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1972 - Ein erster Test eines teuren Lautsprechers . . .

So um 1972 war die deutsche Hifi Gemeinde bereits auf dem Höhenflug angekommen. Es sollte noch besser, noch "naturgetreuer" und noch "dynamischer" gesoundet werden. Außerdem waren sogar extrem teure Komponenten hoffähig, obwohl manche unserer Zeitgenossen sich den edlen McIntosh Verstärker vom Munde abgespart hatten. Das Klipschorn als Produkt war seit 1945 bekannt, hatte aber ca. 25 Jahre gebraucht, um auch über einen vernünftigen Vertriebsweg nach Deutschland zu kommen.

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Das Klipschorn (ein Test von Karl Breh im Juli 1972)

(1) Klipschorn in Rohausführung von der Seite gesehen
(2) Baßtöner des Klipschorns. Er strahlt über ein gefaltetes Horn, dessen äußerste Begrenzungen die Wände des Abhörraumes sind, indirekt ab

Die ersten Patente von Paul W. Klipsch, Hornlautsprecher betreffend, stammen aus den Jahren 1940/41. Seine Grundidee bestand darin, das dem Baßtöner zugeordnete gefaltete Horn in seinen Abmessungen dadurch zu verlängern und damit dessen Wirksamkeit zu verbessern, daß die Wände des Abhörraumes als äußere Begrenzungen des Horns dienten. Um dies zu erreichen, war es notwendig, die „KlipscHorner" - wie diese Boxen nach ihrem Erfinder und Hersteller benannt wurden - in zwei Ecken des Abhörraumes aufzustellen. Daran hat sich bis heute nichts geändert.

Überhaupt wurde das Grundprinzip dieser Boxen, die HiFi-Geschichte gemacht haben und jedem international orientierten HiFi-Kenner ein Begriff sind, beibehalten. So besteht das heutige Klipschorn nach wie vor aus drei aufeinander abgestimmten Lautsprechern mit zugeordneten Hörnern (Bild 1).

Ein 380-mm-Tieftöner strahlt nicht etwa nach vorne ab, sondern nach innen über ein kompliziert gefaltetes (Exponential-) Horn, dessen äußere Begrenzungen durch die beiden Wände einer Raumecke gebildet werden, nach hinten bei seitlichem Schallaustritt.
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Übersetzt war es die Theorie des gefalteten exponentiellen Trichters / Hornes.

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Auch der Wirkungsgrad des Mitteltöners wird durch ein 570mm langes, direkt nach vorne gerichtetes Horn (Bild 3) beträchtlich erhöht. Diesem Mitteltöner ist der Frequenzbereich von 400 Hz bis 6 000 Hz zugeordnet.

Bei 6000 Hz übernimmt der Hochtöner, dessen Horn wegen den sehr viel kleineren Wellenlängen der ihm zufallenden Frequenzen sehr kurz ist. Die Aufteilung des Übertragungsbereiches in die drei Teilbereiche besorgt die in Bild 3 erkennbare Frequenzweiche.

Mittel- und Hochtonhorn sind samt dieser Frequenzweiche auf einem separaten Oberteil montiert, das auf die Baßkammer aufgesetzt wird. Übrigens handelt es sich bei den getesteten Exemplaren um die preisgünstigste (3.200.-DM pro Stück) Rohausführung "D" (Decorator's Model), dessen Äußeres vom Käufer nach eigenem Geschmack gestaltet werden kann.

In den USA kostet diese Ausführung (nur !!) 710 Dollar, während die teuerste Ausführung, nur aufgrund der Aufmachung 1140 Dollar kostet. In Deutschland kostet die furnierte Ausführung 1.500.- DM pro Stück mehr. Auf die klanglichen Eigenschaften hat dies nicht den geringsten Einfluß.

(3) Blick von oben auf das Mittelton-Horn

Ergebnisse unserer Messungen

Wir haben an den beiden Klipsch Hörnern alle Messungen durchgeführt, die wir in unserem Abhörraum auch an anderen Boxen vornehmen, selbstverständlich unter Einhaltung der üblichen Meßbedingungen, so daß die Ergebnisse dieser Messungen mit denen an anderen Boxen durchgeführten ohne weiteres vergleichbar sind.

Bild rechts: Das Mittel- und das Hochtonhorn sowie die Frequenzweiche sind auf dem separaten Oberteil montiert.

Schalldruckkurven für k2 und k3.

Bild 5 zeigt die in 2 m Abstand, Mikrofon in 113 mm Höhe, bei einem Pegel von 85 Phon bezogen auf 100 Hz breites Rauschen von 1 kHz Mittenfrequenz gemessene Schalldruckkurve sowie die Verzerrungen k . Selbstverständlich haben wir auch den kubischen Klirrgrad k3 gemessen; aber wie man sieht, ist dieser im gesamten Übertragungsbereich oberhalb 30 Hz kleiner als 0,5 %. Die Schalldruckkurve ist außerordentlich ausgeglichen. Oberhalb 8 kHz zeigt sie den durchaus erwünschten Abfall der nur noch Obertonanteile enthaltenden Höhen. Hingegen ist der Baß schon bei 25 Hz mit einem Pegel von nur -5 dB bezogen auf 1 kHz praktisch schon voll da. Die Kurven wurden mit einem gleitenden Sinussignal bei 63 mm/s Schreibgeschwindigkeit und 10 mm/s Papiervorschub gemessen. Die gesamte Schreibhöhe beträgt 50 dB. Diese Daten gelten auch für die nachfolgenden Schriebe.

Richtcharakteristik, horizontal.

Bild 6 zeigt drei Schalldruckkurven übereinanderge-schrieben, Mikrofon in 2 m Abstand und 113 mm Höhe, aber für die folgenden Hörwinkel: 0°, 20° und 40°. Wie man sieht, scheint die horizontale Richtcharakteristik der KlipscHorner sehr ausgeglichen und günstig zu sein, was auch zu erwarten ist.

Richtcharakteristik, vertikal.

Noch günstiger, was nicht ohne weiteres zu erwarten war, ist die vertikale Richtcharakteristik. Bild 7 zeigt drei übereinandergeschriebene Schalldruckkurven, Mikrofon in 2 m Abstand, Hörwinkel 0°, aber für die drei folgenden Mikrofonhöhen gemessen: 113 mm, 100 mm und 80 mm. Man sieht, daß innerhalb dieses Bereiches, die Mikrofonhöhe ohne Einfluß auf die gemessene Schalldruckkurve ist. Dies bedeutet, daß zumindest in diesem Variationsbereich der Klangeindruck sich nicht mit der Ohrhöhe ändert.

Gemittelte Schalldruckkurve.

Bild 8 zeigt sechs übereinandergeschriebene Schalldruckkurven, Mikrofon in Ohrhöhe bei Sitzposition, aber in 3, 4 und 6 m Abstand in Raummitte und seitlich aufgestellt. Bei dieser Messung wurden beide KlipscHorner, in zwei Ecken des Abhörraumes vorschriftsmäßig aufgestellt, mit demselben gleitenden Sinus angesteuert. Die Kurve größerer Schwärzung, durch eine von Hand gezogene Kurve etwas verdeutlicht, gibt die auf den Raum bezogene mittlere Schalldruckkurve wieder Auch diese zeigt den für Boxen, die gut klingen, in unserem Abhörraum typischen Verlauf.

Impedanzkurve.

Den Verlauf des Kehrwerts der elektrischen Impedanz in Abhängigkeit von der Frequenz zeigt Bild 9. Man erkennt daraus, daß der Tieftöner bei etwa 34 Hz seine Eigenresonanz hat, während diejenige des Mitteltöners bei 2500 Hz und die des Hochtöners bei 10 kHz liegt.

Die Praktische Betriebsleistung.

Darunter verstehen wir die elektrische Leistung, die der Verstärker abgeben muß, damit eine Box in 1 m Abstand mit rosa Rauschen als Programm 91 Phon erzeugt.

Das Klipschorn benötigt hierfür nur 0,3 W. 0,8 W erzeugen unter diesen Bedingungen schon 101 Phon. Dies bedeutet, daß das Klipschorn einen außerordentlich guten Wirkungsgrad aufweist. Da es außerdem hoch belastbar ist, kann man verzerrungsfrei ungewöhnlich hohe Schallpegel erzeugen oder entsprechend große Räume ausschallen.

Die Ergebnisse unserer Messungen sprechen für sich. Sie wecken nicht unbeträchtliche Erwartungen hinsichtlich der Klangqualität dieser Boxen.

Musik-Hörtest

Die Klipschörner wurden in unserem Abhörraum durch eine McIntosh-Endstufe 2105 ausgesteuert. (Anmerkung: das war damals das Feinste vom Feinsten.) Als Tonquellen dienten zwei Plattenspieler mit einem Shure V15 II und einem Ortofon M15, eine schnelle Revox (A77) sowie ein Revox-Empfangsteil.

Alle diese Tonquellen konnten gleichzeitig auf unsere Dreiweg-Anlage mit Abhöreinheiten gegeben werden. Durch Auf- und Zudrehen der Lautstärkeregler an zwei Vorverstärkern (Sony 2000 und Citation eleven) konnten beide Boxenpaare direkt miteinander verglichen werden.

Als Programme dienten die von unseren Boxentests her bekannten Schallplatten und außer diesen noch zwei JBL Demonstrationsplatten, die eine mit klassischem Programm aus dem Angel-Repertoire (Angel SL-6725) die andere mit Pop-Stücken von Warner Bros. Records (WB Pro 496).

Ferner wurden einige der jüngsten Super-Aufnahmen der MPS verwendet, darunter folgende Titel:

  1. Baden-Powell: Images On Guitar, MPS 21 29057-3;
  2. Oscar-Peterson-Trio: Another Day, MPS 21 20869-9;
  3. Jankowskey-board, MPS 33 20880-1;
  4. Eddie Thompson: Piano Mood, MPS 21 20870-2.


Was das Tonband betrifft, so hielten wir uns an den Mitschnitt der Interpretation des 1.Streichquartetts von Janacek durch das Smetana-Quartett auf der „HiFi 70" und an ein Original-Rundfunkband mit großem Symphonieorchester.

Ergebnis : phantastisch (das war 1972 !)

Um es kurz und bündig vorweg zu sagen: Ich kann mich nicht erinnern, irgendwann oder irgendwo bessere Boxen gehört zu haben. Und zwar ist es ganz egal, welche Art Musik man abhört, klassische, symphonische, Kammermusik, Jazz, Pop, ob leise, laut oder sehr laut, die KlipscHorner begeistern immer durch ihre unglaubliche Klangdefinition, durch eine praktisch resonanzfreie Baßwiedergabe bis herab zu 25 bis 30 Hz und durch eine Klangperspektive, die schwer zu beschreiben ist.

Hinzu kommt ein Effekt, den ich in diesem Ausmaß zum ersten Mal beobachten konnte:
Ein Fortissimo kommt über die KlipscHorner mit weitaus größerer dynamischer Spannweite heraus als über geschlossene Boxen. Dies hängt vermutlich mit dem Wirkungsgrad zusammen. Eine winzige Energiezufuhr wird bei den Klipschörnern sofort in hörbaren Schall umgesetzt, während bei geschlossenen Boxen schlechten Wirkungsgrades erst einmal ein Teil Energie dissipiert wird. Es ist fast so, als würden geschlossene Boxen im Vergleich zu den Klipschörnern die Dynamik komprimieren.

Der Vergleich mit einem PS-starken Sportwagen drängt sich auf, der schon auf kleinstes Antippen des Gaspedales mit spürbarer Beschleunigung reagiert. Für mich waren die Klipschörner jedenfalls ein neues HiFi-Erlebnis.

Wer sie sich leisten kann und den Platz dafür hat, wird mit den Klipschörnern die Erfüllung seiner Lautsprecherträume finden.

Zusammenfassung

Zwei Klipschörner wurden den üblichen Boxen-Messungen unterworfen und im Musik-Hörtest mit unseren Abhöreinheiten verglichen. Dabei zeigte sich die absolut überragende Qualität dieser Boxen, deren einziger Nachteil im Preis und in der Tatsache zu sehen ist, daß sie in den Ecken des Abhörraumes aufgestellt werden müssen.

Karl Breh
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Anmerkung:

Die genannten besonderen Randbedingungen bezüglich der Raumecken mußten und müssten natürlich noch etwas weiter (bzw. genauer) spezifiziert werden. Es sollen auf jeden Fall glatte harte Wände sein, zum Beispiel keine dicke Tapete oder gar Schrankwände oder Regale. Wie bei den Bose 901 und den JBL Ti250 auch war die Aufstellung nicht unkritisch. Große Sorgfalt war gefragt.

Doch wenn die beiden Klipsch Hörner dann mal anfingen, Musik "zu machen", brach durchweg wahre Begeisterung aus, damals wie auch heute.

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