Sie nannte es "Das große Schlager Buch" (aus 1978)
Dez. 2025 - von Gert Redlich - Als Herausgeber und auch Autorin ist 1978 Monika Sperr benannt (August 1941 Berlin; † November 1984 - Suizid).
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- Ein unscheinbares Äußeres
- Die Innenseite
Das Buch mit dem obigen Titel ist eigentlich eine historische Aufarbeitung der Geschichte Deutschlands mit dem Kernthema "Der deutsche Schlager" - rückschauend in die wirren Zeiten der beiden Weltkriege und den Zeiten davor, dazwischen und danach. Und es ist die Sichtweise von Frau Sperr aus der Sicht der Arbeiterklasse bzw. der Arbeiterbewegung, wie sie es später auch anmerkt.
Die Köpfe bzw. die Promotion-Fotos der Interpreten und die Texte der aufgeführten Lieder sind für unsere differenzierte Betrachtung der kultur- geschichtlichen Entwicklung Deutschlands nebensächlich und waren damals 1978 teilweise noch vom Copyright geschützt. Die Lied-Texte lesen Sie hier nicht - die finden Sie alle im Internet. Das Buch selbst - wegen der recht guten Fotos - gibt es auch nur noch selten zu kaufen.
Die detaillierten und weitgehend sauber recherchierten historischen Daten und die geschichtlichen Ausführungen des politischen und kulturellen Umfeldes der Schlager, der Komponisten, der Interpreten und deren Lieder - alles Texte von Frau Sperr - sind hier enthalten.
Nach meiner Betrachtung kommt die öfter zu lesende einseitige gesellschafts- politische Tendenz der Autorin an mehreren Stellen ins Blickfeld und diskreditiert damit die sonst zwar kritischen aber doch wertneutralen Aussagen. Das sollte beim Lesen im Hinterkopf behalten werden.
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Vorwort von Monika Sperr - das hier ist erstmal die Einleitung :
Der Deutsche Schlager von 1800-1978 - Herausgegeben von Monika Sperr / München. - Die einen sagen: Ja früher, da war er noch wer. Da hatte er Klasse und Stil, Schönheit, Witz und Charakter. Die anderen schimpfen: Er wird immer müder, satter, einfallsloser, und sagen ihm schnöde seinen baldigen Tod voraus. Doch im Volke ist er beliebt wie eh' und je: der "Deutsche Schlager".
Rund hundert Jahre ist er inzwischen alt (1978) und bis auf den heutigen Tag das geblieben, was er von Anfang an war: ein kommerzielles musikalisches Produkt der bürgerlichen Unterhaltungsindustrie von sehr unterschiedlicher Qualität.
Die versteckte Wahrheit (aus 1978) :
Die gern zitierte »gute alte Schlagerzeit« hat es in Wahrheit nie gegeben. Wie so oft, so verklärt die Erinnerung auch hier die Vergangenheit mit einem Glanz, der nicht bestand, als die Vergangenheit noch Gegenwart war.
So hängt denn jede Generation dem nach, was war, und dabei geht's immer um die eine, dieselbe Trauer: die verlorene Kindheit, Jugend und all die frühen Hoffnungen und Träume, die mit zurückgeblieben sind im fernen »Es war einmal«.
Der Schlager ist Teil des Stoffes, aus dem die Träume sind. Er verklärt, verkitscht, versöhnt. Nur selten läßt sich der Schlager auf das wirkliche Leben ein, noch seltener auf soziale Not und gesellschaftliche Mißstände, außer in Form melancholischer Schicksalsbetrachtung, und da sind dann selbst der Schmerz und das Leid meistens schon wieder viel zu schön, um wahr zu sein.
Im Schlager wird das Glück zur Pose, die Trauer zur Rührseligkeit und die Liebe zum Allheilmittel gegen alle Schrecken dieser Welt. Der Schlager bleibt unverbindlich und allgemein, wird nie konkret, damit sich möglichst viele angesprochen fühlen können.
Anfällig für Schlager sind die meisten Menschen, ganz besonders aber junge Leute, weshalb sich denn auch viele Schlager ganz bewußt an die pubertäre Gefühlswelt ihrer jungen und jüngsten Konsumenten wenden.
Meine eigene Erfahrung aus meiner Jungendzeit ......
Ich selbst bin nicht mit Schlagern aufgewachsen, sondern in der Tradition der Arbeiterbewegung mit ihren Kampf- und Wanderliedern wie: >Brüder, zur Sonne, zur Freiheit< oder >Wann wir schreiten Seit' an Seit'<.
So habe ich mich auf dieses Buch wie auf ein Abenteuer eingelassen: neugierig auf die Entdeckungen, die ich dabei machen würde. Die größte Überraschung für mich war, wieviele dieser Schlager ich trotzdem kannte. Geradezu unglaublich, was mir da alles von Kindesbeinen an vertraut war! ..... Sich heimlich eingeschlichen hatte in meinen Kopf und mein Gemüt und sich dort eingenistet hat bis auf den heutigen Tag.
Ich denke, daß es den meisten Lesern nicht anders gehen wird als mir. Sie werden kopfschüttelnd staunen, wieviele gute alte Bekannte sie hier wiedertreffen. Und sie werden sich darüber genauso freuen und ärgern wie ich, denn manche Schlager sind ein wirklicher Genuß und viel besser als ihr Ruf, weshalb sie denn auch zu Volksschlagern geworden sind in des Wortes schönster Bedeutung.
Andere wieder sind so scheußlich, so seicht, verlogen, lärmend oder tränenfeucht, daß man sie am liebsten nicht mehr kennen möchte beim Wiedersehen. Und wer wie ich das Pech hat, daß ihn die klebrige Melodie so eines munteren oder trübsinnigen Ohrwurms tagelang verfolgt, der hat die gewaltige Macht einer gigantischen Schlager- und Medienindustrie am eigenen Leibe verspürt.
Schlager sind überall. Früher krachten sie aus Tanzkapellen, Leierkästen, Grammophonen, Volksempfängern und ganz besonders mächtig aus dem Tonfilm.
Heute plärren sie aus Koffer- und Autoradios, Musikboxen, Fernsehapparaten und der Stereoanlage. Werden sie auf Volksfesten, in Diskotheken, Kneipen, Supermärkten, Kaufhäusern, Boutiquen oder bestimmten Sendern wie Radio Luxemburg (täglich 19 Stunden Wunschkonzert!) und speziellen Rundfunkprogrammen fast ohne Unterbrechung gespielt- gedudelt. Von morgens bis abends und durch den größten Teil der Nacht. Die Berieselung scheint ziemlich lückenlos.
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Meine Art der Darstellung
So haben wir, Autorin und Verlag, auf den Abdruck von Noten absichtlich verzichtet. Die Melodien kennt jeder, ganz gleich, ob er Schlager mag oder nicht.
Die Auswahl der Texte war von vielen Zufälligkeiten abhängig, u. a. von der Bereitschaft der Musikverlage zur Mitarbeit. Im ganzen standen mir rund tausend Texte zur Verfügung, und häufig hatte ich die Qual der Wahl.
Ausschlaggebend für mich waren ebenso die Popularität eines Schlagers zu seiner Zeit, seine Lebensdauer über viele Jahre oder sogar Jahrzehnte hinweg, wie Inhalt, Zeitbezug, Aussagekraft und -wert eines Textes, positiv wie negativ.
Sofern ausländische Titel in ihrer deutschsprachigen Fassung besonders erfolgreich wurden (wie beispielsweise >ausgerechnet Bananen< oder >Arrive-derci Roma<), stehen sie genauso für den Deutschen Schlager wie die Titel deutscher Komponisten.
Unberücksichtigt blieben von vornherein alle Gruppenschlager, die spezifischen Soldatenschlager ebenso wie die ausgesprochenen Propagandalieder des Dritten Reiches, religiöse Schlager, proletarische Kampflieder, Chansons, Songs, sowie das ganze weite Feld der alten und neuen Liedermacher und Moritatensänger.
Dieses Buch will den Schlager nicht untersuchen, ihn weder soziologisch, sprachlich noch musikalisch bewerten, denn populärwissenschaftliche Abhandlungen über Wert bzw. Unwert des Deutschen Schlagers gibt es mehr als genug.
Dies Buch will die Geschichte des Schlagers in Deutschland erzählen, was auch heißt:
Geschichten über Land und Leute und das große Geschäft mit Schlagern und Stars.
Monika Sperr München, August 1978
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