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Zwischen Scherz, Wahrheit und Glosse angesiedelt

Ohne von diesem Artikel in der Erstausgabe von "Hifi-Stars" 2008 Nr.1 gehört zu haben, hatte ich in 2010 bis 2012 die verschiedenen Beschreibungen der Personen oder Menschen mal aufgeschrieben, mit denen der Hifi-Fachhändler und auch der Redakteur fast täglich in Berührung kommt. Beim Lesen der 3 Seiten in der 2008er Erstausgabe von "HIFI-STARS" kam mir so Einiges bekannt vor, sodaß ich Ihnen diesen Artikel - also diese Auflistung der Hifi-Typen - von Redakteur WITZELSHAUSEN (in 2008 geschrieben) auch nicht vorenthalten möchte.
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Um vermutlich niemandem der potentiellen Leser und Inserenten auf den Fuß zu treten, hat der Redakteur den Artikel überschrieben mit :

"Abstrakte Wissenschaftssatire"
Der Hifianer als solcher - im Allgemeinen wie im Speziellen

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  • Anmerkung: Nach 45 Jahren Hifi-Leben kann ich (Autor gr) schon behaupten, das hier ist keine Satire oder Glosse, es ist sehr sehr nah an der Wahrheit dran.

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Dennoch ein "Hinweis" von Herrn WITZELSHAUSEN

Der folgende Text soll jedem Interessierten, besonders aber Partnerinnen bzw. Partnern von stark HiFi-Infizierten deren Einordnung und Typisierung ermöglichen respektive erleichtern, was die einfachere Handhabung des täglichen Umgangs gewährleisten soll. Eine Garantie für die Vollständigkeit der gegebenen Hinweise sowie für aus deren Umsetzung resultierende Folgen wird vom Autor ausdrücklich nicht gegeben/übernommen. Das Lesen und die Verwendung des Inhaltes erfolgen daher also ausschließlich auf eigenes Risiko!

Einleitung

Es ist schon eine eigenartige Spezies, dieser "Homo Technologicus Hifiensis" (kurz: HTH). Raffiniert täuscht er vor, sich für Musik zu interessieren - nur um unter diesem Deckmäntelchen ganz öffentlich seiner eigentlichen Leidenschaft nachgehen zu können: Der Huldigung der Technik als solcher. Gewiß, dagegen wäre nichts weiter einzuwenden, unterschiede es den HTH doch nicht weiter vom Fußballfanatiker, dem Automobilfreak oder dem Lederfetischisten. Doch während letztere zumeist im Verborgenen agieren und Zuvorgenannte in vollstem Tageslichte stolz Ihre Passion zeigen, bewegt sich der HTH in einer Grauzone zwischen eingeschworener Technoid-Glaubensgemeinschaft im geschlossenen Zirkel und der Suche nach Anerkennung von außerhalb (sogenannte „Messen" sind ein deutliches Anzeichen dafür). Dabei zeigen sich verschiedene Unterarten, die z.T. durchaus kooperationsfähig, teilweise aber auch Noyauxartig (Begriffserklärung siehe Gordon R. Dickson, Der Wolfling, S.116, Rastatt 1984) aggressiv aufeinander reagieren. Einige typische Vertreter des HTH wären:
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Klassifizierung

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  • 1) Homo Transistorius Powerensis
  • 2) Homo Tubus Exklusivus
  • 3) Homo Analogicus Absolutus
  • 4) Homo Digitalis Bequemus
  • 5) Homo Ludens Tuningis
  • 6) Homo Technokraticus Maximus
  • 7) Homo Studiotechnicus Optimus
  • ( --- 8) Homo Musicus Listenensis)

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Besonders zu erwähnen ist der Homo Musicus Listenensis (extrem selten anzutreffen, entwickelt sich vermeintlich vereinzelt aus einer der vorgenannten Arten).

Dabei wäre anzumerken, daß es sich selten um reinrassige Arten handelt, so sind die Arten 2) und 3) eng miteinander verwandt, so daß eine Zuordnung in beide Unterarten oftmals angebracht erscheint. Man kann in diesen Fällen zurecht von einer Hybridbildung ausgehen.

Zu definieren wären die reinrassigen Einzelexemplare (diese sind oftmals leicht identifizierbar) wie folgt:
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1) Der Homo Transistorius Powerensis - kurz HTP -

zeichnet sich durch eine ausschließliche Hingabe zur Leistung aus. Der „Schwarzenegger" unter den HiFianern liebt es möglichst groß, schwer, amerikanisch. Hochwirkungsgradlautsprecher und Kleinleistungsverstärker sind ihm ein wahres Greuel. Er verehrt die „Endstufenkiller"-Speaker a la Infinity Kappa 9 geradezu kultisch und entwickelt ungeahnten Ehrgeiz beim Versuch,
irgendwann eine Endstufe sein Eigen zu nennen, die diese LS „in die Knie zwingt" - selbst wenn er gar keine Kappa, sondern impedanzlinearisierte 91dB-Lautsprecher betreibt. Zuviel Leistung gibt es für ihn nicht. Je mehr, desto besser. Und das geht ausschließlich mit Transistoren, davon ist er zutiefst überzeugt. Das „musikalische Klangbild" von Röhrenamps verachtet er zutiefst. Sein Motto: „Viel hilft viel!".

2) Der Homo Tubus Exklusivus (HTE) ist

der Erzfeind des Homo Transistorius Powerensis. Er liebt, was jener verabscheut: Röhrenverstärker, besonders Single-Ended-Trioden (liebevoll SET genannt), dazu Lautsprecher mit mindestens 95dB Wirkungsgrad, gern auch Hörner oder Einwege-Systeme mit über 100dB, deren Verfärbungen und/oder Schwächen an den Frequenzextrema er mit hingebungsvoller Leidenschaft wegdiskutiert. Klein, alte Bauteile, japanische Herkunft - das sind seine Traumgeräte. Er haßt das „sterile Transistor-Klangbild", das ihm Musik stets viel zu leblos erscheinen läßt. Leistungsangaben oberhalb von 10 Watt pro Kanal sind ihm zumindest suspekt - sofern sie nicht von einer alten Militärröhre erzeugt werden. Gern tummelt er sich in der DIY-Ecke, in der er ein besonderes Reservat vorfindet. Sein Motto: „Weniger ist mehr!".

3) Der Homo Analogicus Absolutus (HAA)hat

sein Interessengebiet auf Quellengeräte verlegt - nur analog müssen sie sein. In selteneren Fällen beschäftigt er sich mit Tunern und Tonbandmaschinen, wobei er zum exzessiven Sammeln neigt. Zumeist kapriziert er sich jedoch auf den Plattenspieler. Auch hier ist eine gegenüber den anderen Arten verstärkte Sammelneigung zu beobachten. Vor allem die auf Feinmechanik fixierten HAA der Variante Tonarmii sowie die Vertreter der HAA Abtastern sind dafür eindeutige Belege. Allen gemeinsam ist die Ablehnung jeglicher Form von Digitaltechnik, die u.U. im Erwerb von extrem teuren, aber im Laufe der Zeit jedenfalls teurer werdenden Laufwerken / Tonarmen / Tonabnehmern mündet. In dieser Gruppe ist der „Vergleichseffekt" stark vertreten, auch gruppeninterne Neidfaktoren sind überdurchschnittlich ausgeprägt. Verträgt sich ausgezeichnet mit dem HTE, ist dafür aber mit dem HDB explizit verfeindet. Vom „harten" Digitalklang spricht er nur verächtlich. Das Motto des HAA: „Musik IST analog!".

4) Der Homo Digitalis Bequemus (HDB) ist

der erklärte Gegner des HAA. Er betrachtet jenen als rückständig, analoge Technik als veraltet. Bequemlichkeitsfaktoren gewichtet er höher als Klangqualität. Dennoch beansprucht er Perfektion für die Digitaltechnik, weshalb alles, was anders klingt, prinzipiell falsch sein muß. Der HDB ist überaus stringent in seiner Meinungsdarstellung, Diskussionen - insbesondere mit HAA - enden stets ergebnislos, da beide auf Ihren jeweiligen Standpunkten beharren. Dennoch finden derartige Versuche immer wieder statt; ein Phänomen, welches zu beobachten sein wird. Das Motto des HDB lautet: „Digital ist genial, der Analogschrott gehört schnellstens entsorgt!".

5) Der Homo Ludens Tuningis (HLT) ist

der verspielteste von allen. Er liebt es, mit allen möglichen Dingen zu experimentieren. Das reicht von selbst physikalisch eindeutig nachvollziehbaren Versuchen mit Kabeln, Netzaufbereitung oder Raumtuning bis hin zu eher absurden Auswüchsen, zu denen der HLT sich animiert fühlt. Wie absurd auch immer die Thematik - absolut nichts bleibt unversucht, um dem letzten Fitzelchen Klang nachzuspüren. Daß dabei nahezu immer die Musik auf der Strecke bleibt, entgeht dem HLT zumeist völlig. Andere Exemplare verdrängen diese Tatsache bewußt - hier ist die Spielerei längst zum Selbstzweck geworden. Sein eindeutiges Motto: „NICHTS darf unversucht bleiben!".

6) Der Homo Technokraticus Maximus (HTM) ist

der reinrassigste Vertreter der Gattung Technikfreak, die es gibt. Von MP5 über die virtual-23.4-Anlage und Soft-Disk-Replay gibt es nichts, was er nicht als allererster hat und ausprobiert. Testberichte sind sein Lebenselixier, ohne permanente Rotation in seiner Anlagenkonfiguration ist er unglücklich. Der Gedanke an das, was es möglicherweise an Neuheiten gibt, ohne daß er es besitzt, treibt den HTM schier zum Wahnsinn. Er ist der größte Motor der Wirtschaft innerhalb aller hier genannten Gruppen, da seine ewige Unzufriedenheit zu stets weiteren Käufen führt - der Traum aller Marketing-Strategen. Sein Motto: „Habe ich nicht? Gibt's nicht!".

7) Der selten militante, zumeist jedoch eher zurückgezogen lebende Homo Studiotechnicus Optimus (HSO) ist

von der kompromißlosen Überzeugung beseelt, daß die Einhaltung exakt festgeschriebener Normen auch zur bestmöglichen Wiedergabe führt. Die IRT3/5 ist seine Bibel. Der HLT ist sein hundertprozentiger Gegenpol, da für den HSO nur gilt, was im Studio aufgenommen wurde. Er will jeden Dreh am Regler akustisch nachvollziehen und ggf. selbst korrigieren können. Wiedergabeseitig ist daher zu verwenden, was auch bei der Aufnahmeerstellung eingesetzt wird: Studioequipment! Und zwar ausschließlich. Sein Motto: „Die Wahrheit, und nichts als die Wahrheit, will ich hören!".

(? 8 ?) Eine Sonderstellung nimmt der Homo Musicus Listenensis (HML) ein.

Aufgrund seines extrem seltenen Vorkommens liegen keine gesicherten Erkenntnisse über ihn vor. Es heißt jedoch, daß er im Gegensatz zu den anderen Vertretern des Homo Technologicus Hifiensis über die Fähigkeit verfüge, die Musik abstrahierend von der verwendeten Technik wahrzunehmen und deren Wiedergabe zu beurteilen. Seine Herkunft ist unklar, dennoch ist ihm aufgrund dieses einzigartigen Merkmals der Status einer eigenen Unterart zuzuerkennen.

Abschlußbetrachtung

Innerhalb der Homo Technologicus Hifiensis existieren diverse Spezifikationsmerkmale, von denen an dieser Stelle nur einige wenige definiert werden konnten. Eine exaktere Abhandlung zum Thema unter Inbetrachtnahme der diversen Übergangsvarianten und Schnittmengen sowie der resultierenden Implikationen samt daraus abzuleitender Verhaltensweisen im Umgang mit dieser Spezies finden Sie im demnächst erscheinenden dreibändigen Werk von Prof. Dr. Friedhelm Büscherath-Endenich „HIFI - Wat soll datt denn?" (JvM-Verlag, Bottrop).

HEINER V. WITZELSHAUSEN (2008)

P.S.: Der vorliegende Text ist eine SATIRE! - Oder doch nicht...?


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