozialistischen Machthaber mehr auf die empfangstechnische Seite des Rundfunks konzentrieren, um ihre Parole „Rundfunk in jedes Haus" zu verwirklichen.

Schon im Sommer 1933 hatten sich nach ausführlichen technischen Untersuchungen 28 Funkfirmen zwangsweise !! zur Produktion des Einheitsgeräts „Volksempfänger", zum Stückpreis von 76 Mark, zusammengeschlossen. Dieses Gerät, in hohen Stückzahlen produziert, entwickelte sich zu einem ausgesprochenen Verkaufsschlager und damit zu einem Zusatzgeschäft für Industrie und Handel. Von 1933 bis 1938 verdoppelte sich die Zahl der registrierten Rundfunkhörer von vier auf acht Millionen. Nachdem der mit 35 Mark noch billigere „Deutsche Kleinempfänger" (Goebbels-Schnauze) lieferbar war, ging die Teilnehmerzahl noch steiler nach oben. Sie verdoppelte sich erneut bis 1943 auf 16 Millionen.

Die Zeitschrift "Funk" schreibt 1934:

"So wie durch Schaffung des Volksempfängers die empfängerseitigen Voraussetzungen für die rundfunkmäßige Zusammensetzung des ganzen deutschen Volkes gegeben wurden und wie es erst der Volksempfänger ermöglichte, daß der Wille der Führung auch auf den letzten Volksgenossen überströmt, so sind die deutschen Großsender die senderseitige Grundlage der deutschen Volksgemeinschaft einheitlichen Willens. Der Absatz an Volksempfängern, und in gleicher Weise auch an Mehrkreis- und Superhet-empfängern, erfährt durch die Inbetriebnahme der neuen Großsender einen starken Auftrieb. Jetzt werden auch die Gegenden - z. B. im Schwarzwald und an anderen Stellen Süddeutschlands - ausreichend mit Wellenenergie versorgt, in denen ein einwandfreier Empfang bisher nicht gewährleistet werden konnte."

In- und Auslandsrundfunk

Trotz aller Zufriedenheit signalisierenden Verlautbarungen und des Baues zusätzlicher Nebensender etwa in Reichenbach, Koblenz, Trier und Stolp konnte hier noch keine ausreichende Versorgung erreicht werden. Ein von den Propagandisten in die Diskussion gebrachtes Ultrakurzwellen (UKW)-Netz zur Schließung bestehender Versorgungslücken und zur Ausstrahlung regional auf die NSDAP-Gaue zugeschnittener Programme begegnete die Post mit äußerster Zurückhaltung.

Doch lieber MW anstelle UKW

Statt sich auf die noch relativ unerforschte Ultrakurzwelle einzulassen, konzentrierte sie sich lieber auf die bewährte MW-Technik. So sollte die 1936 probehalber vorgenommene Zusammenschaltung der Hauptsender von Berlin, Breslau und Königsberg Erkenntnisse vermitteln, ob frei werdende Wellen für regionale Programme genutzt werden könnten. Spätestens im gleichen Jahr machte auch der Kurzwellen (KW)-Rundfunk von sich reden. In Deutschland, bereits seit 1929 für die Verbreitung eines Programms über Rundstrahler und ab 1933 auch über Richtstrahler für verschiedene Regionen der Erde genutzt, gingen anläßlich der Olympischen Spiele von Garmisch-Partenkirchen und Berlin Berichte von Reporern via Kurzwelle drahtlos in alle Welt. In Zeesen, unweit von Berlin, standen acht je 40kW starke Stationen, von denen die eine Hälfte den deutschsprachigen Auslandsprogrammen und die anderen dem internationalen Programmaustausch
dienten.

1933 wurde alles anders

Im Zuge der Besetzung von "Nachbarterritorien" versetzte sich das Dritte
Reich ab 1938 in den Besitz von immer mehr MW-Sendeanlagen. Deren
Zahl erhöhte sich allein innerhalb dieses Jahres durch die Angliederung Österreichs und sudetendeutscher Gebiete um acht auf insgesamt 35. Bereits die nächste, Ende 1939 eröffnete 100kW-MW-Station in Osterloog, diente nicht mehr der innerdeutschen Versorgung, sondern mit ihrer nach Westen weisenden Richtantenne dem Ätherkrieg besonders gegen Großbritannien.

Zur Kriegsvorbereitung gehörte im übrigen auch ein neuer, in Herzberg südlich von Berlin, im Mai 1939 in Betrieb genommener 150kW-LW-Sender. Damit schöpfte das Reich die ihm schon mit dem Luzerner Wellenplan zugestandene Höchstleistung für einen Sender im LW-Bereich aus.

Das Magnetophon kommt

Ab Mitte der Dreißiger Jahre bahnte sich ein grundlegender Wandel im Produktions- und Sendeablauf an. Damals stellte AEG das erste brauchbare Tonbandgerät der Welt vor, das sich eines von den IG Farben entwickelten Kunststoffbandes mit einer magnetisierbaren Eisenoxydschicht zur Aufzeichnung von Tönen bediente. Es löste die bisher gebräuchlichen, umständlichen Wachsschneide- und Schallfolienverfahren im Studiobetrieb und bei Außenaufnahmen ab. Außerdem trug das leicht transportable Tonbandgerät entschieden zur Mobilität der Reporter bei. Da sich auch die Klangqualität stark verbesserte, wurden auch zunehmend Musikproduktionen mit dem Tonband aufgenommen und wiedergegeben.

WÄHREND DES ZWEITEN WELTKRIEGS

Weitreichende, von den Propagandisten gehegte Pläne, zur Vorbereitung auf den Krieg mehrere, den internationalen Vereinbarungen über Höchststärken widersprechende 1.000kW-Sender zu errichten, gediehen über den Ankauf von Gelände und den Baubeginn von Senderhäusern nicht hinaus. Dagegen hatten die Techniker der Post mit dem Bau einer Serie fahrbarer Sender, der schon Mitte der Dreißiger Jahre begonnen hatte, mehr Realismus bewiesen.

Diese Sender, eigentlich zur Behebung akuter Senderausfälle konzipiert, wurden während des Krieges flexibel als „Kampfsender" direkt hinter der Front in Stellung gebracht.

Im Reichsgebiet selbst war die Rundfunkversorgung kaum noch beständig aufrechtzuerhalten. Allzu oft mußten Sender beim Einflug feindlicher Flugzeuge, die die Sendefrequenzen als Peilhilfe nutzten, abgeschaltet werden oder auf andere Wellenlängen ausweichen. Im Zuge des Bombenkrieges wurden immer mehr Senderanlagen und Funkhäuser mit ihren studiotechnischen Einrichtungen zerstört oder auf Hitlers Befehl der verbrannten Erde von SS-Einheiten noch kurz vor Kriegsende in die Luft gejagt.

Die Autoren kommen von ARD, ZDF, DRA und IRT

1988 - Herausgeber: Arbeitsgruppe „Geschichte der Rundfunktechnik" der Technischen Kommission ARD/ZDF Text: Dr. Ansgar Diller, Deutsches Rundfunkarchiv (DRA) - Redaktion: Dipl. Ing. Wolf gang Weinlein (SWF)
Dipl. Ing. Albrecht Hafner (SWF) Gestaltung: J.G. & Partner, Baden-Baden Bildnachweis: DRA (16), HR (1) Copyright: Institut für Rundfunktechnik, München (IRT)

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