Zum Verstehen müssen wir weit zurück schaun, in die 1920er Jahre mit den ersten elektrischen Lautsprechern
Als in den 1920er Jahren die ersten elektrodynamischen Lautsprecher die (mechanischen) Trichter (auf den Grammophonen) abgelöst hatten, waren das alles sogenannte Breitband-Chassis. Die Klänge oder Töne kamen allesamt aus diesem einen Lautsprecher.
Das funktionierte leidlich gut, denn so richtige tiefe Töne kannte man bei den 78er Schallplatten noch nicht. Als die Musikaufnahmen duch die neue elektrische Schneide-Technik der Platten gesteigert wurden, wurde auch der Frequenzgang auf etwa 70 bis 7.000 Hz erweitert. Diese neue Qualität (man nannte sie sogar Highfidelity) konnten sich aber nur wenige leisten, denn diese Technik war teuer.
Alleine in den damals in den USA ins Gigantische gewachsenen Riesen- Kino-Paläste mußte man Lautstärken für 2.000 und mehr (sitzende) Besucher erzeugen. Und auch dort mußte die Qualität überzeugen, denn für diesen Gaudi, also den Kinobesuch, wurde immer noch kräftig kassiert.
Die bislang bekannten Breitbandlautsprecher konnten den erforderlichen Schalldruck im Mittelton- und Hochtonbereich nicht erzeugen. Ein kluger Kopf erfand bzw. entwickelte das Exponentialhorn mit dem Druckkammertreiber hinten dran. Doch dieses Horn konnte nur mittlere und hohe Töne wiedergeben. Deshalb wurden sogenannte Zweiwege-Kombinationen konstruiert.
Jetzt mußten die Entwickler die vom Verstärker angelieferten Audio-Signale in zwei Frequenzbereiche auftrennen, damit das Hochton-Horn nicht verschmorte. Sie bauten sogenannte Frequenzweichen.
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Die ersten Frequenzweichen ware passiv und primitiv
Das bedeutete, der Kino-Hochtöner wurde über einen Kondensator angeschlossen. Das gab es übrigens bis weit in die 1970er Jahre bei unseren Kinos in Deutschland immer noch. Doch inzwischen - seit 1949 - war die 33er Vinylschallplatte das Maß der Dinge und diese Platte konnte etwa 40 is 15.000 Hz wiedergeben.
Das konnte man mit einfachen Zweiwegboxen nicht mehr so richtig bewältigen und so bauten die Entwickler 3-Wege Boxen. Dabei war es aber offensichtich, daß eine ganze Menge der kostbaren Verstärkerleistung in diesen passiven Frequenz- Weichen verloren ging. Die Hersteller der Studiotechnik entwickelten da eine neue Idee.
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Die elektronische aktive Frequenzweiche war geboren
Die Ideee war das nahezu verlustfreie Auftrennen der Frequenzbereiche vor jetzt mehreren Endverstärkern. Damit war das Leistungsproblem der passiven Weichen gelöst, doch der Aufwand war ungleich höher und kostspieliger.
Es gab aber sowieso noch mehrere Probleme bei den hochwertigen Hifi-Anlagen und auch bei den Kinos (Großraum- und Freifeld-Beschallung). Die 3 Bereichs-Filter konnten gar nicht so exakt bzw. "steilflankig" gebaut werden, daß es keine überlappenden Frequenbereiche gibt. In den überlappenden Bereichen traten und treten Phasenverschiebungen und/oder Auslöschungen oder Verstärkungen auf, die ein geübter Tonmeister sofort hört und die ein Laie mit etwas Erfahrung erstaunlich leicht hören kann.
Und jetzt sprudelten die Ideen, wie man diese Eigenschaften verbessern könnte.
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Die BOSE 901 - zurück zum Breitband-Chassis
Aufgrund dieser obigen Eigenschaften hatten die allermeisten Hifi- und auch Bühnen-Lautsprecher eine Eigenklang. Nur ganz ganz wenige Spezialisten für Lautsprecher haben mit großem Aufwand den Eigenklang minimiert, die HECO P7302 zum Beispiel. Dafür hatte die wieder andere Eigenschaften oder Eigenarten.
Ein damals bislang unbekannter Professor am MIT in USA hatte da ganz andere Vorstellungen von Qualität und Machbarkeit. Er erforschte den Eigenklang von Gehäusen und Boxen und stolperte natürlich sofort über die ausgeprägten Eigenresonanzen von so gut wie allen Lautsprecherchassis.
Diese Resonanz leidlich weg zu bekommen, ging nur über eine spezielle Dämpfung des Gehäuses. Die jedoch bremst die Effizienz und den Wirkungsgrad deutlich aus. Man könnte mehrere kleinere Chasiss nehmen, die erfahrungsgemäß zwar alle auch eine Eigenresonanz haben, auf über die Produktstreuung ist die wesentlich weniger ausgeprägt als zum Beispiel bei einem einzigen Baß-Chassis.
Nimmt man viele (9 Sück) deutlich kleinere Chassis, könnten die sogar im Mittel- und Hochtonbereich betrieben werden. Um den Frequenzgang dieser vielen Breitbandchassis wieder "auszubügeln", setzt man vor die Endstufe einen fest eingestellten Klangregler, den typischen BOSE Equalizer.
Damit hängen alle (9) Lautsprecher (pro Kanal) direkt und ohne Frequenzweiche an der Endstufe dran und es geht fast nichts verloren. Daß der Professor mit diesem Konzept auch noch die Stereo-Wiedergabe revolutionierte, ist ein anderes Thema. Und daß auch zwischen diesen 9 Lautsprechern Interferenzen und Phasenunterschiede aufteten ebenfalls. Nichts ist perfekt, doch der akustische Eindruck in einem 24m² Raum war 1972 absolut überwältigend.
Auch die Bühnenversion dieser BOSE 901, die BOSE 800 und 802, hatte manchem Saxophonisten oder Kontrabass Spieler die Tränen in die Augen getrieben, weil die Musik wirklich vom Magnetband kam und doch gar nicht live gespielt wurde.
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Und dann kam Lincoln Walsh mit einer Idee
Nochmal zurück zu den beeindruckenden BOSE 901 von 1970 und danach. Der Sound war super, die Lautstärke auch und das Versprechen vom Professor war nicht gelogen. "Wir (also BOSE) bringen ihnen den Konzertsaal ins Heim." Mehr hatten die Vertriebler von BOSE nie versprochen.
Den damaligen "Möchtegern-" High-Endern war das aber immer noch zu wenig. Sie wollten noch mehr und Mr.Walsh berücksichtigte all die oben genannten Nachteile und Vorteile und konstruierte eine neue Idee, eine mechanische Frequenzweiche in einem Rundumstrahler.
Die Stereo- oder Raum- Wiedergabe bei allen Boxen und auch bei den beeindruckenden BOSE 901 war ganz sicher auf recht hohem Niveau. Otto Braun hatte mit dem Ionenhochtöner noch eins oben drauf gesetzt, doch wie der Professor von BOSE herausfand, spielt der Nachhall oder Raumhall bei der Aufnahme wie auch bei der Wiedergabe im Hörraum eine große Rolle.
Ein Rundumstrahler mußte es werden und er sollte vom Sound (wir nennen das Klang) und von der Raumwiedergabe neue Maßstäbe setzen.
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Die Konstruktions-Ideen - eine mechanische Weiche
Verschiedene Materialien sind unterschiedlich hart und können dementsprechend verschiedene Frequenzen ganz gut und andere nicht oder weniger gut erzeugen.
Eine einzige Schwingspule wird vom Verstärker optimal angesteuert. Eine Frequenzweiche wird damit nicht gebraucht.
Über ein entsprechend großes Gehäuse bekommt man eine eventuelle Baßresonanz in so tiefe Bereiche, daß sie niemand mehr hört.
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Bevor wir zu den Verkaufsprospekten überleiten
Ein ungeschriebenes Gesetz aus dieser Welt lautet:
Es gibt keine Vorteile ohne Nachteile, nirgendwo.
Die OHM F war schon sehr schwer, die OHM A hat sich meines Wissens nach nie über den Atlantic gewagt, die mußte noch schwerer sein.
Die OHM F - ab Werk - war für den amerikanischen Sound-Geschmack (das Klang-Empfinden) abgestimmt und innen im Konus mit Dämpfungsmaterialien beklebt. Das war die Feinabstimmung der mechanischen Frequenzweiche.
Dadurch war die OHM F leistungshungrig und die "Tüte" wurde natürlich schwerer. Manche Fans glaubten, das könne man durch einen noch dickeren Verstärker ausgleichen und das würden die Schwingspulen auch etwas länger aushalten.
Doch das war ein Irrtum. Die angegebenen 500 Watt "Nennleistung" der Endsufe waren nie als Dauerleistung zu verstehen, auch nicht als Musikleistung, eher als absolute Impuls-Spitzenleistung. Doch das wollten die Kunden damals so nicht lesen bzw. akzeptieren.
Beim damaligen Erst-Importeur Michael Gießen standen sie dann in größerer Zahl (unten im Werkstatt-Keller) rum, die im Titan-Folien- Bereich abgeknickten Tüten. Der Phase Linear 700 mit 3 x 350 Watt Sinus an 8 Ohm war zwar ganz gut, aber für die Disco war das alles nicht geeignet. Dafür war der Wirkungsgrad viel zu schlecht
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