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Die Lautsprecher-Umschaltanlage im Hifi-Studio

Zu den Glanzzeiten der Hifi-Studios gab es Unmengen an Verkaufshilfen (-geräten), die der (gute oder seriöse) Händler anschaffen sollte oder sogar mußte, zum Beispiel eine Lautsprecher- Umschaltanlage.

Es gab dabei wirklich miesen billigen Müll (Vivanco für 32.- DM), der bei einem 20 Watt Verstärker schon die Funken springen ließ und es gab edle und natürlich auch teuere Teile (zum Beispiel meine damaligen Entwicklungen), mit denen man sogar 250 Watt Verstärker bei hohen Lautstärken - also nahezu bei Vollast - problemlos an verschiedenen Boxenpaaren betreiben / umschalten durfte und konnte.

Das Annähern an die "ideale Umschaltanlage" war bei mir mehr vom Ehrgeiz getrieben als von der Suche nach dem geschäftlichen Erfolg. Meine Umschaltanlagen waren damals zwar alle "ganz toll" und alle waren "des Lobes voll", aber sie waren bei ernsthafter Kalkulation leider nie kostendeckend.
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Diese Art des sogannten AB-Vergleichs war und ist umstritten.

In den Fachjournalen schlugen sich die Experten (verbal) die Köpfe ein, ob es überhaupt sinnvoll sei, dem potentiellen Kunden (oder Interessenten) die verschiedenen Lautsprecher in einem Raum nebeneinander im direkten Vergleich gegeneinander vorzuführen.

Es war damals bereits bekannt, daß bestimmte Lautsprecher an bestimmten Verstärkern überhaupt nicht klingen. Und damit konnte man den unliebsamen Wettbewerb des Hifi-Studios um die Ecke ein wenig austricksen. Ist natürlich alles gar nicht wahr, werden die überlebenden Gurus bemängeln, jedenfalls in Wiesbaden und Mainz war es so. (Es gab da um 1976 nämlich mal den Wiesbadener Hifi-Krieg zwischen zwei (oder drei) Läden = Hifi-Studios, bei denen die Produkte von Yamaha, Onkyo, Sansui, Kenwood und Pioneer und anderen gegeneinander verramscht wurden.)

An einem bestimmten 2x90 Watt Sinus Onkyo Vollverstärker klangen nämlich fast alle Arcus Boxen wie "Pisseimer" und nicht nur die Arcus Boxen, viele andere Fabrikate auch. Dagegen gab es bestimmte Yamaha Receiver mit "nur" 2x55 Watt Sinus, an denen klang fast das gesamte Vorführ-Spektrum an Boxen begeisterungsfähig gut.
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Jetzt nach 30 Jahren wollen wir aber nichts mehr verkaufen . . .

Auch diese Braun L710 sind nur noch verklärte Legenden, die dem heutigen Anspruch nicht mehr standhalten

( . . und darum etwas aus der Schule plaudern.) Aufgrund der verklärten Wahrheit der Erinnerung ist es (für uns) wissenswert, wie weit sich die Lautsprechertechnik seit den 70ern weiter entwickelt hat und was die modernen Verstärker dazu beitragen, daß es "klingt" (mit Bezug auf erschwingliche gute Hifi Qualität).

Und darum haben wir hier unser
(uraltes) Studio-Umschaltpult mit modernster Technik reanimiert. Damals waren es "nur" drei Endstufen und 8 Lautsprecherpaare sowie zwei 250 Watt -8 Ohm / 1% Lastwiderstände, die alternativ umgeschaltet werden konnten. Und eigentlich sollte das reichen.

Grundbedingung bei einem solchen Umschaltpult für hohe Leistungen ist, daß nie zwei oder mehr Endverstärker gleichzeitig am Ausgang zusammengeschaltet werden. Das wäre ganz schlimm.

  • Siehst Du leichten Rauch aufsteigen, wird der Fehler sich bald zeigen.


Wünschenswert wäre dazu noch,
daß auch nie 2 Lautsrecherpaare gleichzeitig an einer Endstufe hängen, auch nicht kurzzeitig. Weiterhin müssen die gesamten Leitungs- und Schalter-Verluste vom Verstärker bis zum Lautsprecher bestmöglich optimiert = minimiert sein. Zur Zeit sind die meisten Boxen bei unseren Tests am Revox B251 Verstärker mit spezieller hochelastischer 6mm² Lautsprecher- Litze angeschlossen, die JBL Ti250 sogar mit 10mm².

Ein Blick auf die Technik und die Komponenten

2 Studio Steuerteile
die Doppelblock Kontaktreihe
ein einzelner Block-Kontakt

Meine ersten Hifi-Studio Umschaltpulte Mitte der 1970er Jahre waren maßgeblich auf seriöse Optik und Übersichtlichkeit getrimmt. Einige Frontplatten von damals sind noch übrig. Klicken Sie bitte mal auf das erste Bild hier neben dran.

Doch die Technik im Hintergrund spielte die wichtigere Rolle. Dazu hatte ich das Glück, preiswert an eine große Menge von gekapselten vergoldeten SEL Hochlastrelais heran zu kommen.

Diese Hochlast-Relais hatten ganz spezielle beschichtete Doppelblock-Kontakte, die enorme Stromstärken verkraften konnten. Solch ein Relais hatte nämlich insgesamt 6 Doppelblock-Umschalt-Kontakte, sodaß ich auch noch 2 doppelte Kontakte parallel verdrahten konnte. Die Spezifikation sprach von 10 Ampere Dauerlast und 40 Ampere Spitzenlast pro Schaltkontakt und das jetzt mal 4.

Die interne Verkabelung wurde damals mit 1,5mm² Litze vorgenommen, und zwar so kurz, wie es nur irgend ging. Dazu wurde das getrennte Relais-Gehäuse mit den Anschlußklemmen ganz hinten bei den Boxen (Remote = also direkt dort) aufgestellt.

An der äußeren Gehäuserückwand gab es die damals bekannten Hochstromklemmen der Firma Weidmüller. An diesen Klemmen wurden die Leitungsenden mit solcher Kraft "unter"- geklemmt, daß der Techniker sich öfter die Fingernägel abbrach, weil er immense Kraft zum Drücken aufbringen mußte. Er sollte die einzelne Klemme ja auch mit einem großen Schraubendreher aufdrücken bzw. öffnen.

Ein Blick auf die Klemmen und die Verdrahtung

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Diese Hochstrom-Klemmen vertragen ebenfalls 10 Ampere Dauerlast und jede Menge Impulsstrom. Anfänglich mit 1,5mm² beschaltet, bin ich auf 2,5mm² über gegangen. Anschließen bzw. unterklemmen kann man Lautsprecherleitungen bis 2,5mm², wenn diese sorgfältig verdrillt und möglichst auch (rund) verlötet sind.
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Hier ein Blick auf die ganze Relais-Reihe, an der dann bis zu 12 Lautsprecherpaare umgeschaltet werden konnten. Bei weniger Paaren wurde die Platine einfach gekürzt. Die breite Leiterbahn auf der Platine verträgt ebenfalls immens hohe Ströme, die einem 2,5mm² Kabel durchaus entsprechen.
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2011 - Jetzt moderne Steuertechnik von Pollin oder ELV

Nach 30 Jahren geht dem Elektroniker das Herz auf, wenn er sieht, was es heutzutage alles gibt. Bei Pollin gibt es eine Relais-Steuerplatine mit 8 galvanisch getrennten Relais-Ausgängen und mit einem digitalen EDV-Steuereingang samt Software zur grafischen PC Ansteuerung jedes einzelnen Ausgangs. Dazu gibt es ein Ultraschal Modul zur Fernsteuerung samt Fernbedienung und alles zusammen etwa 30 Euro. Nachteil bei Pollin, die wichtige "exklusiv"="oder"- Logik muß man selbst machen.

Doch bei ELV gibt es aus dem Haus-Steuerungsprogramm einen Funkfernbebedienungs- Bausatz mit 2 x 8 Tasten, Funkempfänger und digitalen Ausgängen für die obige 8er Relaisbaugruppe, diesmal ist aber die exklusive "oder-" Steuerung per Jumper steckbar. Dort wird in der Logik des Steuerchips auf der Relaisbaugruppe die Exklusivität eines einzelnen Relais-Ausganges digital verwaltet, einfach genial. Preis etwa 20 Euro für den Sender und 20 Euro pro 8er Empfänger (Preise für Bausätze), für uns also etwa 60 Euro für unsere 3 Verstärker und 8 Lautsprecherpaare. (natürlich zuzüglich der Netzteile)

An solch eine Relaiskarte werden wir dann unsere 30 Volt Hochlastrelais dranhängen und das Problem ist damit einfachst und fehlbediensicher gelöst.
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Etwas über die Messtechnik bei dicken Endstufen finden Sie hier.

Da kommen noch weitere Bilder vom Fortgang der Arbeiten.
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Von den Relais und auch den Klemmen sind noch einige zu haben.

Diese Teile sind für alle Hifi-Bastler verfügbar. Ganz "umsonst" sind sie aber nicht, wir möchten die gegen das eine oder andere historische Hifigerät eintauschen, das wir zum Fotografieren und Beschreiben benötigen. Dabei geht es uns um besonders typische Geräte einer Produktgruppe oder einer Epoche oder eines Technologie- Sprunges. Mehr finden Sie auf www.dernachtwerker.de .

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