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Die KlangBild Serie 1977 - "Die DIN 45 500"
Der Tuner (KlangBild Heft 06/1977)

Die DIN 45500 war eine Norm, die viele Kontrversen hervorgebracht hatte.
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DIN 45500 - IM SPIEGEL DER NORM - Teil IV

Angaben über die Eingangsempfindlichkeit, die Trennschärfe und die Zwischenfrequenz-Durchlaßbreite, von der bekanntlich bis zu einem gewissen Grad die Verzerrungsfreiheit des Signals in die für den Stereo-Eindruck wichtige Trennung in linken und rechten Kanal abhängen, fehlen in der DIN 45 500, wie wir schon in den bisherigen Beiträgen zu dieser Serie sagten.

Mehrere sich widersprechende Kriterien beim Tuner

Gerade beim Tuner kommt es nun darauf an, möglichst viele, im Grunde einander widersprechende Kriterien optimal unter einen Hut zu bringen. So hat eine hohe Eingangsempfindlichkeit nur dann einen Sinn, wenn die sogenannte Rauschabstandskurve des Geräts möglichst steil zum maximal erreichbaren Wert für die Rauschfreiheit der Wiedergabe hin abfällt.

Mit anderen Worten: Auch bei mittelstarken Antennensignalen sollte schon weitgehend störgeräuschfreier Stereo-Empfang möglich sein. Ein Kriterium, das sich mit der Eingangsempfindlichkeit fast beißt, ist die Übersteuerungsfestigkeit des Tuner-Eingangs, die in DIN 45 500 ebenfalls nicht erwähnt ist, weil sie sich meßtechnisch auch gar nicht so leicht erfassen läßt. Der Eingang ist dann übersteuerungsfest, wenn auch ein sehr starkes Antennensignal (Empfangsort in Sendernähe) keine Verzerrungen oder sogenannte Mehrfachempfangsstellen -nicht zu verwechseln mit dem Mehrwegeempfang, zu dem wir noch kommen werden - verursacht.

FET UND MOSFET

Eines der Mittel, um neben guter Eingangsempfindlichkeit auch einen günstigen Verlauf der Rauschabstandskurve und die wünschenswerte Übersteuerungsfestigkeit zu erzielen, ist die Bestückung der Eingangsstufe mit Feldeffekt-Transistoren, abgekürzt "FET" genannt. Eine für vorliegenden Zweck besonders geeignete Version dieses Halbleitertyps ist der "MOSFET", dessen Bezeichnung sich vom englischen „Metal Oxide Semiconducting Field Effect Transistor" herleitet. Auch vom MOSFET gibt es noch wieder eine Spezialausführung - den „Dual Gate MOSFET". Er ist mittlerweile schon recht häufig in hochwertigen Tunern anzutreffen und trägt zur Erzielung der eben genannten Tugenden wesentlich bei.

Natürlich muß dann auch die übrige Schaltung des Empfangsteils entsprechend hochwertig ausgelegt sein. Davon darf der Käufer eines Spitzengeräts in der Regel ausgehen.

Die weltweite Tuner-Philosophie

Allerdings gibt es zwischen japanischen oder amerikanischen und europäischen Herstellern von HiFi-Tunern gewisse Unterschiede in der Philosophie, was den „weiteren Verlauf" der Schaltung angeht. Sie betreffen vor allem die schon erwähnte Durchlaßbreite des Zf-Verstärkerteils (Zf = Zwischenfrequenz). Die unterschiedliche Auslegung rührt daher, daß es z. B. in den USA kaum derartige „UKW-Ballungsgebiete" gibt wie etwa bei uns im Rhein/Main-Gebiet.

  • Anmerkung : Das stimmte für die damaligen amerikanischen Ballungsbiete wie New York und Bosten schon nicht mehr.


Hier lassen sich ja mit einer drehbaren Richtantenne weit mehr als ein Dutzend verschiedene Programme (und das teilweise noch mehrfach) empfangen. Außerdem senden die amerikanischen UKW-Stationen mit einem maximalen „Frequenzhub" von ±75 kHz. Der Frequenzhub ist die Änderung der Senderfrequenz nach Maßgabe des zu übertragenden Signals. Die ARD-Stationen senden mit einem maximalen Frequenzhubvon ±40 kHz.
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Auf dem Land ist es dort drüben inUSA sehr sehr dünn

Die „dünnere" Senderbelegung (Abstand zwischen empfangswürdigen UKW-Stationen oft 400 kHz) und der größere Frequenzhub in den USA lassen eine möglichst große Zf-Durchlaßbreite von 200 oder gar 250 kHz als geboten erscheinen. Sie schafft günstige Voraussetzungen für einen sehr geringen Klirrgrad und eine gute Stereokanaltrennung. Dagegen setzt sie der Trennschärfe bei 300 und noch mehr bei nur 200 kHz Senderabstand gewisse Grenzen.

Indessen kommt es aus den geschilderten Gründen in Amerika nicht vorrangig auf höchste Trennschärfe an. Anders dagegen bei uns in Mitteleuropa: Hier kommt diesem Punkt eine ungleich stärkere Bedeutung zu. Europäische Spitzentuner haben daher zwecks Erzielung hoher Trennschärfe zumeist eine Zf-Durchlaßbreite von unter 200 kHz und nehmen die dadurch bedingte geringfügige Verschlechterung der Klirrgrad-  und  Kanaltrennungswerte gern in Kauf.

EINSICHT IN ÜBERSEE

Sie ist nämlich gar nicht so gravierend, wie die Meßdaten dies vielleicht vermuten lassen. Nach vielen Diskussionen, an denen der Verfasser manchmal auch beteiligt war, scheint sich diese Auffassung nun auch bei den amerikanischen und den japanischen Experten durchzusetzen:

In der richtigen Erkenntnis, daß es sich gehörmäßig nicht auswirkt, wenn sich beispielsweise der Klirrgrad von 0,2 auf 0,4 Prozent oder die Kanaltrennung von 43 dB auf 39dB „verschlechtert", statten sie neuerdings einige ihrer Geräte mit einem Umschalter für die Durchlaßbreite aus. In Stellung „Narrow" (Schmal) des Schalters erzielt das Gerät die für hiesige Bedürfnisse wünschenswerte Trennschärfe. Der geringe schaltungstechnische Mehraufwand schlägt bei der Serienfertigung kaum zu Buche. Was zählt, ist der gefundene gute Kompromiß.

Was von unserer DIN Norm nicht erfaßt wurde

Kommen wir nun noch zu einigen weiteren Ausstattungsmerkmalen, die von der Norm nicht erfaßt werden, die aber gleichwohl einen hochwertigen Tuner auszeichnen und dafür sprechen, daß man nicht am falschen Ende sparen sollte.

Ein wichtiger Punkt ist die Abstimmung. Der beste schaltungstechnische Standard wird wieder entwertet, wenn sich das Gerät nicht möglichst genau auf den zu empfangenden Sender einstellen läßt.

So haben fast alle besseren Tuner zwei unabhängig voneinander arbeitende Abstimmanzeigen. Die eine signalisiert die Stärke des ankommenden Antennensignals und wird daher Felstärkeanzeige (englisch Signal Strength Meter) genannt. Sie ist dann besonders von Nutzen, wenn es gilt, unter zwei oder drei Sendern mit demselben Programm den am stärksten hereinkommenden herauszufinden.

ANZEIGE UND RICHTANTENNE

Als noch nützlicher erweist sich eine Feldstärkeanzeige, wenn der HiFi-Freund glücklicher Besitzer einer drehbaren Richtantenne ist. Die Anzeige setzt ihn so in den Stand, den jeweiligen Wunschsender optimal anpeilen zu können. Hier werden dann aber auch manchmal ihre Grenzen sichtbar: Eine Richtantenne besteht ja immer aus mehreren Elementen, so daß in sendernahen Gebieten oft sehr hohe Antennenspannungen an den Tuner geliefert werden. Und diese führen bei etlichen Geräten dann dazu, daß die Feldstärkeanzeige alsbald „am rechten Anschlag klebt". Eine gute Anzeige sollte daher nicht nur genügend deutlich auf schwächere Signale ansprechen, sondern auch noch Ausschlagreserven für sehr starke Signale haben. Diese Aufgabe ist gar nicht so leicht zu lösen.

Sinnvoller Luxus - die Kanalmittenanzeige

Die andere der beiden genannten Anzeigen ist die Kanalmittenanzeige (englisch Center Tuning Meter). Es kommt nämlich bei UKW - und nur in diesem Wellenbereich wirkt die Anzeige - entscheidend darauf an, den Empfänger genau auf die Trägermitte (Kanalmitte) der Senderfrequenz abzustimmen. Andernfalls können sich die Ausblendung von Nachbarkanalsendern, die Verzerrungsfreiheit und die Links/Rechts- Trennung bei Stereo drastisch verschlechtern.

Leider ist aber auch hier wieder eine Einschränkung zu machen: Bei manchen Geräten fällt z. B. das Klirrgradminimum mit der Mittenstellung des Zeigers am Instrument zusammen. Diese letzte Feinheit ist allerdings oft nur meßtechnisch erfaßbar. Weiter kann es vorkommen, daß bei längerer Betriebszeit die Abstimmanzeige etwas „wegwandert" und man dann nachstimmen muß.

Die auto Scharfabstimmung oder AFC genannt

Diese Arbeit hat man nicht, wenn das Gerät mit einer automatischen Scharfabstimmung (AFC, von „Automatic Frequency Control") versehen ist. Sie hält den gewählten Sender fest, hat aber auch einige Nachteile.

Einer von ihnen ist, daß die AFC nicht nur einen gewissen „Haltebereich" zum einwandfreien Arbeiten benötigt, sondern auch einen bestimmten „Fangbereich" hat. Dies kann dazu führen, daß sie bei „Einrasten" auf einen stärkeren Sender eine frequenzmäßig benachbarte schwächere Station „überfährt". Soll nun aber gerade jene schwächere Station empfangen werden, so muß für diesen Fall die AFC abschaltbar sein. Sonst sollte sie besser fehlen. Bei den meisten amerikanischen und japanischen Geräten fehlt sie denn auch, weil sie dort nicht unbedingt als Bedienungserleichterung gilt.

WAHL OHNE RAUSCHEN : Muting

Was dagegen selten fehlt, ist eine andere Einrichtung: Sie ist zwar auch nicht in DIN 45 500 erwähnt, weil sie keinen meßbaren Qualitätsgewinn bringt, ist aber doch dazu angetan, den UKW-Empfang angenehmer zu machen.

Es handelt sich um eine Stummschaltung (englisch Muting) zur Unterdrückung des lästigen Zwischenstations- rauschens bei der Senderwahl. Jede derartige Stillabstimmung hat eine bestimmte Ansprechschwelle. Diese kann so tief liegen, daß leicht verrauschte Sender auch gerade noch „durchgelassen" werden. Sie kann aber auch so hoch liegen, daß neben dem reinen Rauschen auch alle verrauschten Sender gesperrt werden. Will man nun bewußt einen derartigen Sender empfangen, so muß man das Muting abschalten können - es sei denn, der Muting-Schwellenwert läßt sich verändern. Die „Vornehmen" unter den HiFi-Empfangsgeräten bieten diese Möglichkeit.

Ein schaltbares Multiplex-(MPX-)Filter

Ein weiteres vergleichbares, weil den Hörgenuß erhöhendes „Extra" bieten manche Geräte mit einem schaltbaren Filter, Stereo-Filter oder Multiplex- (MPX-)Filter genannt. Seine Wirkungsweise beruht darauf, daß zusammen mit einer bewußt herbeigeführten Verringerung der Stereokanaltrennung bei hohen Frequenzen auch das Rauschen beim Empfang eines schwachen Stereo-Senders verringert wird.

Es wird also bewußt eine Verminderung des Stereo-Effekts in Kauf genommen, um weniger Rauschen zu erreichen. Ein gut ausgelegtes Stereo-Filter wirkt aber nicht dämpfend auf die hohen Frequenzen selbst. Dieser Effekt ist leider bei manchen Geräten zu konstatieren - auch ohne empfindliche Meßgeräte. Vor dem Kauf eines Tuners oder Steuergeräts mit Stereo-Filter mache man also gegebenenfalls eine Hörprobe.

NOCH EIN STÖRENFRIED - Reflexionen

Einige wenige Geräte des Weltmarkts können mit einer Besonderheit aufwarten, die einem beim UKW-Empfang nicht zu vernachlässigenden Phänomen entsprechende Beachtung schenkt: Infolge von Reflexionen des Sendersignals durch benachbarte Geländeerhebungen oder Hochhäuser kann es in ungünstigen Empfangslagen zu sogenanntem Mehrwegeempfang kommen. Der einleuchtende Name kennzeichnet die Tatsache, daß außer dem direkt auf die Antenne treffenden Signal auch die reflektierten Signalteile aufgefangen werden. Das
wäre weiter nicht schlimm, würde deren „Eintreffen" nicht eben zeitverzögert erfolgen. Obwohl verschwindend gering, kann diese Zeitverzögerung doch dazu führen, daß z. B. Frequenzgangverfälschungen eintreten und ein Stereo-Signal - auch und gerade ein starkes - in unerträglicher Weise verzerrt wird.

Die besagten Geräte haben nun eine Vorrichtung, die eine Anzeige des Mehrwegeempfangs (englisch Multipath) gestattet. Dies kann ein Zeigerinstrument sein, aber auch ein besonderer Geräteausgang, an den ein Oszillo-skop angeschlossen werden kann. Mit einem derartigen Mini-Bildschirm läßt sich neben der Senderfeldstärke und der genauen Abstimmung auf den Sender auch eventueller Mehrwegeempfang sichtbar machen.

Die Sache wäre witzlos, wenn es sich jetzt nur um eine „Ja/ Nein"-Anzeige handeln würde. Vielmehr wird auch das Ausmaß möglicher Multi-path-Störungen angezeigt, so daß die Antenne erforderlichenfalls in eine günstigere Position zum Sender gebracht werden kann. Am empfindlichsten reagiert auf solches „Umschwenken" ein Oszilloskop, das die ganz wenigen HiFi-Nobelgeräte denn auch gleich fix und fertig mit eingebaut haben.

Braucht man Stationstasten ?

Über den Nutzen eines anderen Ausstattungsmerkmales kann man dagegen streiten. Es sind die ach so beliebten Stationstasten. Sie erleichtern zwar die Bedienung, tragen aber nicht zu verbessertem Empfang bei. Wenn sie schon da sind, sollten sie wenigstens in genügender Zahl vorhanden sein, damit man nicht doch immer wieder zur manuellen Senderwahl übergehen muß. Vor allem aber sollten die Einsteller zum Vorwählen der Speichersender von den Senderabruftasten mechanisch getrennt sein. Sonst kann sich beim Eindrücken der Taste die genaue Senderabstimmung wieder geringfügig verstellen. Mit dieser „ExtraBetrachtung" wollen wir das Thema Tuner abschließen.

Joachim Stiehr im Mai/Juni 1977
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