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DAT - ein logischer Schritt (elrad 1987, Heft 9)

von Heinz W. Kämmer (ehemals Verkaufsleiter bei SONY Audio)

Heinz W. Kämmer über sich: „Mehr als 30 Jahre rund um Hifi gemacht, gearbeitet, gebaut, geredet, geschrieben, geplant, geträumt und (sogar) gedacht - das hinterläßt Spuren. Da kann man nicht einfach aufhören, sondern wird freier Schriftsteller und befaßt sich sogar mit so 'neumodischem Kram' wie CD und DAT." Heinz W. Kämmer ist Pressesprecher der Mitsubishi Electric und Autor des CD-Buches 'Die Silberscheibe'.

Diesen Artikel gibt es irrtümlich fast identisch/doppelt auch im Magnetband-Museum unter
www.magnetbandmuseum.info/wie-funktioniert-dat

Es lag in der Luft: DAT - Digital Audio Tape - mußte kommen.

Nachdem so langsam alles digitalisiert ist bzw. wird, was sich digitalisieren läßt, nachdem die CD vorgemacht hat, was mit Digitalisierung erreicht werden kann, und nachdem die Technik der Umwandlung von analogen in digitale Signale beherrscht wird, ist DAT einfach ein logischer Schritt!

Darüber hinaus — und das ist das wohl wichtigste Argument für DAT, kann die analoge Technik als ausgereizt gelten; beim Tonband war keine nennenswerte 'Luft' mehr nach oben, weitere Verbesserungen scheiterten meistens am Aufwand.

Weil in allen möglichen Labors und Werkstätten an einem digitalen Tonbandgerät gebastelt und gebaut wurde, war es notwendig, ehe man zuviel in die Technik investierte, sich auf eine Normung zu verständigen.

Für den Konsumerbereich wurde das R-DAT-System mit rotierenden Köpfen und Schrägspur-Aufzeichnung gewählt, eine Technik, die vom Videorekorder bestens bekannt ist und von der Industrie technisch beherrscht wird. Neben hervorragender Wiedergabequalität sind für den Heimgebrauch leichte Bedienung, Zuverlässigkeit und Servicefreundlichkeit notwendige Voraussetzungen.

Das Problem der sogenannten Kopiersperre

Worüber man sich nicht einigte und was immer noch, während diese Zeilen geschrieben werden (wir schreiben 1987), ungelöst im Raum steht, ist das Problem der sogenannten Kopiersperre.
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Bild 1. Die 90-Grad-Kopftrommel-Umschlingung. Nur einen Viertelkreis lang liegt das Band an der Trommel und wird dabei von den Köpfen in parallelen Schrägspuren abgetastet.

Die R-DAT-Technik hat man kräftig beim Videorekorder abgeguckt: Eine Trommel von 30mm Durchmesser dreht mit 2000 U/m und trägt zwei „Tonköpfe", die wegen der hohen zu verarbeitenden Frequenzen ähnlich gestaltet sind wie bei Videorekordern.

Genau wie dort wird auch diese Trommel (nur dann) beheizt, damit das Band nicht klebt, wenn sich Kondensfeuchtigkeit ansammelt. Die „Köpfe" (bleiben wir bei dem unzutreffenden Namen) überstreichen nacheinander die Bandspuren. Das Band umschlingt dabei die Kopftrommel auf einem Winkel von 90 Grad, siehe Bild 1.

Die sehr schmalen Spuren — es sind nur 13,591 um, also rund 13,6um — liegen unmittelbar nebeneinander und würden unweigerlich übersprechen, wenn nicht verschiedene Vorkehrungen getroffen würden: Ein Trick ist bereits vom Videorekorder bekannt: Die zwei Köpfe sind um einen bestimmten Winkel gegeneinander gedreht, so daß der aktive Kopf die Nebenspur zwar nicht lesen kann, jedoch Abwandern aus der Symmetrie erkennt. Man nennt dieses Verfahren nach dem Verdrehungswinkel „Azimut-Recording". Hinzu kommt noch eine zweite Maßnahme, die anhand von Bild 2 erklärt wird.

Bild 2. Das Spurformat. Die Bedeutung der Blöcke sowie das Schema der Verschachtelung sind im Text erklärt.

Die kleinen Kassetten

Damit ist auch der „Rasen" zwischen den Spuren überflüssig, was zusammen mit der sehr langsamen Vorschubgeschwindigkeit von 8,15mm/s die extrem hohe Aufnahmedichte von 114 MByte/inch, also Megabyte pro Quadratzoll, ermöglicht. Darin liegt der Grund für den geringen Bandverbrauch, was wiederum die Voraussetzung für die kleinen Kassetten ist.

Wie klein? Die Abmessungen betragen 73 x 54 x 10,5 mm, das Band ist 3,81mm breit, und eine solche Kassette speichert zwei Stunden Musik!

Bild 2 zeigt das digitale Spurformat.

Man sieht die zwei parallelen Spuren, jede davon ist in 5 Segmente unterteilt. Das Segment im Zentrum enthält, eingebaut in 128 Blocks, die PCM-codierten digitalen Audiosignale. Die 128 Blocks sind in der Mitte unterteilt, dort sind die Paritäts-Bits (Hilfsmittel für Fehlerkorrektur) eingefügt, macht zusammen 196 Blocks, gerade den Raum für eine 90-Grad-Umschlingung. Die 16-Bit-PCM-Spuren sind, wie zu erkennen, gegenseitig und gegeneinander verschachtelt: Erst kommen die „rechten ungeraden" und dann, nach den Paritäts-Bits, die „linken geraden"; auf der gegenüberliegenden Spur ist alles umgekehrt.

Diese Audiosegmente werden von zwei kleineren Segmenten aus 5 Blocks flankiert, in denen die Signale für die automatische Spurnachführung ATF (Automatic Track Finding) stecken.

Jedes PCM-Audiosegment ist also von je einem ATF-Block begrenzt, und in jedem dieser ATF-Blocks ist ein Signal von 130 kHz eingefügt.

Weil jede Spur 13,6um und der Kopf ca. 20,4um breit ist, liest ein Kopf, der korrekt auf der Mitte seiner Sollspur liegt, aus den beiden Nachbarspuren zwei gleichmäßige, jedoch schwache Anteile von 130 kHz, und die Nachregelspannung bleibt Null.

Wandert der Kopf aus der Mitte, entsteht eine Unsymmetrie nach der einen oder anderen Richtung, die eine entsprechend polarisierte Nachführspannung erzeugt, die Capstan und Bandvorschub wieder exakt auf Spurmitte bringt. Die ATF-Blocks sind gegeneinander versetzt, so daß ein Abtastkopf immer wieder einen der ATF-Blocks überstreicht. Die ATF kontrolliert die Servos, die ihrerseits den Capstanmotor und die Wickelmotoren steuern.

Ein Mikroprozessor im Regel- und Steuerblock überwacht das ganze System und wertet die Daten vom Laufwerk und von den Steuertasten aus, besorgt das Auslesen der Subcodes, steuert die Suchautomatik und sorgt für die notwendigen Anzeigen wie Titelnummer und Spielzeit.

Weiter außen sitzen dann nochmals zwei Segmente von je 8 Blocks, in denen die Subcodes untergebracht sind, die solche Dinge wie Spurnummer, Spielzeit und weitere Informationen enthalten. Die Aufnahmekapazität des Subcodeträgers ist sehr groß, sie beträgt 273 kByte/s, das ist etwa 4,6 mal so viel wie bei der CD.

Das ganze DAT System ist ausbaufähig

Diese große Kapazität läßt genügend Platz für Daten; nicht nur für Spielzeit oder ähnliches, sondern der Subcode kann Textinformationen oder Steuersignale für verschiedenste Zwecke wie z.B. zum taktgenauen Überspielen oder Anfügen enthalten. Jedes Segment ist vom nächsten durch eine schmale Lücke getrennt; außen an den Bandkanten liegt noch je ein Längsspur, die für verschiedene Zwecke genutzt werden kann.

Bild 3 zeigt die elektronischen Funktionsgruppen.

Bild 3. Das Blockschaltbild zeigt die Signalwege der Bits, die zeitweise gespeichert werden, Servos mikrometergenau steuern und sich dann wieder in Musik rückverwandeln lassen.

Bei der Aufnahme läuft das Audiosignal zunächst durch einen Tiefpaß, der Reste von Hochfrequenz zurückhält. Das so bearbeitete Signal wird im A/D-Wandler digitalisiert und im folgenden Encoder mit Paritätsbits für die Fehlerkorrektur ergänzt, die die gleichen Funktionen haben wie bei der CD.

Hier werden die Daten auch bereits verschachtelt (inter-leaved), um konzentrierte Datenverluste (Error-Bursts) durch Drop-Outs im Band oder ähnliche grobe Fehler zu vermeiden. Während des Encoding-Prozesses werden die Daten auch zeitlich komprimiert, um genügend Daten in das Stück Band unterzubringen, das als Datenträger fungiert und das nur kurze Zeit mit der Trommel in Kontakt ist. Der Umschlingungswinkel bestimmt diese Zeitspanne.

Die Verarbeitung der Daten beider Spuren geschieht nacheinander, wobei ein RAM von 128 kByte als Zwischenspeicher dient. Der Datenfluß wird zwischen zwei 64-kByte-Speichern aufgeteilt, die versetzt arbeiten können; während einer noch aufnimmt, werden die Daten, die bereits im zweiten Buffer gespeichert sind, encodiert. Danach wird der Datenstrom im Modulator von 8 auf 10 Bits konvertiert, wodurch Gleichspannungsanteile, die eventuell noch enthalten sein können, unterdrückt werden. Vom Modulator wandern die Bits in den Aufnahmeverstärker, in welchem zugleich noch die Nachführspannungen (ATF) gewonnen werden. Das ganze Datengemisch erreicht nunmehr die "rotierenden Trafos" (rotierenden Übertrager), die berührungslos, wie auch beim Videorekorder, die vielen Impulse an die rotierenden Köpfe weitergeben.

Bei Wiedergabe ist der Weg umgekehrt:

Die Köpfe lesen die Spuren, über die "Drehtrafos" (rotierenden Übertrager) gelangen die Signale an den Wiedergabeverstärker, der auch die Entzerrung (Equalization) besorgt. Die Kontrollbits für den Bandvorschub und den Trommelmotor werden hier schon ausgeklinkt und einer Steuerschaltung zugeführt, die das Laufwerk steuert.

Der Datenstrom gelangt zum Demodulator, der die 10-Bit-Informationen in das originale 8-Bit-Format zurückverwandelt. Dann folgt die Fehlerkorrektur, die Daten werden entmischt und expandiert.

Wie auch bei der Aufnahme geschieht das nacheinander für beide Spuren, die 64-kByte-Memory-Buffer stellen das originale, kontinuierlich-parallele Signal, noch immer in digitaler Form, wieder her. Diese Daten erreichen jetzt den A/D-Wandler, der sie ausliest und in das analoge Signal rückverwandelt, das dann über die Tiefpaßfilter zu den Ausgangsbuchsen gelangt.

Dort steht dann das Tonsignal — analog dem Schalldruckverlauf, praktisch unverfälscht — wieder zur Verfügung. Die Daten drücken dies aus: Klirrfaktor 0,005%, Frequenzgang (5 Hz... 20.000 Hz) ±0,5 dB, bei einem möglichem Geräuschspannungsabstand von 96 dB, der in der Praxis irgendwo zwischen 85 dB und 90 dB liegen dürfte.

Die Systemqualität hängt, genau wie bei der CD, davon ab, daß eine hochwirksame Fehlerkorrektur alle Fehler, die beim Aufzeichnen und Wiederauslesen entstehen, berichtigt und die Lücken ergänzt. Die DAT-Fehlerkorrektur arbeitet ebenfalls mit zweifach verschachteltem (interleaved) Reed-Solomon-Code.

Hier ist nochmals Bild 2 hilfreich: Die Audiodaten für beide Spuren werden in den linken und rechten Kanal aufgeteilt und auf gegenüberliegenden Spursegmenten des Bandes aufgezeichnet. Mit dieser Verteilung der Daten kann der Fehlerkorrektur-Algorithmus ein kontinuierliches Audiosignal sogar dann restaurieren, wenn z.B. durch Kopfverschmutzung eine komplette Spur verloren geht oder wenn das Band bis zur Hälfte, von der Außenkante bis zur Mitte, nicht gelesen werden kann. Die Fehlerkorrektur interpoliert zuverlässig zwischen den verbliebenen Werten.
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Zu den Vorteilen der digitalisierten Aufzeichnung . . . . .

Zu den Vorteilen der digitalisierten Aufzeichnung ist unter anderem zu bemerken, daß sie sicher und schnell arbeitende Titelsuchsysteme zuläßt. Bei der 30mm-Trommel und dem flachen Umschlingungswinkel von nur 90 Grad entsteht viel weniger Reibung zwischen Trommel und Band als beim Videorekorder, dessen Trommel bekanntlich größer ist und auf einem viel größeren Winkel — 180 Grad und mehr — umschlungen wird. Deshalb kann bei DAT das Band im Suchlauf viel schneller mit Kopfkontakt laufen (Anmerkung : Nicht jedoch beim Umspulen !), so daß die Köpfe das Band auch während des Schnellaufes quer abtasten können und die zum Suchen notwendigen Daten auslesen. Diese Informationen werden dann genutzt, um den Inhalt des Bandes entweder nach Titelnummern oder Spielzeit zu sortieren.

Der Servo korrigiert die Trommeldrehzahl so, daß auch bei schnellem Suchlauf die relative Geschwindigkeit zwischen den Köpfen und den aufgezeichneten Spuren immer konstant bleibt. Die Daten können so auch noch beim 200-fachen der Normalgeschwindigkeit sicher ausgelesen werden.

Wenn die Suchfunktion aktiviert wird, läuft das Band mit hoher Geschwindigkeit, bis das im Suchprogramm gespeicherte Stück gefunden ist. Das Band stoppt sofort präzise am Anfang des gesuchten Titels, und die Wiedergabe kann sofort beginnen.

Mit DAT steht eine doppelte „Revolution" allen Musikfreunden ins Haus: Nicht nur haben sie Aussicht auf hervorragende Wiedergabe vom Band, sondern können auch beliebig hin- und herspielen und manipulieren. Solange das privat, zum eigenen Bedarf und eigenen Vergnügen geschieht, ist überhaupt nichts dagegen einzuwenden, was, wenn auch widerstrebend, sogar die Leute einräumen, die von den Musik-Tantiemen leben müssen. DAT und CD können damit möglicherweise auch die leicht abgeschaffte Hörergemeinde regenerieren.

Ein Artikel aus elrad 1987, Heft 9
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