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Tonmeistertagung Mainz vom 16. bis 19. November 1988

FERNSEH- UND KINO-TECHNIK Nr. 2/1989
Bericht über die Vorträge - Autoren : G. Tollmien, N. Bolewski

Einleitung :

Die 15. Tonmeistertagung fand vom 16. bis 19. November 1988 nicht mehr wie sonst in München, sondern in Mainz statt. Es scheint, als ob dies eine richtige Entscheidung war, denn sowohl die Besucherzahl der Ausstellung (2637, +15% gegenüber 1986) als auch die Teilnehmerzahlen an den Vorträgen stiegen deutlich. Die 600 Plätze des prunkvollen Goldsaals im Hilton-Hotel waren bei vielen Vorträgen restlos ausgebucht.

Am ersten Tag wurde eine interessante Eröffnungsveranstaltung geboten mit zahlreichen Begrüßungsteilnehmern aus Wirtschaft und Politik. Hinzu kamen drei übergeordnete Themen von fachkompetenten Vortragenden.

Die Qualität der Vorträge war sehr gut, besonderes Lob gilt der guten Organisation des Tagungsablaufs. Der nachfolgende Bericht bezieht sich auf die Vorträge und versucht, in kurzer Form die wesentlichen Inhalte zu vermitteln.


Über die Neuheiten auf der Ausstellung wird in den nächsten zwei Monaten bei den neuen Produkten berichtet, ohne im einzelnen den Neuheitentermin Tonmeistertagung näher zu benennen.

1. Eröffnung

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• In seinem Einleitungsvortrag sprach Hanns-Eberhard Schleyer, Staatssekretär in der Staatskanzlei Rheinland-Pfalz, Mainz, über Aktuelle Medienpolitik - Der Rundfunkauftrag in einer neuen Medienlandschaft.

Nach einer kurzen Darstellung der grundsätzlichen Aufgaben des Rundfunks in der Öffentlichkeit befaßte sich der Redner mit der Ablösung des Monopols des rechtlichen Rundfunks durch ein duales Rundfunksystem. Durch die Einführung des privaten Rundfunks wurde ein programmlicher und wirtschaftlicher Wettbewerb eingeführt, und es ergeben sich neue Betätigungsfelder und Marktchancen.

Der neue Rundfunkstaatsvertrag vom Dezember 1987 hat die Grundlagen dafür geschaffen und die rechtliche Seite der Einführung eines dualen Rundfunksystems gesichert. "Es geht darum, daß beide Systeme aufgrund gesicherter wirtschaftlicher, aber auch übertragungstechnischer Voraussetzungen in der Lage sein müssen, ihren Programmauftrag eigenständig zu erfüllen."

Noch aber sind wir von der Gleichwertigkeit beider Systeme weit entfernt, denn der Vorsprung der öffentlichrechtlichen Systeme ist gewaltig. Es muß überlegt werden, wie ein ausgewogenes duales System zu verwirklichen ist.

Dann beleuchtete H.E. Schleyer die Finanzierung der Rundfunksysteme und zeigte verschiedene Möglichkeiten auf. Zu überlegen wäre eine konsequente Trennung der Einnahmequellen in einem dualen System.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk wird ausschließlich aus Gebühren, der private Rundfunk allein aus Werbung finanziert. Im Rundfunkstaats vertrag ist aber die Mischfinanzierung festgeschrieben. Selbst bei einer Erhöhung der Rundfunkgebühren sollte aber eine Trennung der Finanzierungen mindestens mittelfristig angesteuert werden.

Neue drahtlose terrestrische Fernsehfrequenzen werden zu Reichweitenverbesserungen des privaten Rundfunks führen und ihm seinen Beitrag zum gleichwertigen dualen Rundfunksystem erleichtern.

Die Zukunft aber liegt in der Satellitentechnik, "Entscheidend wird es sein, daß sich der private Rundfunk auch auf europäischer Ebene organisiert. Nicht zuletzt wird er am internationalen Nachrichtenaustausch beteiligt sein müssen."

Die Satellitentechnik führt zu einer länderübergreifenden Rundfunkversorgung. Aus diesem Grunde bemühen sich sowohl der Europarat als auch die EG um eine Harmonisierung des europäischen Rundfunkrechtes.

Das betrifft vor allem die Werbung und die Programmgrundsätze einschließlich des Jugend Schutzes und Urheberrechtes. Anzustreben wäre eine Europaratsvereinbarung, die die notwendigen Mindeststandards regelt, die Ausführung aber bei den Mitgliedsstaaten beläßt.

Durch die Fortentwicklung der Technik, Satellit und Mehrkanalton, wird es leichter sein, Sprachbarrieren zu überwinden. Die anstehenden Aufgaben des Medienmarktes der Zukunft lassen die gewaltigen gesellschaftspolitischen, kulturellen und wirtschaftlichen Dimensionen erkennen, die dahinter stehen.
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Friedmar Lüke vom Süddeutschen Rundfunk

• Friedmar Lüke, Hörfunkdirektor des Süddeutschen Rundfunks referierte über Öffentlich-rechtliches Radio zwischen Programmauftrag, kommerzieller Konkurrenz und finanziellen Beschränkungen.

Er führte unter anderem aus, daß die Medienlandschaft, besonders im Hörfunk, heute vielgestaltiger als je zuvor ist. Große Flächen finden sich darin genauso wie enge, versteckte Seitentäler.

In manchen Städten wetteifern mehrere Privatradios auf verschiedenen Frequenzen um die Gunst der Hörer. Was die Akzeptanz der Programme anbelangt, so stehen beachtliche Erfolge einiger privater Anbieter einem insgesamt noch deutlich dominierenden öffentlich-rechtlichen Rundfunk gegenüber.

Eine Media-Analyse im 1. Halbjahr 1988 zeigte auf, daß immer noch 85% der Radionutzung auf die öffentlich-rechtlichen Programme entfallen.

Die Privatradios bieten vor allem populäre unterhaltende Musik, kaum andere Programminhalte. Die Rundfunkanstalten haben reagiert und in den letzten Jahren so manches öffentlich-rechtliche Radioprogramm verändert, und zwar meist den Wort-Anteil verringert und den Musik-Anteil erhöht.

Das hat auch den Hörfunk in die Schußlinie der Kritiker gebracht, und ihm den Vorwurf eingetragen, seinen kulturellen Auftrag partiell nicht mehr zu erfüllen.

Aber in den Rundfunkgesetzen und Staatsverträgen ist den Anstalten
des öffentlichen Rechts jedoch nicht nur ein Kulturauftrag erteilt. Sondern es heißt fast überall gleichlautend: Informieren, bilden und unterhalten.

Dennoch stecken die öffentlich-rechtlichen Anstalten in einem Dilemma: Sie müssen auf Unterhaltung setzen, um sich auch der Konkurrenz gegenüber zu behaupten. Der Redner plädierte dafür, dieses Problem durch eine Art Kräfteparallelogramm zu lösen.

Die eine Kraft in diesem Parallelogramm sind die Redakteure, Produzenten usw., die den Programmauftrag ernst nehmen, und auch dann Programme anbieten wenn sie wissen, daß die Thematik nur eine kleine Anzahl von Hörern anspricht.

Die andere im Parallelogramm wirkende Kraft geht von den Hörern aus, von ihren Interessen und Wünschen. Qualität erfordert allerdings eine ausreichende finanzielle Ausstattung. Hier ist das Verhalten der Politiker sehr widersprüchlich, einerseits stellen sie sich als "Anwälte der Gebührenzahler" dar und wollen die Rundfunkgebühren niedrig halten, andererseits erlassen sie Gesetze, nach denen die Rundfunkanstalten verpflichtet werden, digitale Hörfunkprogramme oder einen deutsch-französischen Kulturkanal vorzubereiten - Pläne, die nach Ansicht des Vortragenden bei der gegenwärtigen Finanzausstattung nicht zu realisieren sind.
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Frank Müller-Römer, Bayerischer Rundfunk

• Der Technische Direktor des Bayerischen Rundfunks, Frank Müller-Römer, sprach in seinem Einleitungsvortrag zur "Künftigen Entwicklung des Hörfunks". Er begann mit einem kurzen Aufriß über den heutigen Stand des Hörfunks mit der starken Zunahme der Empfängerzahl und stellte fest, daß das duale Rundfunksystem hier deutlich erkennbar sei.

Einen Qualitätssprung hat der Hörfunk durch die Digitaltechnik erfahren. Wenn auch die Geräteentwicklung noch nicht abgeschlossen ist, bieten sich mit der Compact Disc (CD) und dem Digital Audio Tape (DAT) Systeme an, deren Qualität und Wirtschaftlichkeit mit der herkömmlichen analogen Technik nicht erreichbar ist.

Der Einsatz von DAT könnte beim Hörfunk ein breites Feld in der Aufnahme und Bearbeitung finden, während die noch in der Entwicklung begriffene beschreibbare CD ihre Stärke in der Aufzeichnung fertiger Programmbeiträge hat.

Um qualitativ hochwertige Programmbeiträge in Digitaltechnik überspielen zu können, soll das Hörfunkdauerleitungsnetz der ARD digitalisiert werden. Dagegen ist geplant, die Modulationszuführung zu den Sendern über Satelliten zu führen.

Die Bundespost bietet die Übertragungsmöglichkeit seit Mitte 1988 an. Die interne Übertragung von Außenproduktionen könnte in bester Qualität über das künftige ISDN-Netz der Bundespost erfolgen.

Da die Qualitätsmaßstäbe von CD und DAT und auch die des Satellitenfunks weit über denen des heutigen UKW-Hörfunks liegen, werden bei den Rundfunkanstalten Überlegungen angestellt, ob das UKW-System verbessert oder durch ein Nachfolgesystem ersetzt werden könnte.

Nachdem das Telefunken-High-Com-FM-Rauschunterdrückungsverfahren die Erwartungen hinsichtlich einer Verbesserung des UKW-Hörfunks nicht erfüllt hat, wurde vom IRT das System "Variable Dynamik" vorgestellt.

Es ermöglicht, die Programmdynamik an die beim Hörer unterschiedlichen Wiedergabebedingungen individuell anzupassen. Der Bayerische Rundfunk plant einen Großversuch 1989.

Seit 1987 läuft das Eureka-Projekt "Digital Audio Broadcast" (DAB), ein digitales Rundfunksystem mit CD-Qualität als Nachfolge des heutigen UKW-Hörfunks. DAB ist mit unserem UKW-System nicht kompatibel und verlangt neue technische Einrichtungen, einschließlich Empfänger.

F. Müller-Römer bedauerte, daß der deutsche Rundfunk-Satellit TV-SatII keinen eigenen Hörfunk-Kanal bietet; die fünf vorhandenen Kanäle sind nur für das Fernsehen vorgesehen. Über einen dieser Kanäle könnten z.B. 16 Hörfunk-Programme in digitaler Qualität in ganz Mitteleuropa ohne großen Aufwand empfangen werden. Da die skizzierten künftigen technischen Entwicklungen auf dem Gebiet des Hörfunks sowohl öffentlich-rechtliche als auch private Rundfunkanstalten betreffen, sollten gemeinsame Anstrengungen gemacht werden, um die anstehenden Fragen zu lösen.
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2. Subjektive Bewertungen

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Leo Danilenko vom WDR

• Über das Thema "Wie künstlich ist der künstliche Nachhall ?" sprach Leo Danilenko vom WDR. Um Geräte zur Erzeugung eines künstlichen Nachhalls miteinander vergleichen zu können, muß ein Bezugspunkt gefunden weiden, der als natürlicher Nachhall zu bezeichnen ist.

Mit diesem natürlichen Nachhall können dann die künstlichen Nachhallbilder der einzelnen Geräte verglichen werden. In drei Diplomarbeiten, die an der Fachhochschule Düsseldorf durchgeführt wurden, sind Tonaufnahmen beurteilt worden, die in akustisch unterschiedlichen Räumen entstanden sind und mit verschiedenen Nachhallgeräten bearbeitet wurden.

Bei allen drei Arbeiten wurde als Bezugspunkt für die Vergleiche das diffuse Schallfeld des Aufnahmeraumes gewählt. Das Ergebnis der drei Arbeiten war: Die Nachhallmesssungen und die gehörmäßigen Ergebnisse stimmten nicht überein. Unterschiede zwischen dem nachzubildenden Referenzsignal und den Nachbildungen durch Hallgeräte waren deutlich.

Mit keinem der Hallgeräte war eine perfekte Nachbildung des Originals möglich. Die Unterschiede zwischen den Hallgeräten waren gering. Zwei Arten der Nachhallzeitbeeinflussung sind unterschiedlich zu bewerten:

Die Verhallung "vor" und "hinter" dem Mikrophon, "Vor" dem Mikrophon bedeutet eine Nachhallveränderung direkt im Aufnahmestudio; "hinter" dem Mikrophon durch Zumischen künstlichen Nachhalls am Mischpult.

Eine Nachhallbeeinflussung wurde in einem WDR-Studio durch 80 rückgekoppelte Mikrophon/Lautsprecher-Kreise (Multi Channel Reverberation) erreicht. Die Nachhallzeit konnte von 0,7s bis auf 1,35s erhöht werden. Beim Abspielen von Musikaufnahmen, die nach beiden Verhallungsverfahren aufgenommen wurden, waren eindeutige objektive Ergebnisse kaum feststellbar.

Günther Theile vom IRT

• Günther Theile vom IRT, München, referierte über das Thema "Wie natürlich kann das stereophone Klangbild in Zukunft sein."

Er führte aus, daß sich sowohl die Natürlichkeit des Klangbildes bei Stereophonie mit zwei Lautsprechern optimieren läßt, wenn sowohl das Hauptmikrophon als auch die Verarbeitung der Stützsignale möglichst natürliche interaurale Signaldifferenzen erzeugen.

Reine Intensitäts- oder Laufzeitmikrophone sowie die gebräuchliche Intensitäts-Stütztechnik ("panpot") erfüllen diese Forderung nicht.

Eine bedeutende Steigerung dieser stereophonen Qualität läßt sich darüber hinaus erreichen, wenn man anstelle der Darstellung der räumlichen Perspektive in der Simulationsebene einen natürlichen, realen Raumeindruck erzeugt, d.h. wenn die stereophone Abbildungsebene zwischen den vorderen Lautsprechern durch zusätzliche Surround-Lautsprecher seitlich der Hörzone ergänzt wird.

Hiermit kann durch zweckdienliche Gestaltung des Surround-Schallanteiles der frühe Seitenschall und Nachhall eines Konzertsaales so reproduziert werden, daß eine natürliche Dekorrelation der beiden Ohrsignale und damit auditive Räumlichkeit eintritt.

Der eigentliche stereophone Abbildungsbereich vergrößert sich dadurch nicht. Die Größe der Hörzone ergibt sich aus der maximal zulässigen Abbildungsverzerrung in der vorderen stereophonen Abbildungsebene, nicht aus der Anordnung der Surround-Lautsprecher.

Durch Aufteilung des vorderen Abbildungsbereichs in stereophone Teilbereiche ergibt sich eine Verbreiterung der Hörzone, die mit der Zahl der Teilbereiche überproportional wächst. Innerhalb der Hörzone wird ein zulässiger Wert der Abbildungsverzerrung nicht überschritten.

Es läßt sich abschätzen, daß für drei Teilbereiche die Hörzone theoretisch mindestens 1,5m breit ist, dagegen bei konventioneller Stereophonie nur etwa 10cm, wenn die zulässige Abbildungsverzerrung 10% beträgt.

Gerhard Spikofski vom IRT-München

• SQAM - Eine UER-CD zur subjektiven Qualitätsbeurteilung von Audiosignalen war das Thema, über das Gerhard Spikofski, IRT-München, referierte. Klassische Meßmethoden zur Feststellung der Qualitätsmerkmale von Audiosystemen verlieren ihre Aussagekraft z.B. bei Begrenzern, Kompressoren und Kompandern.

Vor allem auch bei digitalen Audiosystemen mit Redundanz- und Irrelevanzreduktion, die unter Ausnutzung der Gehöreigenschaften eine hochqualitative Tonübertragung gewährleisten, obwohl die klassische Messung eine mindere Qualität bestätigt.

Deshalb ist eine Qualitätsbeurteilung durch psychoakustische Messungen unumgänglich, vor allem bei digitalen Audiosystemen. Um zu möglichst einheitlichen Qualitätsbeurteilungen bei subjektiven Hörtests zu kommen, müssen die wichtigsten Einflußparameter festgelegt werden (siehe CCIR-Rec. 562).

Wichtig ist das verwendete Ton-Testmaterial. In der EBU-Untergruppe V3 wird angestrebt, als Standard eine Sammlung von geeignetem Testmaterial anzulegen.

Als Tonträger dafür bietet sich die CD an, weil sie mit einer Bandbreite von 20 kHz und einer Auflösung von 16bit / Abtastwert eine hohe technische Qualität gewährleistet. Sie gestattet auch einen schnellen Zugriff zu den einzelnen Testsignalen.

Jetzt wurde von der EBU eine eigene CD für Hörtests herausgebracht, Titel: "SQAM-CD "Sound Quality Assessment Material", Recordings for subjective Tests." Eine EBU-Publikation liegt vor.

Die CD enthält Meßsignale, künstliche Signale, Einzelmusikinstrumente, Sprachaufnahmen, Gesang mit und ohne Musik sowie Orchester- und Popmusik.

Die mit Hilfe eines Computers berechneten künstlichen Signale enthalten vier identische Aufnahmen und sind zeitlich so angeordnet, daß sie unmittelbar als Ausgangsmaterial für einen A-B-A-B-Vergleich herangezogen werden können.

Weil an die Testsignale hohe Anforderungen gestellt werden, wurden alle Tonaufnahmen mit höchster Qualität digital aufgenommen. Dabei wurde die Quantisierung von 16 bit voll ausgenutzt. Die angewendete Mikrophontechnik gewährleistet eine weitgehend natürliche stereophone Wiedergabe.

Für die Untersuchungen mit monophonen Signalen wird nur ein Mikrophonsignal verwendet. Beim Hörtest sollte die Wiedergabe, soweit möglich, mit Originallautstärke erfolgen. Der Bezug zur Originallautstärke wird durch ein bandbegrenztes rosa Rauschen, als Sequenz der CD, hergestellt, das mit einem Schalldruckpegel von 60 dB wiedergegeben werden muß. Die Erfahrungen haben gezeigt, daß das Testmaterial der CD allen Anforderungen gerecht wird.

Wolfram Gerber vom Hessischen Rundfunk

• Wolfram Gerber, Hessischer Rundfunk, und Horst Jakubowski, IRT München, sprachen über "Störpegelverhalten analoger Tonstudiomischpulte" - Gedanken zu einem neuen ARD-Pflichtenheft 3/5.

Wegen des in letzter Zeit verbesserten Signal/Rauschabstands der modernen Tonaufzeichnungsverfahren, z.B. analoge Magnetbandaufzeichnung mit Kompandern sowie digitale Magnetbandaufzeichnung DAT und Compact Disc CD, werden von der "ARD-Arbeitsgruppe 3/5" die Anforderungen an Tonstudiomischpulte neu untersucht.

Darüber hinaus soll die ganze Problematik von Tonregieanlagen überdacht und das Pflichtenheft 3/5 "Tonregieanlagen" auf den neuesten Stand gebracht werden.

Im Vortrag wurden vor allem zwei Parameter näher betrachtet, die die
Übertragungsqualität, vor allem das Störpegel verhalten, von Tonregieanlagen bestimmen: Die Betriebskennlinie und das Systemrauschen.

Das Störpegelverhalten eines Mikrophonkanals (vom Eingang über Gruppe und Summe bis zum Mischpultausgang) in Abhängigkeit von der eingestellten Verstärkung des Mikrophon Verstärkers ergibt die Betriebskennlinie. Das Systemrauschen erfaßt dagegen das Störpegel verhalten aller Kanäle vom Kanalsteller an bis zum Mischpultausgang.

Der Störpegelabstand (frühere Bezeichung Geräuschspannungsabstand) hängt ab vom Störpegelverhalten der einzelnen Komponenten. Es sind vor allem die Mikrophonverstärker und die Knotenpunkte, die hier besondere Beachtung erfordern.

Aus diesem Grunde sollten z.B. nur noch 0-Ohm-Knotenpunktverstärker eingesetzt werden. Abschließend wurde festgestellt, daß sich die Qualität analoger Tonstudiomischpulte hinsichtlich des Störabstands in vielen Fällen verbessern läßt.

Die Erfüllung der Vorschläge im neuen ARD-Pflichtenheft 3/5 sind realisierbar und werden auch für digitale Tonregie anlagen ein Maßstab sein. Die Qualität analoger Tonmischpulte wird also noch für einige Jahre "tonangebend" sein.
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3. Terrestrischer Digitaler Hörrundfunk

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Egon Meier-Engelen vom Eureka Project Office

• Mit dem Hörrundfunksystem im DAB-Projekt Eureka 147 befaßte sich Egon Meier-Engelen vom DFVLR, Eureka Project Office, Koln-Porz.

Weil das derzeit bestehende Hörrundfunksystem den gestiegenen Qualitätsanforderungen nicht mehr genügt, wird ein terrestrisches digitales Hörfunksystem höchster Qualität notwendig. Im DAB-Projekt (Digital Audio Broadcasting) wird hierfür auf internationaler Basis ein Standardisierungsvorschlag erarbeitet.

Eine Grundanforderung an DAB ist, daß mobiler, portabler und stationärer Empfang gleichwertig möglich ist. Ferner muß die Möglichkeit der digitalen Aufzeichnung und Wiedergabe gegeben sein.

Die Übertragung von Zusatzinformationen muß in größerem Maße als z.B. bei RDS möglich sein. Dabei werden Datenströme von 4 bis 8 kbit/s pro Kanal als untere Grenze gesehen. Gefordert wird auch eine Kompatibilität zu ISDN, um dieses Netz für interne Programmübertragungen (z.B. bei Außenübertragungen) nutzen zu können.

Eine hohe Übertragungssicherheit ist nur mit großer Übertragungsbandbreite zu erreichen, die aber nicht (wir sind hier in 1989) zur Verfügung steht.

Es muß also bei dem digitalen System durch eine hochwirksame Datenreduktion die Bandbreitenanforderung verringert werden. Dabei muß die Qualität des Tonsignals voll erhalten bleiben.

So wird die Qualität der CD gefordert bei einer Übertragungsrate von nur 0,2Mbit/s für ein Stereopaar. Um bei geringer Datenrate den gesamten notwendigen Datenfluß zum Empfänger zu bringen, könnten eine Reihe paralleler, separater Übertragungskanäle benutzt werden.

Da eine Neuzuweisung von Rundfunksendefrequenzen nicht zu erwarten ist, werden umfangreiche Überlegungen angestellt und Lösungen gesucht.

Etliche Vorschläge liegen bereits vor. Sicher ist, daß die europäische UE-Industrie durch die Verwirklichung dieses Projektes deutliche Impulse erhalten wird, die eine Stärkung im Konkurrenzkampf mit fernöstlichen Anbietern darstellen.

Gerhard Stoll vom IRT München

• Gerhard Stoll vom IRT München sprach über das Thema "Terrestrischer digitaler Hörrundfunk - Optimierung der Quellencodierung im Hinblick auf eine effektive Übertragung durch Berücksichtigung der Gehöreigenschaften".

Eine digitale Übertragung von Hörrundfunkprogrammen ist, insbesondere beim mobilen Empfang, sehr empfindlich gegenüber Bitfehlerstörungen. Für einen ausreichenden Fehlerschutz ist daher eine möglichst ökonomische Nutzung der zur Verfügung stehenden Kanalkapazität notwendig. Dies erfordert eine erhebliche Reduzierung der Datenrate des Tonsignals durch ein geeignetes Quellencodierverfahren.

Ein optimales Codierverfahren sollte zunächst zum Zweck einer möglichst niedrigen Datenrate ein Maximum an irrelevanten Anteilen des Tonsignals eliminieren. Anschließend kann für die Auslegung des dynamischen Fehlerschutzes ein Teil der frei gewordenen Datenraten gezielt eingesetzt werden.

Am Beispiel von MASCAM (Masking Pattern Adapted Subband Coding and Multiplexing) wurde gezeigt, daß ein Tonsignal mit einer Netto-Bitrate von maximal 110 kbit/s (Mono) codiert werden kann, ohne daß wahrnehmbare Unterschiede zu 16bit-linearcodierten Tonsignalen (z.B. Compact Disc) auftreten.

Eine ausführlichere Grundlagenbeschreibung des MASCAM-Verfahrens,
erschienen in dieser Zeitschrift im Heft 11/1988, wurde verteilt.
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Günter Schneeberger vom IRT

• Über Modulationsverfahren für einen digitalen terrestrischen Hörfunk - Frequenzeffektive Bewältigung des Mehrwegeproblems sprach Günter
Schneeberger vom IRT, München. Die digitale Übertragung ist von der Satellitentechnik bekannt. Dabei werden stark bündelnde stationäre Empfangsantennen mit direkter Sicht Verbindung zur Sendeantenne benutzt.

Die Signalenergie kommt nur auf einem direkten Weg zur Empfangsantenne. Anders ist es bei einem terrestrischen System, bei dem die Energie vom Sender nicht nur auf einem Weg, sondern durch Reflexionen an natürlichen und künstlichen Flächen auf verschiedenen Wegen zur Empfangsantenne gelangt.

Die an der Antenne eintreffenden Signale kommen nicht nur aus unterschiedlichen Richtungen, sie haben auch unterschiedliche Laufzeiten.

Bewegt sich die Empfangsantenne, wie es im Auto der Fall ist, so ändern sich die Einzelsignalspannungen ständig. Es können beim sogenannten Mehrwegeempfang Störungen durch Schwund, Signalverformungen usw. auftreten. Eine Digitalübertragung von Rundfunkprogrammen scheint auf diese Weise unmöglich.

Eine Lösung ist das Aufteilen der Gesamtdatenrate auf viele separate Schmalbandkanäle sowie ein sogenannter Schutzintervall (zwischen den einzelnen Modulationssymbolen). Die Dauer des Schutzintervalls muß der Mehrwegesituation angepaßt sein.

Diese Technik wird als OFDM bezeichnet (Orthogonal Frequency Division Multiplexing). Versuche damit waren erfolgreich. Da eng beieinander liegende Träger durch Störeffekte gleich beeinflußt werden, legt man den Bitfluß eines Hörfunkprogramms nicht auf unmittelbar benachbarte, sondern auf voneinander entfernte Träger.

Man verschachtelt so auf einem breiten Frequenzband mit einer großen Anzahl einzelner schmaler Bänder mehrere Programme. Treten nun Störungen auf, so leidet darunter nur ein kleiner Informationsanteil.

Neben der frequenzmäßigen Verschachtelung der Einzelbänder wird eine zusätzliche zeitliche Verschachtelung weitere Störminderungen bringen. Für die Technik der Modulation und Demodulation der Träger, es können z.B. mehr als 500 je Programm sein, wurden bereits Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt.
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Christfried Weck vom IRT

• Das Thema von Christfried Weck vom IRT München war: "Terrestrischer digitaler Hörrundfunk - Optimierung der Kanäleodierung im Hinblick auf eine effektive Übertragung durch Berücksichtigung der Gehöreigenschaften".

Ein neuer, terrestrischer digitaler Hörrundfunk ist nur dann vorstellbar, wenn der dafür erforderliche Frequenzbedarf und die damit verbundene Datenrate gering gehalten werden können.

Gleichzeitig muß gegenüber dem herkömmlichen Rundfunk eine bedeutend höhere Übertragungsqualität, insbesondere beim mobilen Empfang im Kraftfahrzeug, gewährleistet werden. Um dies zu erreichen, genügt es nicht, die einzelnen Komponenten der digitalen Übertragungskette wie Quellencodierung, Kanalcodierung oder Modulation zu optimieren, sondern die Übertragungskette muß als ganzes betrachtet werden.

Das vorgestellte Kanalcodierungsverfahren zeigt in der Kombination mit
dem Quellencodierverfahren MASCAM ein hohes Maß an Flexibilität in der Gestaltung des Fehlerschutzes. Durch Soft-Decision-Technik bietet es außerdem die Möglichkeit, die Modulationsseite in die Decodierungsstrategie einzubeziehen.

Der zugrunde gelegte Ansatz bei der Entwicklung des Kanalcodierungsverfahrens liegt in der Tatsache, daß bei der Übertragung von digitalen Tonsignalen die Störwirkung eines verfälschten Bits abhängig ist von seiner Wertigkeit oder speziellen Bedeutung.

Das Ziel für die Optimierung des Kanalcodierungsverfahrens ist damit nicht vorrangig die Minimierung der mittleren Bitfehlerrate, sondern die Minimierung der StörWirkung nach subjektiven und objektiven Kriterien.

Mit dem vorgestellten Kanalcodierungsverfahren auf der Basis von punktierten Faltungscodes läßt sich der Fehlerschutz eines Informationsblocks nahezu kontinuierlich an die Bedeutung der einzelnen Bits anpassen.

Außerdem kann bei Quellencodierungsverfahren mit dynamischer Bitrate, bei denen der obere Bereich der Übertragungskapazität meist nicht ausgenützt wird, der verbleibende Teil der Übertragungskapazität für die Verbesserung des Fehlerschutzes genutzt werden.

Gerd Petke und Günter Schneeberger vom IRT

• Gerd Petke und Günter Schneeberger vom IRT, München, referierten über das Thema Sendernetze und Versorgungskonzept für einen terrestrischen digitalen Hörrundfunk.

Zur Versorgung großer Flächen mit Rundfunkprogrammen sind Sendernetze erforderlich, die beim herkömmlichen System eine große Anzahl Frequenzkanäle erfordern, gleich, ob analoge oder digitale Signale verbreitet werden.

Um ein Gebiet mit herkömmlicher Technik optimal rundfunktechnisch zu versorgen, dürfen die Sender eines Programms keine zu großen Abstände haben, um beim Empfänger genügend Feldstärke zu gewährleisten.

Dabei haben benachbarte Sender unterschiedliche Sendefrequenzen. Sender gleicher Frequenz müssen einen sehr großen Abstand voneinander haben. Wenn ein Rundfunksignal so gestaltet ist, daß die Ausstrahlungen unmittelbar nebeneinanderliegender Sender gleicher Frequenz sich nicht stören, könnte die ganze Fläche mit nur einem Kanal versorgt werden.

Digitale Techniken, die zur Bewältigung der Probleme des Mehrwegeempfangs entwickelt wurden, bieten diese Möglichkeit der Gleichwellentechnik. Das heißt, ein Netz mit Sendern gleicher Frequenz und gleichem Modulationsinhalt versorgt ein bestimmtes Gebiet.

Kompliziert werden die Empfangsverhältnisse in den Rand- bzw. Überlappungszonen der einzelnen Sender. Hier werden die Signale mehrerer Sender empfangen. Wenngleich die Sender auch zeitlich synchron arbeiten, so treffen die Signale beim Empfänger entsprechend der Laufzeitunterschiede versetzt ein. So kann ein Signal von mehreren Sendern, und auch dessen Reflexion, zeitlich unterschiedlich eintreffen.

Ein Modulationssystem ist also nur dann tauglich für den Gleichwellenbetrieb, wenn es die Signal Verzögerungen verarbeiten kann.

Beim OFDM-System (Orthogonal Frequency Division Multiplexing) wird die Gleichwellentauglichkeit durch ein entsprechend großes Schutzintervall erreicht.

Bei einem mittleren Senderabstand von 60km muß das Schutzintervall etwa 250us Dauer haben. Damit werden auch alle im Gelände vorkommenden Reflexionen sicher verarbeitet. Wenn jede Rundfunkanstalt in ihrem Gebiet vier verschiedene Stereoprogramme verbreiten würde, käme man für den Bereich der Bundesrepublik Deutschland mit nur einem Frequenzband von 4 MHz aus.

In dem Frequenzband könnten insgesamt 16 Stereo Programme verbreitet werden. Beim OFDM-System wird jedes einzelne Stereoprogramm auf einer großen Anzahl schmaler Frequenzbänder übertragen, die jeweils über das gesamte Frequenzspektrum verteilt sind.

Durch frequenzmäßiges Aufspalten können die 16 Stereoprogramme in vier Programmgruppen zerlegt werden. Den Gleichwellen Sendern eines Gebietes wird dann jeweils eine Programmgruppe zugeordnet.

Weil zur Versorgung der Bundesrepublik mehr als vier Gleichwellenbereiche notwendig sind, müssen die Sendernetze mit gleicher Programmgruppe einen genügend großen Abstand voneinander haben, um sich nicht gegenseitig zu stören.

Christoph Dosch vom IRT

• Christoph Dosch vom IRT München sprach über Erste Erfahrungen über den Empfang digitaler Tonsignale für terrestrische Ausstrahlung bei einer Demonstration anläßlich der WARC-ORB 1988.

Im Rahmen einer UER-Veranstaltung stellten CCETT/France und das IRT gemeinsam ein volldigitales Übertragungsverfahren vor, das die Teilnehmer der Funk-Verwaltungskonferenz zur Planung des geostationären Orbits (WARC-ORB 88) von der technischen Durchführbarkeit eines Satellitenhörrundfunks bei 1 GHz überzeugen sollte, der auch im Kraftfahrzeug sowie mit tragbaren Empfängern in höchster Tonqualität empfangbar ist.

Mit COFDM (Coded Orthogonal Frequency Division Multiplex) entwickelte CCETT ein Modulationsverfahren, bei dem Empfangsqualität auch bei Mobilempfang nur noch vom jeweiligen lokalen Feldstärkepegel abhängig ist.

Echoprobleme durch Mehrwegeempfang werden durch Aufspalten des Bitstroms über viele Einzelträger sowie zeitliches Interleaving vollständig "entschärft". Die Decodierung ist rein digital.

Mit MASCAM (Masking Pattern Adapted Subband Coding and Multiplexing) steuerte das IRT ein Toncodierungsverfahren bei, das in dieser ersten Version mit (noch) fester Bitzuweisung pro Teilband schon eine Bitrate von nur 136 kbit/s aufweist (pro Monokanal), dabei aber subjektiv die CD-Tonqualität aufrecht erhält.

Weiterhin entwickelte das IRT einen speziellen Code zum Schutz der wichtigen Skalenfaktoren (Golay-Code) sowie zusätzliche Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Sprachverständlichkeit unter extrem ungünstigen Empfangsbedingungen (Bitfehlerrate über 10 hoch -2.

(Fortsetzung folgt)

von den Autoren G. Tollmien, N. Bolewski
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