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Optische Geräte

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Der Spiegel und seine Geschichte

Wann es dem ersten Frühmenschen auffiel, daß eine ruhige Wasserfläche sein Ebenbild widerspiegelte, ist nicht festzustellen. Aber es ist bekannt, wann ein früher Bronzezeitmensch auf den Gedanken kam, eine Bronzeplatte zu schleifen und zu polieren, um sich darin zu betrachten: um 2000 v. Chr.

Sein Werk wurde in dem Pfahlbau Port-Alban am Neuenburger See in der Schweiz gefunden, nicht weit von dem berühmten keltischen Waffenplatz "La Tene", der der Latenekultur der jüngeren Eisenzeit den Namen gab.

Spiegel aus Bronze, die ursprünglich wohl magischen Zwecken dienten, dann aber auch als Toilettengegenstände eine Rolle spielten, gab es um 700 v. Chr. aber auch schon in Ostasien.

Im sechsten Jahrhundert v. Chr. verwendeten die für ihre Schönheit gerühmten etruskischen Frauen Handspiegel aus polierter Bronze, deren Rückseiten kunstvoll graviert oder als Reliefs gearbeitet waren.

Um 300 v. Chr. gab es in Etrurien schon eine ganze Spiegelindustrie mit den Schwerpunkten um Vulci und Palestrina, die bis nach Griechenland lieferte. Die Römer belegten ihre Metallspiegel mit einer dünnen Silberschicht. Als Wandspiegel verwendeten sie Silberplatten oder auch Obsidiantafeln.

Kupferspiegel waren in Ägypten die große Mode. Über Goldspiegel verbreitet sich schon der griechische Dichter Homer. Bald kam man darauf, daß bestimmte Legierungen, Spiegelmetall genannt, die Lichtstrahlen besonders gut reflektieren.

Die Römer setzten ihrer Spiegelbronze besonders viel Zinn und außerdem Antimon oder auch Arsen zu. Nickelzusätze ergaben ein hervorragendes Reflexionsvermögen. Noch um 1900 wurden aus gleichen Teilen Stahl und Platin hergestellte Spiegel als unübertrefflich gepriesen.
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Die gläsernen Spiegel

Spiegel aus geschliffenem Glas scheint es im ersten Jahrhundert v. Chr. schon in Ägypten gegeben zu haben. Gaius Plinius der Ältere (23 oder 24-79 n. Chr.) erwähnt in seiner Naturgeschichte gläserne Spiegel mit Zinnunterlage, deren Erfindung er den Phönikern von Sidon zuschreibt.

Auch andere Autoren des klassischen Altertums beschreiben Glasspiegel, die als große Kostbarkeit galten und ihre Reflexionskraft von Zinn, Silber oder Gold bezogen. Dann trat in der Spiegelgeschichte die große mittelalterliche Pause ein.

Erst im 13.Jahrhundert ist in der Literatur wieder von Glasspiegeln die Rede. 1254 berichtet Vincenz von Beauvais über Spiegel, die durch Aufgießen einer dünnen Bleischicht auf heißes Glas hergestellt wurden.

Nicht viel später wurden in Italien die ersten Spiegel aus Muranoglas angefertigt. In Murano bei Venedig entwickelte sich in den folgenden Jahrhunderten eine berühmte Spiegelindustrie - noch heute gehören „venezianische Spiegel" mit kunstvoll geblasener Glasumrahmung zu den Kostbarkeiten.

1589 beschrieb Giovanni Battista Della Porta erstmals das Beschichten von Spiegelglas mit Zinnamalgam, einer Quecksilber-Zinn-Legierung. Jahrhundertelang wurden Spiegel vor allem in dieser Technik hergestellt.

Erst um die Mitte des 19. Jahrhunderts kam die Beschichtung der Glasplatte mit Silber auf. Das Verfahren war von Drayton 1843 vorgeschlagen und 1855 von Petitjean und Liebig verbessert worden.

Es handelte sich um das Abscheiden von Silber aus Silbersalzlösungen durch Zugabe von Reduktionsmitteln. Eine dünne Kupferschicht und ein Lackauftrag schützten die Silberschicht. Silberspiegel konnten preiswerter als Amalgamspiegel hergestellt werden. Außerdem war Quecksilber hochgiftig und damit für die Spiegelarbeiter lebensgefährlich.

Silberspiegel werden auch heute noch in großem Umfang hergestellt. Dazu kamen in den letzten Jahrzehnten aluminiumbeschichtete Spiegel. Die Aluminiumschicht wird im Vakuum aufgedampft und mit Schutzschichten überzogen. Die Reflexschicht tat es freilich nicht allein. Es kam entscheidend auf die Qualität des Glases an.
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Das richtige Spiegelglas

Die Herstellung von Flachglas für Spiegel (und natürlich für Fensterscheiben und dergleichen) war ein technisches Problem, dessen Lösung erst verhältnismäßig spät gelang.

Im späten Mittelalter stellte der Glasbläser Kugeln oder walzenförmige Hohlkörper her, die aufgeschnitten und zu Spiegelglas verarbeitet wurden. Das war ein mühsames Geschäft.

Trotz aller Mühe mit dem Streck- und dem Kühlofen wurden die Tafeln aus den Hohlkörpern niemals gleichmäßig und rein genug. Vor allem aber konnte man sie nicht beliebig groß machen - ein schweres Handikap, denn die reichen Schloßbauherren verlangen für ihre Spiegelkabinette raumhohe Tafeln.

So experimentierte 1688 der in der Spiegelfabrik von Abraham Thevart in Paris beschäftigte Louis Lucas de Nehou (oder Nehon) mit einem Verfahren, Spiegelglas zu gießen.

Das Thevart in diesem Jahr erteilte Herstellungsprivileg konnte allerdings erst 1701 genutzt werden. Das flüssige Glas wurde auf eine Eisenplatte gegossen, mit einer Metallwalze geglättet und drei bis fünf Tage in einem Kühlofen abgekühlt. Dann begann der Schleifprozeß, im allgemeinen mit Wasserrad-Antrieb. Glasschleifereien dieser Art arbeiteten in Deutschland noch bis um die Mitte des 20. Jahrhunderts.
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Herstellung von Tafelglas im Ziehverfahren

Neben dem Gußverfahren kam für die Herstellung von Tafelglas in großen Mengen zu Beginn des 20. Jahrhunderts das Ziehverfahren mit der von E. Fourcault erfundenen Glasziehmaschine auf, das die Glasherstellung bedeutend verbilligte.

Die zähflüssige Glasschmelze wird dabei als breites Band aus der Arbeitswanne gezogen und nach dem Passieren von wasserdurchströmten Kühlschirmen von Walzen geformt.

Für die Spiegelherstellung besser geeignet ist das nach dem Floatverfahren hergestellte Tafelglas. Es wurde 1959 von Pilkington Brothers Ltd. in England eingeführt. Beim Floatglas erstarrt die flüssige Glasmasse auf einer Metallschmelze schwimmend. Das Endergebnis ist ein Glas mit glatter und ebener Oberfläche, das nicht mehr geschliffen und poliert zu werden braucht.

Der griechische und der sächsische Archimedes

Den Hohl- oder Brennspiegel, der parallel zur Achse einfallende Strahlen in seinem Brennpunkt sammelt, gab es schon im klassischen Altertum. Der griechische Mathematiker Euklid erwähnt ihn um 300 v. Chr. in seiner „Katoptrik".

Aber viel berühmter ist die Story von Archimedes (um 285-212 v. Chr.), der nicht nur ein berühmter Mathematiker, sondern auch ein findiger Mechaniker war. Seine Kriegsmaschinen, darunter Hebewerke und Schleudern, verbreiteten bei der Belagerung von Syrakus (213-212 v. Chr.) Angst und Schrecken.

Dabei soll er auch riesige Brennspiegel verwendet haben, um die römische Flotte zu vernichten. Bei näherer Betrachtung erweist sich die Brennspiegel-Geschichte allerdings als Legende. Ganz abgesehen von den damit verbundenen technischen Schwierigkeiten steht fest, daß zeitgenössische Autoren niemals von Brennspiegeln sprachen, sondern lediglich davon, daß Archimedes die feindlichen Schiffe durch künstliche Mittel entzündet habe.

Die Brennspiegel tauchen erst über 700 Jahre später in einem Bericht des Anthemios auf. Eine ähnliche Sage überliefert, Proklos Onirokrites habe 514 n. Chr. die Flotte des Vitalianus vor Konstantinopel mit Hilfe metallener Brennspiegel angezündet.

Wahrscheinlich wurden in beiden Fällen andere als optische Feueranzünder verwendet, beispielsweise das berühmte Griechische Feuer, das aus Schwefel, Werg, Kalk und Erdöl bestand, wie bei einem Flammenwerfer brennend auf die gegnerischen Schiffe gespritzt wurde und auch auf dem Wasser schwimmend brannte.

Das Vergrößerungsglas

Alle wissenschaftlichen Untersuchungen scheinen darauf hinzudeuten, daß man im Altertum die optischen Linsen noch nicht kannte. Zwar fand man in den Ruinen von Tyros, einst die mächtigste Handelsstadt Phönikiens, sowie in einem Grab zu Nola in Südkampanien konvexe Linsen aus geschliffenem Bergkristall oder Glas, man nimmt aber an, daß es sich dabei um Zierstücke handelte, die beispielsweise auf Ledergürtel oder Kleidungsstücke aufgenäht wurden.

Als Beweis für diese Technik weisen die Archäologen auf Schliemanns Funde in den Ruinen von Troja hin. Schliemann hatte mehrere Linsen aus Bergkristall gefunden, die in der Mitte durchbohrt waren und noch Spuren aufwiesen, die auf eine Befestigung auf einer Unterlage hindeuteten.

Trotzdem kann man wohl annehmen, daß den Linsenherstellern die vergrößernde Wirkung ihrer Schmuckstücke bekannt gewesen sein mußte. Es ist sehr unwahrscheinlich, daß sie ihnen nicht aufgefallen war, wenn sie die Linse an einem Ledergürtel befestigten. Allerdings reichten ihre technischen Fähigkeiten wohl nicht aus, einen so genauen Schliff zu erreichen, daß man das Schmuckstück auch als Leseglas oder gar als Brille benutzen konnte.
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Der verbrannte Schuldschein

Die älteste Spur einer geschliffenen, plankonvexen Linse aus Bergkristall führt nach Ninive am linken Tigrisufer, vor etwa 2.700 Jahren Hauptstadt des Assyrerreiches. Gefunden wurde diese Linse von dem englischen Archäologen Sir Austen Henry Layard bei Ausgrabungen in den Ruinen des Nordwestpalastes der Hauptstadt.

Ihr Entstehungsdatum wurde auf etwa 640 v. Chr. festgelegt. Sie hat eine ovale Form, ist 40,64 mm lang, 35,56 mm breit und etwas über 5 mm dick. Der Brennpunkt liegt bei 114,3 mm, sie hat also eine nicht unbeträchtliche Brechkraft. Über ihren Verwendungszweck ist nichts bekannt, aber möglicherweise wurde sie als Brennglas benutzt.

Einigen Quellen zufolge ist es wahrscheinlich, daß die Bewohner von Sikkim an der Südgrenze von Tibet zum Feueranmachen Brenngläser verwendeten. In Indien, Thailand und China scheint man diese Kunst ebenfalls verstanden zu haben. Von der Neuen Welt berichtet der Chronist Garcilaso de la Vega, daß die Inkapriester beim Fest der Sonne hochpolierte, konkave Metallspiegel zum Entzünden von feingekämmter Baumwolle einsetzten. Linsen als Brenngläser scheinen hier wohl unbekannt gewesen zu sein.
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Kaiser Nero und die Linse

Eine Lupe gibt die Möglichkeit, den betrachteten Gegenstand näher, also unter einem größeren Bildwinkel zu sehen als normal. Aber an dieses einfache physikalische Gesetz tastete man sich nur in sehr kleinen Schritten heran.

Wie bereits erwähnt, kannte Lucius Annaeus Seneca schon die vergrößernde Wirkung der Schusterkugel. Um 63 n. Chr. schrieb der Erzieher Kaiser Neros: „Buchstaben, wie klein und dunkel sie auch sein mögen, sieht man durch eine mit Wasser gefüllte Glaskugel größer und heller."

Ebenfalls aus römischer Zeit stammen einige Linsen von quadratischer Form mit einer ebenen und einer kugeligen Seite. Selbst wenn man annimmt, daß diese gegossenen und später nachgeschliffenen Linsen als Fensterscheiben Verwendung fanden, muß ihre vergrößernde Kraft bemerkt worden sein.

Schließlich darf der berühmt-berüchtigte Kaiser Nero an dieser Stelle nicht fehlen, obwohl man sich darüber streiten könnte, was der Kaiser nun eigentlich erfunden hat: eine einfache Linse, ein Lorgnon, also ein Einglas mit Stiel, oder tatsächlich schon so etwas wie eine Brille. In seiner „Naturalis historia" schrieb der römische Schriftsteller Plinius, daß Nero „die Kämpfe der Gladiatoren in einem Smaragd betrachtete".

Da ein anderer römischer Schriftsteller, nämlich Sueton, von Kaiser Nero berichtete, daß er sehr schlechte Augen gehabt habe, hielt man das für einen ausreichenden Grund, Nero als Erfinder der Brille zu deklarieren. Und da man absolut nichts über einen Erfinder der Brille weiß, wurde diese Anregung dankbar aufgenommen.

Der Technikhistoriker Franz M. Feldhaus hingegen interpretiert Neros Vorliebe für den Smaragd anders: „Der Smaragd gab wohl nur ein stark verkleinertes, buntes und daher zierliches Bildchen der Kämpfenden, an dem der Kaiser sich erfreute."

Ein gut geschliffenes, fast halbkugelförmiges Stück Bergkristall von fünf Zentimeter Durchmesser aus der Wikingerzeit (4.-8. Jahrhundert), gefunden in Visby auf der schwedischen Insel Gotland, gab ebenfalls zu Spekulationen Anlaß. Von der Qualität her wäre es durchaus als Vergrößerungsglas zu gebrauchen gewesen, und so nahm man an, daß es zur Herstellung feiner Goldarbeiten benutzt wurde.
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Roger Bacon und die vergrößerten Buchstaben

Auch beim Vergrößerungsglas stößt man auf die Spur des arabischen Physikers Alhazen. Dieser vielseitige Wissenschaftler soll bei seinen optischen Experimenten die vergrößernde Wirkung von Linsen in Form von Kugelsegmenten gefunden haben.

Manche Wissenschaftshistoriker sind sogar der Ansicht, daß er die erste Lesebrille geschaffen hat. Aber es ist fraglich, ob man sich damit nicht auf den schwankenden Grund von Spekulationen begibt.

Ähnlich gelagert ist der Fall wohl bei dem gelehrten englischen Mönch Roger Bacon (1214 - nach 1292), dem vom Vergrößerungsglas über die Brille bis zum Fernrohr alles mögliche zugeschrieben wird, ganz zu schweigen von seinen Notizen über Dampfschiffe, Autos und Flugzeuge.

Fest steht, daß Bacon sich sehr für die Optik interessierte und Abbildungsgesetze für konvexe Linsen aufstellte. Überhaupt scheint die Physik der Hauptgegenstand seiner Arbeiten gewesen zu sein. Seine Entdeckungen und Erfindungen wurden von mißtrauischen Zeitgenossen als Zauberkunst gebrandmarkt.

Zu seiner Verteidigung schrieb er sein Hauptwerk „Opus majus", und dort berichtet er über linsenförmige durchsichtige Körper:

„Nimmt man ein Kugelsegment von Kristall oder Glas, und ist die Höhe des Segments kleiner als der Radius, und legt man die ebene Seite auf Buchstaben, so sieht man diese Buchstaben und kleinere Gegenstände größer, während man die konvexe Seite dem Auge zukehrt. Denn das Auge ist dann gleichsam im dünneren und der Gegenstand im dickeren Medium zwischen Zentrum und Auge. Also ist der Sehwinkel größer, und auch das Bild ist größer und das Auge näher. Deshalb gibt dies ein vorzügliches Instrument für alte Leute und solche, die schwache Augen haben, denn sie können damit noch so kleine Buchstaben in genügender Größe sehen."

Diese Stelle läßt den Schluß zu, daß Bacon mit den optischen Gesetzen des Vergrößerungsglases vertraut war. Inwieweit er aber an der Erfindung der Brille beteiligt war, mag dahingestellt sein. Und was das Fernrohr anbelangt, so beschreibt der erfinderische Mönch eine Spionagevorrichtung durch Einsatz von Spiegeln und unter Ausnutzung der optischen Gesetze, die es im Krieg ermöglichen sollte, das feindliche Heer aus sicherer Entfernung zu beobachten.

Es ist also nicht verwunderlich, daß solch phantastische Ausblicke seinen Zeitgenossen ausgesprochen suspekt erscheinen mußten. Zweimal wurde er der Zauberei und des Bundes mit dem Teufel angeklagt und auf zehn Jahre ins Gefängnis geworfen.
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Die Wege trennen sich

Nachdem erst einmal die vergrößernde Wirkung einer Linse bekannt war, wurde sie auch auf verschiedene Weise genutzt. Da gab es zunächst einmal die Verwendung des Vergrößerungsglases als Lesehilfe, wie es auch schon Bacon angedeutet hatte.

Man kann verschiedener Auffassung darüber sein, ob diese Art des „Einglases" noch zu den Vergrößerungsgläsern zu rechnen ist, oder ob man es besser unter dem Oberbegriff „Brille" einordnet.

Zeugnisse für die Verwendung als Leseglas sind vor allem Gemälde, wie beispielsweise das von Raffael zwischen 1517 und 1519 angefertigte Porträt des Papstes Leo X.

Auf der anderen Seite avancierte das Vergrößerungsglas zum naturwissenschaftlichen Instrument. Der flämische Miniaturist und Zeichner Joris (Georg) Hoefnagel (1542-1601) war einer der ersten, der eine Lupe zu naturwissenschaftlichen Beobachtungen benutzte.

Auf 227 Blättern hielt er 1.339 Zeichnungen von kleinsten Insekten fest. Im Jahr 1592 veröffentlichte sein Sohn Jacob diese Darstellungen auf 52 Kupfertafeln. Selbst als das Mikroskop schon erfunden war, benutzten noch manche Wissenschaftler die einfache Lupe zu Vergrößerungszwecken.

Eine verbesserte Lupe mit Spiegeln zur Beleuchtung des Objekts beschrieb 1637 Descartes, und Anton van Leeuwenhoeks erstes Mikroskop besaß auch nur eine Linse, war also genaugenommen ein Vergrößerungsglas.
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Die Brille

Die Brille, so wird behauptet, habe bei der Revolutionierung des menschlichen Weltbildes eine große Rolle gespielt. Sie erlaubte Gelehrten und Künstlern, Wissenschaftlern und Schreibern, ihre Tätigkeit bis ins höchste Alter hinein
auszuüben.

Auf diese Weise wurden der Wissenschaft viele Jahre gewonnen. Mit der Brille konnte sich der Mensch über die natürliche Gegebenheit der Altersweitsichtigkeit hinwegsetzen. Aber wer dieses so wichtige Hilfsinstrument nun tatsächlich erfunden hat, darüber ist trotz intensiver Forschung nichts bekannt.

Man hat den Erfinder bei den Indern, Arabern und Chinesen gesucht. Verschiedene Seiten meinen, die Eskimo hätten die Brille erfunden, weil sie sich durch ein mit einem schmalen Schlitz versehenes Stück Holz vor der Helligkeit der arktischen Schneefelder zu schützen wußten. Mit einiger Sicherheit kann lediglich behauptet werden, daß erstmals gegen Ende des 13.Jahrhunderts Linsen auftauchten, die dicht vor die Augen gehalten bei Weitsichtigkeit die Sehschärfe
erhöhten. Ort der Handlung war wahrscheinlich Venedig.
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Die größte medizinische Leistung des Abendlandes

Eine Unzahl von Augenwässerchen und Salben legten Zeugnis dafür ab, daß die Schwachsichtigkeit zur damaligen Zeit als ernsthaftes Leiden angesehen wurde. 1363 verschrieb der Mediziner Guy de Chauliac bei Sehschwäche eine konvexe Brille, nachdem Salben und Augenwasser kläglich versagt hatten.

Um diese Zeit war der Gebrauch einer Brille schon alltäglich geworden. In Venedig, der Hochburg der italienischen Glas- und Kristallindustrie, gab es um 1300 bereits eine Brillenfabrikation. In einem Nachtrag zur Satzung der venezianischen Kristallarbeiterzunft ist von „roidi da ogli", von Scheiben für die Augen die Rede.

Die neue Methode, sich die Sehkraft bis ins hohe Alter hinein zu erhalten, fand großen Anklang, und die dankbaren Berichte über das Brillen-Wunder häuften sich. Der große italienische Dichter und Humanist Francesco Petrarca (1304-1374) schrieb in seinen autobiographischen „Briefen an die Nachwelt": „Lange
Zeit hatte ich eine sehr scharfe Sehkraft, die, entgegen meinen Hoffnungen, mich verließ, als ich die Sechzig überschritten hatte, so daß ich zu meinem Verdruß mich mit einer Brille behelfen mußte."
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Die bebrillte Geistlichkeit

Im 14. Jahrhundert wurden die Gemälde immer zahlreicher, auf denen Herrschaften ihren ernsthaften Blick durch Brillen warfen. Die wahrscheinlich älteste erhaltene Darstellung eines Brillenträgers zeigt ein Fresko von Tommaso da Modena aus dem Jahr 1352 im Kapitelsaal des Klosters San Niccolo in Treviso. Zugleich sind aber auch immer noch die Stielgläser in Gebrauch.

Schon damals verbreitete die Brille den Anschein der Gelehrsamkeit, und gelehrt war zu der Zeit in erster Linie die Geistlichkeit. Es ist also nicht verwunderlich, daß vor allem geistliche Würdenträger mit der Brille abgebildet wurden.

Man verstieg sich sogar zu dem Anachronismus, längst verstorbene Heilige, wie etwa den heiligen Hieronymus, im nachhinein mit Brillen auszustatten. Besondere Schwierigkeiten scheint anfangs die Befestigung der Brille vor den Augen bereitet zu haben. Man versuchte, dieses Problem auf die verschiedensten Arten zu lösen. So entstanden etwa Klemmbrillen, deren beide Hälften durch ein Scharnier verbunden waren. Die beiden Fassungen wurden sehr nah zusammengerückt, da man der Meinung war, die Linsen müßten im Mittelpunkt des Gesichts sitzen, anstatt im Mittelpunkt der Augen.

Eine andere Form war die Stirnreifenbrille. Die Fadenbrille wurde im 15. Jahrhundert von Spanien aus nach Ostasien exportiert und war dort bis fast in die Gegenwart hinein gebräuchlich. Im 15. Jahrhundert entstand die Bügelbrille, die dann aber zwischendurch von der Federbrille, die von selbst auf der Nase saß, abgelöst wurde.

Damit war man zum „Kneifer" gekommen. Für die Fassungen wurde Metall, Leder, Bein oder Hörn verwendet. Der lesende Apostel auf dem Pfingstbild des Wildunger Altars von Konrad von Soest aus dem Jahr 1404 trägt noch eine Nietbrille, deren Gläser zwischen zwei dünnen Holzschichten verleimt waren.

Zu Beginn des 18. Jahrhunderts wurde die Schläfenbrille aktuell, aus der sich später die heutige Ohrenbügelbrille entwickelte.
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Verkauft wurden die Brillen von Kurpfuschern und Wunderdoktoren

Der Vertrieb der Brillen lag in den Händen der nicht gerade vertrauenerweckenden Kurpfuscher und Wunderdoktoren, der gleichen Leute, die Salben und Wässerchen anpriesen und den Patienten alle möglichen Pülverchen gegen Weitsichtigkeit in die Augen bliesen.

Der Berufsstand der Ärzte wandte sich damals teils aus geschäftlichen Gründen, teils aus wissenschaftlicher Überzeugung gegen das Tragen von Brillen. Die Ärzte bezeichneten die neuen optischen Errungenschaften als Werk der Hölle und malten den Kranken deren schädliche Eigenschaften in den düstersten Farben aus. Dazu muß man anmerken, daß die besagten Kurpfuscher jedem eine Brille auf die Nase setzten, ganz gleichgültig, ob er kurz- oder weitsichtig war.

Aber zunächst war man nur in der Lage, konvexe Linsen zu schleifen, also Linsen zur Korrektur von Weitsichtigkeit. Das änderte sich erst, als ein deutscher Kardinal sich mit diesem Problem auseinandersetzte.
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Die Brille für Kurzsichtige

Weitsichtigkeit war weiter verbreitet als Kurzsichtigkeit, und das kam den Linsenschleifern gelegen, denn konvexe Flächen waren mit den damaligen Mitteln leichter zu schleifen als konkave Zerstreuungslinsen für Kurzsichtigkeit.

Den ersten Hinweis auf Konkavlinsen findet man bei dem deutschen Kardinal Nikolaus von Kues (1401-1464) in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts. In seiner Schrift „De Berylo" (nach dem Namen des "Berylls", ein Stein, der in geschliffener Form als Linse verwendet wurde) heißt es: „Der Beryll ist ein glänzender durchsichtiger Stein, dem eine gleichmäßige konkave oder konvexe Form gegeben wird."

Daraus läßt sich schließen, daß man damals schon konkave Linsen, mit nach innen gekrümmter Fläche, zu schleifen verstand. Ob Nikolaus von Kues tatsächlich schon eine Brille mit konkaven Linsen für Kurzsichtige konstruiert hat, wie eine Quelle behauptet, ist fraglich.

Das schwierige Geschäft des Brillenschleifers entwickelte sich etwa zu Beginn des 16. Jahrhunderts zu einer eigenen Zunft. Geschliffen wurde mit der Hand, nachdem die Gläser in Eisen eingekittet worden waren. Im Jahr 1478 wurde in Nürnberg ein „Parillenmacher" namens Pfuhlmeier als Bürger aufgenommen, und schon 1507 wurde in der gleichen Stadt auf Verordnung des Rates eine Brillenmacherzunft gebildet.
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Abbildungsfehler werden korrigiert

Unter dem Einfluß der Naturwissenschaften wurde die Arbeitsweise der Brillenmacher allmählich modernisiert und damit die Qualität der Brillen wesentlich verbessert. Wußte man früher nur ungefähr, welche Krümmung die Linsen erhalten mußten, so erinnerte man sich jetzt an die Brechungsgesetze des niederländischen Mathematikers Willebrod van Roijen Snellius (1591-1626) und stellte genaue Regeln für die brechende Kraft der Linsen auf.

Der Einfluß der Brille auf das menschliche Auge wurde mit wissenschaftlicher Genauigkeit untersucht. 1825 entdeckte der englische Astronom und Mathematiker Sir George Biddell Airy (1801-1892) den Astigmatismus des menschlichen Auges, zurückzuführen auf die ungleiche Krümmung der Hornhaut.

Sie hat zur Folge, daß auf der Netzhaut kein scharfes Bild entsteht. Airy entwarf Brillengläser, die diesen weit verbreiteten Augenfehler korrigierten.

Im 19. Jahrhundert griff die Industrielle Revolution auf die Brillenherstellung über. In der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts wurde die Korrektur von Brechungsfehlern und Abbildungsmängeln auf streng wissenschaftliche Grundlagen gestellt.
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Die sogenannte „chromatische Aberration"

Mittlerweile war man auch den Ursachen der sogenannten „chromatischen Aberration" bei Linsen auf die Spur gekommen. Man kann diesen Linsenfehler etwa mit Farbenzerstreuung übersetzen.

Sie kommt dadurch zustande, daß die verschiedenen Farben, aus denen das weiße Licht zusammengesetzt ist, durch die Linsenflächen verschieden gebrochen werden.

Anders ausgedrückt: Die Strahlen, die von einem bestimmten Punkt eines Gegenstandes ausgehen, vereinigen sich auf der rechten Seite der Linse nicht wieder zu einem Punkt, sondern jede Farbengattung bildet ihren eigenen Punkt ab.

So liegt also der Punkt der violetten Strahlung, die ja am stärksten gebrochen wird, der Linse am nächsten, der Punkt der roten Strahlung ist am weitesten von der Linse entfernt. Dazwischen liegen die abgebildeten Punkte der anderen Farbanteile.

Das Bild des Gegenstandes auf der anderen Seite der Linse erhält dadurch keine scharfen Konturen, sondern mehrfarbige verwaschene Ränder, die Abbildung ist undeutlich.

Der englische Optiker John Dollond (1706-1761) war einer der ersten, die dem berühmten Newton nachweisen konnten, daß er irrte, als er behauptete, die chromatische Aberration sei unvermeidlich.
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1757 konstruierte Dollond eine Linse

1757 konstruierte Dollond eine Linse, die aus zwei verschiedenen Glasarten zusammengesetzt war, aus Flintglas und Kronglas. Er hatte nämlich festgestellt, daß diese beiden Glassorten einmal das Licht verschieden stark brachen und zum anderen, was besonders wichtig war, in bezug auf die Zerstreuung der Farben verschiedenen Gesetzen folgten.

Bei richtiger Wahl der Linsenform wurde erreicht, daß die eine Linse die Farben ebenso stark streute wie die zweite Linse, allerdings in entgegengesetzter Richtung. Die zunächst zerstreuten Lichtstrahlen wurden also wieder in einem Brennpunkt vereint.

Das war natürlich eine bahnbrechende Entdeckung, aber leider hatte Dollond es versäumt, die Ergebnisse seiner Untersuchungen zu veröffentlichen. Bis zum Jahr 1758 mußte er seine Patentansprüche gerichtlich durchfechten. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Qualität der optischen Gläser vor allem durch die Arbeiten von M. Tscherning sowie durch die Experimente des schwedischen Ophthalmologen Allvar Gullstrand (1862-1930) weiter verbessert.

Vor allem gelang es nun, den Astigmatismus der Brillengläser weitgehend auszuschalten. Dieser Linsenfehler bewirkt, daß die abzubildenden Punkte nicht in der gleichen Bildebene abgebildet werden, sondern dahinter oder davor.

Die beiden senkrecht aufeinander stehenden Linien eines Kreuzes werden also z. B. in zwei verschiedenen schalenförmigen Ebenen scharf abgebildet. Das schärfste Bild eines Punktes erscheint als Strich. Der „Schalen" wegen spricht man auch von einem Zweischalenfehler.
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Bifokalbrille und Kontaktlinsen

Durch die Erkenntnisse der wissenschaftlichen Optik erhielt die optische Industrie einen ungeahnten Aufschwung. Punktuell abbildende Gläser, befreit vom Astigmatismus, entspiegelte Brillengläser, die störende Reflexionen beseitigten, und natürlich Sonnenschutzgläser, die einen Großteil der ultravioletten Sonnenstrahlen absorbierten, waren die Folge der physikalischen Forschungen.

Das Fernbrillenglas und das Nahbrillenglas wurden kombiniert zur Zweistärkengläser-Brille oder Bifokalbrille, deren Gläser aus einem einzigen Stück Glas geschliffen wurden.
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Die Bifokalbrille wurde zweimal erfunden

Diese Bifokalbrille hat eine interessante Geschichte. Sie wurde nämlich zweimal erfunden. Der amerikanische Staatsmann und Wissenschaftler Benjamin Franklin (1706-1790), am bekanntesten wahrscheinlich durch die Sache mit dem Blitzableiter, hatte das ständige Aufsetzen und Abnehmen von zwei verschiedenen Brillen gründlich satt.

So ließ er nach seinen Angaben eine Brille herstellen, deren Gläser aus je zwei Hälften bestanden. Durch die obere Hälfte konnte er in die Ferne sehen, die untere Hälfte diente zum Lesen.

Aber wie so viele andere bedeutende Entdeckungen geriet auch Franklins Doppelbrille in Vergessenheit. Ein anderer erfand sie neu.
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Kontaktlinsen aus Kunststoff

Eine andere Neuerung waren die Kontaktlinsen aus dünnem, durchsichtigem Kunststoff oder Glas mit Linsenschliff. So neu allerdings war diese Errungenschaft gar nicht. Bereits 1888 entwickelte der Züricher Ophthalmologe Fick Kontaktlinsen, die er zuerst an Kanninchen und schließlich an sich selbst erprobte.

1946 bis 1948 wurden von Wöhlk und Tuohy die ersten Kontaktlinsen aus Polymethylmethacrylit (Plexiglas) gegossen. Sie konnten jede Form von Fehlsichtigkeit korrigieren und hatten der Brille gegenüber nicht nur kosmetische Vorteile.
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