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Professionelle hochwertige Meßgeräte aller Art waren bis in die 1970er Jahre sehr sehr teuer.

Und darum wurden die gehütet wie ein Augapfel und runterfallen durften die auf keinen Fall, dann war nämlich das Anzeigeinstrument allermeist dahin. In der Regel war der Zeiger mit seiner Aufhängung und Lagerung aus den Lagern ausgebrochen. Das will Gossen aus Erlangen jetzt verbessern durch eine abgefederte Lagerung der Meßspule mit dem Zeiger dran.

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Aus der FUNKSCHAU 1950 / Heft 16 Seite 267
"Meßgeräte hoher mechanischer Festigkeit"

Die mechanische Empfindlichkeit der Meßsysteme selbst größerer Betriebsmeßgeräte ist auf die Verwendung einer Spitzenlagerung der drehbaren Teile zurückzuführen, ähnlich, wie sie in der Uhrenindustrie üblich ist. Man versieht die Rähmchen mit hochwertigen Stahlspitzen, die ihrerseits in Halbedelsteinen gelagert werden, die Steine sind in Form einer Pfanne zugeschliffen, während die Spitzen einen Krümmungsradius erhalten, der bei den feinsten Geräten bis zu 5/1000mm herunter beträgt. Der spezifische Druck, der bei einer plötzlichen Beschleunigung (Anmerkung : Wen das Gerät runterfällt) des ganzen Gerätes durch die Trägheit des an sich sehr kleinen Rähmchens auf Stein und Spitze ausgeübt wird, ist ganz außerordentlich groß.

Gossen in Erlangen will das verbessern

Es ist deshalb nicht zu verwundern, daß ein Schlag oder Stoß gegen das Meßgerät meist zu einer Deformation der Spitze, oft genug sogar zum Bruch der Steine führt. Um hier Abhilfe zu schaffen, hat die Firma Gossen in Erlangen einen entscheidenden Schritt vorwärts getan:

Es wurden zwei neue Systemtypen entwickelt, einmal die federnde Steinlagerung, zum anderen eine Spannbandaufhängung.

Die beiden Steinlager eines Systems werden so ausgebildet, daß die Steine sich in Richtung der Achse um kleine Strecken bewegen können. Sie werden von feinen Federn gegen die Stahlspitzen gedrückt, wodurch ein sehr gleichmäßiger Lagerdruck erreicht wird.

Bei der Produktion ist gefühl angesagt

Entscheidend ist dabei das Feingefühl des Systembauers, dem es obliegt, die Justierung durchzuführen.

Der Ausdruck "Spitzenluft" kennzeichnet recht anschaulich, in welcher Hinsicht u. a. diese Justierung nötig ist. Es ist nun insofern eine gewisse Erleichterung bei der Montage eingetreten, als sich der Lagerdruck unter dem Einfluß der Federwirkung gewissermaßen von selbst einstellt. Das hat weiterhin zur Folge, daß die unvermeidliche Lagerreibung sehr gleichmäßig bleibt wählend sie bisher recht verschiedene Werte je nach Stellung und Beanspruchung des Systems aufweisen konnte.

Die Lagerreibung ist für die sogenannte „Verstellüng" der Meßgeräte verantwortlich, womit man eine Abweichung des Istwertes vom Sollwert bezeichnet, die nur auf mechanische Ungleichmäßigkeiten zurückzuführen ist und eine um so größere Rolle spielt, je kleiner das Drehmoment des Systems ist.

Es ist selbstverständlich, daß die federnden Steine auch im Hinblick auf die Verstellung eine erhebliche Verbesserung darstellen, mit anderen Worten: es wird eine größere Genauigkeit der Meßgeräte erreicht.

Für tragbare Geräte aller Art

Die weitaus größte Bedeutung haben die neuen Systeme für tragbare Geräte aller Art: Schläge und Stöße werden weitgehend von der Federung aufgefangen, die so dimensioniert ist, daß der Stein unter dem Einfluß des beschleunigten Rähmchens um mehrere Zehntel ausweichen kann, ohne daß das Rähmchen aus seiner koaxialen Lage zum System gebracht wird.

Zu Ende des Schlages oder Stoßes wird das Rähmchen wieder von der Feder in seine alte Lage gedrückt, so daß die vorherigen Verhältnisse wieder hergestellt sind: die Meßgenauigkeit hat keine Einbuße erlitten.

Die Universal-Meßgeräte „UVA" und „UNO" sowie „Triohm"

Die Firma Gossen rüstet in Zukunft vornehmlich alle tragbaren Meßgeräte mit der federnden Steinlagerung aus, so die bekannten Universal-Meßgeräte „UVA" und „UNO", das Dreibereich-Ohmmeter „Triohm", ein Mehrfach-Voltmeter mit 30.000 Ohm/V und andere.

Darüber hinaus werden auf Wunsch auch Schalttafel-Meßgeräte gegen geringen Mehrpreis entsprechend ausgestattet. Daß der Anwendbarkeit der federnden Steinlagerung durch die Größe der Geräte keine Grenzen gesetzt sind, zeigt ein überdimensionales Quadratinstrument von fast 3/4m Kantenlänge.

Das Verfahren, Meßsysteme mit Hilfe von Spannbändern aufzuhängen, ist seit langem von den hochempfindlichen Spiegelgalvanometern her bekannt. Dort bietet die Länge der Bänder den Vorteil guter Justierbarkeit. Schon aus diesem Grunde ist es bisher nicht zu einer Verwendung des Verfahrens bei Betriebsmeßgeräten gekommen, denn die für solche Geräte unbedingt nötige Kürzung der Bänder auf eine Länge von nur einigen Millimetern macht bei der Serienfertigung erhebliche Schwierigkeiten.

Ein bedeutende Schritt - fast keine Nullpunktsverstellung

Dennoch ist jetzt der Firma Gossen dieser bedeutende Schritt gelungen, nicht zuletzt, weil es durch sorgfältige und langwierige Untersuchungen gelang, das günstigste Material für die Bänder zu ermitteln.

Die feinsten Bändchen weisen bei einer Breite unter 1/10 eine Stärke von nur wenigen Tausendstel Millimetern auf. Durch überaus geschickte konstruktive Maßnahmen wurde erreicht, daß bei Schlag oder Stoß eine über die Elastizitätsgrenze des Bändchenmaterials hinausgehende mechanische Beanspruchung vermieden wird. Es kommt daher äußerst selten vor, daß die Systemlagerung durch äußere Kräfte zerstört wird, meist treten viel eher Sprünge im Gehäuse oder Glas auf.

Die von den Spiegelgalvanometern her bekannten Vorzüge, wie Fortfall der Lagerreibung und der Spiralfedern mit all ihren Unzulänglichkeiten, sind natürlich auch hier vorhanden; selbst nach stundenlangen schärfsten Schüttelproben ist von einer Nullpunktsverstellung nichts zu bemerken.

Die Lageunabhängigkeit

Zur erwähnten hohen mechanischen Festigkeit kommt wegen der Kürze der Bänder die sehr große Lageunabhängigkeit. Es bereitet keine grundsätzlichen Schwierigkeiten, ein spannband-gelagertes Mikroamperemeter für senkrechte Lage als Schalttafelmeßgerät Klasse 1,5 mit einem Endausschlag von 10uA bei 5000 Ohm Innenwiderstand zu bauen. Das bedeutet einen Leistungsbedarf von nur 1/2uWatt.

Die Firma Gossen rüstet auf Wunsch vornehmlich Drehspulsysteme mit Spannbandaufhängung aus; bei den kleinen Meßgeräten erhöht sich wegen des größeren Platzbedarfes die Einbautiefe um ein wenig. Genau so, wie sich beste Mikroamperemeter mit niedrigerem Innenwiderstand herstellen lassen, können hochempfindliche Millivoltmeter mit größerem Widerstand gefeitigt werden.

Es bedarf keiner Frage, daß die beiden neuen Systemlagerungen, durch die bei gleichzeitigem Gewinn an Empfindlichkeit und Präzision die Meßgeräte mechanisch erheblich stabiler geworden sind, einen entscheidenden Schritt für die gesamte elektrische Meßtechnik bedeuten.

J. Richter im Jahr 1950
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