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Aus der Funk-Technik Nr. 17/1971
Quadrophonie - ja oder nein ? Teil 2

von H. WILLIGES

Über Herrn Prof. Dipl.-Ing. Heinrich Williges

Prof. Dipl.-Ing. Heinrich Williges (69) studierte Nachrichtentechnik an der TH Karlsruhe. Von 1936 bis 1944 als Entwicklungsingenieur bei Siemens- Apparate- und Maschinenbau GmbH auf dem Gebiet der Steuer- und Regelungstechnik tätig, dabei hervorgetreten mit drei Patenten. Nach dem Krieg wandte er sich der Elektroakustik zu und war von 1952 bis 1955 in der Tontechnik beim Rundfunk tätig.
Seit 1955 als freier Mitarbeiter bei der Fa. Isophon- Werke GmbH, Berlin. Von 1971 bis 1978 Vorsitzender des Fachnormenausschusses „Laut- sprecher" und in dieser Eigenschaft deutscher Sprecher bei der IEC (International Electrical Commission). Nach Lehrtätigkeit ab 1955 an der Ing.- Akademie Gauß, Berlin; 1971 Berufung zum Professor an die Technische Fachhochschule Berlin für das Lehrgebiet Technische Akustik und nach der Pensionierung dort noch als Lehrbeauftragter tätig.

II. Abbildung von Schallereignissen über Lautsprecher in Wohnräumen.

Grundig 3D Konzertradio 1955
Hoch- Mittel und Tieftonchassis

Der Start der technischen Entwicklung zum Raumklang wurde durch die (fast zwangsweise notgedrungene) Einführung der UKW-Rundfunktechnik im Jahre 1949 möglich. Durch Anwendung der bereits bekannten Frequenzmodulation erreichte man eine beachtliche Steigerung der Übertragungsqualität, besonders hinsichtlich Frequenzbereich, Dynamikbereich und Störabstand.

Damit wurde der Anstoß für die Entwicklung von Tiefton- und Hochton- Lautsprechern gegeben, da die Herstellung eines Lautsprechersystems für den gesamten hörbaren Frequenzbereich aus physikalischen Gründen schwierig ist.

Die 1951 bekanntgewordene Entwicklung des Kugellautsprechers [4] machte dann die Einbeziehung von indirektem Schall bei der Schallwiedergabe in Wohnräumen möglich. Beim Kugellautsprecher sind 12 bis 32 kleine Lautsprecher gleichmäßig auf einer Kugelfläche verteilt, so daß neben dem direkten Schall des oder der auf den Hörer gerichteten Lautsprecher noch eine zusätzliche Schallabstrahlung nach allen Richtungen im Wohnraum erfolgt.

Dadurch entsteht infolge der Reflexionen an Decke und Wänden am Hörort ein gewisses diffuses Schallfeld. Die Anwendung dieses Prinzips führte zu der „3-D-"-Anordnung von Lautsprechern in Rundfunkgeräten.

Audiorama Kugellautsprecher

Bei der Wohnraumbeschallung mit Kugellautsprechern erkannte man, daß eine stereoähnliche Abbildung der zu übertragenden Schallereignisse möglich wurde. Da hierbei die Informationen nur über einen einzigen Kanal (monophon) übertragen werden, handelt es sich bei diesem Verfahren um die sogenannte Pseudostereophonie. Der technische Fortschritt in diesem Stadium war bereits beachtlich [5]. Während man bis dahin versuchte, allein durch zusätzliches Verhallen des Mono-Signals einen Raumeindruck im Wiedergaberaum zu erzeugen, ergab sich durch die Erzeugung eines diffusen Schallfeldes im Wiedergaberaum eine plastische Abbildung des Klangkörpers. Die subjektive Wirkung läßt sich etwa folgendermaßen beschreiben:

Bei einer verhallten Wiedergabe hört man gewissermaßen durch ein Loch in der Wand entsprechend der Lautsprechergröße in einen Konzertraum hinein.

Bei der Wiedergabe mit Hilfe eines einzigen Kugellautsprechers hat der Hörer bei ausreichender Entfernung vom Lautsprecher den Eindruck, scheinbar einzelne Schallquellen (Solisten oder Sprecher) im Wiedergaberaum zu hören, jedoch nicht an einem genau zu bestimmenden Ort. Große Orchester werden in räumlicher Weite empfunden, gleichsam als ob der Schall durch ein breites Fenster in den Wohnraum gelangt. Eine genaue Ortung einzelner Schallquellen ist dabei wegen des Fehlens entsprechender Ortsinformationen nicht möglich, jedoch klingt die Wiedergabe schon weitgehend natürlich.

Braun PCS5 Hifi Stereo Plattenspieler
Grundig Stereo Röhren Steuergerät
Präsenz-Anhebung durch Equalizer

Die Einführung der Stereo-Wiedergabe durch die Schallplatten- technik 1958 und der Beginn der UKW Stereo-Sendungen im Deutschen Rundfunk 1963 ergaben weitere Möglichkeiten zur natürlich empfundenen Wiedergabe im Wohnraum. Mit dieser Stereo-Technik ergibt sich, wie bereits im Zusammenhang mit Bild 4 erläutert, eine weitgehend räumliche und sichere Ortung der abgebildeten Schallquellen.

Bei Hörtests mit diesem Zwei-Kanal-Verfahren zeigt sich aber, daß die Wiedergabe über Kugellautsprecher nicht in allen Fällen eine Empfindung der Natürlichkeit bei der Schallüber- tragung hervorruft. So werden punktförmige Schallquellen dabei unnatürlich verbreitert abgebildet und erscheinen teilweise geisterhaft innerhalb des "Schallpanoramas".

In diesem Zusammenhang entstand der Übertragungsbegriff „Präsenz". Hierbei soll der subjektive Eindruck erweckt werden, als würden Schallquellen aus dem Schallpanorama herausgehoben und unmittelbar vor dem Hörer empfunden. Es zeigte sich, daß für diesen Effekt besonders das Frequenzgebiet zwischen 1.000 und 5.000 Hz maßgebend ist, so daß man allein schon durch Anheben dieses Frequenzgebietes bei der Wiedergabe eine beliebige Präsenz erzeugen kann. Diese Erscheinung erklärt auch den vielfach beobachteten subjektiven Hörunterschied beim Vergleich zweier Lautsprecherboxen mit nahezu gleichen Übertragungskurven. Schon geringfügige Unterschiede von mitunter nur 0,5... 1dB im Präsenzgebiet können beachtliche subjektive Wirkungen hervorrufen.

Die Präsenzwirkung und damit die bessere räumliche Ortung läßt sich auch dadurch hervorrufen, daß man den zum Hörort gerichteten direkten Schall verstärkerseitig anhebt, und auch heute noch werden in den Rundfunkhäusern Abhörboxen benutzt, bei denen man wahlweise über Schalter entsprechende Energieverteilungen auf die in die verschiedenen Richtungen strahlenden Lautsprecher geben kann.

Der Kugellautsprecher

Die Isophon-Werke haben diese technischen Erfahrungen auch für jeden beliebigen Wohnraum anwendbar gemacht mit dem Kugellautsprecher besonderer Art „Luna 2000", der eine beliebige Schallverteilung im Raum ermöglicht.

Es handelt sich hierbei um zwei gegeneinander drehbare Flachzylinder, mit denen sich je drei unter einem weiten Raumwinkel angeordnete Lautsprecher so verstellen lassen, daß entweder alle direkt zum Hörer gerichtet oder teilweise oder ganz zur diffusen Beschallung herangezogen werden können.

Auf diese Weise ist es möglich, jede Art von Übertragung, beispielsweise solche mit bevorzugter Präsenz wie etwa bei Hörspielen oder weiträumiger Orchestermusik, jeweils optimal im Hörraum abzubilden.

Die Ambiophonie

Ergebnis der wissenschaftlichen Isophon Studie zur Ambiophonie - der Raumstrahler Luna

Die weiteren Versuche über die Abbildung von Rauminfor- mationen führten bereits 1956 zu dem unter dem Namen „Ambiophonie" bekanntgewordenen Verfahren [6]. Das lateinische Wort (Ambo - nach beiden Seiten) bedeutet soviel wie Wiedergabe aus zwei verschiedenen Richtungen. Veröffentlichungen auf diesem Gebiet sind in verschiedenen Fachzeitschriften [7] erschienen.

Darüber hinaus ist eine ganze Reihe von Verfahren für zweiseitige beziehungsweise allseitige Wiedergabeverfahren bekanntgeworden. Bei der Ambiophonie benutzt man im Prinzip aufnahmeseitig ein Hauptmikrofon im direkten Schallfeld der Schallquelle und zusätzlich ein weiteres Mikrofon im diffusen Schallfeld rückwärts im Raum. Über getrennte Kanäle spielt man dann die Informationen über entsprechend angeordnete Lautsprecher, also über den Mono-Lautsprecher oder die Stereo-Basis vorn sowie über einen rückwärtigen Lautsprecher, in den Wiedergaberaum ein.

Inzwischen ist schon eine ganze Reihe von Verfahren angegeben worden, die Informationen der verschiedenen Kanäle durch besondere elektrische Verfahren zusammenfassen. Sie können danach über zwei Kanäle vom Sendeort zum Wiedergabeort übertragen werden. Beim Wiedergabeverfahren werden sie dann wieder in die einzelnen Kanäle aufgetrennt [8]. Nähere Einzelheiten über die Schaltungen gehen über den Rahmen dieser Ausführungen hinaus.

Im Zusammenhang mit derartigen ambiophonen Wiedergabeverfahren wurden in den Studios der Isophon-Werke weitere Versuche durchgeführt. Ausgehend von den Erfahrungen mit der Aufteilung der Beschallung in direkten und indirekten Schall, wurden die beiden Kanäle einer üblichen Stereo-Anlage auf einen weiteren Stereo-Verstärker geschaltet und die Abstrahlrichtung der zugehörigen beiden Lautsprecher zur zusätzlichen Erzeugung von indirektem Schall gegen die Zimmerwände gerichtet. Der Vorteil der Verwendung eines zweiten Stereo-Verstärkers ist, daß man die Wiedergabe der indirekt wirkenden Lautsprecher beliebig nach Pegel und Frequenzgang variieren kann. Es war erstaunlich, welche Raumwirkungen sich hierbei erzielen ließen. Die Versuche wurden daher in Wohnräumen fortgesetzt.

In Wohnräumen wünscht man aus verständlichen Gründen selten eine studioähnliche Beschallung, bei der man sich in die Mitte des Raumes setzt, um die Wirkung der rückwärtigen Lautsprecher gegenüber der Stereo-Basis zur Geltung kommen zu lassen. Eine ausgezeichnete räumliche Wirkung ergab sich dabei mit folgender Anordnung: Die Basislautsprecher waren im Bücherregal eines Wohnzimmerschrankes untergebracht, und die Zusatzlautsprecher wurden oben auf den Schrank gelegt, so daß sie nur die Decke und die Rückwand des Zimmers anstrahlten. Die verblüffende räumliche Wirkung ist leicht erklärbar.

Am Hörort treffen die direkten Schallwellen von der Stereo-Basis zuerst ein. Der kürzeste Umweg des reflektierten Schalls aus den Zusatzlautsprechern von der Decke her zum Hörort betrug etwa 1,5m. Da der Schall sich in Luft mit 343m/s ausbreitet, wird 1m in etwa 3ms durchlaufen. Die ersten reflektierten Schallwellen treffen am Hörort daher etwa 5ms später als der direkte Schall ein. Nach dem bereits erwähnten Gesetz der ersten Wellenfront ortet das Gehör die Schallquelle nach wie vor in der Stereo-Basis.

Die ersten Umwegwellen zusammen mit den infolge Vielfachreflexion noch später eintreffenden Schallwellen der indirekten Beschallung erzeugen die zusätzliche Raumwirkung. Als weiterer Effekt wurde eine erhebliche Vergrößerung der Hörzone für die Lokalisierung von Schallquellen festgestellt. Beide Effekte wirken besonders auffällig, wenn man bei Versuchen plötzlich die Zusatzkanäle abschaltet. Alle Hörer, denen diese Beschallung vorgeführt wurde, hatten den Eindruck, daß trotz der hochwertigen Stereo-Wiedergabe aus der Basis das Fehlen der Raumkomponente die Qualität der Übertragung sehr beeinträchtigte.

Bild 5. Vereinfachte Schaltung für dreikanalige Wiedergabe


Dieses Verfahren läßt sich unter Ambiophonie einreihen, da die Beschallung aus verschiedenen Richtungen erfolgt. Der Zusatzverstärker, mit dem sich der Effekt optimieren läßt, braucht nur etwa die Hälfte der Leistung des Hauptverstärkers zu haben. Selbst wenn man zwei indirekt strahlende Zusatzlautsprecher ohne Zusatzverstärker betreibt, indem man sie den Basislautsprechern parallel schaltet und gegebenenfalls die Zusatzleistung durch einen Reihenwiderstand dosiert, läßt sich noch eine weitgehende Verbesserung der normalen Stereo-Beschallung erreichen.

Eine weitere Variante zur Erzeugung einer räumlichen Wirkung ergibt sich durch eine Schaltung nach Bild 5. Hier wird aus den beiden Stereo-Kanälen ein Differenzsignal L-R gebildet und von einem rückwärts angeordneten Lautsprecher abgestrahlt. Da hier insgesamt drei verschiedene Informationen wiedergegeben werden, kann man auch von dreikanaliger Wiedergabe sprechen.

Bei weiteren Versuchen zur räumlichen Schallwiedergabe wurden zwei Anordnungen nach Bild 6 erprobt, die untereinander gleichwertig sind. In der Schaltung nach Bild 6b werden außer dem linken und rechten Signal der Basislautsprecher auch noch Differenzsignale durch die beiden rückwärtigen Lautsprecher abgebildet. Wie beim Betrieb nach Bild 5 strahlen die rückwärtigen Lautsprecher keinen Schall ab, wenn linker und rechter Kanal gleich sind, das heißt bei einer Mono-Übertragung über die Stereo-Anlage.

Bild 6. Vereinfachte Schaltungen
für vierkanalige Wiedergabe


Diese Schaltungen sind Abwandlungen von Vorschlägen, die Hafler vor einem Jahr angegeben hat [9]. Bei diesen Versuchen ergab sich, daß der Abhörplatz für eine gute Stereo-Ortung sowie subjektive Raumempfindung nicht nur im Schnittpunkt der Lautsprecherachsen liegt, wie in den Bildern 6a und 6b angedeutet, sondern auch bis in die Nähe der Zusatzlautsprecher verlegt werden kann.

Bild 7. Quadrophone Wiedergabe aus zwei Kanälen

Um diese Wiedergabemöglichkeiten für Wohnräume zu erproben, wurde eine Beschallung nach Bild 7 untersucht. Wie die Schaltung zeigt, wurden die Kanäle L und R vom Ausgang des Stereo-Verstärkers abgezweigt, daraus die Signale L-R beziehungsweise R-L gebildet und diese Differenzsignale dann über einen zusätzlichen Stereo-Verstärker auf die rückwärtigen Lautsprecher gegeben. Über den Zusatzverstärker ließen sich Pegel und Frequenzgang für die rückwärtigen Lautsprecher feinstufig verändern. Die Reihenschaltung von Zusatzverstärker und Hauptverstärker hat einen besonderen Vorteil: Wenn man das Optimum für die Einstellung des Zusatzverstärkers gefunden hat, kann diese Einstellung unverändert bleiben.

Ändert man beispielsweise bei Programmwechsel oder aus anderen Gründen die Einstellung des Hauptverstärkers für die Stereo-Basis, dann ergibt sich zwangsläufig ein entsprechend proportionaler Pegel für die rückwärtigen Lautsprecher. Deshalb kann man in der Praxis den Zusatzverstärker an einem beliebigen Ort, zum Beispiel in einem Schrank, unterbringen, so daß er im Wohnraum nicht stört.

Bild 8. Differenzbildung aus zwei Kanälen

Die Bildung der Differenzsignale für den Zusatzverstärker ist nicht unmittelbar möglich, da in einem Stereo-Verstärker die beiden Kanäle über eine gemeinsame Erdleitung verbunden sind. Man kann die Differenzsignale aber beispielsweise über eine Differenzschaltung mit zwei Übertragern gewinnen (Bild 8).

Die Zusatzverstärker können in dieser Schaltung etwa die Hälfte der Leistung des Hauptverstärkers haben, weil die rückwärtigen Lautsprecher nur als Zusatzbeschallung benötigt werden. An den Übertragungsbereich des Zusatzverstärkers sind aus folgenden Gründen ebenfalls keine besonderen Anforderungen zu stellen: Bei der Differenzbildung kompensieren sich vor allem tieffrequente Anteile sehr weitgehend. Die höheren Frequenzen in den Stereo-Kanälen enthalten dagegen größere Anteile diffusen Schalls des Aufnahmeraums und sind daher bezüglich der Pegel und Phasenlagen unterschiedlich. Für die Differenzsignale benötigt man daher nur den Wiedergabebereich oberhalb etwa 200 Hz, so daß selbst einfache Verstärker benutzt werden können.

Auditorium beim BRAUN Quadro-Vinyl Abend im Mai 2010 im Braun Museum Kronberg

Bei Versuchen mit derartigen quadrophonen Übertragungen mit optimal eingestellten Zusatzkanälen ergab sich auch, daß die guten Hörplätze nicht nur in der Mitte des Raumes liegen, sondern selbst auf der Verbindungslinie der beiden rückwärtigen Lautsprecher liegen können. Es ließen sich darüber hinaus bei den Versuchen sogar die beiden rückwärtigen Lautsprecher in Richtung auf die beiden Basislautsprecher verstellen, ohne daß dabei für die auf der ursprünglichen Verbindungslinie der beiden rückwärtigen Lautsprecher sitzenden Hörer die Raumwirkung wesentlich beeinträchtigt wurde. (Link zum BRAUN Quadro Abend)

Erst wenn der Winkel zwischen den weiter nach vorn aufgestellten Zusatzlautsprechern und dieser Verbindungslinie etwa 30° überschreitet, ist eine stärkere Beeinträchtigung der Raumwirkung zu bemerken. Diese Gesetzmäßigkeit ist mit Sicherheit für die Einführung der quadrophonischen Wiedergabe in Wohnräumen ein Vorteil, weil man meistens mit Unterbringungsschwierigkeiten für die zusätzlichen Lautsprecher rechnen muß.

Bild 9. Testergebnis von Hörtests mit verschiedenen Übertragungsverfahren

Die vielseitigen und umfangreichen Versuche können natürlich leicht dazu führen, daß die Experimentierenden mehr herauszuhören glauben, als es vielleicht bei unbeeinflußten Hörern der Fall ist. Deshalb wurden Hörtests vorgenommen mit einem für normale Anwendungen repräsentativen Hörerkreis von insgesamt 23 Personen aus verschiedenen Gruppen (Männer und Frauen, Techniker und Kaufleute). Sie hatten über ein Kästchen mit vier Wahlschaltern die Möglichkeit, beliebige Wiedergabeverfahren direkt mit normaler Stereo-Wiedergabe zu vergleichen, ohne zu wissen, welches Wiedergabeverfahren sie gerade hörten. In dieser Versuchsreihe sollten sie dann angeben, welchem der Übertragungsverfahren sie den Vorzug geben.

Die Ergebnisse sind im Bild 9 dargestellt und sprechen für sich.

Bild 10. Punktbewertung eines Hörtests mit verschiedenen Übertragungsverfahren

In einer weiteren Testreihe hatten die Versuchspersonen die Möglichkeit, die Zusatzbeschallung zu optimieren und durch ein Punktsystem genauer zu bewerten. Hierbei sollte besonders geachtet werden auf räumlichen Eindruck, Durchsichtigkeit des Klangbildes und Ortungsfähigkeit. Das Ergebnis zeigt Bild 10.

Die Streuungen im Bild 10 sind wegen der höheren Anfor- derungen an die Testpersonen natürlich andere als im Bild 9.

Überzeugend erkennbar ist aber der Qualitätsgewinn bei der Quadrophonie. Wertet man die verschiedenen Ergebnisse dieses Tests aus, dann erkennt man, daß das Einspielen der Summensignale L + R über die hinteren Zusatzlautsprecher nur eine geringe Qualitätsverbesserung bringt und der getrennten rückwärtigen Wiedergabe von L und R unterlegen ist. Die Wiedergabe mit Differenzsignalen bringt jedoch eine deutliche Qualitätsverbesserung.

Das ist verständlich, wenn man folgendes berücksichtigt: Schallquellen in der Mitte eines zu übertragenden Schallpanoramas erzeugen in den beiden Stereo-Kanälen gleiche Pegel und löschen sich bei der Differenzbildung aus. Die aus dem Raum reflektierten Schallwellen dieser Schallquellen haben jedoch zeitlich unterschiedliche Pegel und Phasenlagen. Sie löschen sich daher bei der Differenzbildung nicht aus. Ähnliche Beziehungen ergeben sich auch für seitliche Schallquellen des Schallpanoramas.

Daraus ergibt sich, daß bei diesem Übertragungsverfahren von den Zusatzlautsprechern vorwiegend die Rauminformationen wiedergegeben werden. Dabei ist entsprechend Bild 10 bereits die eine Differenz L-R von großem Einfluß. Noch besser wird entsprechend dem Testergebnis die Übertragungsqualität, wenn man die beiden Differenzsignale L-R und R-L benutzt. Sie ergaben, daß in den heutigen Stereo-Aufnahmen, insbesondere auf Schallplatten, wesentlich mehr Rauminformationen enthalten sind, als bei der bisher üblichen Stereo-Wiedergabe zu hören sind.

Echte Quadrophonieaufnahmen lagen zur Zeit der Versuche noch nicht vor. Es läßt sich aber schon jetzt mit Sicherheit voraussagen, daß sich bei der Weiterentwicklung der vierkanaligen Aufnahmetechnik die Wiedergabequalität in Wohnräumen weiter steigern lassen wird.

Aus den Versuchen ergab sich weiterhin eine bisher noch nicht beachtete besondere Gesetzmäßigkeit. Stärker noch als in Konzerträumen, steigt in Wohnräumen die Wiedergabequalität mit steigender Anzahl der Kanäle beziehungsweise Informationsarten. Die im Bild 3 für Konzerträume gezeigte Qualitätskurve entspricht für Wohnräume offensichtlich einem logarithmischen Gesetz.

Im Zuge der Weiterentwicklung der Quadrophonie werden die Beschallungsmöglichkeiten in Wohnräumen sicherlich noch weiter variiert werden. Da man hierbei verschiedene Verfahren vergleichen muß, ist es zweckmäßig, rechtzeitig bestimmte Definitionen zu vereinbaren, um die Verfahren voneinander unterscheiden und gegeneinander abgrenzen zu können.

Entsprechend den Erläuterungen in diesem Beitrag, seien folgende Unterscheidungen vorgeschlagen:
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  • 1. Die Beschallung eines Wohnraums aus einem Mono-Kanal über mehrere Lautsprecher führt zu einer räumlich wirkenden Wiedergabe, die mit „Pseudostereophonie" bezeichnet wird.
  • 2. Erfolgt die Beschallung aus zwei verschiedenen Kanälen über zwei zu einer Stereo-Basis aufgestellte Lautsprecher, handelt es sich um „Echte Zwei-Kanal-Stereophonie".
  • 3. Erfolgt die Beschallung aus zwei verschiedenen Kanälen außer über die beiden Basislautsprecher noch über zwei weitere Zusatzlautsprecher, liegt „Pseudoquadrophonie" vor.
  • 4. Bildet man aus zwei verschiedenen Kanälen bei der Wiedergabe neben den Basisinformationen durch besondere Schaltungsmaßnahmen zwei weitere neue und verschiedene Informationen, dann sollte man von „Quasiquadrophonie" sprechen (analog zu Bezeichnungen in der Elektrotechnik, wo man zum Beispiel stationäre und quasistationäre von nichtstationären Vorgängen unterscheidet).
  • 5. Erfolgt die Beschallung aus vier untereinander verschieden aufgenommenen Übertragungskanälen auf vier entsprechende Lautsprecher im Wiedergaberaum, liegt „Echte Quadrophonie" oder „Echte Vier-Kanal-Stereophonie" vor (entsprechend kann man bei drei Übertragungskanälen von Triophonie oder Drei-Kanal-Stereophonie sprechen).
  • 6. Um „Ambiophonie" handelt es sich, wenn gleiche Informationen aus verschiedenen Richtungen über entsprechende Lautsprecher in einem Raum wiedergegeben werden. Das führt in der Regel zu Pseudoeffekten entsprechend 1. oder 3.

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Überblickt man zum Abschluß die Ausführungen und beschriebenen Versuche unter der in der Überschrift dieses Beitrags formulierten Fragestellung, dann ergeben sich unbestreitbare Zukunftsaussichten für die Quadrophonie.


So weit die Beurteilung dieser Technik in 1971.

Hier steht, wie die (analoge) Quadrophonie angefangen hatte und wie sie beendet wurde.
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Schrifttum

[4] Harz, H, u. Kösters, H.: Ein neuer Gesichtspunkt bei der Entwicklung von Lautsprechern. NWDR-Hausmitt. Bd. 3 (1951) S. 205-208

[5] Kühl, W., u. Zosel, J. W.: Untersuchungen zur Pseudostereophonie und Stereophonie mit Kugellautsprechern und Raumklanggeräten. Akust. Beihefte Bd. 6 (1956) S. 474 bis 481

[6] Vermeulen, R.: Stereonachhall. Philips Techn. Rdsch. (1956) Nr. 7, S. 229

[7] Keibs, L.: Möglichkeiten der Stereo-Ambiofonen Schallübertragung auf zwei Kanälen. Acustica Bd. 12 (1962) Nr. 2, S. 118-124

[8] Keibs, L., u. Tismer, W.: Elektroakusti-sches Verfahren für stereofone Wiedergabe über zwei Kanäle auf mehr als zwei Lautsprechern. DAS 122895 v. 8. 8 1964 sowie DAS 1279101 v. 30. 6. 1965

[9] Hafler, D.: A new Quadrophonie system. Audio (July 1970) S. 24-26 u. 56-57
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