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Das hier sind mehrere Artikel aus 2 Broschüren von 1966 und 79

Die "ERNST ROEDERSTEIN • Spezialfabrik für Kondensatoren GmbH" hat in zwei umfangreichen Broschüren einzelne auf ihr Produktionsprogramm bezogenen Artikel veröffentlicht, die den Stand der Kondensatoren-Technik von April 1966 sowie 1979 anschaulich dokumentieren. Hier haben wir den großen Teil der mathematischen Berechnungen weggelassen, da die Ergebnisse seit mehreren Jahrzehnten überholt sind. Dennoch haben wir oft Audio-Geräte aus diesen Zeiten vor uns und werden mit alle diesen Problemen konfrontiert. Diese Artikel sind im Moment hier noch "geparkt".

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Papier-Kondensatoren mit Imprägnierung aus chloriertem Naphthalinen

aus der Roederstein Broschüre von 1966 - ein Artikel von Paul Petrick

Von den gebräuchlichen Imprägniermitteln für Papier-Kondensatoren weisen chlorierte Naphthaline (Firmenbezeichnung z. B. Nibren, Halowax) mit die höchsten Dielektrizitätskonstanten auf.

Da die übrigen elektrischen Eigenschaften, wie z. B. Isolationswiderstand und Verlustfaktor (tgfr), den Anforderungen weitgehend genügen, finden chlorierte Naphthaline seit langem zu einem relativ großen Anteil Anwendung als Imprägniermittel bei Papier-Kondensatoren, vor allem, wenn es auf kleine Abmessungen ankommt.

Die in der Vergangenheit etwas unzureichende Dauerspannungsfestigkeit konnte durch Zusatz von kleinen Mengen sehr wirksamer Stabilisatoren entscheidend verbessert werden. *)
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Es sind Chlor-Naphthalin-Verbindungen

Da die wachsartig erscheinenden, jedoch zumindest zum Teil kristallisierten Stoffe aus einer Reihe von Chlor-Naphthalin-Verbindungen verschiedenen Chlorierungsgrades bestehen, ist es verständlich, daß je nach Art und Stärke der Chlorierung des Naphthalins Mischungen mit unterschiedlichen Eigenschaften herstellbar sind, wie z. B. mit verschiedenen Dielektrizitätskonstanten und Schmelzpunkten.

Die in der Vergangenheit bevorzugte Imprägniermischung wies einen Schmelzpunkt von ca. 88° bis 90° C auf und ließ einen Betrieb der Kondensatoren bis ca. 75° C ohne weiteres zu.

Die engere Packung der Bauelemente in Geräten sowie die allgemein höheren Beanspruchungen stellen jedoch seit einiger Zeit an die obere Grenztemperatur von Kondensatoren wesentlich höhere Anforderungen.

Die bekannten Grenztemperaturen von 85°C oder 105°C

Eine obere Grenztemperatur von +85° C oder sogar + 100° C mit Prüfungen bei 105° oder 110° sind keine Seltenheit. Den erhöhten Ansprüchen bezüglich der oberen Grenzfemperatur mußte in der Kondensatoren-Industrie durch Verwendung von chlorierten Naphthalinen mit höheren Schmelzpunkten entsprochen werden, da ein Betrieb über dem Schmelzpunkt nicht ratsam ist.

Neben der Mischung chlorierter Naphthaline mit ca. 88° C Schmelzpunkt hat sich vor allem eine Fraktion mit ca. 115° C bis 116° C Schmelzpunkt als Imprägniermittel eingebürgert. Zwar sind Mischungen mit noch höheren Schmelzpunkten bekannt, z. B. mit ca. 130° C, aber der hohe Chlorgehalt dieser Verbindungen neben einem gewissen Anteil wahrscheinlich organisch nicht sehr fest gebundenen Chlors, ist ein zu berücksichtigender Nachteil für ihre Verwendung als Imprägniermittel in Papier-Kondensatoren.

Ein Vergleich der elektrischen Eigenschaften zwischen dem Imprägniermittel mit 88° C bzw. 116° C ließ zunächst keine wesentlichen Unterschiede erkennen. Die DK (Ddielektrizitäs Konstante ?) der Fraktion mit höherem Schmelzpunkt lag etwas niedriger. Eine nähere Untersuchung zeigte auch ein zumindest teilweise unterschiedliches Kristallgefüge.

Tabelle 1

Imprägniermittel mit Schmelzpunkt 88/90° 115/116°
DK ca. 5 ca. 4,5
Verlustfaktor ca. 1 • 10"-3 ca. 1 • 10"-3
spez. Widerstand (Ohm • cm) ca. 10"14 ca. 10"14
Durchschlagsfestigkeit KV/cm ca. 150-200 ca. 150-200

Die Dielektrizitätskonstante abhängig von der Schmelztemperatur

Bei Einsatz der Mischung mit 116° Schmelzpunkt im Dauerbetrieb wurde jedoch ein beachtlicher Unterschied offensichtlich. Die Dielektrizitätskonstante änderte sich bei Anlegen von Spannung und Temperatur um etwa den Betrag, der bei der Anfangsmessung als Differenz zur Mischung mit 88°C Schmelzpunkt festgestellt worden war. Gleichzeitig schien eine Änderung der Kristallstruktur aufzutreten.

Da die Einsatzmöglichkeit als Imprägniermittel bei einer möglichen Kapazitätsänderung, wie beobachtet, von +15% bis +25%, Einschränkungen unterlag, war es naheliegend, eine Stabilisierung der DK zu versuchen.

Zunächst war es interessant, die Änderung der DK unter verschiedenen Bedingungen zu ermitteln. Von entscheidendem Einfluß erwiesen sich Spannung und Temperatur bzw. die Verbindung beider Belastungen.

Bild 1 zeigt die Änderung der Kapazität von 0,22uF/500V Kondensatoren in Abhängigkeit von der Spannung bei 100°C. Die Werte dieser und aller folgenden Kurven (Bild 2 und 3) sind aus verschiedenen Versuchen gemittelt. Bemerkenswert ist, daß bei höheren Temperaturen und Spannungen die Kapazitätszunahme in relativ kurzer Zeit erfolgt; z. B. bei 1,4 x Un /100° C in etwa 60 sec. Für die Stabilisierung in einer Fertigung erscheint ein derartiges Behandlungsverfahren jedoch relativ aufwendig.

Bei niedriger Temperatur dagegen ist auch bei noch höherer Spannung die Zeit für die Stabilisierung der DK relativ lang (einige Stunden bei 2xUN, Bild 2 d). Eine Lagerung bei hoher Temperatur ohne Spannung führt zu noch längeren Behandlungszeiten als Spannungsbelastung bei Raumtemperatur.

Wenn sich Kondensatoren erhitzen

Wie Bild 2 zeigt, muß bei Belastung im Betrieb sowohl bei Gleich- wie bei Wechselspannung je nach Umgebungstemperatur auf jeden Fall mit einer schnellen oder allmählichen Kapazitätsänderung gerechnet werden.

Einfluß der Kapazität der verwendeten Prüflinge war nicht feststellbar. Dagegen sind bei anderen Spannungsreihen, falls die Feldstärken verschieden sind, entsprechende Verschiebungen des Kurvenverlaufes zu erwarten.

Daß die DK-Zunahme aufgrund einer Änderung des Gefüges des Imprägniermittels erfolgt, wird durch die Beobachtung gestützt, daß bei Erhitzen der Kondensatoren mit erhöhter DK über den Schmelzpunkt des Imprägniermittels (z. B. auf 120°/130°) der Kapazität wieder auf den Anfangswert absinkt.

Die beobachtete Änderung des Kristallgefüges bei Belastung veranlaßte den Hersteller des Imprägniermittels Versuche durchzuführen, die zum Ziel hatten, sowohl durch abgewandelte Verfahren dieses geänderte Gefüge bereits beim Herstellungsprozeß zu erzielen, wie durch Beimengung kleiner Mengen an Zusatzstoffen die DK des sonst unveränderten Produktes zu stabilisieren.

Als bisher günstigste handelsübliche Lösung erwies sich ein Produkt mit gleichem Schmelzpunkt von etwa 116°C aber etwas erhöhter DK, laut Herstellerangabe 4,7.

Diese Ausführung hat das nichtstabilisierte Wachs als Handelsprodukt abgelöst. Belastung in der bereits erwähnten Form ergaben nur mehr Kapazitätsänderungen von +8% bis +15%. Die Stabilisierung führte außerdem zu einer zeitlichen Verzögerung des Kapazitätsanstieges bei gleicher Belastung (Vergleich Bild 2 mit Bild 3) wie beim nichtstabilisierten Produkt.

Tabelle 2

Imprägnierung Chloriertes Maphthalin Smp. *1) Stabilisatorzusatz Belastung Spannung Temp. (°C) Kapazitäts-änderung in %   Kapazität bezogen auf Mischung mit 88° Smp. (=1)
        1h nach 1000h bei 0h nach 1000h
88° C 0 UN-
UN~
85° C
85° C
0,6
1
0,7
1
1 1
116° C 0 UN-
UN~
100° C
100° C
15,8
2,2
16
10
0,86 1
116° C vom Hersteller stabilisiert UN-
UN~
100° C
100° C
8
1,2
11
8
0,9 1
116° C Maleinsäure- anhydrid (10%) Un- 100° C 10 - 0,9  
116° C 1,8-Dinitron- aphalin (10%) Un- 100° C 4 14 0,86 0,98
116° C Kampfer (10%) Un- 100° C 2 2,9 1 1
116° C Fluoranthen (8%) +*2) Phenanthren (2%) UN-
UN~
100° C
100° C
0,8
0,4
0,9
0,4
1 1
116° C Anthrazen(10%) *2) Un- 100° C 5 5,5 0,95 1


1) Smp. = Schmelzpunkt
2) Patentrechtlich geschützt
Ohne nennenswerten Einfluß blieben z. B. Hexachlorbenzol, Tetrachlorbenzol, Dimethylnaphthalin, Anthrachinon, 1.5 Dinitronaphthalin, Chloranil, Pentachlornitrobenzol, ChloronD (Handelsname).

Erläuterung zur Tabelle 2

Parallel zu diesen Versuchen durchgeführte Prüfungen mit Zusätzen in relativ großen Prozentsätzen führten zu recht positiven Ergebnissen. Eine Reihe aufgrund der Kristallform oder des chemischen Aufbaus interessant erscheinender Stoffe wurde untersucht und dabei die in der Tabelle 2 angeführten Erfahrungen gesammelt.
Angegeben sind der Schmelzpunkt des chlorierten Naphthalins, der Zusatz an Stabilisator, die Belastung (Gleich- oder Wechselspannung) und die Umgebungstemperatur. Verglichen werden die Kapazitätsänderung nach 1 h und nach 1000 h sowie die auf das Wachs mit 88° Smp. bezogene gemessene Kapazität (Kap. bei 88° Smp. = 1 gesetzt). Die zusammengestellten Änderungen sind aus verschiedenen Versuchen gemittelte Werte. Die höchsten Änderungen bei nicht stabilisierten Produkten betrugen ca. 25%, bei vom Hersteller stabilisierten Wachsen ca. 16%.

Die Kapazitätsänderung reduzieren

Die Kapazitätsänderung ist offensichtlich von Stoffen verschiedener chemischer Struktur in unterschiedlicher Stärke und Dauer beeinflußbar.

  • Dinitronaphthalin zeigt zum Beispiel für kurze Zeit eine Verzögerung der Kapazitätsänderung, nach 1000h wird jedoch etwa derselbe Kapazitätsanstieg erreicht wie bei unstabilisierten Wachsen.
  • Bei Kampferzusatz verhält sich die Kapazität weitgehend stabil, der Anfangswert liegt bereits in der maximal möglichen Höhe. Leider ist das Lebensdauerverhalten bei Kampferzusatz unbefriedigend.
  • Anthrazen war der erste erfolgversprechende Zusatz. Die Kapazitätsänderung lag aber immer noch zu hoch. Auf diesem Gebiet der Verbindungen mit mehr als 2 Benzolringen weitergeführte Versuche ließen jedoch mehrere Verbindungen als geeignet erscheinen, von denen eine günstige Kombination, Fluoranthen + Phenanthren, mit den ermittelten Werten in der Tabelle aufgeführt ist (patentrechtlich geschützt).

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Aktuelles Optimum ist 116°C

Bei einem Vergleich der wichtigen Eigenschaften wie Verlustfaktor, Isolationswiderstand, Temperatur- und Frequenzverhalten, Spannungsfestigkeit, Dauerbeanspruchbarkeit mit Spannung (V- und V-) und Temperatur war gegenüber dem Produkt mit 88° Smp. kein nennenswerter Unterschied feststellbar. Die Temperaturbelastbarkeit kann jedoch ohne nachteilige Folgen auf +100°C erhöht werden, wenn die Dauerspannungsfestigkeit entsprechend stabilisiert wird. 2)

Die Untersuchungen zeigen, daß die zur Zeit wirksamste Methode zur Erhöhung der oberen Grenztemperatur bei Kondensatoren mit Imprägnierung auf der Basis chlorierter Naphthaline die Verwendung eines Wachses mit 116°C Schmelzpunkt ist, dem ein geeigneter Zusatz zur Erzielung einer optimalen und stabilen DK und ein Stabilisator zur Verbesserung der Spannungsfestigkeit zugefügt wurde.

Literatur:
(1) L. J. Berberich und R. Friedman, Industrial and Engeneering Chemistry Vol. 40, 117 L. Everton und D. A. McLean ebda. Vol. 38, 512
(2) P. Petrick, Kondensatoren und Widerstandstechnik, Roederstein 1957,
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