Ein Rückblick auf die Schneider Rundfunkwerke Türkheim
Egal, wie "sie" sich auch anstrengten, wir Hifi-Fans "packten" Schneider immer in die Neckermann- Körting- Quelle Ecke. Und aus dieser Ecke kamen sie auch nie mehr raus.
Schneider hatte einen dicken Marketing-Fehler gemacht. Der Name Schneider war in Deutschland von Anfang an genauso nichtssagend wie "Müller-Maier-Schulze" oder Krause.
Es fehlt der Aufhänger, also ein Logo mit etwas Besonderem. Grundig, Wega, Saba, Metz, Schaub, Lorenz, Loewe, alle hatten etwas eigenes. Selbst ELAC, DUAL und Perpetuum Ebner waren als Marke bekannt. Bei Philips war es schon schwierig, das waren Holländer, wobei ich nie verstanden habe, warum die bei uns keiner - etwas übertrieben - also nur so wenige mochten.
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BRAUN aus Frankfurt wäre mit diesem ebenfalls Allerweltsnamen auch im Strudel der anderen Marken versunken wie zum Beipiel Kaiser Radio, hätten die Brüder Braun nicht die kleine Nische gesucht und gefunden und auch brilliant besetzt.
Schlimmer ware es bei der AEG, da wußte gar niemand so genau, was sich dahinter verbarg - außer ewigen finanziellen Problemen.
Also Schneider hatte mit diesem Allerwelts- Namen in Deutschland wenige Chancen.
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Jede Firma braucht(e) ein Spitzenprodukt
Und dann fehlte ein qualitatives Flaggschiff, mit dem man (zumindest in der Werbung) hausieren gehen konnte.
Mit aller Kraft strengten sie sich am Ende 1985 nochmal an, aus den Konkurs- Resten von DUAL wieder etwas zu machen, den Laser Fernsehprojektor zu entwickeln und zu vermarkten und noch andere Marktnischen zu füllen.
Doch dazu brauchte man profitable Brot und Butter Produkte, die wie von selbst liefen, wie immer noch bei Grundig. Die hatten sie aber nur auf dem Papier. In den Kaufhäusern - und nur dort waren sie noch vertreten - kauften die "alten Leute" ihren Grundig Receiver, vielleicht noch Telefunken, doch das wars.
Und in die Hifi-Studios kamen sie nie rein. Die jungen Kunden waren inzwischen so auf die Sprüche und die chromglänzenden Edelstahl-Optiken der Japaner fixiert bzw. abgefahren, da hatte Schneider gar keine Chance.
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Hier ein Beispiel für "SCHNEIDER" - ein Schrottgerät
Aus mehreren Metern Entfernung ist die Optik noch leidlich ansehnlich. Mit jedem Zentimeter, den man sich diesem Gerät nähert, wächst das Erschrecken.
In Amerika läuft dieser Preisbereich unter dem Begriff "value" - value steht für extrem billig - im Vergleich zu "preiswert". In einem Supermarkt in den USA war mir das aufgefallen, billigster Käse mit dem "Prädikat" value, vermutlich aus der Chemiefabrik.
Beim Duchblättern der "off duty" Magazine hatte ich gestaunt, wie große japanische Konzerne solche "Kompact" Anlagen für 99.- Dollar anbieten können, mit Plattenspieler, Kassettengerät und 2 Boxen.
Hier bei diesem Schneider-Gerät mußte ich lernen, es geht noch billiger.
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Und steckt man erst mal in dieser Ecke .......
..... gibt es über Jahre keinen Weg mehr da raus. SCHNEIDER war eine deutsche Billigmarke und bei den Hifi-Kunden überhaupt keine Diskussion wert. Über Grundig konnte man noch diskutieren, über WEGA, SABA und DUAL (alle aus dem Schwarzwald) natürlich auch.
Jetzt gibt es ja den uralten Spruch : Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert. - Doch das gilt eher für den privaten Lebensbereich. Im Hifi-Bussiness ist diese Denke das Ende. Auch DUAL hatte gemerkt, daß so schnell wie möglich adequate (Spitzen-) Elektronik-Produkte zu den wirklich edlen Plattenspielern hinzu kommen mußten, leider zu spät.
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Das MIDI 222 - ein Blender
Es ist eine einzige gemeinsame Plastik-Kiste mit billigster Presspsan Rückwand und einem solchen Boden, es sind keine Einzelkomponenten, wie die Front suggerieren will. Alles an dem Teil ist billig, extrem billig. Es ist so billig, daß ich es gar nicht erst ins Labor reingeholt hatte.
Der Plattenteller ist nicht nur sehr sehr leicht, er ist sehr "flexibel". Mit dem Finger kann man ihn bis zu 1,5cm runter drücken. Dagegen wäre der 99.- DM DUAL 410 geradezu ein Panzer.
Das konnten die Japaner dann einen ganzen Schluck besser. Und als den Japanern ab 1990 der Staatsbakrott drohte, wurde mit "Gewalt" exportiert, über den Preis und das war der Anfang vom Ende von SCHEIDER Türkheim.
Es gibt da noch ein paar über Jahrzehnte unausgesprochene Wahrheiten. In unserem Sprachgebrauch ist das Verb "türken" noch wie vor gebräuchlich. In irgend einem Märchen sollte angeblich eine Puppe sprechen oder singen, jedoch hinter dem Vorhang soll ein kleiner Türke geschummelt haben. daher kam das Verb "türken".
Und SCHNEIDER "wohnte" in Türkheim. Diese Adresse hätte ich als allererstes nach Stuttgart oder sonst wohin verlegt - zum Beispiel St. Georgen. Bei der Besichtigung des obigen Hifi-Gerätes kam mir sofort die Bedeutung von "türken" in den Sinn. Eine leidlich tolle Fassade mit fast nichts dahinter - fabrikneuer Schrott.
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Der Hammer sind die beiden Boxen
Auf dem Weg zum Mülleimer kommt der nächste Schock. Die Boxen wiegen so gut wie gar nichts. Und ich "dachte" immer, ein Lautsprecher-Chassis brauche einen Magneten, damit damit dort die Membrane angetrieben würde.
Hier scheint SCHNEIDER die Physik überlistet zu haben. Bei weniger als 800 Gramm, es sind die leichtesten Boxen, die ich in meiner Zeit mal in den Händen gehabt hatte, kann da kein Magnet drinnen sein.
Die Holzgehäuse sind wirklich so dünn und beim Klopftest hört es sich an wie eine uralte Zigarrenkiste aus Opas Schrank.
Auch die Zuleitungen zu denBoxen sind der Hit. Bei uns Hifi-Fans ist die 0,35 Quadrat Leitung das Schwächste oder Dünnste, das wir einem Hifi-Lautsprecher antun würden. Hier geht es noch drei mal dünner.
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Alles in allem, die Pleite von Schneider ist hausgemacht.
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Noch ein Wort zu dem SCHNEIDER Laser-Projektor
Als in den von mir damals betreuten Diskotheken ab 1975 die ersten Laser Shows Einzug gehalten hatten, kam die Gewerbaufsicht und verlangte, daß "der Laser" so positioniert werden mußte, daß damit auf keinen Fall - völlig egal wie - keinem Gast der Laserstrahl jemals ins Auge leuchten durfte.
Alleine das war bereits ein Unding, denn die besoffenen Gäste scherten sich einen Dreck um irgendwelche Verbote und roten Aufkleber. Der Laserstrahl zestört aber in Bruchteilen von Millisekunden das Augenlicht, und das ist nicht mehr reparierbar.
Das wußten wir Ingenieure also damals schon. Damit war und ist die Laser-Technologie im Heimbereich von vorneherein tot, weil solche Projektions- Geräte keine Zulassung für den unkontrollierten Heimbereich bekommen würden.
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Warum SCHNEIDER so lange an dem tot geborenen Kind festgehalten hatte, ist genauso unerklärlich wie der TED-Bildplattenspieler von Telefunken und ebenso der Bildplattenspieler von PIONEER. Der hatte damals den ganzen 350.000 Mann Konzern ins gefährliche Wanken gebracht.
Ein Blick zurück nach 1993 - aus der Funkschau
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Schneider AG: Jetzt startet ein neuer Anlauf in der Laser-Display-Technologie
Vielleicht ist die Laser-Display-Projektions-Technik (LDT) endlich auf dem richtigen Weg. Im August 1993 wurde sie von der Schneider AG in München auf einer pompösen Einführungsveranstaltung vorgestellt unter dem Motto »1932 - die Fernsehbildröhre ist da. 1993 - die Fernsehbildröhre ist weg«
Das tat vorübergehend dem Aktienkurs des Unternehmens gut, blieb aber sonst folgenlos, zumal das Projekt längst nicht fertig war. Schneider ging es, wie bekannt, wirtschaftlich schlecht genug; die als Rettungsring gedachte LDT nützte wenig. Schließlich landete man über die Landesanstalt für Aufbaufinanzierung (LfA) mehrheitlich beim Bayerischen Staat.
Mit im LDT-Boot sind die Firmen Jenoptik über ihre Tochter LOS und die LDT GmbH in Gera, ein Gemeinschaftsunternehmen von Daimler-Chrysler und Schneider, das die Entwicklungsarbeit leistet.
Am 24. Juni 1999 erstattete Schneider in München einem großen Kreis aus Wirtschaft und Politik Bericht über den Stand der Dinge. Prominenter Redner war Bayerns Staatsminister Otto Wiesheu; er lobte LDT und erläuterte einmal mehr, wie sehr Bayern die Digitaltechnik als Ganzes fördere.
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1999 - Nur 4 Firmen produzieren noch in Deutschland
Interessant war seine Feststellung, daß die verbliebenen vier noch in Deutschland produzierenden TV-Gerätefirmen allesamt in Bayern zu Hause sind: Grundig, Loewe, Metz und Schneider.
Helmut L. Stamm vom Vorstand der Schneider AG erläuterte, wie es mit LDT weitergehen wird. Da war keine Rede mehr von der generellen Ablösung der Bildröhre; man wird sich ab dem Jahr 2000 mit dem entwicklungsmäßig offenbar ausgereiften Projektor auf Bereiche wie Messen, Konferenzen, Hörsäle, Theater-Show- und Kinosäle, Fahr- und Flugsimulatoren sowie interessanterweise Planetarien beschränken und konnte Ende 1998 die ersten Geräte, bestimmt für die LKW-Fahrschulsimulation, an Dornier in Friedrichshafen ausliefern.
Der Projektor ist handlich geworden. Er setzt sich jetzt zusammen aus der Lasereinheit mit Modulation, Elektronik mit Scannersteuerung und der beweglich über einen Lichtwellenleiter von maximal 30 Metern Länge ansteuerbaren, frei im Raum aufzustellenden Scan-Einheit (Gewicht: vier Kilogramm).
Muster der Projektoren sind in diesem Jahr einsatzbereit, einige Exemplare sind schon ausgeliefert worden. Kleinserien werden im Jahr 2000 verfügbar sein, sobald die Fertigung in Türkheim angelaufen ist. Offiziell wurde kein Preis genannt; offenbar bewegt man sich im Bereich etwas oberhalb von 300.000 Mark.
Man stützt sich vornehmlich auf die unbestreitbaren technischen Vorzüge des Systems: sehr helle, scharfe Bilder hoher Farbsättigung auf beliebig geformten Projektionsflächen. Die abschließende Vorführung im Münchner Planetarium bewies diese Qualität.
Am Markt trifft LDT auf ähnlich teure Geräte wie etwa den extrem hellen ILA-Projektor von Hughes/JVC und die Mikromii -ror-Chiptechnik von Texas Instruments.
Zum etwaigen Eintritt in das dicht besetzte Gebiet der Heim-Großbildgeräte äußerte sich Herbert Leinauer, Technik-Vorstand von Schneider, etwas vage: »Wir rechnen damit, derlei Projektoren bereits im Jahr 2005 präsentieren zu können.« Nötig wären dafür lichtschwächere, erheblich billigere Laser (deren Technologie vorhanden ist), die aber offenbar noch nicht serienreif sind.
(vom Funkschau Chefredakteur Karl Tetzner)
Die für die Laser-Display-Technologie zuständigen Schneider-Vorstände Helmut L. Stamm (links) und Herbert Leinauer
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